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Ewiger Karfreitag? – Ein paar österliche Gedanken

Sie sind kaum zu ertragen – die Bilder und Nachrichten aus der Ukraine, das unendliche Leiden der Menschen, die dem Bombenterror der russischen Armee hilflos ausgeliefert sind, die körperliche Gewalt und brutale Vergewaltigungen über sich ergehen lassen müssen, die dabei einen qualvollen Tod finden: Kinder, junge Frauen, Alte. Ein Leiden, das – Gott sei es geklagt – nicht auf die Ukraine beschränkt ist. Überall, wo Krieg geführt wird, steht das Verbrechen auf der Tagesordnung. Im Vergleich dazu wirken diplomatische Verwerfungen geradezu lächerlich, eigentlich nicht der Rede wert. Und doch gehört das Banale offensichtlich zur Passion – wie damals in Jerusalem, als Lügen, Folter, Terror auf Jesus niederprasselten, ihn zu entmenschlichen versuchten … und die Herrschenden waren damit beschäftigt, sich nur ja nicht die Finger schmutzig zu machen, sich gegenseitig die Verantwortung zuzuschieben, um am Schluss ihre Hände in Unschuld zu waschen. Ja, die Passion Jesu kann als Blaupause für das gelten, was wir Menschen uns gegenseitig zuzufügen bereit sind, wozu wir uns propagandieren lassen, was wir an Leid hinnehmen – nicht nur im Krieg.

Bleibt die Frage: Warum dieses immer wiederkehrende, elende Muster von Macht, Leiden, Unterdrückung, gewaltsamen Sterben? Warum können wir Menschen offensichtlich nicht davon ablassen, uns über andere zu erheben – über Völker, Nationen, Menschen mit anderen Lebensentwürfen, ? Warum fallen wir immer wieder auf Autokraten herein, die für sich beanspruchen, der eigentliche „Gott“ zu sein? Warum fühlen wir uns vor allem von denen bedroht, die keine Gewalt ausüben wollen, die dazu Alternativen aufzeigen? Warum sind wir panisch darauf bedacht, dass sich vor allem in Kriegszeiten alle auf die Ebene der Gewalt zu begeben haben? Warum können so Viele kaum ertragen, wenn sich jemand den scheinbaren Zwangsläufigkeiten von Gewalt und Gegengewalt zu entziehen versucht, die eigene Würde und die des Nächsten höher schätzt als die Huldigung von Autokraten und Verlockungen nationalistischer Träume?

Wer sich mit der biblischen Geschichte von der Geburt und dem Leiden und Sterben Jesu beschäftigt, der wird sehr schnell feststellen können: Beides hat sich in einem Umfeld abgespielt, das viele Parallelen zu unserer Wirklichkeit aufweist. Eine Welt, in der kleine Eliten mit bombastischem Machtapparat die Herrschaft für sich beanspruchen. Sie sehen sich dazu auserkoren, Menschen nach Belieben auf dem Spielbrett Erde hin- und herzuschieben, Gesellschaften hochzupeppeln und fallenzulassen, Grenzen zu überschreiten und zu verschieben. Sie können sich der Unbequemen jederzeit entledigen. Eine Welt also, die alle Verschwörungsphantasien zu bedienen scheint. Jedoch: Ein paar Menschen wie die Eltern von Jesus, also Maria und Josef, folgen anderen Verheißungen. Sie entziehen sich dem maßlosen Diktat der Machthaber, halten ihre Wut und Ängste im Zaum und entdecken eine Lebensspur jenseits des Oben und Unten, jenseits von Krieg und Unterdrückung. Sie entdecken die Kraft des lebendigen Gottes, die im Schwachen mächtig ist. Dieser Spur folgt Jesus in seinem Leben – und taucht mit seinen Hoffnungszeichen ein in die dunkle Welt des Hauens und des Stechens, der Überfälle und Kriege, in die Welt von Tod und Verderben. Er setzt sich all dem aus, was uns gleichermaßen empört und fassungslos macht, woran wir dennoch beteiligt sind … und scheitert zunächst, auch an seinen engsten Freunden. Die Mächtigen beseitigen ihn am Kreuz, entledigen sich seines Leibes im schwer bewachten Grab, wollen alle Spuren des grausamen Spektakels beseitigen. Niemand will es gewesen sein. Dennoch wähnen sie sich als Sieger.

