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Bitterer Erfolg

82,5 Prozent Wahlbeteiligung bei den Bundestagswahlen 2025: Das ist ein mehr als erfreulicher Ausdruck eines starken Interesses der Bürger:innen Deutschlands an der zukünftigen Zusammensetzung des Bundestages und der sich daraus ergebenden Mehrheit zur Bildung der neuen Bundesregierung sowie an der gesellschaftspolitischen Entwicklung Deutschlands. Die hohe Wahlbeteiligung verleiht dem Wahlergebnis ein besonderes Gewicht. Das gilt für alle Parteien – insbesondere auch für die, die wie die SPD zu den Wahlverlierern gehören. Sie können sich nicht mit dem Hinweis herausreden, die sog. Stammwähler seien zu Hause geblieben, es hätte also an der mangelnden Mobilisierung gelegen. Die Wahlgewinner können für sich eine hohe demokratische Legitimation ihres Ergebnisses in Anspruch nehmen.

Die erfreulich hohe Wahlbeteiligung wird flankiert von einer großen Akzeptanz sowohl des Wahlverfahrens wie des Wahlergebnisses. Es gibt im Gegensatz zu den USA keine nennenswerten Zweifel daran, dass diese Wahl den Erfordernissen des Grundgesetzes genügt: allgemein, frei, geheim. Auch das ist ein Erfolg für die Demokratie und ein hoher Wert. Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass 23 Wahlkreisgewinner:innen nicht auf diesem Weg in den Bundestag einziehen können.

Das alles kann nicht davon ablenken, dass das Wahlergebnis nicht nur im Blick auf die SPD katastrophal und mehr als beunruhigend ist – und das unabhängig davon, dass ich mir angesichts des Scheiterns der FDP und des BSW an der Fünf-Prozent-Hürde eine gewisse Genugtuung nicht verkneifen kann und dass ich mich über den Wiedereinzug der Partei DIE LINKE durchaus freue. Die FDP hat sich vor allem durch ihr zerstörerisches Agieren in der Ampelkoalition als überflüssig erwiesen. Das BSW hat sich durch ihr AfD-affines Programm und die One-Woman-Show selbst ins Abseits gestellt. DIE LINKE hat es geschafft, mit zwei kraftvoll-sympathischen Spitzenkandidat:innen sowie einem starken, linken sozialpolitischen Programm fast 9 % der Wähler:innenstimmen zu erreichen und vor allem bei jungen Wähler:innen zu punkten.

Bleiben die bittere Niederlage der SPD, der äußerst beschränkte Stimmenzuwachs für die CDU/CSU sowie das katastrophal erfolgreiche Abschneiden der AfD.

  • Ich selbst gehöre der SPD seit 1970 an. Schon vor 16 Jahren bei der Bundestagswahl 2009 rutschte die SPD auf ein historisches Tief ab: 23 %, ein Minus von 11,2 %. Damals wurde deutlich, dass die SPD weder mit ihrem Programm die Menschen erreichen konnte, noch über die ausreichende gesellschaftliche Verankerung vor Ort verfügte. Außerdem blieb ihr durch eine quasi sozialdemokratische CDU-Kanzlerin kaum Raum für ihre Programmatik. Stattdessen hat sich die SPD bis 2021 immer wieder an der Agenda 2010 abgearbeitet – ohne den Erfolg der Agenda 2010 für sich zu reklamieren und die offensichtlichen Gerechtigkeitsdefizite der CDU anzulasten. Ähnliches hat sich jetzt in der Debatte um das Bürgergeld wiederholt. Die SPD hat es zugelassen, dass auf der medialen wie politischen Ebene der Eindruck vermittelt wurde: das Bürgergeld (= SPD) befördert das bezahlte Nichtarbeiten und trägt so zum Frust der Arbeitnehmer:innen bei. Dass sich hinter der Langzeiterwerbslosigkeit von Bürgergeldempfänger:innen ein anderer Skandal verbirgt, nämlich dass seit mindestens zwei Jahrzehnten jedes Jahr 50.000 und mehr Jugendliche ohne Abschluss die Schule verlassen, davon ist kaum die Rede. Außerdem hat die SPD ihre internationale Ausrichtung im Geiste Willy Brandts zunehmend vernachlässigt. Die europäische Politik wurde ohne jede Begeisterung betrieben. Überhaupt: Die SPD vermittelt zunehmend den Eindruck, eine ermüdete Verwalterin ihrer programmatischen Ziele zu sein. Da springt kein Funke über – auch nicht bei ur-sozialdemokratischen Themen wie bezahlbares Wohnen, Rente, Pflege. Olaf Scholz wie Lars Klingbeil, sehr ehrenwerte Persönlichkeiten, repräsentieren eine SPD ohne Überzeugungs- und Begeisterungspotential. Diese Defizite traten in der Wahlkampagne deutlich zutage: alles etwas betulich „Mehr für Dich – besser für Deutschland“. Das klingt zu sehr nach einem Sonderangebot: 20 % mehr für den gleichen Preis. Aber wenn das Produkt nicht begehrt ist …
  • Am Sonntag ist die Katastrophe eingetreten: Die seit 162 Jahren demokratisch absolut verlässliche SPD wird von der rechtsextremistischen AfD überholt: 20,8 %, eine Verdoppelung des Wahlergebnisses von 2021. Die Ursache für dieses Desaster ist aber weder der Zustand der SPD noch die Existenz der AfD. Die Ursache sind Millionen Wähler:innen, die der AfD ihre Stimme gegeben haben – im vollen Wissen um ihre antidemokratische, autokratische, nationalistische Ausrichtung; im Wissen darum, dass die AfD in Demokratie- und Freiheitszertrümmerern wie Donald Trump, Wladimir Putin, Viktor Orbán ihre natürlichen Partner sehen; im Wissen darum, dass die AfD Europa mit der „Abrissbirne“ zerstören, den Euro abschaffen und zum National-Staat und zu einer homogenen Volksgemeinschaft, in der nichts Fremdes geduldet wird, zurückkehren will. Dafür haben 20,8 % der Wähler:innen ihre Stimme abgegeben. 80 Jahre nach dem Ende der Terrorherrschaft der Nationalsozialisten und des 2. Weltkrieges sehen vor allem in Ostdeutschland große Teile der Bevölkerung in der rechtsextremen AfD ihre politische Heimat. Von ihr versprechen sie sich, dass sie Ostdeutschland oder wenigstens ihren Ort, ihren Vorgarten „rein“ hält. Und das Absurde: Nicht wenige derjenigen, die bei der Friedlichen Revolution 1989/90 hinter den Gardinen standen, versuchen nun mittels Stimmabgabe für die AfD etwas nachzuholen, was sie damals versäumten: eine in ihren Augen „verkommene“ Polit-Elite aus den Ämtern zu verjagen „Vollende die Wende.“ Das wird dann noch dadurch getoppt, dass die AfD insbesondere bei den Erstwähler:innen große Erfolge hat. Bei diesen scheint kein Bezug mehr zu der Epoche deutscher Geschichte vorhanden zu sein, in der die Vorgänger der heutigen Rechtsextremisten Deutschland in den Abgrund geführt haben.
  • Der Erfolg der AfD wurde noch dadurch verstärkt, dass im Wahlkampf das Thema in Medien wie bei der CDU/CSU in den Vordergrund geschoben wurde, das die AfD schon immer zu ihrem Hauptnarrativ gemacht hat: die sog. illegale Migration. Die AfD hat das Motto von Horst Seehofer (CSU) „Die Migration ist die Mutter aller Probleme“ nicht nur propagandistisch umgesetzt. Sie hat mit Erfolg betrieben, dieses allen anderen aufzudrücken. Damit war das Thema Migration ganz im Sinne der AfD negativ, mit Angst und Vorurteilen besetzt. Alle gesellschaftlichen Problemen, insbesondere die Kriminalität, konnte die AfD auf die Migration zurückführen – und die CDU/CSU wie viele Medien mach(t)en fleißig mit. Die Notwendigkeit und die positiven Folgen der Migration wurden kaum noch thematisiert. Wenn man aber wie die CDU/CSU das Narrativ der AfD bedient, dann kann man selbst davon nicht profitieren. Den Erfolg fuhr allein die AfD ein – mit fatalen Folgen für den Zusammenhalt in einer diversen Gesellschaft. Denn wenn Migration nur noch als Bedrohung angesehen wird und Geflüchtete als potentiell kriminell verdächtigt werden, wenn schwere Straftaten von Migranten zur Abschiebungshetze gegen Ausländer missbraucht werden, dann begibt man sich auf die Gewaltebene der Straftäter und verfolgt die fatale Strategie „Problemlösung durch Problemvernichtung“.
  • Und noch etwas konnte sich die AfD zunutzemachen: die Strategie der bewussten Lüge und der Umwertung der Werte – also das, was derzeit die Trump-Musk-Bande bis zum Erbrechen praktiziert und was zum Wesen des Faschismus gehört. Was vor 90 Jahren der „Volksempfänger“ war, sind heute die von den Trump-Getreuen gesteuterten und kontrollierten sog. sozialen Netzwerken. Fast alles, was die Kanzlerkandidatin der AfD Alice Weidel im Wahlkampf von sich gegeben hat, war frei erfunden, gelogen und widersprach jeder Faktenlage. Dieses, jedes Vertrauen zersetzende Verfahren wird sehr bewusst angewendet – und verfängt auch dank der sog. sozialen Medien bei Millionen Menschen.
  • Warum aber fallen so viele Menschen auf diese Propaganda herein? Ich vermute, hier wirkt sich aus, dass uns in der Vielfalt unserer Gesellschaft ein allgemein akzeptierter Wertekanon abhandengekommen ist, bzw. dieser zunehmend durch Verfeindungspropaganda ersetzt wird. Ebenso trägt der Bedeutungsverlust der Kirchen dazu bei, dass Werte wie Zusammenhalt, Ehrfurcht vor dem Leben, Barmherzigkeit verkümmern, die Menschenwürde (Artikel 1 des Grundgesetzes) als absoluter Maßstab zur Disposition gestellt wird und dafür diffuse Werte wie „Männlichkeit“ oder „Deutschsein“ ins Vakuum eindringen können. Mehr noch: Wenn wir derzeit bedauern, dass eine Regel basierte Politik von Trump und Putin verlassen wird, um ihre nationalistisch-imperialen Interessen durchzusetzen, dann sollten wir uns bewusst sein, dass auch in unserer Gesellschaft ein Regel- und Werte basiertes Zusammenleben nicht mehr selbstverständlich ist. Auch auf diesem Hintergrund ist das nicht berauschende Wahlergebnis für die CDU/CSU erklärlich. Denn in ihrem konservativ-bürgerlichen Programm haben viele Wähler:innen nicht die Alternative zur Ampel-Koalition gesehen. Ihnen ist die CDU zu demokratisch, zu weltoffen, zu westlich.
  • Noch einmal: die AfD wurde in einer demokratischen Wahl von 20,8% der Bürger:innen gewählt, die sich an der Bundestagswahl beteiligt haben. Aber damit wird aus der AfD keine demokratische Partei. Der freiheitliche Rechtsstaat lässt zu, dass Feinde der Demokratie ins Parlament gewählt werden. Doch diese Möglichkeit verpflichtet niemanden dazu, die AfD als demokratische Partei anzusehen. Es wird nun darauf ankommen, die Menschen davon zu überzeugen, dass Parteien wie die AfD am Ende nur verbrannte Erde hinterlassen. Man sollte meinen, das zumindest in Deutschland diese Einsicht wächst, bevor die AfD das umsetzt, was Deutschland und Europa zur verbrannten Erde werden lässt.

