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Welche Freiheit?

In Stuttgart, Berlin und vielen weiteren Städten demonstrieren sie – Bürgerinnen und Bürger, die die Maßnahmen der Bundes- und Landesregierungen zur Coronavirus-Bekämpfung für übertrieben, vor allem aber für Grundgesetz widrig halten. Sie sehen nicht nur ihre persönlichen Freiheitsrechte eingeschränkt, sondern die Grundrechtsartikel außer Kraft gesetzt. Als Organisatorin etlicher dieser Demonstrationen tritt die Initiative „Querdenken 711“ auf. Sie versteht sich als überparteilich und distanziert sich vorneweg von allen Extremen: „Rechtsextremes, linksextremes, faschistisches, menschenverachtendes Gedankengut hat in unserer Bewegung keinen Platz. Gleiches gilt für jede Art von Gewalt.“ Was sich zunächst freundlich anhört, steht in einem deutlichen Widerspruch zu dem, was man im „Manifest“ der Querdenker lesen kann: „Wir sind überparteilich und schließen keine Meinung aus – nach Wiederherstellung des Grundgesetzes sind dafür wieder alle demokratischen Mittel vorhanden.“ (siehe https://querdenken-711.de/) Was immer das bedeuten soll „nach Wiederherstellung des Grundgesetzes“ – offensichtlich wird die Coronakrise zum Anlass genommen, den seit 2010, also seit dem Sarazin-Hype, andauernden Prozess, sog. Tabuthemen gesellschaftsfähig zu machen, zu forcieren. So erklärt sich auch die Zusammenarbeit mit dem Kanal KENfm, über den seit Jahren viele Verschwörungsideologien und -erzählungen verbreitet werden – unter dem Diktum, dass die etablierten Medien „die Wahrheit“ verschweigen würden und die Bevölkerung unter dem Diktat einer selbsternannten Politikerelite entmündigt würde. Es ist wenig überraschend, dass die Plattform von „Querdenken 711“ einen idealen Nährboden bzw. ein ideales Sprungbrett für rechtsextremistische Aktionen darstellt. Genau das hat sich auf verschiedenen Demonstrationen gezeigt – nicht nur in Berlin. AfD, Reichsbürger, Identitäre Bewegung, QAnon (https://de.wikipedia.org/wiki/QAnon) springen auf den Zug auf, den der Initiator von „Querdenken 711“ Michael Ballweg bereitgestellt hat. Denn sie bedienen genau das Narrativ der Rechtsnationalisten: Deutschland wird von einer abgehobenen Politiker-Elite regiert, die mit den Maßnahmen zur Bewältigung der Coronakrise die Kanzlerdiktatur Merkel zur Vollendung bringt, orchestriert von einer fast gleichgeschalteten Medien und staatstreuen Institutionen wie Gewerkschaften und Kirchen. Diese folgen alle willfährig den „Anweisungen“ des internationalen Finanzkapitals der Gates und Soros.

Nun fragt man sich: Wie kommt es, dass Zehntausende Bürgerinnen und Bürger einer solchen „Bewegung“ wie „Querdenken 711“ folgen? Warum dieses Misstrauen gegenüber der repräsentativen Demokratie? Warum die Bereitschaft, sich relativ kritiklos dem Verschwörungsdenken anzuschließen, in Trump, Bolsonaro, Putin Heilsbringer zu sehen und das neurechte Denkmuster „Wir das Volk – Ihr die Volksverräter“ zu bedienen? Ähnliche Fragen können wir stellen, wenn wir an ein anderes Ereignis der vergangenen Tage denken: die Gewaltexzesse im Leipziger Stadtteil Connewitz. Dort haben sich Hunderte sog. Linksextremisten aus Anlass der Räumung eines seit zwei Jahrzehnten leerstehenden Gebäudes an drei aufeinanderfolgenden Tagen Straßenschlachten mit der Polizei geliefert. Warum diese pure Gewalt? Warum kein Versuch, innerhalb der demokratischen Prozesse zu neuen Lösungen für bezahlbaren Wohnraum in den Großstädten zu gelangen – wozu natürlich Demonstrationen, ein öffentlich geführter, streitiger Diskurs, Kritik am Regierungshandeln und schließlich Wahlen bzw. Abstimmungen gehören. Aber das ist nicht damit getan, dass eine Gruppe ihre Überzeugung als die einzig richtige ansieht und für sich reklamiert „Wir sind das Volk“ und damit die politischen Gegner/innen zu Volksverrätern, Machteliten, Alt-Parteien, Lügenpresse erklärt, die ein System repräsentieren, was beseitigt gehört. Wer immer so „argumentiert“ bzw. handelt, der fügt der freiheitlichen Demokratie schweren Schaden zu. Nutzen tut dies nur denen, die schon relativ weit gekommen sind, in der Erosion der Demokratie – die extreme politische Rechte.