Jedoch – und da wiederholt sich die Geschichte von Bethlehem und Jerusalem: Weder die Volkszählung des Kaiser Augustus, noch Kindermord des Herodes, noch das Wegsperren der sterblichen Überreste Jesu, noch das Verscharren der Leichen von Butscha in Massengräbern, können verhindern, dass das Blut der Geschundenen über Generationen zum Himmel schreit. Aber die Schreie rufen nicht nach Rache. Sie rufen nach Lösung, nach Erlösung – also nach dem, was jenseits der Gräber, jenseits des Krieges möglich ist. Diese Rufe werden an Ostern erhört. Denn da öffnen sich die Gräber, werden die Geschichte Jesu, seine Verkündigung, sein Frieden, seine Liebe neu ins Recht gesetzt – gegen alle politische Opportunität, gegen Naturgesetzlichkeiten, gegen die angebliche Unabänderlichkeit von Gewalt und Gegengewalt. Darum gilt: Nicht die Tatsache, dass wir Menschen uns permanent in Gewalt und Krieg verstricken, macht die Friedensbotschaft Jesu zunichte. Umgekehrt wird ein Schuh daraus: Jesu Botschaft wird durch seine Auferstehung neu ins Leben gerufen, wiedergeboren und bekräftigt. Dadurch bleibt alles, wofür der Name Jesus Christus steht, gegenwärtig, lebendig und menschennah: die Nächsten- und Feindesliebe, die Ehrfurcht vor dem Leben, die Barmherzigkeit und Gerechtigkeit, die Gewaltlosigkeit. Wenn es anders wäre – der Karfreitag würde nie enden. So aber können und sollen wir davon ausgehen: Nicht der Krieg, der Frieden ist der Ernstfall des Lebens (Gustav Heinemann). Ihm müssen unsere Anstrengungen, der Einsatz aller Ressourcen, die nächsten 100-Milliarden-Programme dienen. Diese Perspektive sollten wir uns von niemandem ausreden lassen. Drei Tage nach Karfreitag ist es soweit: Frohe und gesegnete Ostern!

22 Antworten

  1. „Ich täusche andere. Ich denke schlecht von anderen und rede über sie. Ich übersehe ihre Not und drücke mich, wo ich helfen sollte.“
    Lange dachte ich beim gemeinsamen Schuldbekenntnis in Gottesdiensten vor allem an die vielen Obdachlosen und Bedürftigen, die in der Leipziger Innenstadt zum täglichen Erscheinungsbild gehören. Zunehmend rückt aber der brutale Krieg in der Ukraine ins Zentrum meiner Überlegungen und meiner Scham. Ich denke, Deutschland – wir alle – können (und müssen) deutlich mehr tun:
    • Willkommenskultur für Geflüchtete
    • Unbürokratische Eingliederung der Geflüchteten in unsere Gesellschaft und unser Sozialsystem
    • Unterstützung der Ukraine mit Lebensmitteln, medizinischen Produkten/ –Einrichtungen und ja, auch mit Waffen
    • Solidarisches Handeln durch aufrichtiges Einräumen von Beitrittsperspektiven für die Ukraine in internationale Bündnisse
    • Klare Distanzierung vom und Versuch der nachhaltigen Sanktionierung des Aggressors
    Ein rascher Ausstieg aus russischen Energie-Lieferungen scheint mir notwendig und auch möglich zu sein. Mein Vertrauen in die Selbstheilungs-Kräfte einer globalisierten Wirtschaft ist hinreichend groß, um ein Kollabieren der deutschen Industrie und in deren Folge eine Massenarbeitslosigkeit in Deutschland auszuschließen. ABER: wir werden sicher mehr oder weniger massive Einschränkungen unseres derzeitigen Wohlstandsniveaus hinnehmen müssen; diese hätten uns beim Kampf gegen die Klimakrise allerdings ohnehin getroffen!
    77 Jahre nach Kriegsende, mit einer demokratischen Grundordnung und einer leidlich gelebten demokratischen Einstellung kann ich mir vorstellen, dass Deutschland eine Führungsrolle als treibende Kraft übernimmt, die in Europa und ggfs. darüber hinaus Zweckbündnisse initiiert und mit Ideen befruchtet. Dabei könnte z.B. Sanktionsbündnisse zustande kommen, die bei
    • mehrheitlich festgestellter Verletzung nationaler Grenzen,
    • Verletzung von Rechtsstaatlichkeit und Meinungsfreiheit,
    • Diskriminierung von Minderheiten,
    • schuldhaftem Hinauszögern der CO2-Neutralität,
    • schuldhaftem Überfordern des Gesundheits- und Sozialsystems,
    • Förderung der Geldwäsche und Steuerhinterziehung,
    • schuldhaftem Vergrößern der Schere zwischen arm und reich
    einschreiten, konkrete Maßnahmen beschließen und durchsetzen.
    Ich wage dagegen nicht einmal daran zu denken, was passiert, wenn sich in Frankreich am nächsten Sonntag derselbe Wahnsinn wie im November 2016 in den USA oder im Juni 20116 in Großbritannien durchsetzt…