Bitterer Erfolg: Deutschland steht nicht vor einer Machtübernahme der Rechtsnationalisten – Gott und dem Wähler sei Dank!!! Aber wie alles ist auch dieses keine Garantie, dass dies so bleibt. Es wird darauf ankommen, dass jetzt die Werte des Grundgesetzes, das Primat des Rechtsstaates vor politischer Opportunät und gesellschaftliche Vielfalt geachtet und gepflegt werden. Denn ohne diese Pfunde der Demokratie werden Probleme geschaffen, aber nicht gelöst.

46 Antworten

  1. Wie schreibt unser Belehrungs-Obermeister mit so geringfügigem Anstand, dass es schon bedenklich wird: “ Ich betrachte hier vieles, was Sie, Flade und Käfer schreiben, als ziemliche „Un -Sätze“, vor allem Ihre und ihre wohlfeilen ständigen Belehrungen anstelle von Diskussionsbeiträgen – aber sei’s drum.“ Zitat Schwerdtfeger. Und seine unverhohlenen Wutschnaubereien kontra Chr. Wolff und andere (na klar, Flade und Käfer, wer sonst) offenbaren, dass es nicht auf den seriösen Diskurs, sondern a priori um Verächtlichmachung, Respektlosigkeit, üble Nachrede und so weiter geht. Welch Armutszeugnis sich da ein Weltverbesserer selbst ausstellt und es nicht einmal merkt.
    Trump, Vance, Musk – werter Schwerdtfeger – fliegen Sie doch einfach mal ins Weiße Haus, vielleicht gibt es da noch einen Posten für Sie? Wäre doch so schlecht gar nicht. Dann könnten Sie all Ihre Theorien in praxi umsetzen und dann würde es uns allen doch viel, viel besser gehen – oder?
    Vielleicht nur eines zur Erinnerung: ja, die letzten drei Jahre wahren nicht so ganz gut für unser Land unter der Ampel, die dann Herrn Lindner vorsorglich auffliegen ließ. Aber, werter AS – was waren es denn für CDU-Regierungszeiten der letzten 16, 20 Jahre?? Bildung, Wirtschaft, Kultur, Infrastruktur, Digitales, IT, Soziales? Das alles war bis vor drei Jahren bestens? Na mein lieber Schwerenöter AS – da muss doch wohl bei Ihnen in Ihrer vereinsamten Schreibstuben-Kemenate irgend etwas unbemerkt vorbei gelaufen sein – die hinter uns liegende Realität, die Sie jetzt mit aller Verbalgewalt der letzten Regierung zuschieben. Höchst peinlich! Tut mir leid, aber da stimmt was bei Ihnen absolut nicht. Ihnen eine segensreiche Fastenzeit; es tut dem ungehobelten Geist wohl, mal inne zu halten!!! Ich grüße Chr. Wolff und M. Käfer – wir bleiben dran (an den Fakten!) und verfügen über einen feinen Humor. Stänkereien gehören eben mal zum Leben, nur bei AS wird es zunehmend übelriechend. Guten Abend.

  2. Die Wahl liegt weit genug zurück, eine Koalition zeichnet sich ab – Zeit vielleicht, um Bilanz zu ziehen, anstatt mit mehr oder weniger Häme und Wahlkampffortsetzung inhaltslose Kommentare zu schreiben (wie Käfer).
    1. Unser Wahlsystem erzwingt Koalitionen – keine Partei kann nach einer Wahl das tun, was sie vorher „versprochen“ hat. Der (kluge) Wähler weiß das und spart sich also nachtarockende Rechthaberei. Beispiel hierfür ist nicht nur die jetzt (aus CDU-Sicht) anders entschiedene Frage der Staatsfinanzen, sondern ebenso deutlich der Wahlkampf der SPD, denn wer konnte schon den Scholz-Versprechungen „Mit Sicherheit …“ (… sichere Rente, mehr Netto vom Brutto, stabile Mieten, etc) glauben. Wie gut, dass Scholz verloren hat – er wäre erneut als Lügner entlarvt worden.
    2. Das Argument der „Notlage“ sollte nicht überstrapaziert werden. Jeder Regierung stellen sich Herausforderungen – und die aktuellen Herausforderungen sind auch immer die akutesten und überraschendsten. Es ist Aufgabe der Politiker, sie (gemeinsam) zu bewältigen, und des Wahlvolkes, die dabei notwendigen Kompromisse nicht zu verurteilen, sondern als systemimmanent hinzunehmen. Angesichts der sich abzeichnenden „Sondervermögen“ oder anderen Regeln ist das Problem weniger Merz‘ „Umfaller“, sondern die Gefahr eines Rückfalls der SPD in den alten Trott der Geldverschwendung.
    3. Die konkrete Lage ermöglicht es der SPD, ihre krasse Wahlniederlage ein wenig aufzubessern, indem sie nun als Schwanz mit dem Hund wedelt, zumal ja die Union auch nicht gerade gut abgeschnitten hat. Sie hat also diese Macht genutzt und wird dies weiter tun, um sich im Hinblick auf die nächsten Wahlen wieder zu finden und einen ihren Wählern (wenn sie diese Gruppe noch definieren kann) glaubwürdigen neuen Sockel zu verschaffen. Das ist ihr gutes Recht, sollte aber nicht übertrieben werden.
    4. Die Union hat einen kompletten Richtungs- und Politikwechsel gefordert – ihre Wahlergebnis ermöglicht die Umsetzung dieser Forderung nicht. Das schwache Abschneiden aller anderen Parteien außer der unsäglichen AfD ermöglicht nur EINE Koalition und das Problem ist: Die eine Partei will diesen Wechsel und ist damit bereit, ins Risiko zu gehen; die andere will das fatale „weiter so“ als nachträgliche Rechtfertigung bisherigen Versagens. Für Deutschland muss man hoffen, dass es eine klare Wende geben wird.
    5. Ein auch nur annäherndes „Weiter so“ wird die AfD „weiter“ stärken – das ist wohl kaum Gegenstand von Diskussionen und weist also gleichzeitig mit Recht der bisherigen Ampel die Verantwortung für dieses Erstarken zu. Rote Linien seitens der SPD sind derzeit weder sehr populär noch dienen sie dem Land – schon gar nicht, wenn sie wie in der Migrationsfrage mit unseriösen „rechtlichen“ Argumenten oder mit unzulässigen Verallgemeinerungen begründet werden. Die Forderungen der Union, die Grenzen zeitlich begrenzt streng abzusichern und dort Migration zurückzuweisen, sind Praxis in mehreren EU-Ländern und bisher nicht von der EU rechtlich bekämpft; die Flüchtlinge oder auch Menschen mit ausländischem Hintergrund alle immer in einen Topf zu werfen, wie es unsere politische Linke gerne tut, dient der populistischen Verschleierung der Tatsachen: Dass es nämlich Menschen bei uns gibt – oder solche, die zu uns kommen – die sich an Recht und Gesetz halten und also gar nicht Gegenstand der Diskussion sind; und andere eben, die dies nicht tun – weder bei der Einreise noch in ihrem Verhalten hier – und um die es ALLEINE geht: Die ILLEGALE Immigration und ihre Folgen. Es ist schon beschämend, wie einige sich schon fast freuen, dass der Mannheimer Täter jetzt ein Deutscher ist (wieder mal Käfer), nach dem Motto: Gut dass mal ein Deutscher ein solches Verbrechen begeht – perverse Argumentation!
    6. Eine weitere Stärkung der AfD ist dann erwartbar, sogar wahrscheinlich, wenn die anstehende CDU-geführte Regierung nicht oder nur begrenzt erfolgreich sein sollte – dies insbesondere in den Feldern Wirtschaft, Migration, Sicherheit. Wenn die SPD jetzt schon vor Bildung der Koalition die kommende Regierung so schwächt, dass Erfolg unwahrscheinlich wird, dann wird dies der AfD nützen – auf einem von zwei Wegen: entweder durch Sieg in der nächsten Wahl, oder durch das Hineinzwingen der Union in die andere im 21. Bundestag mögliche Koalition (wo die AfD wenigstens der kleinere Partner wäre.). Die SPD sollte ihre sich abzeichnende Binnenregierungs-Blockade gut abwägen.
    7. Die Grünen zeigen sich schon durch die nach-Wahl-Auftritte der beiden Fraktionsvorsitzenden Haßelmann und Dröge (man ist ja versucht, von zwei schrecklichen Xanthippen zu sprechen) als völlig regierungsunfähig (wie schon bisher). Sie wollen jetzt „Klima“ in das Infrastrukturprogramm hineinverhandeln. Im Gegensatz aber zu ihrer auf diesem Gebiet verschwenderischen und ineffektiven Ideologiepolitik ist es das Beste fürs Klima, die Wirtschaft anzukurbeln und die Innovation/Arbeitsplätze im Lande zu halten – dafür steht Merz jedenfalls mehr als Habeck.
    8. Die Linken stellen sich als gutmenschliche Partei der Ahnungslosen und Emotionalen dar (jugendliche Privilegien); das BSW vertritt die Opportunisten, auch die gutmütigen, deren einer ja hier wacker kämpft und dies mit teils guten Argumenten, weshalb er den besonders treuen Wolff-Jüngern ins Visier ihrer persönlichen Angriffe mangels Argumenten gerückt ist. Er wie ich werden das überleben, auch wenn’s anders besser wäre.
    Andreas Schwerdtfeger

