Die Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz am 14. März 2021 haben zu eindeutigen Ergebnissen geführt: Die jeweils stärkste Partei – Bündnis 90/Die Grünen in Baden-Württemberg, die SPD in Rheinland-Pfalz – hat die Wahlen eindeutig gewonnen und wird den/die Ministerpräsidenten/in stellen. Neben der AfD ist die CDU in beiden Bundesländern die große Wahlverliererin. Für mich ergeben sich aus dem Wahlergebnis sechs Schlussfolgerungen:
- Die AfD ist in beiden Bundesländern um ca. ein Drittel geschrumpft – das wichtigste, erfreulichste Ergebnis der Landtagswahlen! Es zeigt zweierlei: Die AfD hat als Protestpartei ausgedient. Sie konnte von der Kritik an und der Unzufriedenheit mit dem Corona-Krisenmanagement der Bundes- und Landesregierungen nicht profitieren. Und: Wenn sich alle demokratischen Parteien einschließlich CDU und CSU (da in einem mühsamen, in sich widersprüchlichen Prozess) klar gegen die Rechtsnationalisten von der AfD positionieren und jede Form der Zusammenarbeit ablehnen, hat dies direkte Auswirkungen auf das Wahlverhalten derer, die mit dem Gedanken spielen, die AfD zu wählen. Sie bleiben entweder zu Hause oder geben ihre Stimme einer demokratischen Partei.
- Die gegenüber 2016 deutlich geringere Wahlbeteiligung bei den beiden Landtagswahlen unterstreicht, dass die digitale Kommunikation die analoge nicht ersetzen kann. Zur politischen Auseinandersetzung und Mobilisierung gehören die direkte Begegnung, die öffentliche Debatte, das Gespräch facetoface mit den Bürger*innen.
- Durch das Wahlergebnis hat sich auf der Bundesebene eine Machtoption jenseits der CDU/CSU und abseits des für viele „Schreckgespenstes“* „Rot-Rot-Grün“/„Grün-Rot-Rot“ ergeben: die sog. Ampel, eine Koalition von SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP. Diese Machtoption ist – unabhängig von der Frage, wer in dieser Konstellation stärkte Kraft wird und den/die Kanzler/in stellt – eine aussichtsreiche Möglichkeit, nach der Bundestagswahl eine Reformregierung zu bilden. Damit kann, wenn die „Ampel“ im Wahlkampf zu einer politischen Option erhoben wird, eine Wechselstimmung erzeugt bzw. dieser Nachdruck verliehen werden.
- Die Persönlichkeit des/der Spitzenkandidaten/in spielt bei der Wahlentscheidung des Bürgers/der Bürgerin eine entscheidende Rolle. Insofern hat die SPD gut daran getan, sehr frühzeitig Olaf Scholz als Kanzlerkandidaten zu nominieren. Er hat Wahlen gewonnen, ist koalitionserfahren, kann aufgrund eines klaren Wahlprogramms eine Ampel-Koalition verkörpern, ohne sich zu verbiegen, und ist eine integre Persönlichkeit verbunden mit programmatischer Glaubwürdigkeit. Allerdings muss die SPD auch nüchtern erkennen: Ohne solche Persönlichkeiten an der Spitze hat sie keine Chance, der voranschreitenden Marginalisierung der Sozialdemokratie zu entgehen. Das belegt das ernüchternde Wahlergebnis in Baden-Württemberg.
- Die Frage, wer Kanzlerkandidat der CDU wird, ist mit dem gestrigen Wahlsonntag aller Voraussicht nach entschieden: Armin Laschet. Das ist für die CDU durchaus tragisch. Denn Laschet hat bei den noch ausstehenden Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen kaum die Möglichkeit, sich zu profilieren. Vielmehr droht er zum personifizierten Wahlverlierer zu werden. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass sich Markus Söder zur Bundestagswahl an die Spitze einer Verlierer-CDU stellen wird. Doch wenn die CDU ihren Vorsitzenden nicht nominiert und stattdessen einem Kanzlerkandidaten Markus Söder (CSU) den Vorzug geben sollte, dann kommt das einer Selbstdemütigung der CDU gleich.
- Während die SPD bei den Bundestagswahlen 2009 und 2017 nicht von ihrer Regierungsarbeit in der Koalition mit CDU/CSU profitieren konnte, auch weil Bundeskanzlerin Angela Merkel durch die Sozialdemokratisierung der CDU den SPD-Anteil neutralisierte, werden nun die deutlich zutage getretenen Mängel bei der Bekämpfung der Coronapandemie und die schonungslos offenbar gewordenen krisenhaften Zustände der öffentlichen Verwaltung der CDU angelastet. Das kann zu einer Wechselstimmung führen.
* Die Partei „DIE LINKE“ ist in beiden Bundesländern sehr klar an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert. In dem Moment, in dem sich auch die FDP auf ein Ampel-Reformbündnis einlässt und die SPD sich stärker als Gerechtigkeitspartei profiliert, verliert „Rot-Rot-Grün“ an Anziehungskraft.
33 Antworten
DANKE, lieber Michael Käfer – na das ist eine GUTE NACHRICHT !!
Trotzdem – lesen Sie doch mal den ZEIT-Beitrag; Sie werden meinen Eindruck ggf. verstehen können.
Bleiben Sie behütet und Adieu – Ihr Jo.Flade
Lieber Jochen Flade,
so sehr ich Ihre Begeisterung für den Artikel über Gauland in der ZEIT Nr. 12 vom 18.3. teile, so sehr widerspreche ich Ihrer Meinung, Gauland fände in der AfD Bestätigung und Anerkennung.
Wir hatten im Sommer letzten Jahres das zweifelhafte Vergnügen, dass in einem Biergarten am Nebentisch Roland Ulbrich (AfD Stadtrat in Leipzig) mit einem Nachwuchs-Faschisten Platz nahm. Er erzählte diesem blumig und lautstark, wie wenig „der Alte“ (gemeint war offensichtlich Gauland) doch mittlerweile nur noch zu melden habe, allenfalls als Pappfigur für die Medien und Talkshow-Gast tauge, den in der Partei ohnehin niemand (mehr) Ernst nähme; er sei eigentlich nur noch der zahnlose Zirkusbär, der am Nasenring durch die Manege geführt werde….
Wir haben dann rasch ausgetrunken und bezahlt; das Bier schmeckte uns in dieser Gesellschaft nicht mehr.
Werter Herr Bräuer – Ihnen als Reaktion auf Ihre kurze Intervention, die AfD betreffend, vielleicht nur die Empfehlung, den Beitrag: „War es das wert?“ von P. Middelhoff und G. Schleser (grandiose Fotos!) über A. Gauland in der DIE ZEIT (Nr. 12 vom 18.März 21) zu lesen.
Von diesem vereinsamten Bürgerlichen, der offensichtlich in der AfD das erfährt, was ihm ansonsten verloren gegangen ist (Anerkennung und Bestätigung) hörte man ja, dass er Merkel jagen wolle. Und wer die Jagd als ein Bild politischer Betätigung favorisiert, will doch wohl nur eines, dass da was weg, erledigt werden muss.
Eindeutig verrät Sprache das Denken – das stellte u.a. auch Victor Klemperer fest. Und was dabei heraus kommt, erkennt man in diesem Blog immer wieder neu durch die Schwerdtfeger-Kommentare.
Sehr schön: Er sollte doch ein mal über sein bemühtes M. Twain-Zitat nachdenken…..ganz für sich allein.
Einen guten Tag – Jo.Flade
Sehr geehrter Herr Flade,
der wunderbare „Zeit“ Artikel ändert nichts daran, dass Sie unten Äpfel mit Birnen verglichen haben. Um dabei zu bleiben, müßten Sie jetzt der halblinken „Zeit“ einen Artikel irgend einer halbrechten Zeitung entgegenstellen.
