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Vor der Wahl: ein zweifacher Appell

Wahrscheinlich wird auch die nächste Bundeskanzlerin Angela Merkel heißen. Aber das kann nur bedeuten: Ab Montag wird nur noch über ihren Abschied geredet, denn die Zeit für Angela Merkel als Bundeskanzlerin ist mit dieser Bundestagswahl abgelaufen – unabhängig davon, wie die nächste Koalition aussieht. Dieses absehbare Ergebnis kann nur bedeuten: Wer auf eine verlässliche Friedenspolitik setzt, wer den sozialen Zusammenhalt gerecht gestalten will, wer ein vielfältiges, demokratischen Zusammenleben in unserer Gesellschaft befürwortet und darum für einen Regierungswechsel eintritt, der kann am Sonntag mit beiden Stimmen nur SPD wählen. Denn nur eine starke Sozialdemokratie garantiert eine starke Opposition oder eine gute Regierungspolitik.

Doch ab Sonntag 18.00 Uhr wird wahrscheinlich ein ganz anderes Thema die Diskussion beherrschen: die AfD. Denn es ist zu befürchten, dass eine ausreichende Anzahl von Wählerinnen und Wählern dafür sorgen, dass eine rechtsextremistische, nationalistische, völkische Partei im Bundestag vertreten sein wird, die – wenn sie es könnte – lieber heute als morgen unsere Verfassung von ihren Grundwerten bereinigen würde. Die Wahl der AfD in den Deutschen Bundestag stellt eine Zäsur dar. Niemand sollte sich das als einen normalen demokratischen Vorgang schönreden. Genau das aber wird spätestens ab Sonntagabend geschehen. Da wird dann von nicht wenigen so getan bzw. wird den Bürgerinnen und Bürgern abverlangt zu akzeptieren, als sei die AfD eine normale Partei im demokratischen Spektrum. Das ist sie aber nicht.

Am Mittwoch schickte mir Rechtsanwalt Martin Maslaton, Mitglied im Vorstand der Israelitischen Religionsgemeinde, einen kurzen Video-Clip Video. Zu sehen ist, wie er einen Schriftzug, mit dem ein großes CDU-Plakat überklebt war, entfernte. Auf diesem war zu lesen: „Noch sitzt ihr da oben, ihr feigen Gestalten, vom Feinde bezahlt, dem Volke zum Spott, doch einst wird wieder Gerechtigkeit walten, dann richtet das Volk, dann Gnade euch Gott.“ Dieser Spruch, er stammt ursprünglich von Theodor Körner, wurde zitiert vom Bundestagskandidaten der AfD Jürgen Pohl (Thüringen) mit eindeutiger Konnotation. Denn nun hört er sich an wie ein Nazi-Spruch aus dem braunen Bilderbuch des Nationalsozialismus – ein Aufruf, dem sog. „Volkszorn“ freien Lauf zu lassen. Er reiht sich ein in das Gerede eines Björn Höcke, Jens Maier, Alexander Gauland. Sie alle zeichnen sich durch zwei Dinge aus: Zum einen bedienen sie sich bewusst der Sprache des Nationalsozialismus (Frauke Petry: „Deutschnational – Ich denke, für eine deutsche Partei ist das keine so schlechte Beschreibung.“). Zum andern knüpfen sie ganz gezielt an die Zeit des Nationalsozialismus an – zuletzt Alexander Gauland: „Deshalb haben wir auch das Recht, uns nicht nur unser Land, sondern auch unsere Vergangenheit zurückzuholen. … Wir haben das Recht, stolz zu sein auf Leistungen deutscher Soldaten in zwei Weltkriegen.“ Es ist ziemlich klar, was damit („Schluss mit dem Kriegsschuldkult“ – Originalton Jens Maier, Bundestagskandidat der AfD in Dresden, im Einklang mit Legida) und mit dem offenen Schulterschluss zwischen AfD und Pegida/Legida bezweckt ist: Die Zeit der horrenden nationalsozialistischen Verbrechen und des 2. Weltkrieges soll als eine normale Epoche der deutschen Geschichte gelten, damit man sich deren ideologischer Bedingungen zu eigen machen kann. Das aber hat nichts mehr mit unserer Verfassung und schon gar nichts mehr mit christlichen Grundwerten zu tun. Darum muss sich jeder darüber im Klaren sein: Eine Stimmabgabe für die AfD ist eine Unterstützung einer Partei, die sich in ihrem Kern und in ihrer personalen Repräsentanz aus dem nationalsozialistischen Gedankengut, aus dem leider immer noch frucht- wie furchtbaren braunen Schoß speist. Dem Menschen, Europa, dem Frieden ist dies alles zuwiderlaufend. Darum: Wer AfD wählt, kann dies alles wissen, und ist darum für die Folgen seiner Stimmabgabe verantwortlich. Ihr Stimmverhalten muss uns mindestens so beunruhigen wie die, die sie wählen. Umgekehrt gilt: Für Bürgerinnen und Bürger, für die Demokratie, die freie Meinungsäußerung, die Vielfalt gesellschaftlichen Lebens unabhängig davon, ob sie einen Regierungswechsel befürworten oder nicht, unabdingbar sind, ist die AfD nicht wählbar – und für Christen schon gar nicht. Darum hätte es den Kirchen gut angestanden, wenn sie das vor der Wahl unmissverständlich zum Ausdruck gebracht hätten. Aber auch ohne ein solches Wort gilt: Keine Stimme der AfD! Kein Zurückweichen vor deren Hass-Parolen und Absichten – auch nicht nach der Wahl! Auch dafür steht ein Martin Schulz. Ab Montag müssen wir doppelt wachsam sein!

P.S. Gestern haben rund 3.000 Menschen in Leipzig wieder ein deutliches Zeichen für Demokratie und Vielfalt gesetzt gegen das rechtsradikale Legida-Bündnis. Sehr ermutigend. Was auffiel: von den knapp 300 Teilnehmer/innen an dem Legida-Aufmarsch wurden Dutzende AfD-Fahnen geschwenkt und noch mehr AfD-Plakate und Luftballons getragen. Was zusammengehört, findet sich.

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