    1. Danke für die eindrucksvolle Welterklärung! Die hat der Menschheit bis jetzt gefehlt. Doch wess‘ Geistes Kind sich dahinter verbirgt, wird an drei Stellen mehr als deutlich:
      1. Schwerdtfeger unterstellt denen, die darauf hinweisen, dass der Täter des Mannheimer Anschlags ein Deutscher war, eine Freude bzw. Genugtuung. Was für eine „perverse“, böswillige Behauptung. Dazu kann ich nur das folgende Interview empfehlen.
      2. Schwerdtfeger schreibt im Blick auf die beiden Vorsitzenden der Bündnis90/Die Grünen-Bundestagsfraktion von „Xanthippen“. Geschmackloser und chauvinistioscher geht’s offensichtlich nicht.
      3. Und dann ist da wieder, das mehr als verräterische Unwort „Gutmensch“. Wer so „argumentiert“, in dessen Wertegefüge muss es ziemlich armselig aussehen.

      1. Zu 1. „Magdeburg als Anlass, um Grenzen zu schließen und Migration zum zentralen Wahlkampfthema zu machen – wie passt dann Mannheim in dieses Bild?“ – Käfer am 4. März – man hört seine Erleichterung heraus!
        Zu 2. Xanthippen ist doch ein freundliches Wort im ironischen Kontext – aber ich weiß: Sie bevorzugen den Schmierfink Böhmermann!
        Zu 3. Das Wort „Gutmensch“ beschreibt besser als jedes andere, was
        – Blaise Pascal schon vor langem erkannt hat: „Niemals tut man so vollständig und so gut das Böse, als wenn man es mit gutem Gewissen tut“;
        – Erich Kästner schon wußte: „In der Gegend, wo ich geboren bin, gibt es ein Wort, das heißt: dummgut. Man kann vor lauter Freundlichkeit und Güte dumm sein, und das ist falsch“;
        – Stefan Zweig in seiner Fouché-Biographie schon schrieb: „… jene sonderbaren Menschen … die immer mehr Unheil anrichten mit ihrem Glauben und mehr Blutvergiessen mit ihrem Idealismus als die brutalsten Realpolitiker“;
        – Gabor Steingart zu Recht feststellte: „Nicht nur Sprengstoff, auch Naivität kann tödlich sein“;
        – Sigmar Gabriel im Kamingespräch bei Phoenix (9. Februar 2019) anmerkte: „Wir ersticken an unserer Moral“;
        – Alexander Demandt in seiner historischen Weisheit anmerkte: „Wenn es aber in der Geschichte eine Vergeltung gibt, dann ist es die Rache der Realität an den Ideen, die versucht haben, die Realität zu ändern“;
        – Patrick Bahners in seiner Kohl-Biographie zu Recht feststellte. „Wer Herrschaft auf gute Absichten und edle Prinzipien gründen möchte, übersieht, dass es Mittel geben muß, die in den Dienst dieser Zwecke gestellt werden können“; und
        – Manfred Kock am 18.9.2003 in der Antoniterkirche zu Köln anmerkte: „Zudem wirkt sich der religiöse Faktor bei politischen Konflikten in verhängnisvoller Weise überall dort aus, wo politische Ansprüche religiös begründet werden“.
        Dies nur eine kleine Auswahl. Wenn irgendein Sprach-Rat glaubt, er könne anderen Leuten, ihre Vokabeln vorschreiben, dann muss er wohl früher aufstehen. Ich betrachte hier vieles, was Sie, Flade und Käfer schreiben, als ziemliche „Un -Sätze“, vor allem Ihre und ihre wohlfeilen ständigen Belehrungen anstelle von Diskussionsbeiträgen – aber sei’s drum.
        Andreas Schwerdtfeger

  3. Es ist rührend zu lesen, wie sich besonders unser Anstandsexperte Käfer um Merz sorgt (aber auch andere). Drei Jahre lang haben Scholz/Habeck unser Land an die Wand gefahren (auch wenn es Leute gibt, die hier eine Prozentaufteilung zwischen „Schuld“ und „Schicksal“ machen wollen); noch nie hat es einen Kanzler gegeben, der im Wahlkampf ständig den Hinweis „unter meiner Führung“ aufsagen musste (andere Kanzler, auch der SPD, setzten dies als selbstverständlich voraus); allein die unglückliche Personalauswahl der SPD-Führung (Scholz statt Pistorius) signalisiert Unfähigkeit, Unsicherheit und „Partei vor Land“. Das alles ist Vergangenheit. Die Gegenwart ist allerdings auch nicht gerade ermutigend: Deutschland braucht gerade angesichts der aktuellen Entwicklungen sehr schnell eine starke, einige und handlungsfähige Regierung, die offensichtlich auf einigen zentralen Gebieten – Wirtschaft, Sicherheit, Migration – schnell und überzeugend den notwendigen Richtungswechsel einleiten muss. Da ist keine Zeit für weitere Ego-Trips der SPD, die sich vor kurzem noch als „erpresst“ stilisierte und jetzt, ja was? genau das selbst tut (weil ja in Wirklichkeit der Vorwurf auch absurd ist). Die SPD betont häufig ihre Tradition als „Deutschland-Partei“ und wer wollte ihr diesen Ruhm absprechen! Nur leider ist dies Geschichte, wie das Wahlergebnis zeigt – nach Scholz vertraut ihr kaum noch jemand.
    Wenn die SPD zu ihrer Verantwortung für Deutschland zurückkehren will, dann muss sie jetzt schnell und konsequent die sich abzeichnende Koalition mit Merz und der Union ermöglichen und keine lange Selbstverwirklichung betreiben. Das ist schmerzhaft, wird ihr aber auf lange Sicht mehr Punkte bringen, als Esken’sches Geschwätz übers „nerven“. Denn die Welt und Europa brauchen Entscheidungen, Stärke, Entschlossenheit und die richtigen Signale in Richtung der USA ebenso wie Realitätssinn bezüglich des eigenen Spielraums, der notwendigen Prioritäten und der internationalen Abhängigkeiten. Dass Merz auf diesen Gebieten das bessere Angebot im Vergleich zu Scholz ist, hat der Wähler erkannt – ich freue mich über die noch zaghafte Unterstützung hier im Blog, die sich in den verschiedenen fürsorglichen Beiträgen und Fragen dokumentiert – zu Scholz braucht man ja diese Fragen nicht zu stellen: Er hat sie drei Jahre lang beantwortet. Traurig ist allerdings, dass sich abzeichnet, wie sehr Merz durch die Zwänge des Wahlergebnisses in eine Bremserkoalition gezwungen wird, wo doch wirklich ein drastischer Politikwechsel vonnöten ist. Dies wird – das ist die Gefahr – die radikalen Flanken, AfD und LINKE, weiter stärken.
    Die SPD hat ihre traditionellen Wähler weitgehend verloren (und leider einen großen Teil an eben diese Radikalen, was ja sein Follower Wolff gerne übersieht). Das CDU-Konzept der Wiederbelebung unserer Wirtschaft, der Wiederherstellung von äußerer und innerer Sicherheit, der Beendigung der Überlastung unserer Kommunen dient auch der SPD – sie muss es nur zulassen.
    Andreas Schwerdtfeger