Wenn man einen Augenblick die jetzige Situation mit den Bewegungen früherer Jahrzehnte vergleicht, dann wird ein Unterschied deutlich: In der Friedens-, Antiatomkraftbewegung, bei landesweiten Arbeitskämpfen und sozialen Bewegungen wie gegen Hartz IV war immer klar: neben den Aktionen auf der Straße muss es darum gehen, für die eigenen Anliegen Mehrheiten zu gewinnen – ein mühsamer Prozess, der nicht damit erledigt ist, dass Hunderttausende Menschen fordern, die Regierung solle zurücktreten. Schließlich geht es um – auf Deutschland bezogen – 82 Millionen Menschen, die mehrheitlich gewonnen werden müssen für Veränderungen. Dafür bietet das Grundgesetz einen Rahmen, der nicht „wiederhergestellt“ werden muss. Denn der Rahmen ist Gott sei Dank intakt: die repräsentative Demokratie. „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.“ heißt es im Artikel 20 Abs. 2 des Grundgesetzes. Das bedeutet: Das Volk wählt Parlamente, in denen zeitlich begrenzt und nach demokratischen Kriterien Entscheidungen getroffen werden. Diese können natürlich beeinflusst werden durch Parteien, Bewegungen, Initiativen. Das ist ja das Wesen der freiheitlichen Demokratie, dass diese nicht nur aus Wahlen besteht, sondern auch aus einem kontinuierlichen, gesellschaftlichen Meinungsbildungsprozess. An diesem kann sich nicht nur, sondern soll sich jede/r beteiligen – sei in Parteien, in gesellschaftlichen Institutionen, in Bewegungen oder Initiativen. Nur muss eines klar sein: Der Volkswille kann nicht durch Eigenermächtigung, sondern ausschließlich durch Wahlen und Abstimmungen zum Ausdruck gebracht werden. Dieser Konsens scheint bei all denen, die derzeit eine Widerstandssituation gekommen sehen, nicht mehr vorhanden zu sein. Damit einher geht eine gefährliche Unbedachtheit und Blindheit der Strategie der Rechtsnationalisten gegenüber. Sie versuchen, die Verunsicherungen vieler Menschen während der Pandemie dafür auszunutzen, das „System“ zu delegitimieren, um ihrerseits ein System zu etablieren, das mit einer freiheitlichen Demokratie nichts zu tun hat.

Wir führen derzeit aber auch eine Auseinandersetzung darüber, wie wir in der politischen Auseinandersetzung Freiheit, Individualismus, Verantwortung in Einklang bringen können. Vielleicht helfen zwei Hinweise:

  • Die Präambel des Grundgesetz beginnt mit den Worten: „Im Bewusstsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen …“ Alles politisches Tun muss sich vor den beiden höchsten Instanzen verantworten lassen: Gott und der Mensch. Dieser Vorbehalt soll vor jeder Form von Totalitarismus bewahren. Mehr noch: Verantwortung bedeutet, auf zwei Fragen eine Antwort zu finden: 1. „Adam, wo bist du?“ (Die Bibel: 1. Mose 3,9) und 2. „Wer ist denn mein Nächster?“ (Die Bibel: Lukas  10,29). Wir werden nach unserem individuellen Beitrag für das Ganze und danach gefragt, für wen wir uns einsetzen.
  • Martin Luther hat vor genau 500 Jahren in seiner Schrift „Von der Freiheit eines Christenmenschen“ auf einen entscheidenden Zusammenhang hingewiesen hat: „Ein Christenmensch ist ein freier Herr aller Dinge und niemandem untertan. Ein Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht aller Dinge und jedermann untertan.“ Heute können wir den „Christenmensch“ durch „Mensch“ oder „Bürger/in“ ersetzen. Dann bleibt dennoch die Spannung, in der sich unser persönliches, individuelles wie das gesellschaftliche Leben abspielt: die Spannung zwischen Freiheit und Bindung. Eine statische, ewig richtige Auflösung dieser Spannung gibt es nicht, wohl aber einen Rahmen, in der diese Spannung erzeugt, gestaltet, ausgehalten werden kann. Dieser Rahmen ist religiös wie weltlich die freiheitliche Demokratie, also die gleichberechtigte Teilhabe an den Freiheitsrechten – dazu gehöre aber nicht nur ich, sondern auch der mir fremde Nächste, 600.000 Bürger/innen in Leipzig, 6 Mio Einwohner in Sachsen, 82 Mio Menschen in Deutschland.

14 Antworten

  1. Übrigens wurde am 17. September 2020 im Bundestag darüber abgestimmt, ob die Notlage-Feststellung (die eine Reihe von Grundrechten beschränkt) aufgehoben werden soll. Das hatten etliche Verfassungsrechtler angemahnt, weil es ja objektiv keinen Grund für Notverordnungen mehr gibt. Aber nur zwei Parteien stimmten für die Wiederherstellung der vollen Grundrechte – und das wurde von den Medien nicht einmal berichtet! Deshalb sind Demonstrationen für die Abschaffung der Notlage sehr wichtig, und alle, denen die Demokratie am Herzen liegt, sollten sich daran beteiligen. Man sollte sorgfältiger formulieren als Herr Ballweg, aber es ist ganz offensichtlich wichtig, die Grundrechte einzufordern, weil der Bundestag das momentan nicht tut, sondern den Regierungen weiterhin und auf unbestimmte Zeit Sondervollmachten einräumt. Wenn der Bundestag sich auf diese Weise selbst verzwergt, braucht es außerparlamentarische Akteure, die die Demokratie verteidigen.
    https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2020/kw38-de-covid-791762

  2. Herr Dr. Dr, Peter Ulrich, Ko-Bereichsleiter “Soziale Bewegungen, Technik, Konflikte” am Zentrum Technik und Gesellschaft, Technische Universität Berlin, hat in der Berliner Zeitung vom 28. 8. 20 interessante Thesen aufgestellt:

    „Auf dieser Ebene muss man diese Bewegung auch als Symptom für eine extreme Entfremdung großer Teile der Bevölkerung von sämtlichen gesellschaftlichen Institutionen verstehen. Es gibt – ähnlich wie bei Pegida oder den Montagsmahnwachen für den Frieden – fast keinerlei gesellschaftliche Institutionen, die dort Zutrauen genießen. Das ist ein zentrales Moment, das sehe ich als Ausdruck der Postdemokratie.

    Unter dem Schlagwort wird in den Politikwissenschaften die Entleerung des demokratischen Prozesses diskutiert. Die demokratischen Institutionen bestehen weiter, aber der politische Streit wird langweiliger, man kann die inhaltlichen Positionen der Parteien nicht mehr auseinanderhalten, Politik orientiert sich marktförmig an scheinbaren Sachzwängen. Diese Entwicklung reflektiert sich auch in Protestbewegungen.

