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Wie lange will die SPD das bleiben: uninteressant und langweilig?

Zwei krachende Niederlagen für die SPD in zwei unterschiedlichen Bundesländern – und ein Absturz in den Umfragen noch jenseits des katastrophalen Wahlergebnisses bei den Bundestagswahlen 2017. Derzeit deutet wenig darauf hin, dass die SPD aus diesem finsteren Tal herausfindet. Doch ihr bedauernswerter Zustand ist hausgemacht. So sehr es schmerzt: Niemand anders als SPD selbst ist für den Niedergang verantwortlich. Man muss nur auf zwei Fakten schauen:

  • Seit einem Jahr diskutiert die SPD über Erneuerung, aber in keinem Politikfeld ist auch nur annähernd sichtbar geworden, wie die Erneuerung aussehen soll. Als Mitglied erhalte ich viele Mails aus dem Parteivorstand. Von keiner wurde ich elektrisiert, aufgeschreckt, ermutigt, motiviert.
  • Seit Monaten diskutieren die sog. Parteilinken: Die CDU/SPD/CSU-Koalition sei schuld am Niedergang der SPD. Die SPD müsse da raus. Geflissentlich wird dabei übersehen, dass die SPD vor 50 Jahren aus einer Großen Koalition heraus und als Juniorpartner Bundestagswahlen hat gewinnen können. Umgekehrt war die SPD von 2009 bis 2013 in der Opposition – und sie hat es nicht vermocht, sich in den vier Jahren programmatisch so aufzustellen, dass sie ein wesentlich besseres Ergebnis erzielt hätte.

Als langjähriges Parteimitglied (seit 1970) fällt es mir nicht leicht, aber die Ehrlichkeit zwingt mich dazu, nüchtern und ernüchternd festzustellen: Die SPD ist für viele Menschen uninteressant, ja langweilig geworden – nicht nur auf Bundes-, auch auf Länderebene. Daran ändert derzeit auch ein Kevin Künerth wenig. Von der SPD geht derzeit weder politisch, noch gesellschaftlich, noch kulturell Inspiration aus. Um einen Vergleich zu wagen: Die SPD kommt mir so vor, als habe sie im Orchester der Gesellschaft das Dirigentenpult und die Stühle der Konzertmeister und Stimmführer verlassen – und ist nun als Orchesterwart tätig. Sie richtet die Stühle und legt die Noten auf die Pulte. Diese Aufgabe erledigt sie beamtenmäßig gewissenhaft und durchaus verantwortungsvoll. Aber niemand merkt und sieht etwas davon. Die Noten werden von anderen gespielt. Gesprochen wird von denen, die an den ersten Pulten sitzen oder als Dirigenten die Musik bestimmen. Die Frage ist also: Hat die SPD noch die Kraft, die kreative, den Menschen zugewandte Rolle im politischen Geschäft wieder zu übernehmen und mit diesem Anspruch aufzutreten?

Wenn ich mit Freunden und Bekannten rede, die nicht der SPD angehören, dann erlebe ich derzeit immer dasselbe: Es regt sich noch nicht einmal einer über die SPD auf! Auf allen Politikfeldern hat die SPD die Meinungsführerschaft verloren. Das, was sie sozialpolitisch auf den Weg bringt, kommt bieder herüber. Es ist nicht in einen Gesellschaftsentwurf eingebettet, der Neugier und Interesse weckt und zum Mittun ermuntert. Die SPD hat es versäumt, programmatische Grundideen und Ziele zu entwickeln, an denen sie sich auch im Alltagsgeschäft einer Landes- oder Bundesregierung orientiert. So ist die absurde Situation entstanden, dass in der Bevölkerung eine viel größere Bereitschaft zu neuen Politikansätzen vorhanden ist, als die SPD sich selbst zutraut. Das aber macht sie entbehrlich … und das macht den Erfolg der Grünen aus. Sie bieten eine Politik an, in der die Bürgerinnen und Bürger die notwendig erachteten Veränderungen aufgehoben sehen. Das gilt insbesondere für die Integrations-, die Mobilitäts- und die Klima-/Kohleausstiegspolitik – Politikbereiche, in denen die Menschen Lösungen erwarten. Hier hat die SPD alles verschlafen – nicht nur im Bund, auch in Brandenburg, Sachsen und Nordrhein-Westfalen. Wenn dort die SPD weiter auf die Braunkohle setzt, wird sie elendig scheitern. Und in der Friedens- und Außenpolitik hat sie es seit Jahren nicht vermocht, an die große Tradition sozialdemokratischer Friedenspolitik anzuknüpfen. Wo sind die Visionen für Europa, für eine Befriedung des Nahen Ostens und Nordafrikas?