    1. Da bewegt sich jemand in sehr alten Bahnen – und merkt nicht, dass das Bundestagswahlergebnis angesichts dessen, was sich in den letzten 10 Tagen auf der Weltbühne ereignet hat, sehr schnell zu einer Randnotiz geworden ist. Merz und die CDU/CSU können froh sein, dass sie in dieser Phase auf die SPD bauen können. Vielleicht kam ja die Bundestagswahl drei Wochen zu früh …

      1. Welch ein Unsinn, Herr Wolff! Antworten Sie doch mal inhaltlich und zukunftsorientiert und nicht mit irgendwelchen Phrasen. Beschreiben Sie mal, warum ich „in alten Bahnen“ unterwegs sei, wenn ich eine schnelle und starke Regierungsbildung nach einer Wahl fordere, die nun mal stattgefunden hat und also Anmerkungen über „später“ überflüssig macht und deren Ergebnis keine Ego-Trips von Verlierern erlaubt. Das Problem Ihres Blogs ist doch, dass Sie schon in Ihren Ausgangsbeiträgen nicht wirklich viel Neues anbieten – Ihre Antworten auf Beiträge mit Inhalt sind dann nur noch rechthaberisch, banal, aggressiv und erneut inhaltslos.
        Es bleibt dabei: Sie haben mein versöhnliches und bedauerndes Mitleid!
        Andreas Schwerdtfeger

    2. Es ist nicht ungewöhnlich, wenn man im Alter manches durcheinander bringt, vergesslich wird…
      Deshalb zur Klärung/Erinnerung: der Wahlkampf ist seit dem 24.2. vorbei, die Union hat gewonnen, die Ampel wurde abgestraft.

      Das ganze Land jubiliert, wie toll alles mit dem neuen Kanzler werden wird: endlich werden die Sozen, die ja noch nie mit Geld umgehen konnten, vom Profi Merz eingehegt; jetzt wird wieder in die Hände gespuckt, wir steigern das Bruttosozialprodukt!
      Und wenn’s mal nicht so läuft/geht, wie vor („wir sollten das Thema Migration aus dem Wahlkampf heraushalten“), oder im („wir haben kein Einnahmen-, sondern ein Ausgabenproblem“) Wahlkampf behauptet, dann liegt das natürlich an „unvorhergesehenen Ereignissen“ (Magdeburg, Trump), oder an der schlechtesten Regierung, die Deutschland je hatte!

      „Erpressung“ ist es nur, wenn die unbotmäßigen Sozen auf ein abgestimmtes Vorgehen und Vertraulichkeit der Abstimmungsgespräche bestehen, nicht aber, wenn man kurz vor der Wahl ansagt, was am Tag eins der neuen Regierung per Richtlinienkompetenz umzusetzen ist – ohne nach links oder rechts, sondern nur nach vorne zu schauen!
      Magdeburg als Anlass, um Grenzen zu schließen und Migration zum zentralen Wahlkampfthema zu machen – wie passt dann Mannheim in dieses Bild?
      Trump und seine Unberechenbarkeit – damit konnte ja niemand rechnen; da muss man halt mal ne Billion € locker machen (vorausgesetzt, die Sozen bremsen nicht wieder)…

      Schöne, neue, heile Welt; stimmt‘s Herr Schwerdtfeger?

  4. Das Recht auf eine freie, gleiche und geheime Wahl ist ein unabdingbarer Kern der repräsentativen Demokratie.
    Jede Diffamierung des dieses Recht ausübenden Menschen ist deshalb ein direkter Angriff auf die Demokratie und Anmaßung zugleich.

    Das Wahlergebnis ist wesentlich Folge dieser Anmaßung.

  5. Am 28.2.25 wurden im Oval Office die beiden letzten Themen hier im Blog dramatisch miteinander verknüpft.
    Haben wir da die „diplomatische Friedenslösung“, die – auch hier im Blog – immer wieder gefordert wurde, gesehen? Ich vermute eher, dass Christian Wolff mit der Überschrift seines Beitrags vom 19.2.25 vollkommen richtig lag!
    Für Massen-Demonstrationen, auf denen die Leute „Wer hat sie (die Ukraine) verraten? Vereinigte Staaten!“ skandieren und Banner zeigen wie z.B. „Trump ist ein Lump“ hätte ich großes Verständnis und viel Sympathie.
    In seiner ersten Amtszeit begnügte sich Trump noch mit der Drohung/Erpressung, Hilfszusagen an die Ukraine nicht auszuzahlen, sollte Selenskyj keine belastenden Aussagen gegen den Sohn von Joe Biden erfinden.
    Jetzt überlässt er die Ukraine nach dreijährigem Zermürbungskrieg ihrem Schicksal und dem brutalen Aggressor Putin!

    Ohne eine Reform der Schuldenbremse (ein „Sondervermögen“ reicht nicht, würde Putin nur die Grenzen deutscher Handlungsoptionen offenbaren) werden Deutschland und Europa den Ausfall der USA keinesfalls auch nur ansatzweise kompensieren können.
    Zusätzlich alarmierend, dass sich Deutschland gerade im Übergang von der alten in eine neue Regierung befindet, auch Frankreich nicht sonderlich stabil und England nach wie vor mit den Folgen des Brexit beschäftigt ist.
    Merz hat keine Erfahrung in politischen Ämtern, neigt bisweilen zu Unbeherrschtheit und einsamen Entscheidungen, hat kein vertrauensvolles Verhältnis zu Scholz und größeren Teilen der SPD, hat das Land immer wieder gespalten, muss erst noch lernen/unter Beweis stellen, dass er Emotionen in der öffentlichen Debatte auch befrieden kann…

  6. Auch mich macht das Wahlergebnis traurig. Es sind bundesweit zwar nur etwa 20% der Wähler, die die AfD möchten aber 26%
    ( https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1393454/umfrage/umfrage-zu-einer-oeffnung-der-cdu-fuer-eine-zusammenarbeit-mit-der-afd/ ) der CDU – Wähler sympathisieren mit einer Koalition zwischen Union und AfD.
    Was mich aber noch mehr erschreckt ist die „kleine Anfrage“ der Union zu progressiven Organisationen mit ihren 551 Fragen. Irgendwie kamen bei mir Gefühle auf wie damals in der DDR, als der Ministerrat der DDR die Strafen für die Herabsetzung der führenden Parteifunktionäre der SED drastisch erhöhte. Wahrscheinlich ärgerte sich Herr Merz über die Demonstrationen gegen sein Zusammengehen mit der AfD im Bundestag kurz vor der Wahl.
    Ich weiß nicht, was kommt, sollte die SPD bei den Sondierungen auf Forderungen bestehen, die die Union auf keinen Fall erfüllen will. Hier in Thüringen konnten wir sehen wie das ging, wenn die Minderheitsregierung nicht wollte, da stimmten CDU und FDP flugs mit der AfD (z. B. Absenkung der Grunderwerbssteuer).
    Die Wahlanalysen zeigten, dass die AfD-Stimmenanteile bei Arbeitern und Beschäftigten mit geringen Löhnen besonders hoch waren. Diese Gruppen wurden früher von SPD und nach 1990 auch einmal von den Linken vertreten. Hier sehe ich ein Versäumnis von SPD und Linken und hoffe, dass man sich wieder um diese Wählerschicht kümmert.

  7. Das Wahlergebnis vom 23.2.2025 schockiert (vermutlich nicht nur) mich; auf Bundesebene, im gesamten Osten der Republik, in Sachsen, speziell aber auch in Leipzig!
    Alles, was Christian Wolff in seinem Beitrag schreibt, teile ich, möchte aber ergänzen:

    Aus eigenem Erleben kann ich den Wahlkampf in Leipzig ein wenig beurteilen, speziell die Erststimmen-Ergebnisse in Leipzig Nord und Süd verstehe ich aber überhaupt nicht!
    Leipzig Nord war eigentlich in den letzten Jahren ein Heimspiel für Jens Lehmann, CDU, früherer Olympiasieger im Bahnradfahren; jetzt gewinnt hier Christian Kriegel, AfD, eher ein blasser, großväterlich wirkender Rechts-Konservativer.
    Leipzig Süd geht erneut an Sören Pellmann, die LINKE, 2021 noch mit nur ca. 2.000 Stimmen Vorsprung vor B90/Grüne, jetzt mit ca. 20 – 30.000 Stimmen vor AfD und CDU, lange Zeit eher ein Wagenknecht-Unterstützter.