  2. Im neuen SPIEGEL zeichnet der in Berlin und Moskau lebende russische Schriftsteller Wladimir Sorokin ein extrem pessimistisches Bild der Kulturnation Russland.Er zitiert einen Oligarchen, der bereits zu Beginn von Putins Amtszeit ständiger Gast im Kreml war, aus dieser Zeit:

    „“Im Vergleich zu Putin und seiner Entourage waren die Mitglieder von Breschnews Politbüro raffinierte Intellektuelle.“

    Putin sei zur Universität nur durch Protegierung seines Judotrainers zugelassen worden. Er bekannte selbst in einem Interview, dass er am Studium nur mäßig interessiert gewesen sei; er hätte „viel Bier“ getrunken.

  3. Lieber Herr Plätzsch – haben Sie Dank für Ihre freundliche Mühe, den Terminus „Menschenverachtung“ im Kontext zu naiv“ etwas zu klären. Auf unseren ewigen rhetorischen Elefanten im ohnehin zerschlagenen Porzellanladen reagiere ich nicht mehr!
    Aber eines sollte er einmal in aller Ruhe und Unaufgeregtheit reflektieren: P. Pilatus fragt Jesus während des Verhörs vor der Kreuzigung (Johannes 18, 28 – 38a): WAS IST WAHRHEIT? ich reagiere damit nicht nur auf seinen zitierten Titus Lucretius Carus (…), sondern auf seine unendlichen Erklärungen politischen gestus`.
    Ihnen, M. Käfer und Chr. Wolff ein gesegnetes, friedfertiges und hoffnungsstarkes OSTER-FEST.

  4. Wie viel anregender war es doch, sich an Karfreitag 2022 um 9:46 Uhr hinter die Mauern der Thomaskirche zu ducken, einem glänzend aufgelegten Thomaner-Chor unter Andreas Reize sowie dem Thomas-Organisten Johannes Lang zuzuhören und die wunderbare Predigt von Britta Taddiken zu reflektieren (… und das Volk sieht zu und schweigt … – auf dem Hügel von Golgatha vor 2000 Jahren, ebenso wie in der Ukraine heute).
    „Außerhalb“ dieser Mauern hat sich ja auch nichts Neues ereignet, Anwürfe mit nur minimalen Variationen gegen immer gleiche Adressaten…; doch halt, für mich war zumindest neu, dass als EU-Standards jetzt Korruption, mangelnde Demokratie und Rechtsstaatlichkeit gelten!
    Sehr nachdenklich machen mich Christians Sätze: Wir leben in einer „Welt, in der kleine Eliten mit bombastischem Machtapparat die Herrschaft für sich beanspruchen“; dagegen stellt er einige Wenige, die „sich dem maßlosen Diktat der Machthaber entziehen, ihre Wut und Ängste im Zaum halten und eine Lebensspur jenseits des Oben und Unten entdecken“.
    70 Jahre lang habe ich mich wohl mit der „kleinen Elite“ einigermaßen arrangiert, bin nicht schlecht dabei gefahren, glaube, morgens nach wie vor gefasst in den Spiegel schauen zu können – der Reiz auf eine Lebensspur jenseits des Oben und Unten nimmt aber zu…. Christian hilft dabei vermutlich sein tiefer Glaube, ich suche noch nach einem geeigneten Zugang.
    Allen Lesern im Blog ein gesegnetes Osterfest!