Die SPD hat nur eine Chance: Jetzt in der Regierung, aber noch viel wichtiger: jetzt in der Partei umzusteuern und ganz entschlossen in den genannten Politikfeldern die Themen mit eindeutigen Vorstellungen zu besetzen: Entwicklung des ländlichen Raumes, Integration als Chance gesellschaftlicher Erneuerung, Ausstieg aus der Kohle bejahen und gerecht gestalten und natürlich eine europäische Friedenspolitik. Wenn dies geschieht, dann werden auch die sozialpolitischen Initiativen der SPD neue Strahlkraft erfahren und die SPD wird wieder interessant. Verschwenden wir also keine Zeit mehr mit der Frage von Koalitionsbeteiligungen. Es geht um klar konturierte Politikansätze, die das, was vielen Menschen bedrohlich erscheint, mit erstrebenswerten, positiven Zielvorstellungen versieht.

13 Antworten

  1. Rolf Rennert 5. November 2018 – 21:21
    „Die 1. GROKO,von Herbert Wehner und Senior Guttenberg, war ein singuläres Ereignis und nicht zuletzt den Beiden zu verdanken.“
    ==================================================================
    Karl Theodor Maria Georg Achatz Eberhart Joseph Buhl-Freiherr von und zu Guttenberg (1921–1972) war in der CSU und sondierte zwar bereits ab dem 26. November 1962 im Auftrag von Bundeskanzler Konrad Adenauer gemeinsam mit Paul Lücke (CDU) bei Herbert Wehner (SPD) die Möglichkeiten für eine Große Koalition….
    Diese Sondierungen gingen am 1. Dezember 1962 in offizielle Koalitionsverhandlungen über. Sie scheiterten jedoch am 5. Dezember, weil sich die CDU weigerte, über die Frage einer weiteren Kanzlerschaft Adenauers zu reden.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Theodor_zu_Guttenberg_(1921%E2%80%931972)#Abgeordneter

    Guttenberg bekam mächtigen Ärger.

    http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-45125289.html

    Die erste Große Koalition begann erst am 1. Dezember 1966, dann unter Kanzler Kiesinger (CDU). Guttenberg leistete zu ihrem Zustandekommen keinen substantiellen Beitrag mehr. Er war später ein erbitterter Gegner der Ostpolitik der Regierung Brandt/Scheel.

  2. Sehr geehrter Herr Wolff, selbst wenn die SPD gute Ansätze für die Zukunft der BRD hätte, würde sie nichts damit erreichen. Denn es fehlen die Personen, die diese Ansätze glaubwürdig verkaufen könnten.
    Man sieht bei den Grünen, wie leicht es ist, mit Leuten an der Spitze, die sich gut darstellen können, quasi inhaltslose Politik zu vermarkten. Denn was die Grünen so fordern, hält zumeist keiner tiefergehenden Betrachtung auf Umsetzbarkeit stand. Aber trotzdem können sie damit punkten.
    Bei der SPD fehlen solche Leute, die dann auch von den Medien gehypt werden. Bzw. sind da Leute in vorderster Linie, die gerade für das Gegenteil von Zukunftsperspektiven stehen: Nahles, Stegner, Kühnert – Populisten, die außer stänkern nichts geleistet haben. Also wie die Grüne Spitze – nur die kommen etwas sympathischer rüber!
    Ich denke, die SPD wird mit ihrem weiter so bald im einstelligen Bereich enden und dann Vergangenheit sein…