    Generell war der Wahlkampf sehr kurz (vorgezogene Wahl, Termin kurz nach Weihnachten/Jahreswechsel), auf der Straße fand er (ausgenommen: die LINKE) nur sehr spärlich statt (witterungsbedingt).
    Die Spitzenkandidaten ALLER demokratischen Parteien waren eher unbeliebt (Merz, weil er Stimmen der AfD in Kauf nahm und die Stimmung im Land extrem spaltete; Scholz, Habeck, Lindner, weil sie für die ungeliebte, als unfähig angesehene „Ampel“ standen).
    Die AfD dagegen verdoppelte ihre Prozente – trotz abstruser Aussagen und autoritär-aggressivem Diskussionsstil ihrer Spitzenkandidatin.

    Natürlich sind nicht 20,8% der Wähler:innen in Deutschland jetzt plötzlich Nazis, wohl aber scheinen sie an rationalen Überlegungen und Lösungsansätzen für wirklich drängende Probleme nicht sonderlich interessiert gewesen zu sein!
    Ihr Protest gegen, zumindest ihre Unzufriedenheit mit dem vermeintlichen Status Quo beeinflussten offensichtlich ihre Wahlentscheidung.

    Auch hier im Blog wird die Erosion der Demokratie und die wachsende Kriegsgefahr in Europa von einigen Mit-Bloggern auf als zu hart empfundene Corona-Einschränkungen, auf die angeblich aggressive Ausdehnung der NATO und Kriegstreiberei des Westens zurückgeführt, werden christliche Werte verhöhnt, „Gutmensch“ zum Schimpfwort umgedeutet, Andersdenkende als hirnlos oder zumindest geistig minderbemittelt bezeichnet; gefährliche Lügen, nationalistisches Gedankengut und Aufkündigung der Gewaltenteilung von Trump, Musk, Vance und anderen begrüßt…

    82,5% der Wahlberechtigten haben abgestimmt, ein hervorragender Wert! Aber was folgt aus diesem Wahlergebnis?

    Zwei Gespräche am Wahlstand sind mir in Erinnerung geblieben:
    Ein Herr in meinem Alter klagte, wie schlecht doch alles sei; man traue sich kaum noch auf die Straße, am Leipziger Bahnhof treffe man überwiegend auf „Dunkelhäutige“, die Stadt sei voll mit Graffities, Müll und Heroinspritzen…
    Meinen Hinweis auf ein eigentlich liebens- und lebenswertes Leipzig mit seiner Kultur und seinem bürgerlichen Engagement, den sauberen Gewässern und der Luft, den Parks, dem Auenwald, auf meine Freude, wenn ich, aus München, Frankfurt oder Hamburg wieder im Hauptbahnhof Leipzig ankomme, akzeptierte er zwar, bestätigte sogar ausdrücklich meine Erfahrung, dass mir im überfüllten ÖPNV vorzugsweise ausländische Mitreisende einen Sitzplatz anböten – allein, ich glaube kaum, dass ich seine Stimme auf eine der demokratischen Parteien lenken konnte.
    Das andere führte ich mit einer jungen Frau, die nicht aus Deutschland stammte, offensichtlich sehr gut integriert ist, jedoch jetzt Angst hat und sich fragt, ob sie weiter in Deutschland bleiben kann/will. Dass 80% der Wähler:innen nach wie vor NICHT der AfD ihre Stimme geben, dass wir sie und ihre Arbeitskraft hier sehr wohl schätzen und brauchen, hat sie verständlicherweise nicht wirklich beruhigt!

    Sich gegenseitig wieder zuhören, andere Menschen und Meinungen wieder gelten lassen, ohne sie zu diffamieren, nicht nur einseitige, immer gleiche Informationsformate nutzen, gemeinsame Werte definieren, anerkennen und leben (GG, Religion, Gewaltenteilung) – ich halte das für dringend notwendig, wenn wir unsere Zukunft wieder gemeinsam erfolgreich und nachhaltig gestalten und nicht nur als der/die Stärkere, alles besser Wissende gewinnen wollen.

    Ich frage mich allerdings:

    Ist Merz überhaupt in der Lage und willens, diese Probleme anzugehen, gar zu lösen?
    Welchen Einfluss wird Söder auf die künftige Regierung einfordern/nehmen?
    Welchen finanziellen/haushalterischen Spielraum wird Merz haben?
    Was macht Merz nach dem nächsten Anschlag, der von einem/r Migranten/in begangen wird?
    Wie reagiert Merz auf die nächste Überschwemmung/Dürreperiode in Deutschland?
    Wie und mit wem will Merz eine Führungsrolle in Europa übernehmen und das (dann hoffentlich) geeinte Europa gegenüber der Trump-Administration positionieren?
    Wie will Merz die Transformation des deutschen Wirtschaftsmodells voranbringen, das auf der „Friedensdividende“, billigem Gas und ungezügeltem Exportüberschuss (vor allem nach China und den USA) beruhte?
    Wie gut kann/wird sich die SPD in eine künftige Koalition mit der Union einbringen, kann sie von dieser geplanten Koalition für künftige Wahlen profitieren?

    1. “ „Gutmensch“ zum Schimpfwort umgedeutet“
      _________________________________________________________________________

      Dieser Begriff wird schon immer pejorativ gebraucht und 2015 zum Unwort des Jahres gewählt. Herr Wolff wollte ursprünglich Beiträge mit diesem Wort nicht freischalten, jetzt antwortet er auf diese Beiträge nicht mehr.

      https://de.wikipedia.org/wiki/Gutmensch

  8. Respekt an die AFD und die Linkspartei! Leider hat es das BSW nicht ganz geschafft, was einen Geschmack hat, aber nun gut! Die Grünen mit ihrem sauertöpfigen Wahlkampf für Besserverdienende, die SPD in historischer Schwäche, was mich beunruhigt. Beide schafften es nicht, gute Ergebnisse zu erreichen!

  9. „Die SPD hat sich in der Ampelkoalition mit allem möglichen befasst, Selbstbestimmungsgesetz, Cannabis-Legalisierung, Heizungsgesetz. Themen, die nicht in der Mitte der Gesellschaft liegen. Die SPD muss zurückkehren zu den Fragen von Arbeit, Einkommen, wirtschaftlicher Zukunft und Zukunft des Sozialstaates. Diesen Identitätskern muss sie sichtbarer machen. Diversität, Identität, Gender et cetera sind Nebenfragen, die nicht dasselbe Gewicht haben dürfen.“

    Wolfgang Thierse in der heutigen FAZ.

    1. Zum Thierse-Zitat: Nicht immer geben die großen Alten Weisheit von sich. Die genannten Themen mögen nicht in der Mitte der Gesellschaft liegen, sie liegen aber schon lange in der Luft. Wenn dann eine sozial-liberal-grüne Koalition regiert, was soll sie anders machen, als diese Themen endlich zu einem Ergebnis zu führen. Im übrigen hat die SPD diese Themen nach meiner Beobachtung auch immer nur randständig behandelt. Skandalisiert und zum Kulturkampf stilisiert wurden sie von den Konservativen, die auch damit einmal mehr nicht sich selbst sondern die AfD gestärkt haben. Damit war zu rechnen. Aber das kann doch nicht bedeuten, dass man diese Themen nicht mehr bearbeitet.