Den Worten von Viktor Klemperer kann ich nur voll und ganz zustimmen und hoffe, dass
Sie sich in der Vergangenheit immer in diesem Sinne engaiert haben:
Wie sagte doch der Grüne Ludger Volmer am Wahlabend (Spiegel 10 /1994):
»Das wird ein fröhliches Regieren«, spottet Fischer. Und Grünen-Sprecher Ludger Volmer tönte am Wahlabend: »Wir werden den Kanzler jagen.«
MfG
EBreuer
Zu dieser Ihrer Intervention, AfD + Die LINKE betreffend, meinerseits der Versuch einer den Diskurs versachlichenden Entgegnung; an dieser Stelle soll es dann zu diesem Blogthema genug sein – also mal die Frage, was an folgendem Parteiprogramm nach Ihrer Auffassung linksextremistisch sei:
Für gute Arbeit gute Löhne / allumfassende nutzbringende Digitalisierung / Selbstbestimmung, Gerechtigkeit, Geschlechtervielfalt / selbstbestimmte, inklusiv und barrierefrei lebende Gesellschaft / Frieden, Abrüstung, Waffenexporte nein / weltweite soziale Gerechtigkeit / ein solidarisches Europa / eine humanistische Einwanderungsgesellschaft / Stärkung der Demokratie (!) / vielfältige Kultur für Alle zugänglich / eine solidarische Erwerbstätigenversicherung / soziale Sicherheit für Alle / Pflegenotstand (siehe z.B. derzeitige Pandemie!) beseitigen, Systemstabilisierung im Pflege- und Medizinbereich / Sozialwohnungsbau und Mietregulation / Bildungsgarantie / Ökologischer und sozialer Systemwechsel (siehe Green New Deal) / nachhaltige, tierhaltungsgerechte Landwirtschaft / Klimagerechtigkeit und Energiewende / Schutz der Natur- und Tiervielheit / etc.pp…
Werter Herr Schwerdtfeger – selbstverständlich und ganz klar, da gäbe es en detail manches zu hinterfragen, zu präzisieren – aber extremistisch?? Und was hat denn da andererseits die ganz rechts außen brüllende „Alternative“ für DEU anzubieten ?
Pandemiediktatur / Vogelschiss der Geschichte / Merkel muss weg / Herr Höcke ist ein Bürgerlicher (s. Gauland in der ZEIT)… Also ich beende dies hiermit; Ihr für Sie beharrender AfD/LINKE-Vergleich hinkt nicht nur, sondern widerspricht der ansonsten Ihrerseits immer wieder angemahnten und für Sie selbst postulierten, unübersehbar geforderten Versachlichung der Debatten in diesem Wolff-Blog! Es gibt Linksextremisten, das ist hinlänglich bekannt und was nicht nur ich klar ablehne und verurteile. Die sitzen doch aber nicht in den vom Souverän frei gewählten Parlamenten – oder irre ich mich da?
Ach ja – Herrn Käfer verteidige ich nicht; nein, nein. Es erhebt sich doch auch für mich nur immer wieder neu die grundsätzlich zu stellende Frage, ob Sie mit dem altbiblischen „[…] so sollst du geben Leben für Leben, Auge für Auge, Zahn für Zahn, Hand für Hand, Fuß für Fuß, Brandmal für Brandmal, Wunde für Wunde, Strieme für Strieme“, also: „Wie du mir, so ich dir“ denn wirklich glauben, im Diskurs weiterzukommen.
Gute Woche – Jo.Flade
Sehr geehrter Herr Flade ,
man sollte nur Gleiches mit Gleichem vergleichen und nicht Äpfel mit Birnen.
Also entweder Parteiprogramm mit Parteiprogramm oder Parolen mit Parolen.
Ich kenne es nicht, kann mir aber kaum vorstellen, dass im AfD Parteiprogramm z.B. „Merkel muß weg!“ steht.
Soso, Sie beenden also die Diskussion.
Der Extremismus der LINKEn liegt in ihrer völligen Ahnungslosigkeit in Sachen Außenpolitik, die Deutschland und Europa zum Spielball anderer Mächte machen würde – Ihre ganze Liste zeigt ja, daß Sie auf diesem Gebiet recht ahnungslos sind. Und ihr Extremismus liegt in Sachen Innenpolitik in der Tatsache, daß sie dem Volk vorlügt, sie habe die Lösung für sozialen Frieden gefunden, wie ebenfalls Ihre Liste zeigt. Daß aber der uns vorgegaukelte soziale Friede gar nicht stattfindet, weil die Ärmeren in JEDEM Modell den aktiveren und ideeenreicheren ihren größeren Wohlstand nicht gönnen, liegt im Wesen der Menschen und ihrer Unterschiedlichkeit, die eben zu Streit und Neid führt. Ich habe das weiter unten schon ausgeführt, aber Sie sind ja in ihrer Echokammer gefangen (die Sie aus der Bibel füllen anstatt aus politischer Überlegung).
Und was die Jugend angeht (nächster Beitrag über die Thomaner). Schon Mark Twain schrieb ironisch: „Als ich 14 war, war ich erstaunt, wie dumm mein Vater war. Als ich 21 war, war ich erstaunt, wieviel der alte Herr in nur 7 Jahren dazu gelernt hatte.“ Hier stellt man fest, daß es Leute gibt, die in 70 Jahren nichts dazu lernen – außer daß sie nicht ohne Belehrungen an andere auskommen.
Andreas Schwerdtfeger
Werter Herr Schwerdtfeger – danke für Ihre Erläuterungen, die den einen und anderen Arbeitnehmer vermutlich leicht konsternieren dürfte. Als ein ausgewiesener Kenner des Steuerrechts darf ich mich nicht bezeichnen, habe aber als ehemaliger selbstständig Tätiger nach gesetzlich geregeltem Eintritt in meinem konkreten Fall erst mit 67 (!) nach wie vor meine kritische Haltung zum offensichtlich fest stabilisierten, bis dato unantastbaren Beamtenstatus und der Besoldung. Die durchschnittliche Beamten-Pension ist doch überproportional höher als die gängige der Durchschnittsrentner; ein Beamter kann nach 40 Dienstjahren in Pension gehen, bei einem Arbeitnehmer trifft dies nicht zu. Beamte zahlen keine Renten-, Arbeitslosen-, Pflege-,Krankenversicherungs-Beiträge. Dazu kommen noch Nebeneinkünfte wie z.B. Einkünfte des Ehepartners, ggf. Zinsen und Mieten (s.a. Steuerprogression). Um in DEU die Bund-/Länder-Schuldenbremse lt. den Maastrich-Kriterien erhalten zu können, muss da nicht sehr rasch eine Steuerreform angepackt werden, eben auch im Zusammenhang hinsichtlich der derzeit noch gängigen Beamtenbesoldungen? Seitens deutschlands war einst die Kritik an Griechenland enorm, auch daran werden Sie sich erinnern.
Dies sind einfach Fragen, die überhaupt nicht nur meinerseits gestellt werden, Sie wissen es wohl.
Und vielleicht Einspruch Euer Ehren: Die LINKE mit der AfD zu vergleichen – hier wäre ich differenzierter und vorsichtiger mit der Analogie.
Und die auch meinerseits beobachteten und berechtigt und notwendigerweise kritisch zu bewerteten „Schweinereien“ sind weit entfernt vom „Moralisieren“. Die Auswirkungen auf unser gemeinwohl sind halt katastrophal – ich denke, da haben wir Konsens.
Und Herr Schwerdtfeger: Herr Käfer „krabbelt“ nicht, er hat seine für mich überzeugende Haltung dargelegt wie Sie die Ihre – respektieren Sie es doch!
Guten Abend – Jo.Flade
Ihre Fragen zum Bamtenrecht und zu den Pensionen sind berechtigt, Herr Flade.
Ich vergleiche die AfD nicht mit der LINKEn – ich halte beide für extreme Parteien.
Meine Anmerkung zu Herrn Käfer war eine Replik auf seinen Beitrag vom 17.03. 15.34. Wer mit anderer Leuts Namen seine Witze macht, wird es umgekehrt wohl auch ertragen (außerdem kann er sich ja selbst verteidigen).