  3. Man kann Herrn Katzek nur zustimmen: Die vorgeschlagenen Lösungsansätze zur Stärkung der SPD sind wohl allesamt zu seicht, um wirklich erfolgversprechend zu sein. Sie können auch deshalb nicht wirklich zielführend sein, als sie ja überhaupt kein Unterscheidungsmerkmal zu anderen Parteien sind und eben deshalb nicht SPD-typisch.
    Das Problem der sogenannten „Volks“-Parteien ist ja, daß sie im Gegensatz zu den anderen die breite politische GESAMT-Thematik abdecken müssen und nicht nur Einzelinteressen. Ein weiteres Problem ist, daß sie deswegen logischerweise in „Flügel“ aufgeteilt sind, die häufig ihre eigene Klientel zufriedenstellen und diese gleichzeitig aber in Kompromisse einbinden müssen. Und daraus resultiert das dritte Problem, daß nämlich diese Parteien auch in den sie abbildenden Persönlichkeiten grössere Angriffsflächen für die Medien und die Öffentlichkeit bieten, die diese gerne zum Hauptthema machen, weil sie fälschlich glauben, damit punkten zu können. Ein typisches Beispiel hierfür ist ja die fatale Strategie der SPD in den letzten Monaten, die anstatt Politik zu machen, die Persönlichkeit Seehofer in den Mittelpunkt ihrer Handlungen stellten und schließlich sogar so weit ging, Herrn Maaßen zur Keule gegen Seehofer auszubauen zu versuchen, was zwar der Gegenseite Schaden zufügte, worüber sie aber letztlich selbst gestolpert ist – bis hin zur erneuten eigenen Führungskrise.
    Die kleineren Parteien – ich nehme hier die SPD mal aus, obwohl sie ja leider inzwischen dazu gehört – vertreten allesamt nur Einzelinteressen: Die Grünen den Umweltschutz ohne Rücksicht auf reale Gegebenheiten, die Linken ein verqueres Sozialkonzept ohne Rücksicht auf die Leistungsträger in unserer Gesellschaft, die FDP ein diffuses Freiheitskonzept ohne Rücksicht auf das Sozialempfinden der deutschen Mehrheit, die AfD ein Ausschließlichkeitskonzept ohne Rücksicht auf gesetzliche und menschliche Standards in unserem Weltverständnis. Und von diesen kleineren Parteien haben augenblicks nur die Grünen es geschafft (im Gegensatz zu früher), eine personelle Geschlossenheit mit einer überzeugenden Persönlichkeit an der Spitze (Habeck) zu präsentieren, was sicher ganz maßgeblich ihren derzeitigen Erfolg begründet.
    Und die beiden ehemals Großen, SPD und Union? Sie lavieren zwischen politischen Notwendigkeiten einerseits und Werbung um Sympathie (um nicht das Wort „Anbiederei“ zu verwenden); sie präsentieren ein thematisch uneinheitliches Bild ohne Profil und ein Personaltableau ohne Überzeugungskraft und begrenzen ihre öffentlichen Aussagen auf dieses letztere Feld; sie glauben, daß ein paar Kopeken mehr hier oder dort ausreichen, um Wähler zu überzeugen und sie beschränken sich auf Worthülsen, die sie bewußt nicht inhaltlich ausformulieren, um ja niemanden zu verschrecken. Sie, Herr Wolff, kommen genau zu diesem Ergebnis: „ … entschlossen in den genannten Politikfeldern die Themen mit eindeutigen Vorstellungen zu besetzen“, fordern sie – richtig! Aber dann verfehlen Sie genau diesen Maßstab: „Entwicklung des ländlichen Raumes, Integration als Chance gesellschaftlicher Erneuerung, Ausstieg aus der Kohle bejahen und gerecht gestalten und natürlich eine europäische Friedenspolitik“ – sind Ihre Forderungen – und? Es wäre eben interessant, diese Forderungen einmal inhaltlich auszufüllen und nicht bei der Schlagzeile zu bleiben.
    Herr Lerchner hat dies im September 2018 versucht mit seinem Fragenkatalog, den ich – obwohl dies meinen Beitrag sehr lang macht – hier noch einmal anfüge:

    „Wenn wir die Mehrheit gegenwärtiger AfD-Anhänger in einen demokratischen Diskurs zurückholen wollen, sollten wir einige tiefergehende Fragen diskutieren. Hier ein paar Vorschläge:
    „Inwieweit bekennen wir uns zu einem Menschenrecht auf gutes Leben für jedermann und leiten davon unsere Solidarität mit Menschen ab, die in die Wohlstandsgesellschaften des Gegenwartskapitalismus fliehen? Ist es andererseits legitim, über eine abgestufte Reichweite von Solidarität zu sprechen?
    Welche verteilungspolitischen Erfolge müssen realisiert werden, um die materiellen Ressourcen für eine Politik der offenen Grenzen zu ermöglichen? Gibt es auch für solidarische Einwanderungsgesellschaften Kipppunkte, an dem die Absorptionskapazität der Gesellschaft überfordert ist?
    Ist es statthaft, die Interessenlage der Lohnabhängigen in den Zielländern der Migration, deren Sorgen vor Dumping-Konkurrenz sowie Verteilungs- und Kulturkonflikte als diskussionsunwürdige Probleme zurückzuweisen? Ist es gerecht, Mitbürger als Nazis und Rassisten zu erklären, „… weil sie ihre politisch erstrittenen, mit ihren Steuern finanzierten Kollektivgüter vielleicht teilen, aber nicht für moralisch enteignungspflichtig erklären lassen wollen“ (Streek, FAZ 04.08.2018)?
    Geht sozial nur national, weil die dem Sozialstaat zugrundliegenden Versicherungs- und Umlagesysteme nationalstaatlich verfasst sind? Oder sind weitreichende institutionelle Transformationen denkbar, die zu einem Umbau der sozialen Sicherungssysteme führen und Öffnungen für Personen ermöglichen, die nicht als inländische Beitrags- oder Steuerzahler sich an der Sozialstaatsfinanzierung beteiligen konnten? Besteht die Gefahr, dass eine sozialstaatsorientierte Diskussion in die Grauzone rechtspopulistischer Narrative gerät? (Urban, Blätter 9/18).“

    Das Thema „Friedenspolitik“, das Ihnen zu Recht sehr am Herzen liegt, ist hier nicht angesprochen. Ihre Forderung aber, Herr Wolff, Europa müsse sich hier stärker, vielleicht sogar entscheidend engagieren – in Afrika, im Nahen Osten – bedingt zunächst eine massive Verstärkung des europäischen Gewichtes in der Weltpolitik sowohl durch mehr Einigkeit als auch durch weniger Belehrung und mehr Kompromißbereitschaft und schließlich durch glaubwürdige Mittel und glaubwürdigen Willen zur Durchsetzung der erstrebten politischen Ziele. Man vergesse nicht: Die Ostpolitik Brandts war nur möglich auf der Basis und mit der Unterstützung der amerikanischen und NATO-Garantie für die Sicherheit Deutschlands und Europas.
    Mit herzlichem Gruß,
    Andreas Schwerdtfeger

  4. Lieber Christian Wolff! Haben Sie schon einmal das Abschneiden der etablierten Volksparteien bei den letzten Wahlen unter dem Gesichtspunkt des Einflusses der Digitalisierung analysiert? Das Elend liegt m.E. nicht so sehr an Fehlentscheidungen von Einzelpersonen oder Gruppen, sondern an dem Verlust geeigneter Strukturen zur Umsetzung politischer Entscheidungen in einer Welt der social media, die den Solipsismus individualistischen Denkens in bisher ungeahnter Weise stärken. Das führt zu reaktionären Sammelbewegungen wie AfD und „aufstehen“. Das ganze politische Szenario hat sich dadurch grundlegend verändert. Das zeigt sich ja auch an den Schwierigkeiten, handlungsfähige Regierungsbildungen zu finden, nicht nur in Deutschland, sondern auch in den Niederlanden und jetzt in Schweden. – Denjenigen, die jetzt noch Mut zur Regierungsbeteiligung aufbringen, gebührt m.E. Respekt, da sie dem Trend zu populistischer Willfährigkeit widerstehen.

    1. Lieber Christoffer, vielen Dank für diesen wichtigen Hinweis. Ja, dass nur noch eigene Ich gesehen wird und alles auf das Ich bezogen wird (das bedeutet ja „Solipsismus“; ich selbst spreche von „Selfiebewusstsein“) ist ein riesiges Problem, zeigt aber auch an, dass Institutionen und Gruppierungen, die den Blick auf den anderen, den Nächsten richten, es derzeit schwer haben (Kirchen, Gewerkschaften, SPD) – oder positiv formuliert: hier liegt unsere Aufgabe, auch im digitalen Zeitalter, für die Grundwerte zu werben und für diese einzutreten. Nur damit keine Missverständnisse auftreten: Ich bin für die derzeitige Regierungsbeteiligung der SPD. Gleichzeitig muss die SPD aber ihr inhaltliches Profil neu gestalten. Es ist derzeit nicht erkennbar. Beste Grüße Christian