    1. Nur damit keine Missverständnisse aufkommen: Ich möchte mit dem Gedanken über die „kleinen Eliten“ keineswegs das Geschwätz der Rechtsnationalisten über „die Eliten“ verstärken. Darum habe ich länger überlegt, ob ich diesen Begriff hier verwenden soll. Ich wollte damit aufzeigen, wie gefährlich der Autokratismus ist, und dass dieser nichts zu tun hat mit der biblischen Grundwerten. Die Demokratie ist ja der Versuch, den Herrschaftsanspruch einiger Wenige einzugrenzen und die Beteiligung aller zu ermöglichen. Christian Wolff

      1. Lieber Christian,
        nach dem Genuss von Wagner’s Parsifal gestern von 16 -21:30 Uhr, habe ich noch mit etwas Bier „nachgespült“, deshalb erst heute: ich finde Dein Bild der „kleinen Elite“ durchaus zutreffend und hatte nie die Assoziation zu „rechtem Wording“. Man kann es durchaus neben politischen Strukturen auch auf wirtschaftliche und sonstige soziale anwenden…
        Es beschäftigt mich derzeit persönlich stark, dass ich (als überzeugter Kriegsdienstverweigerer) FÜR die Lieferung auch von schwerem Gerät an die ukrainischen Streitkräfte plädiere, dass ich mich über deren militärische Erfolge freue (Untergang des russischen Kriegsschiffes „Moskwa“) und mir eine viel aktivere Rolle der Bundesrepublik (Embargo, Lieferung von Angriffswaffen) in diesem Konflikt wünsche! Alles Punkte, die mir vor nicht allzu langer Zeit keinesfalls in den Sinn gekommen wären. Trotzdem stimme ich Dir absolut zu, dass eine friedvollere Herangehensweise möglich sein muss! Ich bekenne allerdings, mit deren Imagination derzeit überfordert zu sein. Reichlich Stoff für intensives Nachdenken bei Osterspaziergängen also…

        1. Lieber Michael, ich finde es wichtig, sich nicht auf die Frage der Waffenlieferungen zu focussieren. So richtig es ist, dass Kriege auch durch Waffen begrenzt und beendet werden können – Frieden lässt sich nur schaffen ohne Waffen. Mit dem MP im Anschlag kann ich nur schwerlich Aussöhnung initiieren. Der Durchbruch für die Aussöhnung mit Polen waren nicht Waffenlieferungen, sondern der Kniefall Willy Brandts. Es ist deswegen aus meiner Sicht Unsinn, angesichts des Unkraine-Krieges zu fordern, die Friedensethik umzuschreiben bzw. den Pazifismus zu entsorgen – einmal ganz abgesehen davon, dass dieser Angrifsskrieg einer von vielen ist. Ich sehe darin eher den Versuch, von den gravierenden politischen Fehlern in den vergangenen 20 Jahren abzulenken. Um es überspitzt zu sagen: Ja, ich kann mir vorstellen, Waffenlieferungen in der jetzigen Situation zuzustimmen, aber ich könnte das nur verantworten, wenn dies verbunden ist mit Strategien, wie denn ein friedliches Zusammenleben in Europa mit der Ukraine, mit Russland nach dem Krieg aussehen soll. Wenn wir das nicht zusammensehen, dann landen wir ganz schnell in der nächsten Sackgasse. Herzliche Grüße Christian

          1. „Ich sehe darin eher den Versuch, von den gravierenden politischen Fehlern in den vergangenen 20 Jahren abzulenken.“
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            „Geschäfte mit unberechenbaren Partnern zu betreiben ist und bleibt unverständlich. Die Profitsucht erfährt jetzt ihre Strafe.“ so die bekannte Theaterregisseurin Andrea Breth in der heutigen F.A.Z..

            Hinterher ist man immer klüger. Es hieß ja immer „Wandel durch Handel“, also Russland in die Globalisierung einbinden. Das hatte ja nicht nur für den Westen Vorteile (billige Rohstoffe), sondern auch für Russland (stabile Absatzmärkte). Dass Putin und seine Entourage das alles zerstören würde, lag eben außerhalb westlicher Vorstellungskraft.
            Wahrscheinlich hat er mit der geschlossenen Reaktion des Westens nicht gerechnet. Es ist ja vor allem die Größenordnung, mit der man sich von Russland abhängig gemacht hat, die zum Problem wird. Wenn man jetzt mit despotischen Regimen in Nahost oder Venezuela ins Geschäft kommt (vielleicht auch wieder mit Iran) , kommt es im Spannungsfall wenigstens nicht zu derart großen Auswirkungen.