  10. Ein typischer Wolff! Ein bisschen Nostalgie, ein bisschen Melancholie, eine etwas einseitige Beschreibung der Vergangenheit (aber wer wollte ihm das übelnehmen), ein bisschen Fortsetzung des Wahlkampfes, ganz viel Rückwärtsorientierung und nichts zur Zukunft außer dem beeindruckenden Hinweis auf die „Pfunde der Demokratie“. Ich will den Wahlkampf nicht fortsetzen und enthalte mich daher zu Bewertungen über die Fragen, wer in den letzten Jahren die AfD befördert hat, wer einen Verunglimpfungswahlkampf geführt haben könnte, wessen Ergebnis nun mies oder nur nicht beeindruckend ist, bei welcher Partei man sich über Verfehlen oder Überschreiten der 5%-Hürde freuen darf. Das alles ist Rechthaberei, weswegen ja auch dieser Beitrag wieder von einigen als große Analyse beschrieben werden wird, aber uns eigentlich nichts bringt.
    Ich stimme Ihnen zu, Herr Wolff, dass die Beteiligung positiv ist – sie ist ein Auftrag; ein Auftrag zur schnellen Regierungsbildung, zu konsequenten und deutlichen Ansätzen bezüglich der Lösung der wichtigsten Fragen, zur Schwerpunktsetzung und Priorisierung und dies natürlich nach klarer Analyse über die eigenen europäischen und nationalen Interessen und der Entwicklung glaubhafter Strategien zu deren Erreichung.
    Die Prioritäten scheinen mir relativ leicht definierbar zu sein:
    1. Europa einigen, dies notfalls auch durch ein „Europa der zwei Geschwindigkeiten“, und das europäische Gewicht in der Welt zwischen den wichtigsten Akteuren (USA, China, Russland, BRICS plus, Shanghai-Organisation und andere).
    2. Die europäische Verteidigungsfähigkeit als wichtige Voraussetzung auch für diplomatisches Gewicht entscheidend zu stärken.
    3. Die deutsche Wirtschaft wieder auf Wachstumskurs zu bringen und langfristiges Vertrauen in die deutsche Politik wiederherzustellen (hierzu gehören natürlich auch die Energie- und Bürokratiepolitik).
    4. Zwischenlösungen im Sinne der CDU für die Migrationspolitik festzulegen, bis die europäische Politik greifen kann; dies auf der Basis der von der CDU eingebrachten Vorschläge, die Programminhalte der SPD und der Grünen enthalten.
    5. Die deutsche Innenpolitik bezüglich des Klimas, der Bildung, Infrastruktur, Digitalisierung von teurer Ideologie zu befreien, inhaltlich voranzubringen und die entscheidenden sozialen Versorgungssysteme (Armut, Renten, Krankenversicherung) wieder auf die Füße zu stellen Dies alles geht nicht unter dem Motto „weiter so“, sondern nur mit innovativen neuen Ideen und mit mehr Leistungsbereitschaft. (Ein Satz wie “ Dass sich hinter der Langzeiterwerbslosigkeit von Bürgergeldempfänger:innen ein anderer Skandal verbirgt, nämlich dass seit mindestens zwei Jahrzehnten jedes Jahr 50.000 und mehr Jugendliche ohne Abschluss die Schule verlassen, da-von ist kaum die Rede“, ist ja ein Offenbarungseid: Es ist nicht der Staat, sondern das Individuum, auf das wir doch sonst so großen Wert legen, das die Eigenverantwortung für seine eigene Bildung/Ausbildung trägt; der Staat organisiert und verantwortet gleiche Zugangsbedingungen, das Individuum organisiert und verantwortet seine eigene Teilnahme).
    Das sind die Prioritäten. Sie müssen finanziert werden und dazu bedarf es in erster Linie einer erheblichen Finanzdisziplin, die alles Überflüssige an Leistungen abschafft. Zweitens bedarf es glaubwürdiger und langfristig gültiger Stimulanzien für die Leistungsträger unserer Gesellschaft in der Wirtschaft/Industrie, im Mittelstand, in Start-ups und bei Individuen (Bürokratieabbau, Steuersenkungen, etc). Und drittens kann DANACH über die Frage von Staatsschulden in sehr begrenztem Umfang und ausschließlich zu investiven Zwecken (also nicht individuelle Geldtransfers, sondern NUR institutionelle Subventionen) nachgedacht werden. Insofern ist der Zuwachs der LINKE ein jugendlicher Irrweg – aber die Jugend wählt eben traditionell emotional und häufig bezüglich der Realitäten irrational (schauen wir zB auf die politische Entwicklung eines Daniel Cohn-Bendit oder Joschka Fischer).
    Und schließlich: es ist nun Zeit, die AfD POLITISCH zu bekämpfen und nicht mit verbaler Diffamierung und inhaltlicher Hilflosigkeit im Wolff’schen Stile. Das heißt leider: Die von der AfD missbrauchten, aber tatsächlich vorhandenen Probleme müssen politisch gelöst und nicht mit billigen Parolen verallgemeinert werden: Es GIBT eine irreguläre Migration; es GIBT nicht durchgesetzte EU-Grenzregelungen, die nationale Steuerung vorübergehend rechtfertigen; es GIBT einen Unterschied zwischen benötigter (aber vom Staat zu regulierender) Arbeitsimmigration und widerrechtlicher massenhafter Grenzüberschreitung (die unser Staat nicht unter Kontrolle hat).
    Das augenblickliche öffentliche Zögern der verunsicherten und personell unsicheren SPD ist nachvollziehbar als Schockreaktion und auch, um Druck für die eigenen Positionen in Koalitionsverhandlungen aufzubauen. Die SPD sollte trotzdem der Versuchung widerstehen, das jetzt zu machen, was sie vor der Wahl zu Unrecht der CDU vorwarf – zu erpressen (nur, wenn ….)!
    Andreas Schwerdtfeger

  11. Lieber Christian,

    ich teile Deine Einschätzungen und bin tieftraurig. Vor allem mit Blick auf die politische Landkarte im Osten. Deine Erklärungen zu den Fehlern unserer Partei sind richtig, reichen aber nicht aus zur Erklärung des AfD-Erfolgs im Osten. Dahinter steht mittlerweile eine gefestigtes neofaschistische Einstellung vieler kleiner Höckes, scheint mir. Wie ist das zu ändern?

    Mit den besten Grüßen
    Wolfgang

    1. Ich kenne eigentlich nur ein Mittel: Mit den Leuten reden – und zwar analog! Nur so können wir zur Entgiftung der politischen Seelen beitragen (vergiftet werden sie im Sekundentakt durch die sog. sozialen Medien, die von den milliardenschweren Speichelschleckern der Autokraten Trump, Putin, Xi beherrscht werden).

      1. Demokratische Politiker müssen auf alle Ebenen mit Menschen kommunizieren, die sie bisher nicht erreichen konnten. Menschen müssen, soweit dies möglich ist, in ihren Blasen aufgesucht werden. Dies ist vor allem im kommunalen Bereich möglich. Die Bedeutung von Bürgerversammlungen, selbst von Hausbesuchen ist neu zu bewerten und in Praxis umzusetzen. Demokraten müssen als Kümmerer auftreten. Sie müssen deutlich machen: Uns interessiert, was ihr denkt und wollt. Es gilt der Grundsatz: „Wir haben die Menschen in Scharen verloren und können sie nur als Einzelne wieder zurück gewinnen.“

        1. Ja, das stimmt total. Für hat sich im Wahlkampf die berufliche Erfahrung bestätigt: Es geht nichts über die analoge Kommunikation! Hinzu kommen muss das tatsächliche Interesse am Menschen und die tatkräftige Unterstützung.

  12. Lieber Christian, vielen Dank für diese erste Analyse. Wirklich sollte man die positiven Zeichen nicht übersehen: die hohe Wahlbeteiligung und die allgemeinen Akzeptanz des Verfahrens und Ergebnisses (mit der Einschränkung, dass das die AfD Wähler vermutlich anders sehen und das BSW ja scheinbar vor Gericht gehen möchte wegen der fehlenden Auslandsstimmen).
    Ich sehe noch ein weiteres positives Ergebnis: die AfD fährt zwar mit den 20 % ein erschreckend hohes Ergebnis ein. Aber dieses Ergebnis bedeutet, gerade vor dem Hintergrund der großen Wahlbeteiligung, ja auch: Es sind immer noch 80 % der deutschen Wahlbevölkerung, die dezidiert nicht wollen, dass die AfD regiert. Das Postulat der AfD, sie wäre die Stimme des Volkes wird damit als Anmaßung und Lüge erkennbar. Das allein darf keine Demokraten beruhigen, aber es markiert doch die große Chance, die die Demokratie in unserem Land immer noch hat. Wir haben immer noch eine realistische Chance unser Land vor einem Abdriften ins Autoritäre zu bewahren.
    Noch ein Wort zur SPD, die nach deinem Eindruck einen ermüdeten Eindruck macht. Ich stimme dem zu. Müdigkeit und Erschöpfung ist der Eindruck, den die SPD vermittelt. Und die Ursache dafür kann einen schon etwas bitter stimmen: denn diese Ermüdung kommt doch daher, dass die SPD in den letzten Jahren immer eine Haltung der Verantwortung eingenommen hat. Als einzige Partei (vielleicht noch mit den Grünen, die sich auch bis zu Selbstverleugnung konstruktiv verhalten haben) hat sie sich konstruktiv verhalten und auf Koalitionen eingelassen, von denen sie vorab wissen konnte, dass sie dem eigenen Interesse schaden würden. Nun wird erkennbar: so eine konstruktive Haltung der Verantwortung kostet Kraft und ermüdet. Und so ist die Partei, der ich das größte Potenzial beimesse, zur Stärkung unserer Demokratie beizutragen, jetzt so schwach. Das finde ich sehr tragisch, sehr ungerecht und sehr traurig.
    Und das führt mich zu der entscheidenden Frage, die in deinem Blog noch nicht thematisiert wird: Wie kann unsere Demokratie jetzt gestärkt werden? Wie können die, die an der Demokratie zweifeln, zurückgewonnen werden? Was ist zu tun, was ist unbedingt zu unterlassen, damit dieses Ziel erreicht wird?
    Damit sind wir natürlich zentral bei der Rolle der CDU und des vermutlich neuen Bundeskanzlers Friedrich Merz angekommen. Hat Friedrich Merz die Kompetenz, die Weitsicht, auch die Größe, in dieser kritischen Situation die Demokratie zu stärken? Ich hoffe das sehr, wünsche es mir auch. Ich habe mir auch fest vorgenommen, Friedrich Merz fairer und gerechter zu beurteilen, als dass Olaf Scholz während seiner Kanzlerschaft jemals erleben durfte. Aber bei mir bleiben doch sehr große Zweifel.
    Mit Dirk Kurbjuweit vom Spiegel glaube ich: So wie im Merz jetzt auftritt, ist der dieser Aufgabe nicht gewachsen. Die Unfähigkeit, Menschen zu vereinen, hat Merz am Tag vor der Wahl noch einmal auf schlimme Weise bewiesen, als er die Demonstranten in München pauschal als linke Spinner bezeichnet hat. Ich fühle mich durch diesen Missgriff auch persönlich beleidigt. In meiner Heimatstadt Lahr gab es am Samstag auch eine kleine aber feine Demonstrationen mit etwa 1000 Teilnehmern. Die Veranstaltung war sehr gut vorbereitet. Es gab sehr differenzierte und gute Redebeiträge vor allem aus dem Bereich der Kultur. Es gab keine Beteiligung der Antifa. Friedrich Merz spielt keine Rolle. Die CDU spielte gar keine Rolle. Es war einfach eine Veranstaltung, die die demokratischen Kräfte stärken und ermutigen sollte und dies auch geleistet hat. Da ist es einfach ein unverzeihlicher und völlig unverständliche Fehlgriff von Merz, solche Demonstranten zu beleidigen. Ich selber schätze mich als konservativ-christlichen Menschen ein, der zu keinen Extremen neigt. Und ich frage mich: Warum muss ich mich von so einem Menschen beleidigen lassen? Wenn Merz nicht zu einem anderen Ton findet, wird er das Anliegen, die Demokratie zu stärken und die AfD zurückzudrängen, dramatisch verfehlen. Dann wird er spalten, statt zu vereinen. Dann wird er trennen, statt zu verbinden. Dann wird er zerstören, was er schützen möchte. Ich wünsche dem neuen Kanzler Glück, aber mich begleitet eine große Skepsis und ein großes Maß Pessimismus, ob Friedrich Merz dazu die Größe und die Kraft hat.