  5. Lieber Christian Wolff, die „Selbstverzwergung“ der SPD ist zum Programm erhoben worden. Die 1. GROKO,von Herbert Wehner und Senior Guttenberg, war ein singuläres Ereignis und nicht zuletzt den Beiden zu verdanken. So etwas lässt sich nicht jederzeit wiederholen, zumindest nicht mit dem damaligen Erfolg. Wenn es je ein „sozialdemokratisches Jahrhundert“ gegeben hat, ist dieses mit der 150-Jahrfeier „beerdigt“ worden. Zumindest war dies mein Eindruck damals. Der größte Fehler war, die von Gerhard Schröder im besten Glauben inszenierte Agenda 2010, einer Reform zu unterziehen. Damit wurden die Arbeitnehmer (Stammklientel) aus der SPD vertrieben. und die LINKEN salonfähig gemacht. Ich bin nur Mitglied geblieben um das Desaster aus der Nähe zu erleben und meine Stimme zu erheben um die „kritische Masse“ zu stärken.

  6. Ich bin unter Protest bezüglich der Energie- und Klimapolitik im Mai ausgetreten. Ich konnte die Verlogenheit von Sigmar Gabriel&Co (siehe EEG 2014/2017 als Strafgesetz-
    buch für Anwender erneuerbarer Energien und Stromspeicher und vor allen Dingen das
    „Mieterstromgesetz“) in ihrem Tun nicht mehr ertragen. Konzernknecht Gabriel. Leider gibt es eine Partei für die Interessen der Konzerne, die heißt CDU, noch eine – CSU, und noch eine Namens SPD, auch noch die FDP und neuerdings auch noch AfD. Bei Linken und Grünen ist das vom Status „Opposition oder Regierung“ abhängig. Ohne dass die Bürger und Mittelständler in Massen ihre Energieversorgung selbst in die Hand nehmen ist die Notbremse in Bezug Klimaänderungskatastrophe nicht zu schaffen. Das wird bürokratisch und perfide von allen den o.g. politischen Kräften verhindert. Und Deutschland geht ohne vertikal integrierte Solarindustrie, die in aktueller Kastration befindliche Windbranche und jegliche Batteriezellkompetenz industriell schweren Zeiten entgegen. Die Chinesen ziehen das jetzt.

  7. Lieber Christian –
    doch, ich gehöre zu denen, die sich seit Monaten über die SPD und deren elendiges Lavieren aufregt, und ich stehe damit nicht allein.
    Und alles, was Robert Habeck (B 90/Die Grünen) in den letzten Monaten denkt, sagt, macht überaus deutlich, wie elendig die SPD auf den politischen Hund gekommen ist.
    Nein, keine Häme, sondern entsetztes Kopfschütteln und die ewige und immer wieder neu zu stellende Frage (die Dich ja ebenfalls umtreibt), wie lange die Genossen in Berlin noch im Jammertal verharren wollen und offensichtlich den Abgrund noch immer nicht registrieren, auf den sie zurasen.
    Und ganz entsetzlich, sollten sich die von HG Maaßen als Linksrechtsextreme bezeichnete SPD-Koalitionäre nicht sofort mit klarer Stimme gegen diese Ungeheuerlichkeit wehren und Frau Dr. Merkel auffordern, den nur noch armselig reagierenden Innenminister schnellsten aus dem Kabinett entlassen.
    Auch bei dieser Causa versagt seit Monaten die SPD; ich begreife es nicht.
    Der politische Schaden ist längst passiert, und die Grünen befinden sich nicht im Höhenflug (wie die Medien es gern klassifizieren), sondern solche klug denkenden Geister wie eben R. Habeck und A. Baerbock führen nicht nur die CDU/CSU, sondern eben leider auch die SPD vor.
    Nun hört man, dass die SPD in der Regierung bleiben wird – na dann viel Spaß…
    Es ist nur eben viel, viel ernster – es geht um den Bestand unserer Demokratie !!! Jo.Flade (liebe Grüße via Leipzig!)