Andreas Schwerdtfeger
Ein nötiges PS zu meiner Blog-Reaktion von gestern Abend (19.03.21) auf Herrn Schwerdtfeger und M. Käfer- man möge mir den einen und anderen Fehler im Skript nachsehen.
Ein gutes Wochenende – Jo.Flade
Lieber Herr Flade und lieber Herr Käfer,
ich freue mich über Ihre Beiträge und verneige mich also vor Ihnen (dabei Wolff’sches Vokabular benutzend, um mich keinem Sarkasmus-Vorwurf auszusetzen) und grüße Herrn Käfer (in seinem Stile) mit dem Zuruf: Gut gekrabbelt, Käfer!
Und so kurz wie möglich zu den Fragen von Herrn Flade:
1. Sozialabgaben: Es ist festzustellen, daß längst ALLE Bürger in ALLE Sozialkassen einzahlen – über die enormen Steuerzuschüsse des Bundes zu diesen Kassen. Aber ich weiß natürlich, daß Sie die Frage anders meinen. Dazu widerhole ich, was ich schon Herrn Wolff unwidersprochen schrieb: Im Falle von Beamten zahlt der Arbeitgeber – wie bei jedem anderen Arbeitnehmer auch – einen Beitrag zur Krankenkasse/Pflegeversicherung. Das hindert allerdings nicht, daß für den übrig bleibenden Rest der Beamte (oder auch der Pensionär) weit mehr in seine jeweilige Kasse einzahlt als der Arbeitnehmer, u.a. schon deswegen, weil er jede Person einzeln versichern muß, im Gegensatz zum Familienbeitrag des Arbeitnehmers. Insofern finanzieren Beamte und Selbständige in weit höherem Maße unser hervorragendes Gesundheitssystem mit als dies eingeräumt wird von Leuten, die das duale System aus Populismus kritisieren. Und bezüglich der Pension ist zu sagen, daß ich nichts dagegen habe, wenn sie über laufende Beiträge während des Arbeitslebens finanziert wird – was allerdings zunächst bedeuten würde, daß die Gehälter erhöht werden müßten um diesen Anteil – sie kennen ja unsere Gewerkschaften. Was schließlich die (bei Beamten entfallenden Arbeitslosenversicherungsbeiträge) angeht, so sind sie durch das „besondere Treueverhältnis“ und die damit einhergehende Unkündbarkeit begründet. Hierüber kann man trefflich streiten, insbesondere, da ja viele Beamte ihre „besondere Treue“ nicht mehr so ernst nehmen (Versetzungsbereitschaft, Streikrecht, etc). Insgesamt, so glaube ich, würde eine Übernahme von Beamten / Selbständigen in das allgemeine Sozialversicherungssystem insbesondere bei den Krankenkassen, einen momentanen Finanzierungsschub bedeuten, nach einer halben oder ganzen Generation aber dieselben Probleme wie jetzt wieder auftauchen lassen – nur daß man dann keine „Privaten“ mehr hätte, die das System überproportional finanzieren.
2. Kanzler: Wir haben wohl alle unsere „Ideen“ und jede ist berechtigt, solange sie eben nicht polarisierend und mit Ausschließlichkeit vorgetragen wird – wobei Festigkeit in der eigenen Überzeugung (und auch ein gewisser von mir aus auch bissiger Humor (siehe meine Eingangsbemerkung) mir akzeptabel erscheint. Ich bin politisch auf der konservativen Seite (was eben nicht dauernd als Rechtsradikalismus diffamiert werden sollte und schon gar nicht mit Argumenten wie „über Leichen gehen“ in einem angeblich demokratischen Diskurs) und halte also eine konservative Regierungsbeteiligung für wünschenswert (bei aller berechtigten Kritik an dieser Partei und ihren Vertretern – der ständige Hinweis auf das „C“ ist allerdings lächerlich, denn wo ist denn bei der „SPD“ zB das „S“ geblieben?). Ich erkenne die berechtigten Ansprüche anderer Überzeugungen und bin mit dem im deutschen System verankerten „Zwang“ zu Koalitionen dann zufrieden, wenn diese nicht zu viele Parteien umfassen (müssen) zu einer stabilen Mehrheit. Ich halte die AfD und die LINKE für extreme Parteien, die unserem Lande schaden und deshalb nicht für regierungsfähig, und die FDP für zu opportunistisch, um eine Regierung zu bereichern. Ich würde mir wünschen, daß keine neue Partei in den Bundestag einzieht (Freie Wähler zB), weil ich nicht glaube, daß sie in irgendeiner Form Neues einbringt. Eine wie auch immer geartete Koalition unter Beteiligung von CDU/CSU, Grünen und SPD und Ausschluß aller anderen scheint mir akzeptabel. Sie, Herr Flade, werden vielleicht andere – und genauso berechtigte Vorstellungen haben!
3. Und schließlich: Seien wir doch mal ehrlich, Herr Flade: Die von Ihnen angeführten „Schweinereien“ gibt es und sie sind zu bedauern. Was mich ja nur stört, ist daß allzu häufig diejenigen, die dies lautstark und allzu moralisch kritisieren, an sich selbst wesentlich lockere Maßstäbe anlegen: Ich erinnere mich noch an die Zeiten, als Kopien kostenpflichtig waren – und jeder seine Kopien auf dem Dienstdrucker seines Arbeitgebers machte, um nur EIN kleines Beispiel zu nennen. Jeder ist halt auf seinem Niveau korrumpierbar und deshalb sollte Kritik natürlich vorgetragen werden, aber eben ohne moralisches Eifern.
Ich grüße Sie,
Andreas Schwerdtfeger
PS: Ich halte 100.00 € auch für eine enorme Summe, aber wenn sie eben für eine aufwendige rechtsanwaltliche Leistung zB erbracht wird, dann ist sie in der heutigen Welt angemessen, zumal sie ja nicht vollständig dem Anwalt zugute kommt (Büromiete, Angestellte, Betriebskosten, etc). Im vorliegenden Maskenfall ist das offensichtlich nicht so.
Guten Abend, Herr Schwerdtfeger –
Zunächst danke ich Ihnen für diese Ihre sachliche und themenbezogene Reaktion auf meinen Blogbeitrag!
Zu 1. – keinen Einspruch grundsätzlich, jedoch vielleicht – und so meine grundsätzliche Auffassung zur Entscheidung, sich ein Mandat für eine politische „Karriere“ – mein Zwischenruf, dass man entweder seinem Beruf nachgeht und sich basisdemokratisch politisch engagiert (z.B. ich tue dies wie viele andere ebenso seit Jahren) oder man gibt nach genauester Abwägung auf, selbst auf Risiko, und stürzt sich mit voller Energie in die Berufspolitik, wenn man sich denn dazu berufen fühlt und wirklich etwas für das Gemeinwohl tun will. Ich weiß – dies wäre eine sehr konsequente Entscheidung, garantierte sie doch den (wünschenswerten, vom Souverän abverlangten) absoluten Einsatz in Ausübung des in Verantwortung übernommenen Mandats und würde jedwede Versuchung fast unmöglich machen, sich anderweitig einer pekuniären Lust hinzugeben, mal abgesehen von den Diäten eines MdB, die bekanntlich so schlecht nicht ausfallen.
Ihre Auffassung der so gar nicht hohen Verdienstquote von bis zu 100.000,- € teile ich nicht; ich kenne genug menschen, für die ein solches Salär geradezu traumhaft erscheint.
Und noch was: warum plädieren auch Sie nicht dafür, dass Beamte endlich, endlich Sozialabgaben zu entrichten hätten ?
Für mich erstaunlich, dass selbst die Grünen (für diese Partei schlagen seit Jahrzehnten meine Herz und meine Sinne – ich muss es mal sagen, um hier Klarheit zu bekommen) mit ihrer aktuell dargelegten Partei-/Politikprogrammatik dieses feld wie alle anderen auch nicht beackern wollen…ein Thema, welches latent im Raum steht!