    Ich bezeichne solche Bewegungen als postdemokratische Empörungsbewegungen, im doppelten Sinne: Sie sind einerseits Reaktion und Kritik auf die Entleerung von Demokratie. Andererseits sind sie auch Ausdruck dessen – weil auch ihr eigenes Demokratieverständnis postdemokratisch ist. Faktisch haben sie ein autoritäres und identitäres Verständnis von Gesellschaft.“
    https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/es-gibt-einen-unglaublichen-zorn-li.101602

  3. Wenn Sie weiter so schreiben, lieber Herr Wolff, bleibt mir nichts übrig als die humorvolle Feststellung, daß wir bald kein Streitthema mehr haben werden – und was eigentlich dann? Wenn man davon absieht, daß Sie immer noch von den bösen Rechtsradikalen schreiben – ich stimme zu – und dann aber sich nicht durchringen können, die bösen Linken auch so zu bezeichnen, sondern sich lieber auf die „sog. (sic!) Linksextremisten“ zurückziehen – da kann man dann eben nur lachen angesichts Ihrer Windungen.
    Auch die Erklärung von Herrn Denecke zu Ihrem Luther-Zitat ist sehr ansprechend, zeigt sie doch genau, daß dieses Zitat langfristige moralische Anleitung und eben nicht aktuelle politische Handlungsanweisung ist – eine Forderung an die Kirche, die ich immer wieder stelle und die so logisch ist und doch offensichtlich häufig abgelehnt wird.
    Die Reaktionen auf Ihren Beitrag, auch die von Frau Binder, zeigen die ganze Schwäche unserer öffentlichen Diskussion auf: Jeder weiß genau, was die anderen alles falsch gemacht haben, und führt dies mehr oder weniger langatmig auf. In keinem einzigen dieser Beiträge steht, was und wie man es tun soll, um die beklagten Zustände zu verbessern. Man soll von unseren Politikern nicht verlangen, daß sie schaffen, woran sie das Volk permanent hindert, nämlich Probleme in einer Weise zu lösen, die Konsens schafft und uns voran bringt. Denn solche Lösungen müßten Kompromisse sein – und Kompromisse sind ja in Deutschland nicht mehr akzeptabel: Es gibt einen Kohlekompromiss – die, die nicht das Maximum erreicht haben, lehnen ihn ab, obwohl sie an seiner Formulierung beteiligt waren; alle Corona-Entscheidungen waren Kompromisse (und noch dazu in ungewisser Lage und in ungewissem Kenntnisstand – alle diese Kompromisse werden von den ewigen Besserwissern abgelehnt (zum Glück eine Minderheit); wir haben ein Kima-Konzept – es wird von denen, die NUR dieses Ziel sehen, ständig bekämpft; Frau Binder lehnt den Kompromiss zur Bundestagsverkleinerung ab – hat sie ein Konzept, daß die Wähler akzeptieren würden in dieser Frage? Da JEDER Kompromiß hier den augenblicklichen hohen Stand demokratischer Gerechtigkeit geringfügig verschlechtern muß, wird er auch in JEDEM Falle Ablehnung und Gezeter (Demonstrationen mit dem Totschlag-Argument Menschenrechte) hervorrufen. Und so geht es weiter.
    Keiner der Beiträge hier geht über die wohlfeile Kritik der anderen hinaus; keiner bringt eine eigenen Vorschlag zur Zukunft, zum Kompromiß, der uns alle eint und voranbringt. Besonders lächerlich sind Anmerkungen zum Virus, die dann andeuten, man könne es beeinflussen – durch mehr oder weniger Zuteilung von Menschenrechten. Die gesellschaftspolitische Frage, die sich uns stellt, ist die Entscheidung bezüglich der Balance zwischen Individual- und Gesellschaftsrechten, zu der sich Herr Noller kurz aber zutreffend äußert – nicht, wohlgemerkt, die Menschenrechtsfrage und auch nicht die Balance zwischen Legislative und Exekutive, die hier einige künstlich aufwerfen: Das Parlament war ausreichend beteiligt an allen Regierungsentscheidungen.
    Es wird jedem einigermaßen objektiven Beobachter auffallen, daß in allen anstehenden Fragen – das augenblickliche Beispiel Rußland (Navalny, North Stream 2, Belarus, etc) ist hier besonders erhellend – unsere Politiker sich zunehmend von der Öffentlichkeit vor sich her treiben lassen; daß sie deswegen ihre Optionen durch öffentliches Geschwätz zerreden (Herr Röttgen und unsere Grünen Roth oder Göring-E sind augenblicks Paradebeispiele hierfür) und dadurch völlig entwerten; daß sie dem Gegenüber durch eigene öffentliche Uneinigkeit Angriffsflächen bieten und ihn stärken. So ist es auch mit Corona – wobei hier aber das Tasten, das Experimentieren, das Hin und Her noch am verständlichsten sind, denn es gibt eben keine Präzedenzfälle. Das Virus jedenfalls wird sich durch die Dummheiten eines Ballweg wohl kaum erschrecken lassen.
    In EINEM irren Sie, lieber Herr Wolff: Es gibt keinen wirklichen Unterschied zwischen den heutigen und früheren Demonstrationen. Immer gehen und gingen die Demonstranten von der Überzeugung aus, ihre Ansicht sei die richtige (und natürlich wissen und wollen sie diese dann durch Gewinnung von Unterstützern – also Wählern – durchsetzen); und immer vergassen sie dabei, daß die Realität dieser Welt eben von ihrem Weltbild abwich und in praktikable Lösungen also einbezogen werden mußte. Gestern demonstrierte man gegen Atomwaffen, obwohl sie in der Welt und nicht mehr abschaffbar und im übrigen DIE Garantie gegen Krieg waren; heute demonstriert man gegen das Virus und medizinisch notwendige Maßnahmen dagegen, obwohl das Virus unser Grundgesetz wohl nicht gelesen hat, und führt eine künstliche Diskussion über Menschenrechte.
    Ich grüße Sie,
    Andreas Schwerdtfeger