  8. Lieber Christian,

    zunächst herzlichen Dank, für Deinen Hinweis auf die Große Koalition Ende der 60er Jahre. Die damaligen Erfahrungen zeigen in der Tat, dass die gesellschaftliche Akzeptanz der SPD (und die daraus resultierenden Wahlergebnisse) nicht davon abhängen, ob man an der Regierung beteiligt ist oder die Oppositionsrolle einnimmt.

    Auch Deine Analogie zum Orchester hat seinen Reiz. Deine Beschreibung, wonach die SPD „beamtenmäßig gewissenhaft und durchaus verantwortungsvoll die Stühle ausrichtet und die Noten auf die Pulte legt; die Noten aber von anderen gespielt werden“ hat etwas Überzeugendes.

    Der von Dir vorgeschlagene Lösungsansatz wird m.E. jedoch nicht zum Erfolg führen.

    Glaubst Du ernsthaft, die Menschen (vor allen in den Städten) würden wieder SPD wählen, wenn wir „mit eindeutigen Vorstellungen“ das Thema der „Entwicklung des ländlichen Raumes“ besetzen?

    Oder wenn die SPD den Ausstieg aus der Kohle „bejaht und gerecht gestaltet“. Dafür haben wir doch schon die GRÜNEN! Und so ganz nebenbei: Gestern (Sonntag) gab es im ZDF (terra X Telegramm) einen interessanten Beitrag, in dem beschrieben wurde, wie vier Landwirte 5 Jahre Planungszeit und ½ Mio. investiert haben, um den Bau von 6 Windrädern auf ihrem Acker zu verwirklichen. Dann kam die Klage von zwei Leuten aus dem NABU und fast wäre die Sache komplett in die Hose gegangen. Bei solchen Rahmenbedingungen aus der Kohle ausstiegen? Selbst wenn ich nicht an die damit verbundenen Arbeitsplatzverluste denke: Das ist doch Irrsinn!

    Und „Integration als Chance gesellschaftlicher Erneuerung“? Auch ich sehe diese Verbindung als richtig und sinnvoll an – aber wenn wir gleichzeitig diejenigen, die Konsequenzen aus der Massenvergewaltigung in Freiburg einfordern, als Menschen verurteilen, die diese Tat „doch nur instrumentalisieren wollen“, dann, lieber Christian, reden und handeln wir an dem Denken und den Interessen der Menschen kilometerweit vorbei und können uns den Slogan von „Integration als Chance gesellschaftlicher Erneuerung“ sonst wo hinschmieren.

    Und wenn wir die Menschen damit „locken wollen“, dass der Bund auf Druck der SPD in 3 Jahren 5 Mrd. € in die Kindergartenförderung investieret – die neuesten Zahlen (Bundestagsdrucksache 19-5203 vom 23.10.18) jedoch zeigen, dass „sich die flüchtlingsbezogenen Belastungen des Bundeshaushalts alleine in den Jahren 2016 und 2017 auf 41,65 Mrd. € belaufen“, dann bedarf es keiner großen Phantasie, um sich vorzustellen, was in den Köpfen der Menschen vorgeht.

    Und eine europäische Friedenspolitik? Bei allem Respekt: Die Zeiten des klaren Kriegs sind vorbei. Die Ostpolitik von Willy Brand mobilisierte in den 60/ 70er Jahren zurecht die Köpfe und Herzen der Menschen – aber doch nicht mehr heute, wo wir fast alles als selbstverständlich ansehen, was über Jahrzehnte erkämpft wurde.

    Insofern glaube ich – leider – nicht, dass die von Dir genannten Einzelthemen uns wieder auf 30% bringen werden; auch wenn ich Deine Ursachenanalyse wie oben gesagt, durchaus weitestgehend teile. Herzliche Grüße, Jens

