Das heute in der Leipziger Volkszeitung (LVZ) – http://www.lvz.de/Leipzig/Lokales/Sachsens-Finanzminister-zum-Paulinum-Zweitteuerstes-Bauwerk-seit-1990 – veröffentlichte Interview mit dem sächsischen Finanzminister Georg Unland (CDU) lässt aufhorchen. Denn er ist es ja, der für morgen zu einer „Bauabschlussfeier“ in die „in die Aula“, gemeint ist wohl die neue Universitätskirche St. Pauli, eingeladen hat – einer Feier, die im Protokoll eigentlich nicht vorkommt. Denn normalerweise wird ein fertig gestelltes Bauwerk eingeweiht. Diese feierliche Einweihung der Unikirche wird am Gründungstag der Universität Leipzig, am 2. Dezember 2017, stattfinden. Aber es ist Wahlkampf. Da stört den Finanzminister auch nicht, mitten in den Semesterferien zu einem solch künstlich konstruierten „Festakt“ einzuladen – natürlich nur Personen, die den Christdemokraten genehm erscheinen. Reden darf bei dem Festakt auch nur, wer über das entsprechende Parteibuch verfügt: der Ministerpräsident, die Bundesministerin für Bildung und Forschung, der Finanzminister selbst, der sogar zwei Mal. Natürlich dürfen die Rektorin der Universität Leipzig, der Oberbürgermeister und die Wissenschaftsministerin des Freistaates Sachsen, letztere beide dummerweise der SPD angehörend, nicht das Wort ergreifen. Zwischendurch soll es noch eine „Ökumenische Andacht“ geben. Doch mit wem? Die Bischöfe der evangelischen und katholischen Kirche haben – wie man hört – abgesagt, und der 1. Universitätsprediger ist in Urlaub.
Ach ja, und dann äußert sich Unland im besagten Interview auch noch zur Kanzel und zum Namen. Beim Letzteren rettet sich der Christdemokrat ins Wortungetüm „Paulinum – Aula und Universitätskirche St. Pauli“, um das einfache und angemessene Wort „Unikirche“ zu vermeiden. Von ähnlicher Glaubensstärke zeugt auch Unlands Eiertanz um die historische Kanzel der Universitätskirche. Sie könnte, inzwischen – durch den Paulinerverein und die Landeskirche finanziert – vollständig restauriert, schon längst in der Unikirche stehen. Doch nun will Unland eine neue „Kanzelkommission“ einsetzen. Doch diese gab es schon mit einem eindeutigen Ergebnis (2015): die Kanzel kann problemlos aufgestellt werden. Was soll da eine weitere Kommission? Originalton Unland: „Ich habe den Optimismus, dass wir auch für die Kanzel eine Lösung finden, mit der wir alle ganz gut leben können.“ Na prima, so weit waren wir schon vor Jahren. Zu vermuten ist, dass mit diesem Manöver Unland die Kanzelaufstellung in der Unikirche aussitzen, d.h. langfristig verhindern will. Da darf man nun gespannt sein, was der CDU-Bundestagsabgeordnete Thomas Feist, der sicher eine Einladung zur „Bauabschlussfeier“ erhalten hat, verlautbaren lässt. Großmäulig hat er vor ein paar Jahren geäußert: „Wer die Forderung nach der Fernhaltung der Kanzel aus dem Neubau des Paulinums bzw. der Paulinerkirche erhebt, zeigt sich als williger Vollstrecker der kommunistischen Universitätssäuberung.“ (LVZ vom 8. April 2013) Das wäre doch einmal ein Akt, wenn Herr Feist morgen auf der CDU-Bauabschlussfeier eine Spontanrede hält und darin die Äußerungen Unlands ebenfalls historisch einordnet, die sofortige Aufstellung der Kanzel fordert und gleichzeitig eine Klärung der Namensgebung herbeiführt, statt den morgigen Eiertanz für seine Wiederwahl zu nutzen. Bleibt die Frage, ob der Heilige Geist, da parteilos natürlich nicht eingeladen, sich am morgigen Tag dennoch Einlass in die Universitätskirche St. Pauli verschafft oder lieber einen großen Bogen um die aus Steuergeldern finanzierte Wahlkampfveranstaltung macht.
Nachtrag: Nun ist sie Vergangenheit, die ominöse Bauabschlussfeier – bei geöffneter Acrylwand! Da gab es wohl keine „klimatischen“ Probleme. Aber das war nicht das Einzige, was das Lügengebäude des Kustos zum Einsturz brachte. Oberpeinlich die Verhüllung des Paulineraltars mit billigster Maler-Plastefolie, während alle Epitaphien ohne „Schutz“ auskamen. Davor zelebrierten die beiden kirchlichen Vertreter eine „Ökumenische Andacht“. Niemand der versammelten Theolog/innenschaft kam auf die Idee, das Nächstliegende zu tun: die Folie zu entfernen. Doch wer einen Raum ideologisch abzuschotten versucht, nimmt das Selbstverständliche nicht mehr wahr.