Zu 2. – wo Sie recht haben, haben sie recht!! Und es wird noch einiges an die Öffentlichkeit kommen, dessen bin ich mir sicher. Denn sich bei der ultimativen Ehrerklärung auf lediglich aktuelle Schweinereien zu reduzieren, greift wahrlich viel zu kurz. Und der Souverän verlangt – dafür hat sie/hat er gezielt gewählt – Transparenz, Wahrhaftigkeit, Solidität und vollen Einsatz für diese Demokratie und den Erhalt unserer humanistischen Zivilgesellschaft. Ich dachte, dass es eine selbstverständlichkeit wäre moralisch, ethisch und humanistisch als praktizierender Mandatsträger integer zu sein. Sie werden zugeben müssen, wie fatal stoisch sich die CDU/CSU verweigerte, einem lang debattiertem Lobbyistenregister zuzustimmen. Erst nach den elendigen Korruptionsfällen wird jetzt eingeschwenkt – aus meiner Sicht ein Fauxpas mit einigen Nebenwirkungen…
Also hier gibt es noch viel zu tun und vielleicht bietet diese Pandemie-Gegenwart dem einen und anderen gelegenheit, sich etwas intensiver zu bedenken, was seine tatsächliche Aufgabe als MdB sein sollte.
Was mir – dies als Letztes – Sorgen bereitet: Weder Laschet, Söder noch Scholz halte ich, nach allem, was man hört, sieht, nach Auftritten konstatieren muss, für geeignet, dieses Land nach der überlangen Merkelära mit unübersehbarer Sedierung ab Herbst 2021 zu führen. Nur ergibt sich daraus zwangsläufig die Frage: Wer dann ? Haben Sie, Herr Schwerdtfeger, eine Idee??
Soweit an Sie.
Und an M. Käfer: Ich stimme Ihnen zu Ihren letzten vier Punkten vollinhaltlich zu; sehr präzises alles gesagt – und es offenbart, dass wir allesamt möglichst rasch umdenken sollten. Wie bisher kann und darf es nicht weitergehen.
Ein gesegnetes Wochenende, und es wäre schön und gut, würde in diesem wichtigen Blog die Debattenkultur weiter so sachlich fortgeführt werden können; die gesamtgesellschaftliche Situation verlangt es! Demagogen und Lautbrüller gibt es leider zuhauf.
Dieser Wolff-Blog fordert Qualität und regt eben immer wieder sehr an, trotz unterschiedlicher Auffassungen, ein Podium des konstruktiven und zum Nachdenken anregenden Miteinanders mit zu gestalten.
Mit Grüßen – Jo.Flade
Der Ausgang der ersten beiden Wahlen in diesem Jahr könnte nach meiner Einschätzung noch tiefergreifende Auswirkungen auf die Parteienlandschaft in Deutschland und die Bundestagswahl im Herbst haben.
Meinen persönlichen Parteipräferenzen folgend, begrüße ich durchaus, wenn CDU/CSU und viele ihrer Anhänger ihr (schlechtes) Resultat primär mit Amtsboni der amtierenden MP interpretieren.
Der Hinweis der Spiegel Journalistin Christiane Hoffmann in der Talkshow Anne Will vom 14.3. (ARD Mediathek; ab ca. Minute 21:30), dass jetzt erstmals seit vielen Jahren nach einer Wahl nicht überwiegend über die AfD (deren Ergebnisse/Entgleisungen/Zuwächse usw.) diskutiert wird, hat mich nachdenklich gemacht… Ich glaube, sie hat Recht! Warum sollen wir immer und immer wieder über unanständige, provozierende und beleidigende Zeitgenossen reden oder mit ihnen diskutieren? Seit ein (vermutlich pathologischer) Narzisst mit schlechter Kinderstube nicht mehr die weltweite Nachrichtenlage dominiert, scheint mir, kann sich Einiges zum Besseren entwickeln.
Parallelen zu diesem Blog? Da mögen Interessierte/Betroffene ihre eigenen Schlüsse ziehen….
Für mich zeigen die Wahlergebnisse in Stuttgart und Mainz:
• Die Bundestagswahl 2021 ist noch (längst) nicht gelaufen; es muss nicht beim „Weiter so“, „Sie kennen mich“, „Keine Experimente“ bleiben!
• Ernsthafte und konkrete Initiativen zum Stopp des menschengemachten Klimawandels sind notwendig; rascher Ausstieg aus der fossilen Energiewirtschaft (weltweit!), Förderung regenerativer Energien, neue Mobilitätskonzepte, nachhaltigere und umweltschonendere Agrarwirtschaft, Auswüchse der Massentierhaltung sukzessive reduzieren, neue Tourismuskonzepte, Anreize für nachhaltiges, ressourcenschonendes Wirtschaften usw.
• Die Digitalisierung muss in allen Aspekten angegangen werden, um international wettbewerbsfähiger zu werden, mit dem Ziel, mittelfristig zur Spitzengruppe aufzuschließen; Infrastrukturauf- und ausbau vorantreiben (und ggfs. nicht nur in privater Hand belassen), Kommunikationsstrukturen vereinheitlichen (Bildungsplattform, Gesundheitsnetzwerk, Zugangs- und Zugriffsberechtigungen, Rechtssicherheit und –wirksamkeit usw.)
• Chancengerechtigkeit fördern und einem weiteren Auseinanderdriften von Entwicklungs-, Einkommens-, sozialen und kulturellen Chancen entgegen wirken.
• Transparenz und respektvollen Umgang miteinander pflegen fördern; in der digitalen wie analogen Welt
Zwei Fragen übersieht Herr Flade in seinem Beitrag, auf die ich hinweisen will, weil sie in größerem Zusammenhang durchaus mit dem Thema „Lehren aus Wahlen“ zusammenhängen:
1. Unser Parlament ist – jedenfalls in seiner Konzeption – keine Arbeitsplatzgarantie für seine Angehörigen. Wir alle wohl sehen zwar inzwischen das Mandat eines MdB als „Hauptberuf“ an und das hat seine guten Gründe, aber wir müssen den MdB die Möglichkeit erhalten, nach Abwahl oder freiwiliigem Ausscheiden in ihren Beruf zurückkehren zu können. Es ist ja das Schlimme, daß nur Beamte eine Arbeitsplatz- und sogar Beförderungsgarantie haben, wenn sie MdBs werden (Korruption?). Abgeordnete müssen also ihre Berufspraxis und Berufsmöglichkeiten erhalten dürfen. Wo man die Nebenverdienstgrenze ansetzt, ist eine andere Frage, aber daß 100.000 €/Jahr im Grunde keine sehr hohe Grenze ist, ist offensichtlich. Und was denken nun Künstler, Harz IV-Empfänger und andere darüber? Wenn sie so denken, wie Herr Flade das unterstellt, dann steht ihnen doch der Weg ins Parlament ebenfalls offen. Die Paketbotin Eskens hats doch vorgemacht.
2. Es liegt wohl in der menschlichen Natur, der Versuchung schrittweise zu unterliegen, und das Nachgeben äußert sich dann nur noch in der Größenordnung (schlimm genug!): Wen haben wir denn da alles im Parlament, die nach den Maßstäben der Öffentlichkeit dann korrupt sind, wenn’s gerade opportun ist in der eigenen politischen Argumentation: Steinbrück, Gysi, Lindner und viele andere halten überbezahlte Vorträge, die nur auf ihrer mandatsbedingten Bekanntheit beruhen; Schröder verdingt sich bei einem russischen Konzern unmittelbar nach Amtsende unter Nutzung seiner amtsbedingten Beziehungen; Pofalla und andere kommen blitzschnell aus dem Amt/Mandat in schönen Positionen in der (halb-)freien Wirtschaft unter. (Herr Flade: Bitte bemerken Sie, daß ich im Gegensatz zu Ihnen alle Parteien anspreche und keine einseitige Propaganda mache). Man könnte die Liste fortsetzen und ich könnte aus meiner erlebten Erfahrung an deutschen Botschaften auch einige Beispiele beitragen: Mißbrauch der diplomatischen Post (Niebel und sein Teppich; touristische Unternehmungen, bei denen die Staatskasse Eintritte und Kosten für Führer und Restaurants bezahlt, etc).