    1. Lieber Jens, Dank für Deine Antwort. Nein, für den Kohleausstieg reichen die Grünen nicht. Die SPD begeht derzeit denselben Fehler wie in den 80er Jahren mit der Atomenergie. Sie verpennt die Richtung weisenden Entscheidungen und lässt ihre Umweltministerin im Regen stehen. Außerdem zeigst Du mit Deinen beiden Beispielen (Windräder und das Verbrechen in Freiburg), was die SPD falsch macht: indem sie vor den Schwierigkeiten einfach einknickt, wird nichts besser. Es ist immer politisch ein Fehler, wenn man den Missbrauch zum Hauptproblem erklärt (oder sich das medial so aufdrücken lässt). Dabei ist unsere Aufgabe, das, was bei den Menschen Ängste auslöst, so politisch zu gestalten, dass die Menschen darin einen Gewinn für sich erkennen. Nun zur Sprache: Ausgaben sind keine „Belastungen“. Ausgaben werden getätigt, um Gesellschaft zu gestalten. 41,65 Mrd. € sind zu einem erheblichen Teil eine Investitionssumme. Vielleicht sollten wir die Vorzeichen einfach mal ändern. Damit wäre schon bewirkt. Zum Letzten: Du hast einen schönen Tippfehler „Klaren Krieg“ statt „kalter Krieg“. Leider ist weder das eine noch das andere vorbei. Es werden sehr viele „klare“ Kriege geführt. Und hierzu muss die SPD politische Visionen entwickeln: Wie kann eine Friedensordnung im Nahen Osten aussehen? Wie wollen wir dem ungeheuren Wettrüsten, dass von der Trump-Regierung neu in Gang gesetzt wurde, begegnen? Welche Rolle wird Deutschland in einem Europa spielen, das sich neu finden muss? Sind das nicht Themen, die viele Menschen bewegen – mehr wahrscheinlich als 10 oder 11 Euro Mindestlohn. Die SPD muss zur Partei werden, die das jetzt Unmögliche politisch als eine Möglichkeit anbietet und zur Diskussion stellt. Beste Grüße Christian

    2. Da stellte sich doch Stefan Brangs im November 2017 im Landtag anlässlich einer Veranstaltung des AK Energie hin und wies auf die Stromausfälle im Süden Australiens hin und bemerkte, dass sie nun eingesehen hätten, dass es erstmal ohne Kohleverbrennung nicht ginge. Nun kam Elon Musk und baute denen in unter 100 Tagen einen Batteriespeicher von 120 MWh und 100 MW Leistung und noch ein virtuelles Speicherkraftwerk mit vernetzten Kleinspeicher und es ging doch ohne Kohle.
      Man hörte Stefan Brangs wäre in Kalifornien gewesen, um gut Wetter für eine Ansiedlung von TESLA in der Lausitz zu machen. Was meinen Sie denn, was Musk da denkt, wenn ihm die Brangs-Äußerungen hier hinterbracht werden. In Wahrheit hat sich die SPD-Sachsen in die Hände der tschechischen Oligarchen begeben. 14 Millionen Haftungskapital in der LEAG-Gruppe und die Barmittel von Vattenfall für die Rekultivierung sind weg! Jetzt heißt es also Paris-Vertrag einhalten und einen Skandal in der Höhe wie bei der Sachsenbank akzeptieren (ca. 3 Mrd. für Rekultivierung als Staatsknete woher auch immer) oder LEAG verdient bis 2100 das Geld für die Rekultivierung und es bleibt noch Erkleckliches für die Heuschrecke. Die Vorräte reichen bis 2120. Also endlich den Tagebau Lützen aufmachen und Röcken (Nietsche-Geburtsort) wegbaggern. Ein Drittel von Lützen soll schon unter Bergrecht stehen. Derweil bleibt nach Nachfrage beim ehemaligen Chef in Freiberg nichts, aber auch gar nichts übrig von der Solarindustrie. Die Kinder werden mal fragen: wieso gibt es hier eigentlich eine „Prof. Peter Woditsch-Straße“. Ich war mit dem OV Helbersdorf das Heckert-Gebiet putzen, als ich über meine Kanäle erfuhr, dass die 1. Insolvenz bevorstand. Ich fragte den Jörg, ob er davon wisse. Er sagte, das ginge im Wirtschaftsministerium rum, das hebe aber dort niemanden an.
      Als es dann 4 Wochen später so weit war, hieß es mit großem Trara von Martin Dulig er wäre eiskalt davon erwischt worden! So eine Verlogenheit! Wie oft hat man aus strategischen Gründen die Dresdner Chipindustrie gerettet. Die Chinesen scheinen wirtschaftlich mit ihrer Riesen-PV-Industrie nicht minus zu machen, sonst würden die hier nicht ständig Bahnhöfe, High-Tech-Firmen, Immobilien in bester Lage und sonst was kaufen.
      Lesen Sie sich bitte mal den Artikel zur Batteriezellfertigung für Autos und Stromspeicher im Manager-Magazin Heft April 2018 durch! Wir haben im Erzgebirge 94.000 Tonnen Lithium. Ich war bei Frau Kolbe vor 2 Jahren und habe ihr vorgerechnet, dass wir mit 24.000 Tonnen die Autoakkus für 2 Millionen Fahrzeuge, jedem 2. Sachsen einen 10 kWh Heimspeicher, die Akkus für Bahnfahrzeuge für die nichtelektrifizierten Strecken sowie ausreichend Pufferspeicher für die Industrie um 70 % des Jahres von Sonnenenergie zu leben, realisieren können. Lithiumwirtschaft statt Braunkohlewirtschaft, zumal ein Prof. der Bergakademie ein Verfahren entwickelt hat, die Verarbeitung des Erzes aus Zinnwald zusammen mit dem Recycling durchzuführen (Kreislaufwirtschaft). Reaktion – nichts!
      Aussage des Cheflobbyisten der LEAG auf dem Parteitag in Chemnitz ca. 2016: Wir fahren auf Sicht. Also Strategie der Landtagsfraktion: Jahre rausschinden für die Braunkohle. Ich habe in der Arbeit im AK Energie feststellen müssen: alle Hervorbringungen mussten den Segen der IGBCE kriegen. Solange wurde weichgespült. Ich habe mich in Pödelwitz beim Dorffest mit Kumpeln unterhalten. Die sagten, was will die SPD da immer mit den Kumpeln, die wählen doch eh CDU oder neuerdings AfD. Da sind wenigstens die ehrlichen Klimawandelleugner.