            „Ja, ich kann mir vorstellen, Waffenlieferungen in der jetzigen Situation zuzustimmen, aber ich könnte das nur verantworten, wenn dies verbunden ist mit Strategien, wie denn ein friedliches Zusammenleben in Europa mit der Ukraine, mit Russland nach dem Krieg aussehen soll. “
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            Wie soll das gehen ohne NATO-Mitgliedschaft der Ukraine? Und einen solchen Verzicht hat Selenskyi ja schon angeboten. Im Budapester Memorandum haben sich 1994 im Gegenzug für den Verzicht der Ukraine auf Atomwaffen Rußland, die USA und Großbritannien verpflichtet, die Souveränität der Grenzen der Ukraine zu achten. Der Bruch dieses Abkommens durch Rußland zog aber keine Konsequenzen durch die beiden anderen Signatarstaaten nach sich. Hätte die Ukraine ihre Kernwaffen behalten, wäre es nie zu diesem Krieg gekommen. Dies wird sich z. B. Nordkoreas Diktator eine Lehre sein lassen. Eine NATO-light-Mitgliedschaft der Ukraine, z. B. durch EU nund USA garantiert? Ich kann mir nicht vorstellen, dass Russland das akzeptieren wird. Ich sehe nur einen fragilen Waffenstillstand auf lange Zeit.

          2. Jetzt stimme ich Ihnen zu: Der
            Ukraine auch schwere Waffen liefern mit dem Ziel, dass sie dadurch den Angreifer Russland nicht nur vertreibt, sondern – zusammen mit den Sanktionen – zwingt, einem langfristigen Frieden – z. B. durch international überwachte Volksabstimmungen in den von beiden Gegnern beanspruchten Gebieten – zuzustimmen. Hoffen wir, dass auch unsere Regierung sich dazu durchringt, bevor es zu spät ist.

          3. Wie schön, daß Sie, Herr Wolff, nun dem zustimmen, was ich seit Jahren hier schreibe: „Wenn wir das ZUSAMMENSEHEN“ – eine Politik nämlich, die den Frieden fördert und ermöglicht und gleichzeitig deren Absicherung durch Streitkräfte und also Waffen vorsieht. Sehr vernünftig, diese Ansicht – und sie gleicht gleichzeitig ein wenig die Sottise in Sachen Nuklearwaffen aus, die durch Wiederholung nicht wahrer wird.
            Andreas Schwerdtfeger