Wenn dann noch was übrig bleibt, haben Sie Recht, lieber Herr Flade, insbesondere mit ihrem Vortrag zur AfD, der allerdings, wie Sie selbst schreiben, ja nur Echo ist.
Ich grüße Sie,
Andreas Schwerdtfeger
WILLKOMMEN – lieber Christian !
Trotz unserer Kontakte während Deines gesundheitlich begründeten „Exils“ an dieser Stelle – nicht ohne Grund! – herzlich willkommen.
Und rasch zum Thema: Wahlergebnisse vom Wochenende, Dein erster Blog nach langer Pause, die Dir hoffentlich in jeder Hinsicht gut getan hat und Deine Kräfte stabilisierte, nur so viel in Kürze:
M. Käfer brachte es klar auf den Punk, und auch ich bin heilfroh über den Stimmenverlust dieser unsäglichen AfD-Truppe. Denn die Befürchtungen nach den bis dato real praktizierten staats-/landesregierenden Unmöglichkeiten im reichlich 12 Monate während der immer noch andauernden Pandemie hätte die zunehmend aufkommende Aggression der Wutbürger und Querdenker den sogenannten „Alternativen“ Stimmenzuwachs bringen können – Gott sei Dank nicht!
Dass jetzt, nachdem sich Parlamentarier sattsam mit pekuniärem Freischwimmen die ohnehin üppigen Diäten zusätzlich vergoldeten und sich ohn jedes Schamgefühl leichtfertig vom „C“ ihres Parteinimbus verabschiedeten, ist ja nur eine der elendigen Moralverfehlungen der Christsozialdemokraten. Was da noch so alles passierte und vermutlich noch erkennbar werden wird – warten wirs doch mal ab.
Erst ab 100.000,- € soll bei den vom Souverän auserwählten MdB nach geforscht und ausgebremst werden ? Wie wird ein Harzt-4-Empfänger, ein Einzelhändler, ein Kulturschaffender, ein freiberuflich tätiger Künstler, ein Pfleger etc. pp. (alle weiblichen Mitbetroffenen sind klar einbezogen!!), durch die über 12 Monate bereits anhaltende Corona-Pandemie schwer betroffen und dürftig finanziert, dies alles reflektieren??
Schlimmstenfalls werden wir es nach den Bundestagswahlen im Herbst d.J. erfahren.
Herrn Schwerdtfeger – grandios seine tiefgreifenden Erläuterungen der Realitäten und Voraussetzungen für ein besseres Politisieren – empfehle ich dringend die Lektüre: „Was auf dem Spiel steh“ von Philipp Blom / Sonderausgabe für die Landeszentralen für politische Bildung / Carl Hanser Verlag München, 2018. Wie sagt man so treffend bei guter und bedeutender, in diesem Falle wichtige Lektüre: Empfehlenswert, Herr Schwerdtfeger!
Und zum wieder-, wieder-, wiederholten Male:
Wenn Sie schon gute Debattenkultur reklamieren, dann lassen Sie doch einfach ab sofort diese Ihre ewig beleidigenden Sarkasmen (Ihre einleitenden oder diese dann beendenden Beitragsangriffe gegen wen auch immer) ; ich denke, es würde Ihnen ggf. selber ganz sicher gut tun in Ihrer Echokammer!
Jo.Flade
PS/Die Idee eines „Runden Tisches“ – nicht schlecht. Zwischen Januar und März 1990 eine der demokratischsten Foren – leider vor allem von der damaligen CDU für untauglich erklärt.
Nach inzwischen 30-jähriger Erfahrung nach 1990 sollte man doch darüber nachdenken.
Flade – wie üblich: Er belehrt mich über meine „Sarkasmen“ – sie könnten ja auch ernst gemeint sein – und übersieht die schweren Beleidigungen – „über Leichen gehen“ – seines Meisters. Ich freue mich aber über Ihre Lese-Empfehlung, denn sie zeigt, daß Sie was lesen. Ich nehme sie gerne auf und empfehle Ihnen die meinen.
Andreas Schwerdtfeger
Herrlich, wie hilflos doch die Reaktionen auf meinen Beitrag sind und wie sie sich auf Nebensächlichkeiten konzentrieren, weil den Autoren wohl zur Sache nichts einfällt:
– Herr Wolff hat – wie so häufig – andere Beiträge gar nicht gelesen und sieht deshalb das Lob der Nichtwähler nicht (Hüneburg), aber das hat ja nun Herr Käfer korrigiert;
– Herr Wolff auch verwechselt die Infragestellung der politischen Handlungsebene der Länder mit einem Ruf nach einem „zentralisierten Präsidialsystem“, wo mein Denkanstoß in Wirklichkeit an der Zahl der politischen Ebenen gar nichts ändert: Brüssel – Bund – Kommunen.
– Herr Wolff schließlich beklagt den „verächtlichen Unterton“ meines Kommentars bezgl der 83 Mio Bürger, wo doch gleichzeitig bei uns – und ihm selbst – ein „verächtlicher Unterton“ gegenüber der Regierung zum guten Ton gehört.
– Herr Käfer – bemerkenswert! – erklärt uns, daß die Beleidigung, ein Mitdiskutant „gehe über Leichen und ärgere sich, wenn er dabei gestört werde“, dann erlaubt sei, wenn es sich um einen „Rassisten“ handele. Er übersieht, daß Beleidigungen im demokratischen Diskurs grundsätzlich nichts zu suchen haben, weil die von ihm gezogene Grenze nicht definierbar ist. Wenn wir erstmal nach subjektiven Kriterien Beleidigungen in gerechtfertigt und nicht gerechtfertigt einteilen, dann ist wohl unsere Gesellschaft am Ende. Insofern spielen bei dieser Wolff’schen Beleidigung die Aussagen von Klausen gar keine Rolle, die mir übrigens auch nicht gepaßt haben.
– Herr Käfer bestreitet meine anderen Aussagen – das ist sein Recht. Seine Beispiele sind allerdings nicht überzeugend: Steinbrück und Merz haben eben verloren, wenn auch nur knapp; Kohl verlor im 5. Versuch (das ist wohl dann ein sehr abgewetzter Amtsbonus); Kraft verlor, weil sie einen unfähigen Innenminister (Jäger) und einen verfassungsverletzenden Finanzminister (W-Borjans) hatte; usw.
Also, meine Herren, sachlich diskutieren anstelle von künstlicher Aufregung wäre sach- und themendienlich.
Meine Anregungen, die Sie nicht widerlegen sondern erhitzt zurückweisen, sind das Bemühen (sicherlich sehr unvollständig), mal über die offensichtlichen und nur kurzfristigen „Erkenntnisse“, wie sie Herr Wolff dargelegt hat, hinauszudenken. Das bedeutet, daß man den Versuch macht, Grundsätzliches zu definieren, Widersprüche aufzudecken und so das Denken zu systematisieren und zugleich aus seiner eigenen Box herauszukommen: „Die Menschen bemerken ihre Unkenntnis nur selten, weil sie sich in einer Echokammer gleichgesinnter Freunde und das eigene Weltbild bestätigender Newsfeeds eingeschlossen haben, wo ihre Überzeugungen ständig bestärkt und nur selten infrage gestellt werden“ – schreibt Yuval Harari („21 Lektionen …“, 2018). Ähnliche Erkenntnisse konnte man schon bei Kissinger („Weltordnung“, 2014) lesen und sie werden jetzt von Viktor Shvets („Great Rupture“, 2020, liegt, soweit ich weiß, noch nicht in Deutsch vor) wiederholt. Deshalb beteilige ich mich ja hier an der Diskussion, weil es eben NICHT meine „Echokammer“ ist. Wer in die Zukunft denkt, wird nicht umhin kommen zuzugeben, daß Wissenschaft (nicht Religion), Künstliche Intelligenz und Bio-Engineering in zuhnehmendem Maße unsere Welt bestimmen werden – zunehmend sowohl im Sinne von Umfang als auch von Geschwindigkeit. Die Welt wird sich bereits in den nächsten 30 – 50 Jahren derart ändern, daß wir alle von heute sie gar nicht wiedererkennen. Und in einer solchen Lage weigert sich Herr Wolff, mal über die Abschaffung der politischen Ebene „Bundesland“ zu diskutieren und tut das mit abfälligen Bemerkungen ab. Beeindruckend!