    1. Vielen Dank für diesen sehr nachdenklichen und nachdenkenswerten Kommentar! Ja, die Frage „Wie kann unsere Demokratie gestärkt werden?“ ist entscheidend bzw. die Antworten auf diese Frage sind es. Das schreibe ich mir ins Aufgabenheft.

    2. Beleidigung 1: Ja, bravo – aber das sollten Sie UNBEDINGT und unverzüglich Herrn Merz schreiben! Er muss solche Briefe in Massen kriegen! Vielleicht sorgen Sie dafür?
      Beleidigung 2.: im letzten April habe ich einen abendlichen Aufmarsch der AfD in Weimar, gleich bei Goethen um die Ecke erlebt – mit martialischen, volksverhetzenden Plakaten. Ich würde hier gern ein Foto davon – Bundespräsident Steinmeier und x andere in Sträflingskleidung – einstellen (weiß
      aber nicht wie). Meine Strafanzeige wegen Volksverhetzung wurde vom zuständigen Staatsanwalt auf „Beleidigung“
      heruntergebrochen. Auch die hat er dann jedoch zugunsten von „freier Meinungsäußerung“ seitenlang verworfen.
      Mir graut’s vor der Zukunft – und der von der AfD angekündigten Deportation von Flüchtlingen. Werden wir uns wie unsere Eltern verhalten: zusehen, wegschauen, jedenfalls nix tun? Das fragt eine 68erin (Jg 46), die eben NICHT linksradikal gewesen ist und deswegen auch nicht einen
      Zentimeter nach rechts gerückt haben mußte.

      Zum Stärken der Demokratie: Vor einigen Wochen erst haben sich hier in Singen (Hohentwiel) Menschen zum überparteilichen „Bündnis DemokraTwiel“ zusammengeschlossen. JETZT fängt unser Bemühen um das tägliche demokratische Miteinander an – (z.B.) in einem Wahllokal hat es 47% fur die Blauen gegeben.

      Das Entsetzen ist groß. Wenn es denn „was“ wird mit unserm Bündnis, werd ich wieder vorbeischaun hier bei Euch in Leipzig. Wir brauchen jetzt überall eine gute Analyse und insgesamt eine verfassungserhaltende schützende wirksame Strategie. Vernetzung wird gebraucht wie auch viel Verstand – und Personen mit Charisma. Möglichst nicht nur „Seniorinnen“.

  13. Ja, die „Verfeindungspropaganda“ gab es in den 1980er Jahren nicht so. Wir haben damals für den Frieden demonstriert, obwohl die Sowjetunion viel gefährlicher und diktatorischer war als Russland heute – und wir wurden nicht mit Hass und Hetze überzogen. Heutzutage müssen alle Friedensfreunde sich anhören, „Putinknechte“ zu sein – da geht man aus Wut dann eben in die Opposition. Die AfD ist nationalistisch, ausländerfeindlich, unsozial und militaristisch, aber als „antidemokratisch“ kann man sie nicht bezeichnen – im Gegenteil, die Brandmauer ist antidemokratisch. Und es ist antidemokratisch, friedliche Demonstrationen zu blockieren („Leipzig nimmt Platz“) oder gar deren Verbot zu fordern („Ihr seid nicht das Volk“). Europa ist gerade dabei, sich voll auf Trump auszurichten (Merz hat sich sicher über Trumps triumphale Gratulation gefreut). Internationales Recht gilt nicht mehr (mutmaßliche Kriegsverbrecher genießen Schutz unter Merz und Klingbeil) – da wäre es umso wichtiger, Demokratie im echten Sinne zu unterstützen. Die hohe Wahlbeteiligung zeigt, dass die Menschen dem System noch sehr viel Vertrauen entgegenbringen.

    1. Ich weiß nicht, in welcher Welt Sie in den 80er Jahren gelebt haben. Ich weiß nicht, wie oft mir entgegengeschleudert wurde „Geh doch nach drüben“. Heiner Geißler (CDU) verstieg sich dazu, dass die Pazifisten schuld am Nationalsozialismus seien. Und die Friedensbewegung wurde als „Fünfte Kolonne Moskaus“ diffamiert. Aber wer so auf die Vergangenheit blickt, bei dem können dann auch die absurden Einschätzungen der Corona-Zeit nicht verwundern.

      1. Ja, Sie mögen Recht haben – damals hat mich das aber nicht so getroffen, denn ich habe mich von der Kirche nicht so allein gelassen gefühlt. Eppler, Weizsäcker, Drewermann, Franz Alt – es gab viele, die sich für Frieden und Völkerverständigung eingesetzt haben. Jetzt aber bin ich jedes Mal traurig, wenn ich an der Nikolaikirche vorbeigehe und dort das plumpe Kriegspropagandabild sehe („tausend Jahre“, ein unheimlicher Sound). Auch das hat viele Menschen von der Kirche und von den früheren Parteien der „Mitte“ entfernt. (Was die schrecklichen Corona-Fehler der Gesellschaft angeht, so gibt es immerhin zwei Lichtblicke: Hendrik Streeck ist in den Bundestag gewählt, und RF Kennedy Jr. ist US-Gesundheitsminister. Ballweg hatte ihn 2020 zur großen Querdenker-Demo nach Berlin eingeladen. So kann man hoffen, dass die Querdenker, die so schrecklich diffamiert wurden, zumindest in gewisser Weise rehabilitiert werden.)

      2. Am 15. 6. 1983 sprach der damalige Bundesfamilienminister Heiner Geißler vor dem Bundestag:

        „Der Pazifismus der 30er-Jahre – der sich in seiner gesinnungsethischen Begründung nur wenig von dem unterscheidet, was wir in der Begründung des heutigen Pazifismus zur Kenntnis zu nehmen haben – dieser Pazifismus der 30er-Jahre hat Auschwitz erst möglich gemacht.“

        Das war natürlich eine Provokation – besonders an die Grünen gerichtet. Zwar trägt nicht ausschließlich der Pazifismus die Verantwortung für die westliche Beschwichtigungspolitik – führende Appeaser wie Neville Chamberlain waren keine Pazifisten, sondern hofierten den deutschen Diktator mit einer Mischung aus Furcht, Opportunismus und Berechnung. Über Geißler brach eine linke Empörungswelle herein: Willy Brandt bezeichnete ihn als „seit Goebbels der schlimmste Hetzer in diesem Land“.

        Dabei hatte der Christdemokrat mit seinem pointierten Satz sowohl Thomas Mann, der 1938 den Pazifismus als eine Kraft bezeichnete, die „den Krieg herbeiführt, statt ihn zu bannen“, als auch den demokratischen Sozialisten George Orwell auf seiner Seite, der 1942 den Pazifismus als „objektiv profaschistisch“ bezeichnete.

        Albert Einstein in den 1930er Jahren: „Bis 1933 habe ich mich für die Verweigerung des Militärdienstes eingesetzt. Als aber der Faschismus aufkam, erkannte ich, dass dieser Standpunkt nicht aufrechtzuerhalten war, wenn nicht die Macht der Welt in die Hände der schlimmsten Feinde der Menschheit geraten soll. Gegen organisierte Macht gibt es nur organisierte Macht; ich sehe kein anderes Mittel, so sehr ich es auch bedaure.“
        © https://internationalepolitik.de/de/pazifismus-als-tarnkappe

        1. Chamberlain konnte nicht vorhersehen, dass Hitler 1941 die Sowjetunion engreifen und damit sein Schicksal besiegeln würde, und dass Japan Pearl Harbor angreifen würde. Ohne die Verbündeten USA und Sowjetunion hätte Großbritannien keine Chance gegen Hitler gehabt. Wenn wir China, Indien und Brasilien als Verbündete gegen Russland hätten, könnte man an die Option denken, nach Moskau zu marschieren und Putin zu stürzen – aber momentan sind wir in in einer ähnlichen Situation wie Churchill im Jahr 1940 – wir haben keine Chance auf Sieg. Trump hat Recht: Der Krieg muss schnell beendet werden, auch wenn es kein gerechter Friede wird.