  5. Das Osterfest bewirkt Wunder! Und zeigt uns gleichzeitig auf: Armes Deutschland! Warum?
    Da haben wir erstens jemanden, der sich hinter eine selbstgebaute und selbstdefinierte Mauer der sogenannten Höflichkeit duckt, was ihm hilft, die Tatsachen zu verschleiern oder gar zu negieren und sich ja nicht festzulegen. Politik ist aber weniger eine Angelegenheit der Höflichkeit – sie ist Interessenvertretung, wie es uns vom Duo Selenskyi / Melnyk gerade unsympathisch vorgeführt wird. Und die Tatsachen sind:
    – die Ukraine – unzweifelhaft angegriffen und bedürftig der Unterstützung – verteidigt nicht die Werte der EU, sondern ihre Interessen: Territoriale Integrität, Freiheit, Suche nach Wohlstand, etc. Sie erfüllt keinen einzigen EU-Standard: Korruption, mangelnde Demokratie (Autonomie von Minderheiten), Rechtsstaat, etc. Wir hätten schnell ein weiteres Polen in der EU (was die augenblickliche Euphorie überdeckt). Und sie verteidigt auch nicht die westlichen Werte gegen Rußland; sie verteidigt ihr wirtschaftliches Interesse an EU-Geldern, und wir hätten rasch ein zweites Ungarn in der EU. Ihre Probleme, die bisher einen EU-Beitritt verhinderten, sind vor wie nach dem Krieg die gleichen. Und ihre geopolitische Lage läßt es ratsam erscheinen (nach Kissinger) auszuschliessen, sie „zum Frontstaat der einen Seite gegen die andere zu machen“.
    – Das brainwashing unserer Medien, der westlichen Gesellschaften und von Polittouristen vom Schlage Roth, Hofreiter und Strack-Zimmermann in Sachen Ukraine wird bei aller Sympathie für die ukrainische Sache langsam bedenklich.
    Dann haben wir zweitens unseren Illusionisten, der dauernd durch weit offene Türen läuft und dabei haarscharf an den Problemen vorbei. Er sagt uns, daß Krieg ein Verbrechen sei und im Krieg Verbrechen geschehen – und wer wollte das bezweifeln. Dann aber will er uns davon überzeugen, daß „wir uns vor allem von denen bedroht (fühlen), die keine Gewalt ausüben wollen, die dazu Alternativen aufzeigen“. Wie erstaunlich, wenn man doch gleichzeitig ganz in seinem Sinne Friedensstrategien entwickelt, die nur andere als seine sind – allerdings wirksamer und glaubwürdiger, denn warum ruft die Ukraine wohl nach Waffen und nicht nach der Osterbotschaft? Er zeigt uns auf, daß die Osterbotschaft wichtig ist, indem sie dem Menschen seine Zweifel und Ängste nimmt, indem sie ihm langfristig die Hoffnung auf eine „menschliche Welt“ mit weniger Elend und mehr Frieden gibt – dafür sind wir dankbar. Er zeigt uns aber auch, daß die christliche Botschaft eines solchen Festes sich nicht in die Tagespolitik übertragen läßt, in der der Krieg mit politischen Mitteln und mit dem Realismus praktischen Handelns und praktischer Mittel zurückgedrängt werden muß.
    Und schließlich haben wir drittens den ahnungslosen „Überläufer“, der sein Idol im Stich läßt, indem er nun plötzlich und ganz gegen alle seine bisherigen Einlassungen den Einsatz von Truppen, UN-Truppen nämlich, fordert: „Warum sind nicht längst UNO-Blauhelm-Truppen in der Ukraine?“ Er stellt sich diese wahrscheinlich als in Uniform verkleidete Zivilisten mit Palmwedeln vor. Aber in Wirklichkeit ist eine solche Forderung – angeblich auch noch von „vielen“; so viele Naive kann es ja nun auch nicht geben – Ausdruck nicht nur völliger Unkenntnis, sondern auch einer gewissen Menschenverachtung: Schicken wir doch einfach ein paar Leute hin, die das Schlamassel ausbaden sollen, während ich vom Sofa aus Moral beisteuere! Für den Einsatz von Streitkräften generell – und eben auch von UNO-Truppen – braucht es neben einem rechtsgültigen Beschluß des Sicherheitsrates (Herr Plätzsch wies darauf hin, Herr Flade tut das ab als „de jure“ – naja) einige Voraussetzungen, die Flade vielleicht einmal definieren könnte: Als erstes: Welches politische Ziel und also welches Mandat, welcher Auftrag, welche Befugnisse (man nennt das „rules of engagement“); dann wie viele Kräfte mit welcher Ausrüstung und welcher Logistik, Waffen, Sanität, Führungsstruktur, welche Truppensteller (Staaten); weiterhin: wie rein-, vor allem wie wieder rauskommen, welche zeitliche Vorstellungen, wer übernimmt die Kosten? UNO-Blauhelme sind – und nur das gibt ihnen eine Chance – zur Neutralität zwischen den streitenden Parteien verpflichtet und man kann sich das so richtig vorstellen angesichts der klaren (und durchaus berechtigten) Parteinahme der Welt in diesem Konflikt. Wer so nach Truppen ruft, zeigt seine Menschenverachtung zugleich mit seiner vollständig naiven und schlimmen Ahnungslosigkeit.
    Und nun, bevor Sie dies alles ideologisch zurückweisen, empfehle ich:
    Titus Lucretius Carus, (De Rerum Natura, liber I, 46-48):
    „Lege die Sorgen zurück und merk auf die Lehre der Wahrheit:
    Wirf das Geschenk, das ich dir mit treuem Fleiße bereitet,
    Nicht verachtend hinweg, bevor du es gänzlich geprüft hast.“
    Mit frohen Ostergrüßen,
    Andreas Schwerdtfeger