  9. Ich kann Ihrer Analyse (leider) nur vollständig zustimmen. Es ist erbärmlich und wäre vor 2-3 Jahren kaum zu glauben gewesen: Unter 10% in Bayern , unter 20% in DEM ehemaligen SPD-Land Hessen. ich sehe (außer vielleicht Kevin Kühnert, aber der ist noch recht jung), keine Person, die die SPD gegenwärtig noch „retten“ könnte. Die elende „Pippi Langstrumpf“ am allerwenigstens. Die SPD hat schon so viel Führungspersonal ausgewechelt, da kommt es auf die eine auch nicht mehr an — Die SPD hätte JETZT gerade, da die CDU mit sich selbst beschäftigt ist, die große Chance, in der GroKo die CDU inhalltich mit klaren Forderungen zu stellen (nicht unerfüllbare „Maximal“-Forderungen, aber klare „Real“-Forderungen, die den sozialen Kern Ihrer Parei der ehemals „kleinen Leute“ betreffen). Wenn die CDU nicht drauf eingeht (eingehen kann oder will), dann muss die SPD mit fliegenden Fahnen mutig und offensiv mit geschwellter Brust raus aus der GroKo und dies als Erfolg vs. CDU und anderen darstellen (nicht „verkaufen“, aber ehrlich offensiv darstellen), ohne zu lamentieren vs. Nahles, dieser reinen Kariere- Parteisoldatin. Es ist schlimm, was im Augenblick los ist. Kann es noch schlimmer werden, wenn die SPD weiter schläft und jammert und „Pläne für einen neuen Arbeitskreis“ erfindet, der auch nur wieder in sich kreist und Luftblasen erzeugt? Ja, es kann noch schlimmer werden, und sie wird dann zu Recht zur „Splitterpartei“. Also „Aufstand“ auf allen Seiten ist nötig. Aber leider sehe ich in der gegenwärtigen SPD da keine Personen, die etwas ändern können, ja nicht einmal änderen wollen. Gute Nacht!

  10. Lieber Christian,
    zur Zeit – so habe ich die Partei wissen lassen – ruht meine Mitgliedschaft. Solange sich A.Nahles und andere durch Herrn Seehofer vorführen lassen, bin ich im Wartestand. Kein Konflikt wird bis zum Ende ausgetragen; es heißt immer wieder: Wegen dieses einen Punktes wollen wir die Koalition nicht gefährden. Und die CSU nutzt dieses weidlich aus. So herrsch seit längerem nur noch Stillstand. Wenn sich wieder etwas bewegt, das nach vorn deutet, mache ich wieder mit. Aber der jetzige Zustand ist auch einem Wohlgesonnenen nicht erklärbar. Johannes

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