    2. Herr Haspelmath, die Sowjetunion war eine Status-Quo-Macht und grundsätzlich nur zu dessen Sicherung bereit, militärische Macht einzusetzen. Das ist heute mit dem imperialistischen Rußland anders. Der Generalsekretär der KPdSU wurde vom Politbüro gewählt und konnte von ihm abgesetzt werden (Chruschtschow). Der Präsident Rußlands hält sich seit 25 Jahren mittels Tricks und manipulierten Scheinwahlen an der Macht.

      1. Nein, umgekehrt: Die Sowjetunion war expansionistisch (sie hat „Freiheitsbewegungen“ in aller Welt unterstützt und viele Bürgerkriege genährt) und hoch ideologisch. Russland dagegen hat keine Ideologie mehr – es möchte einfach wieder ernst genommen werden, nach den Demütigungen der schrecklichen 1990er Jahre.

        1. “ Demütigungen der schrecklichen 1990er Jahre“
          ______________________________________________________________________

          Es gehören immer zwei dazu: Einer der demütigt, und einer, der sich gedemütigt fühlt. Wenn Obama sagt, Rußland sei eine Regionalmacht, dann hätte ein selbstbewusstes Rußland das ignoriert. Aber leider ist dem nicht so, sondern es dominieren Minderwertigkeitsgefühle. Nach neuesten Umfragen ist es den Russen wichtiger als geachtet und gefürchtet zu gelten als einen hohen Lebensstandard zu haben.

  14. Das parlamentarische Scheitern Sahra Wagenknechts auf Bundesebene ist für mich enttäuschend und stimmt mich traurig. Nach diesem Wahlergebnis fühle ich mich politisch etwas heimatlos. Wie ich am Wochenende nochmals und mit einigem Aufwand versucht habe zu erläutern, vertritt Wagenknecht im Gegensatz zu den meisten anderen Parteien die für mich einzig akzeptable Sichtweise auf den derzeitigen Krieg in Europa. Seit drei Jahren ist dieser Krieg das Problem, das mich auch im Schlaf verfolgt. Die Migrationsfrage nehme ich lediglich als offensichtlich eine für manche mehr oder weniger relevante zur Kenntnis. Der Kampf um eine baldige Beendigung des Krieges in der Ukraine (so schnell, wie Trump es sich vorstellt, wird es nicht laufen) und die Schaffung einer gerechten Friedensordnung in Europa gehen nun außerparlamentarisch weiter, gemeinsam mit Sahra Wagenknecht. Das Thema Krieg und Frieden der AfD überlassen zu müssen, wäre unbefriedigend. Zu diesem Aspekt ist erstaunlicherweise bei Wolff nichts zu lesen. Mit welchem Engagement sich die erstarkte LINKE dem Thema zuwendet, werden wir sehen. Der riesige Wahlerfolg sei ihr gegönnt, insbesondere auch deshalb, weil dadurch der Einfluss linker Kräfte auf Verfahren zur Verfassungsänderung gesichert ist. Dass mit dem Ausscheiden des BSW nunmehr eine reine CDU-SPD-Koalition möglich wird und das Leiden an der unsäglichen Außenministerin Annalena Baerbock ein garantiertes Ende hat, ist ein kleiner Trost.

    Was mir im Wolff-Beitrag vor allem fehlt, sind konkrete Vorstellungen darüber, wie der weitere Aufstieg der AfD denn nun zu bremsen oder wie die Partei wieder klein zu bekommen ist. Formulierungen wie „Es wird darauf ankommen, dass jetzt die Werte des Grundgesetzes, das Primat des Rechtsstaates vor politischer Opportunität und gesellschaftliche Vielfalt geachtet und gepflegt werden“ klingen nach Floskel und erscheinen eher als Ausdruck von Ratlosigkeit.

    Leider steht wieder eine Koalition ins Haus, „die vor allem der Verteidigung des Status quo und nicht dem politischen Wandel verpflichtet“ ist. Astrid Zimmermann schieb vor der Wahl in Jacobin („Brandmauer der Planlosen“, 18.02.2025) “Eine dysfunktionale Kenia-Koalition (zum Glück ist diese vom Tisch, d. Verf.), die keine andere Funktion hätte, als die AfD zu verhindern, wäre im Grunde das Beste, was der AfD passieren kann.“ (https://jacobin.de/artikel/merz-habeck-scholz-bundestagswahl-duell-quadrell) Man wird also nicht darum herum kommen, Wege zu finden, auf denen sich die gegenwärtig existierende rechte Mehrheit im Lande mit ihren wirtschaftlichen und sozialpolitischen Vorstellungen beweisen kann. Sonst bleibt alles Gerede über Demokratie unglaubwürdig und 2029 drohen dann tatsächlich österreichische Verhältnisse (Bedenkenswerte Anmerkungen von Heiner Flassbeck hier: „Die Mehrheit liegt rechts – lasst sie regieren!“, 24.02.2025, https://www.relevante-oekonomik.com/2025/02/24/die-mehrheit-liegt-rechts-lasst-sie-regieren/)

    1. Ja, auf die Frage, wie denn der Aufstieg der AfD zu bremsen oder gar umzukehren ist, fällt die Antwort schwer. Da kann ich Ihnen, lieber Herr Lerchner, nur zustimmen. Ich verfüge auch über kein Patentrezept. Worauf ich allerdings immer wieder den Fokus lege: Nicht die AfD als Partei ist das Problem, sondern die Wähler:innen der AfD machen diese Partei stark. Deren Einstellung „Löst für mich meine Probleme, beseitigt für mich, was mich stört, aber ansonsten lasst mich in Ruhe“ beunruhigt mich sehr.

      1. Die Partei könnte man verbieten, aber die Wähler*innen sind so, wie sie sind – in einer Demokratie kann man sich kein neues Volk wählen. Demokratie bedeutet ja gerade, dass „das Volk herrscht“. Auch in der DDR hat man versucht, einen neuen Menschen zu schaffen, aber das war nicht erfolgversprechend. Ich fürchte, es führt kein Weg an Umkehr und Versöhnung vorbei. Den AfD-Wähler*innen ist Unrecht geschehen – das sollte wiedergutgemacht werden.

        1. Unrecht???
          welches denn?
          und wie sähe dann Ihrer Meinung nach „Wiedergutmachung“ aus?
          Vielleicht weiß ich ja zum Glück nur Ihren Namen und sonst nix über Sie: als diesen Ihren kurzen Text.
          Der kommt sehr moralisch daher. Im Verschleiern ist er allerdings groß, im Aufklären null.
          Wozu haben Sie ihn verfaßt und hier
          eingestellt?
          „Umkehr und Versöhnung“ – geht’s vielleicht noch ein bißchen theatralischer, noch absurder? Wieso sollte ich mich mit einem Mann „versöhnen“, der in der S-Bahn – mit vielen „ausländisch“ aussehenden Mitmenschen – „alles Kanacken“ rumschreit, versöhnen?
          Antworten Sie!

        2. „Den AfD-Wähler*innen ist Unrecht geschehen – das sollte wiedergutgemacht werden.“
          ______________________________________________________________________________

          Was für eine abstruse Aussage! Die AfD-Wähler tragen Verantwortung für die Stärkung dieser in Teilen rechtsextremistischen Partei.

        3. Lieber Martin Haspelmath,
          Ich denke zu wissen, was Sie mit der Aussage „Den AfD-Wähler*innen ist Unrecht geschehen…“
          meinen, aber dennoch, wenn man ein Partei wählt dann muss man sich den Zielen dieser Partei auch bewusst sein und dafür einstehen. Wie sollte da eine „Wiedergutmachung“ aussehen zu einer Schar von Wählern die u.a. auch einen Björn Höcke und eine Alice Weidel mit gewählt hat. Richtig ist, dass nicht jeder AFD Wähler gleich ein Nazi ist, die Wahlgründe für die AFD sind im Einzelnen mannigfaltig, aber auf Ostdeutschland bezogen leider eindeutig. Ob dies die politischen Parteien nun endlich wahrnehmen, ist leider zu bezweifeln.

  15. Der Analyse kann man nur zustimmen! Nur wie geht es weiter? Welche Antworten soll es auf die veränderte geopolitische Lage geben? Soll die SPD in eine Koalition eintreten, wenn ja zeitlich befristet? Welche Ministerien? Kann man Merz überhaupt trauen? Hat er überhaupt die Kraft für den Kanzler in einer Koalition mit der SPD? Sollte die SPD nicht erst einmal besser ihre Führung auswechseln und Pistorius die Parteiführung anvertrauen?

    Realität bleibt die schwere Niederlage der SPD und die fehlenden Konsequenzen in der Parteiführung. Sollte die SPD nicht eine Ost-SPD in den neuen Bundesländern gründen bzw. sich divisionalisieren, nachdem eben nicht „zusammengewachsen ist, was zusammengehört“?
    Viele Fragen…. Da kommen noch schwere Wochen auf die SPD zu bis es zu einem Mitgliederentscheid kommt, dessen Ausgang aktuell sehr ungewiss wäre.

  16. „Ihnen ist die CDU zu demokratisch, zu weltoffen, zu westlich.“
    _______________________________________________________________________________

    Ironie der Geschichte: Mit Trump-Amerika wird die DDR-Propaganda Wirklichkeit.

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