    1. „Wer so nach Truppen ruft, zeigt seine Menschenverachtung zugleich mit seiner vollständig naiven und schlimmen Ahnungslosigkeit.“
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      Herr Schwerdtfeger, Sie müssen sich schon entscheiden: Ist Herr Flade menschenverachtend oder naiv? Wenn er menschenverachtend wäre, wäre er zynisch, aber keineswegs naiv. Wäre er jedoch naiv, so kann man ihm keine vorsätzliche Menschenverachtung vorwerfen.
      Selbstverständlich können UN-Blauhelmmissionen nur in einem Gebiet stattfinden, in dem keine aktiven Kämpfe mehr herrschen. Die Blauhelme könnten etwa einen Waffenstillstand überwachen. Da der UN-Sicherheitsrat aber durch ein Veto Rußlands und Chinas blockiert ist, braucht über eine UN-Friedensmission nicht weiter nachgedacht zu werden. Die UN-Vollversammlung aller Mitgliedsstaaten sollte gestärkt werden, um diesem Anachronismus etwas entgegensetzen zu können.

      Die Wettervorhersage verspricht einen schönen Osterspaziergang:

      „Vom Eise befreit sind Strom und Bäche“

      1. Zitat Ch. Wolff: „Die atomare Bewaffnung ermöglicht einen „konventionellen“ Krieg.“
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        Und was wäre nach einer totalen Abrüstung aller Kernwaffen? Wenigstens wäre die totale Vernichtung der Menschheit gebannt, aber nicht der Krieg als solcher verunmöglicht. Jetzt wird mit dem „Gleichgewicht des Schreckens“ wenigstens ein Weltkrieg verhindert, es sei denn ein Verrückter wäre am Drücker. Das glaube ich von Putin nicht; er hängt am Leben, hat panische Angst, sich zu infizieren. Wie man hört, soll er ständig eine Thermosflasche mit sich führen, und nur aus der trinkt er.

        „Die Anschaffung von konventionellen Waffen wie Kampfflugzeugen und bewaffnungsfähigen Drohnen als Abschreckung unter atomaren Militär­blöcken ist sinnlos.“ heißt es in dem Appell gegen Aufrüstung. https://derappell.de/

        Das verstehe ich nicht. Selbst wenn es zum Krieg zwischen Atommächten bzw.-bündnissen käme, hieße das noch nicht, dass am Ende stragegische Kernwaffen eingesetzt werden. Unterhalnb dieser Schwelle könnte ein Waffenstillstand zu einem Kriegsende führen. In einem solch „konventionellen Krieg“ wären modernste Waffen aber wichtig – zumal wenn sie der (potentielle) Gegner hat.

  6. Das Dilemma zwischen Nächstenliebe und vermeintlicher Notwendigkeit zur Gewalt, um eine menschliche Welt zu erhalten, vermögen wir offenbar nicht zu lösen. Daher kann die Aufgabe der Christen in der Welt nur sein, die Alternativen zu leben und konsequent friedliche Mittel aktiv einzusetzen, um Elend zu lindern und Frieden zu erlangen – nicht aggressiv, aber aktiv!

  7. „Denn da öffnen sich die Gräben, werden die Geschichte Jesu, seine Verkündigung, sein Frieden, seine Liebe neu ins Recht gesetzt – gegen alle politische Opportunität, gegen Naturgesetzlichkeiten..“
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    Naturgesetzlichkeiten sind also überwindbar? Das sollten Sie nachweisen, und gleich mehrere Nobelpreise wären Ihnen sicher.

  8. Wohl wahr! Mit dieser Einsicht wird mir nochmal unmittelbar bewußt, wie anspruchsvoll und doch auch ungewiss es für mich ist, einfach zu werden, mich zu ergeben und : wie schnell ich errungene Schritte in diese Richtung wieder verlieren kann in der Welt, in der ich lebe und suche. So bleibt die Botschaft doch die Kimme, über die ich peilen kann. Das Tun bleibt mühsam, ohne Gewissheit im Angesicht dieser immer bescheleunigteren Welt, in der ich mich bewegen muss. Ist Gott noch begreifbar genug in mir?

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