Und, liebe gute Frau Binder: Die LINKE hat also „wirklich die besseren Antworten“. Wirklich? Die LINKE spinnt den so schönen kommunistischen Traum weiter. Herr Gysi allerdings hat gerade neulich in der fälschlich so benannten Sendung „Informationen am Morgen“ (fälschlich, weil sie eigentlich „Meinungen am Morgen“ heissen müßte und Journalisten sollten wissen, daß es ein wichtiges journalistisches Prinzip ist, Informaton und Meinung zu trennen und richtig zu benennen) – Herr Gysi also, der brillianteste und gewandteste Vertreter dieser Partei hat neulich gerade dort seine Auffassung von „Korruption“ dargelegt.
Das „linke“ Konzept des „Grundeinkommens“ für alle“ zB wird uns als Allheilmittel verkauft. Das ist nicht unlogisch angesichts der Tatsachen, daß
1. Menschen als „Arbeitsfaktor“ immer unwichtiger werden und somit die Gefahr der „Irrelevanz“ droht, und
2. die viel grössere Gefahr droht, daß die sich bilden werdenden „Eliten“ möglicherweise durch Bio-Engineering eine Herrschaftsposition erreichen könnten, die die jetzigen „Dominatoren“ (Amazon, Google, etc) als Zwerge erscheinen lassen.
Wenn man das Grundeinkommen (um beim Beispiel zu bleiben) als ERSATZ für alle jetzigen Sozialleistungen versteht – und nur dann wird es bezahlbar sein –, dann dürfte es mehr oder weniger kostenneutral sein (was dann wohl bedeutet: weniger gerecht als das jetzige individualisierte). Allerdings: Es glaubt doch niemand, der nachdenken kann, daß es zu mehr gesellschaftlichem Frieden führen wird. Vielmehr wird es dann wieder Menschen geben, die sich über die Energie und Initiative einiger erregen, die zusätzlich zum Grundeinkommen hinzuverdienen – und es wird also wieder Unterschiede zwischen reich und arm und also Neid und Krach geben.
Und diese Eigenschaften zeigen sich doch bei uns täglich in den tollen Widersprüchen, die niemand
bemerkt oder bemerken will:
– Herr Scheuer wird vehement kritisiert, weil er in unsicherer Rechtslage bereits verbindliche Verträge geschlossen hat; Herr Spahn wird ebenso heftig kritisiert, weil er in unsicherer Rechtslage keine verbindlichen Verträge geschlossen hat.
– Herr Wolff sagt uns (zu Recht), daß wir wegen der Adventsvorfälle auf dem Kölner Bahnhofsplatz nicht pauschal Marokkaner oder Algerier verurteilen dürfen; er wird aber wohl kaum was dagegen haben, daß jetzt wegen Korruptionsvorfällen in der CDU/CSU die ganze Partei am öffentlichen Pranger steht.
– Die Deutschen wollen unbedingt die Vielfalt der Bundesländer erhalten. Es gibt aber andererseits keine einzige Frage – von Raucherzonen in Kneipen über einheitliche Schulregelungen bis hin jetzt zu Corona-Maßnahmen –, wo nicht die Öffentlichkeit nach „Einheitlichkeit“ schreit.
– Und schließlich aktuell: In der Corona-Krise weiß jeder, daß wir diese nur durch GESELLSCHAFTLICHEN KONSENS, nicht durch „die Politik“ lösen können. Das aber hindert Teile unserer Gesellschaft nicht, die Pandemie durch ihr Verhalten zu fördern und dann das Ergebnis erfolgreich auf die Politik zu schieben. Es müßte ja schließlich auch dem Dümmsten auffallen, daß trotz aller Vorsichtsmaßnahmen das Virus unermüdlich weitermacht und das sowohl die europäische als auch die deutsche „Achterbahn“ – der eine macht gerade dann auf, wenn der andere wieder zu macht – virusfördernd ist. Aber vielleicht widerlegt mich ja jetzt Herr Palmer – ich würde es mir wünschen!
Also, liebe Herren Wolff und Käfer – Sie müssen besser werden!
Ich grüße Sie,
Andreas Schwerdtfeger
Tja, lieber Herr Schwerdtfeger, da können wir uns alle nur verneigen vor dem allumfassenden BesserWissen eines Menschen, der sich selbst zu den ganz wenigen Fachmännern zählt, die einem die Welt erklären können, und der sich für den Einzigen hält, der Widersprüche bemerkt. Sehr eindrucksvoll!
Aber wäre es darüber hinaus nicht ganz gut, wenn Sie Argumente liefern würden? Ich denke, das ist der Sinn Ihrer Bemühungen hier? Es geht, so scheint’s, nicht um mein BesserWissen, sondern um Ihr NichtWissen. Ich freue mich auf Ihre Argumente!
Und Sie vermeiden hier, sich der Frage zu stellen, die doch Grundlage Ihres demokratischen Diskurses ist: Darf man subjektiv entscheiden, wen man mit Beleidigungen wie „über Leichen gehen“ angreifen darf und wen nicht – oder ist dies eine allgemeine moralische Frage in Ihrem Diskurs, die „über den Dingen“ steht und wo man sich also bei einer Entgleisung entschuldigt.
Andreas Schwerdtfeger
Zu beachten sei außerdem, dass CDU/CSU diesen „Bonus“ als zweitstärkste Parteien nur bekommen haben, da die Spitze des Korruptionseisberges (in Bayern traditionell als neue „Amigoaffäre“ bezeichnet) erst kurz vor der Wahl öffentlich wurde, was neben dem angerichteten politischen Kollateralschaden auch bei einigen voreiligen Briefwählern nicht nur für Kurzzeit-Reue gesorgt haben dürfte.
Lieber Christian,
angesichts der neuesten Entwicklungen in der Pandemie und der daraus resultierenden zunehmenden Spannungen in der deutschen Bevölkerung, ist die Tatsache, dass Du zurück bist, Dich wieder leidenschaftlich einbringst in Deinen Blog, eine hervorragende Nachricht! Ich freue mich sehr, dass Du die schwierige Operation gut überstanden und die nachfolgende Reha offenbar gut genutzt hast, um hier wieder Impulse zu setzen im „Superwahljahr“.
Wie erfreulich, dass es offensichtlich CDU-Mitglieder gibt, die sich nach den herben Niederlagen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz für die Ampel erwärmen können – wenn auch der derzeitige Zustand dieser Partei und ihres Führungspersonals – insbesondere des potenziellen Kanzlerkandidaten – kaum eine andere Aussage zulassen! Noch wichtiger wäre für mich allerdings, wenn die CDU und ihre Unterstützer endlich Schlüsse zögen bezüglich Transparenz des Lobbyisten-Einflusses auf Politiker und deren Nebentätigkeiten/-einkünfte….
Deine Genugtuung über die noch stärkeren Verluste der AfD teile ich zwar grundsätzlich; fast genauso viel Angst bereitet mir aber gleichzeitig, dass es in beiden (West-!!) Ländern immer noch rund 10% Wähler gibt, die sich von rechtsextremistischen, rassistischen, faschistischen Themen und Politikern immer noch nicht angewidert abwenden!
Ähnlich wie Norbert Sinofzik tue ich mich (noch) etwas schwer, mich für Olaf Scholz uneingeschränkt zu begeistern – zu tief sitzen die Zweifel angesichts des G 20 Gipfels in Hamburg 2017, Wirecard und jetzt Greensill Bank. Und eine SPD, deren Spitzenpersonal sich eines Wolfgang Thierse und einer Gesine Schwan meint schämen zu müssen, es aber über Jahre nicht schafft, klare Kante zu Thilo Sarrazin zu ziehen, macht mir eine Wahlentscheidung im September verdammt schwer (bis unmöglich)!
Schön, Dich wieder unter uns zu haben und weiterhin von Herzen alles Gute!
Lieber Michael, vielen Dank für die freundliche Begrüßung. Ja, der Zustand der SPD ist alles andere als rosig. Dennoch halte ich es für wichtig und verheißungsvoll, dass sich eine Machtoption jenseits der CDU auftut. Das sollte niemand geringachten. Im Übrigen hoffe ich, dass das Spitzenduo im Wahlkampf nur noch eine untergeordnete Rolle spielt. Beste Grüße Christian
Man hatte nach längerer Zeit der Möglichkeit zum Nachdenken und In-sich-gehen ein Feuerwerk erwartet – und bekommt eine kleine Wunderkerze. Immerhin haben Sie, lieber Herr Wolff, wenigstens bisher Ihre Ansicht noch nicht wiederholt, nach der andere Meinungen im demokratischen Diskurs nur von jemanden ausgehen, der „ – wenn’s drauf ankommt – über Leichen (geht) und … dabei nicht gestört werden (will).“ (Ihr O-Ton vom 5. Januar unter der Überschrift „Barmherzigkeit“).
Ihre sechs Lehren wirken wie aus den Medien abgeschrieben (was ich Ihnen aber nicht unterstellen will) und bringen eigentlich nichts Neues.
Lassen Sie uns stattdessen einmal auf die eigentlichen Erkenntnisse schauen:
1. Amtsinhaber haben einen Amtsbonus. Bei der Bundestagswahl am 26.09. stellt sich kein Amtsinhaber. Dies gibt den anderen als den jetzt regierenden Parteien bessere Chancen.
2. Regierende Parteien sind stärker der Kritik „im laufenden Geschäft“ ausgesetzt und verlieren also an öffentlicher Zustimmung über die Zeit. Auch dies fördert die Chancen anderer Parteien und verstärkt leider auch die Tendenz zu weiterer Zersplitterung der Parlamente, wie jetzt in Rheinland-Pfalz mit den Freien Wählern: Sie bringen keinerlei neuen politischen Aspekt ins Parlament, schwächen aber die Chancen zur Bildung starker Regierungen, fördern thematische Zerfaserung und Geldverschwendung.
3. Die durch allzu viele Wahlen in unserem System des Föderalismus beförderte ständige Wahlkampfstimmung macht das Regieren schwer, egal wer dran ist. Die augenblickliche Corona-Lage macht das deutlich: In Deutschland gibt es derzeit rund 83 Mio Experten zu diesem Thema und leider sind allerdings ausgerechnet die rund 200 zusätzlichen Idioten am Ruder, so klingt die öffentliche und Mediendebatte. In Wirklichkeit beweist uns diese Krise – im übrigen hat die EU das gleiche Problem –, daß es eben eine politische Ebene zu viel gibt, die der Länder. Art 79 (3) GG wird insofern immer problematischer und da es in der Geschichte keine „Ewigkeitsgarantie“ gibt, ist zu überlegen, wie man diesen Artikel abschafft oder mindestens – als ersten Schritt – die Zahl der Länder reduziert.
4. Ein „Superwahljahr“ verleitet unsere Parteien und deren führende Repräsentanten zu dialektischen Aussagen und Maßnahmen, die inhaltslos aber unglaublich flexibel sind und insofern den Wähler täuschen. Einige Beispiele:
– Der populistischste aller unserer Parteichefs, Lindner, erklärt uns, daß seine FDP „inhaltlich der CDU“ näher steht. Wird ihn das NACH der Wahl an der „Ampel“ hindern? Wohl eher nicht. Wer FDP wählt, weiß nicht, was er bekommt – im besten Fall verhindert er mit dieser Wahl eine grün-rot-rote Katastrophe, setzt aber keine FDP-Inhalte durch (siehe alle bisherigen FDP-Regierungsbeteiligungen).
– Die SPD bietet uns Scholz als Kanzler an, obwohl sie weiß, daß sie als Regierungspartei nach der Wahl nur UNTER einem grünen Kanzler Chancen hat. Da Scholz ja ansonsten überhaupt nicht mehr in die Zielsetzung dieser Partei paßt, wird sie ihn nach der Wahl unverzüglich abhalftern. Die SPD wirbt also mit jemandem, den sie selbst – sie hat da Erfahrung – rasch loswerden wird und der sie gar nicht (mehr) repräsentiert. Wer SPD wählt, bekommt einen grünen Kanzler und eine Kühnert-SPD als Regierungs-Anhängsel.
– Den Parteien fehlt überwiegend wirklich charismatisches Führungspersonal. Die CDU steht in der Gefahr, mit Laschet eine ähnliche Erfahrung zu machen wie die SPD mit Schulz – mittelmäßige Leute sind leider die einzigen, die in der jetzigen Atmosphäre noch Chancen haben, an die Spitze zu kommen. Das hat zwei Gründe: Erstens traut sich das Volk nicht mehr, Menschen mit Ecken und Kanten, dafür aber auch mit Kraft, Vison und vor allem mit klaren Positionen nach oben zu befördern (zB Steinbrück oder Merz). Zweitens: Wer will denn noch in die Politik, wenn anschließend alle drei Monate eine Wahl ansteht, nach der er sich richten muß, weil er ansonsten wieder weg ist? (Und bitte jetzt nicht das „Argument“, ich sei gegen Wahlen. Politik kann nur langfristig gemacht werden und braucht auch eine Chance für die Handelnden in der Zeit).
– Und nun haben wir also die „Ampel“ als großen Hoffnungsträger – drei Parteien, von denen eine nicht ins Konzept paßt und die sich in dieser Konstellation als verlängerter Arm der Grünen (also gegen die SPD) positionieren wird. In der Ampel stehen die Grünen für die wohlhabende Elite unseres Landes (also für das, was bisher der FDP unterstellt wurde); die SPD steht für eine Klientel, die es nicht mehr gibt, weshalb sie sich als Partei der kleinen Minderheiten neu etabliert hat – was ja ihre Wahlergebnisse auch reflektieren. Und die FDP? Sie steht für sich selbst – wie immer!
5. Bleiben dann also die von einigen – auch hier – hochgelobten „Nichtwähler“. Man will ihnen gerne zugute halten, daß heutzutage Wählen eine Qual ist, weil eben die wirklich zündenden Ideen und Persönlichkeiten fehlen und man demnach nur noch „das kleinste Übel“ und „die geringste Bürokratie“ wählt, dafür aber auf die größten persönlichen Vorteile schielt (die sich meistens hinterher nicht materialisieren, zB die ewig verschobene Steuerreform der FDP/ 2009 14,6%!). Und dennoch: Wer nicht wählt, ist nicht etwa der kluge, mündige Bürger, sondern wohl eher der, der Verantwortungsübernahme ablehnt, nicht aber – was logisch wäre – dann auch auf das Recht zur Kritik. Wer sich an der Demokratie nicht beteiligt – der zerstört sie. „Ein Staat, für den dessen Bürger nicht kämpfen, ist dem Zerfall geweiht. Das ist keine Frage; die Frage ist, ob es schade um ihn ist“ – schreibt Alexander Demandt („Der Fall Roms“) und Nicht-Wählen ist genau dieser Verzicht.
Ich grüße Sie,
Andreas Schwerdtfeger
Wie schön, lieber Herr Schwerdtfeger, das wenigstens Sie ein Feuerwerk des BesserWissens entzünden können und lauter Neuigkeiten verbreiten, die noch niemand so geschrieben hat. Offensichtlich trauern Sie einem zentralistischen Präsidialsystem nach, in dem ein weiser Staatsmann für viele Jahre ungestört von lästigen Parteien, Verbänden und dem Bürger/der Bürgerin das auf den Weg bringen kann, was er für richtig hält. Ein Blick in unsere westliche Nachbarschaft zeigt aber, dass das nicht nur Vorteile hat. Das Grundgesetz aber hat die Macht und die Exekutive aufgeteilt zwischen Bund, Ländern und Gemeinden und damit dem die zentrale Rolle zugewiesen, der bei Ihnen – mit verächtlichem Unterton – nur in der Summe von „83 Millionen Experten“ vorkommt: der Bürger/die Bürgerin. Dass der/die Nichtwähler/in „hochgelobt“ wird, kann ich an keiner Stelle sehen. Dass sich aber jeder mit der Tatsache auseinandersetzen muss, dass zu viele Menschen sich nicht an Wahlen beteiligen, sollte unstrittig sein. Siehe dazu den Kommentar von Stefan Hüneburg. Beste Grüße Christian Wolff
Da ist also auf der einen Seite Christian Wolff; der böse Bube, der behauptet (haben soll), dass all diejenigen, die eine andere als seine Meinung im demokratischen Diskurs äußern, über Leichen gehen und dabei nicht gestört werden wollen (für mich ging es dabei eher um eine sehr spezielle, stark fremdenfeindliche, wenn nicht gar rassistische Meinung; siehe die Beiträge von H. Klausen vom 2., 4. und 5.1.2021)!
Wie wohltuend dagegen Ihr Beitrag mit den grundlegenden Erkenntnissen:
• Amtsinhaber haben einen Amtsbonus (Kohl, Mappus, Frau Kraft…?)
• Regierende Parteien sind stärker der Kritik ausgesetzt (CDU in den vergangenen 16 Jahren, FDP nach Jamaika-Absage, Grüne in B-W…?)
• Allzu viele Wahlen machen das Regieren schwer (Bundestag alle 4 Jahre, Landtage alle 5 Jahre, Kommunen alle 6 Jahre…)
• Den Parteien fehlt charismatisches Führungspersonal; nur mittelmäßige Leute kommen an die Spitze (obwohl es doch z.B. die von Ihnen hochgeschätzten Peer Steinbrück tatsächlich und Friedrich Merz fast geschafft haben…)
• Nichtwähler fördern den Zerfall des Staates (siehe dazu den Beitrag von Stefan Hüneburg vom 16.3. und es sei daran erinnert, dass bei den vorherigen Wahlen viele Nichtwähler aus Protest für die AfD gestimmt haben)
Bisweilen drängt sich mir die Frage auf, wie weit die Verrohung der Debattenkultur und die Erosion des politischen und sprachlichen „Anstands“ unser Denken mittlerweile schon in Richtung „Meinungsdiktatur“, „Mainstream-Presse“, „Masseneinwanderung“, „Starke Hand“, „Einheitspartei“ usw. gelenkt oder zumindest vorbereitet haben (mir fällt da auch der bedauerliche Deutungswandel des „Gutmenschen“ zum Schimpfwort wieder ein)?
Vielleicht reicht es ja tatsächlich nicht mehr, nur den Besen zu nutzen – vielleicht müsste man die politische Landschaft doch mit dem Schwer(d)t (durch)fegen??
Jenseits der Wahl in meinem Heimatland Baden-Württemberg und auch der Freude, dass es der AfD nicht gelungen ist zu punkten- mache ich mir Gedanken.
Deutschlands Renten sind gegenwärtig in der Merhzahl Mini- und Kleinstrenten.
Was wird also aus den Menschen, die heute im besten Alter sind, jedoch nur schlecht bezahlte Jobs bekommen? SInd diezukünftig in der Mehrheit zum Gang zum Sozialamt verurteilt?
Was wird aus den Jugendlichen, die in der gegenwärtigen Krise ausbildungs- und bildungsmäßig eindeutig zu kurz kommen? Das sind Fragen die mir wirklich auf der Seele liegen.Wer die soziale Frage- wie das in Deutschland gegenwärtig der Fall ist- so vernachlässigt, der läuft Gefahr, dass sich Radikalinskis, und Bauerfänger*innen des öffentlichen Lebens bemächtigen.Auch wenn die AfD momentan Federn lassen musste, ob das in Zukunft so bleibt, wage ich zu bezweifeln.
Und leider muss ich als SPD- Mitglied sagen: Die Linken haben zu diesen Fragen die wirklich besseren Antworten.
Ich kann nur hoffen, dass wir aufwachen und erkennen, dass im unteren Lohnbereich, gegenüber den Jugendlichen und den Rentnern mit Mini Renten einiges zu verbessern und nachzuholen ist.
Die Wahlergebnisse aus dem Südwesten kann man auch völlig anders interpretieren: Die Gewinnerlaune fast aller Parteien (und deren Schlussfolgerung: Weiter so, wir sind auf dem richtigen Weg) scheinen fast 40% der Wahlberechtigten nicht zu teilen. Die Willensbekundung durch das Nichtwählen bedeutet in erster Linie, dass es für diese Menschen keine politische Option im derzeitigen Parteienspektrum gibt (und zum Glück für unsere Demokratie haben sie ihre Heimatlosigkeit nicht mit einer „Protestwahl“ bekundet, was von einer enormen Reife und einem hohen Verantwortungsbewusstsein der Bürgerinnen und Bürger zeugt). Die Engführung des politischen Diskurs bei der Bewältigung der Folgen der Pandemie, die Ausgrenzung namhafter Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vom Prozess der Problemlösung gepaart mit einer diskussionslosen Billigung riesiger Kollateralschäden in unserer Gesellschaft hinterlässt nicht alleine Ratlosigkeit in großen Teilen der Bevölkerung sondern angesichts massenhaft wachsender Existenzsorgen auch Wut. Ich befürchte, wenn wir in unserer Gesellschaft jetzt nicht wieder zu einer Kultur der „Runden Tische“ zurückfinden, wird die Akzeptanz des bestehenden Parlamentarismus weiter schwinden.
Eine wichtige Ergänzung zu Punkt 2! Vielen Dank.
Hr. Scholz weicht in jedem Interview der Frage aus, ob er auch Minister in einem Kabinett Baerbock sein wolle.
Denn eine Kanzlerschaft Scholz‘ halte ich für ausgeschlossen.
Bis zum Wahltag muss jede/r Kanzlerkandidat/in dafür eintreten, die Mehrheit auf sich ziehen zu können. Danach werden die Karten neu gemischt. Wichtig ist aber, dass politische Optionen schon vorher deutlich werden.
Als CDU-Mitglied gefällt mir Ihre Idee einer Ampel auch für den Bund als geringst möglicher Schaden gut. Wie damals nach der langen Adenauer-Erhard-Kiesinger-Zeit braucht die CDU wieder eine Zeit in der Opposition, um sich zu regenerieren. Die FDP in der Regierung und ein starker Wirtschafts- und Finanzfachmann wie Merz als wichtiger Oppositionspolitiker würde mir gut gefallen, wenn es um die Aufräumarbeiten nach Corona , Energiewende und Extremverschuldung geht.
Grundsätzlich stimme ich Ihrem Argument der Regeneration in Opposition nach langer Regierungszeit zu. Hätte ich mir für die SPD auch schon für 2017 gewünscht. Würden Sie dies Argument denn auch auf mitregierende Koaltionspartnerinnen anwenden? Das würde dann nämlich die Ampel sprengen. Die SPD regiert seit 1998 mit kurzer Unterbrechung entweder den Kanzler stellend oder als Koalitionspartnerin. Es würde allerdings politisch unmöglich, eine demokratische Regierung zu bilden.
Zu 4.
So offen optimistisch wie Sie, Herr Wolff, schätze ich Scholz nicht ein. Scholz ist beflügelt von Malu Dreyer. Seine aktive Beteiligung an der Schröder*schen Agenda und damit der SPD-Absturz-Politik macht ihn nicht zu einer Malu, sondern zum Malus der SPD. Solange meine ehemalige Partei sich nicht von allen Schröderianer*innen und deren Politik eindeutig verabschiedet, so lange wird es für die Partei schwierig mit der Akzeptanz bei den Wähler*innen. Und da ist viel zu verabschieden: Hartz IV, Leiharbeit, Privatisierungen uvm. Besser hätte es die Union nicht einrichten können, schließlich hat sie es in 16 Jahren beibehalten und verstetigt. Und dafür ist Scholz samt Seeheim das Aushängeschild. Meine Stimme bekommt die SPD erst wieder ohne Seeheimer*innen an der Spitze.