    1. Sehr geehrter Herr Schwerdtfeger,

      Ihren Traum von einem “Kompromiss, der uns alle eint und voranbringt“, halte ich für illusionär. Ein Kompromiss kann nur temporärer Ausdruck des Widerstreits unterschiedlicher, häufig gegensätzlicher Interessen sein und ist somit vom (veränderlichen bzw. veränderbaren) Kräfteverhältnis der hinter den Interessen stehenden gesellschaftlichen Gruppierungen abhängig. Dementsprechend existieren auch unterschiedliche Ideen für Lösungsvorschläge zu den Problemen unserer Zeit. An der Vielfalt von Ideen mangelt es nicht. Ein mitunter auch auf diesem Blog beklagtes Defizit kann ich nicht erkennen. Die Frage ist allerdings, ob diese in der öffentlichen Debatte auch ausgewogen abgebildet werden.

      In den nächsten Wochen und Monaten wird an uns alle der Appell ergehen, den Gürtel enger zu schnallen, damit die infolge der Corona-Maßnahmen erheblich zunehmenden Staatsschulden so schnell wie möglich wieder abgebaut werden. Dahinter steht die Idee, dass Staatsverschuldung grundsätzlich des Teufels ist, weil sie angeblich die Privatwirtschaft schädigt. Dem steht die Idee entgegen, dass Staatsausgaben erst Einnahmen der Privaten ermöglichen und somit Voraussetzung für jede funktionierende Volkswirtschaft sind. Oder: Die Idee der unlängst gefassten Klimabeschlüsse ist, dass Deutschland trotz global gesehen relativ geringer CO2-Emission seinen Anteil an der Dekarbonisierung der Wirtschaft leisten muss und außerdem wegen seiner sehr hohen Technologiefähigkeiten eine Vorbildrolle einzunehmen sollte. Wie letztens schon angemerkt, gibt es aber jeden Tag neue Ideen, wie man die beschlossenen Klimamaßnahmen unterlaufen könnte (keine Verschärfung der CO2-Grenzen für PKW, Verhinderung einer Kerosinsteuer, Verschiebung der neuen Agrar-Strategie der EU-Kommission und der Einwegplastik-Richtlinie, wichtige Teile des Kreislaufwirtschaftsgesetzes sollen begraben werden. Sven Giegold (MEP) hat unlängst 17 derartige Vorstöße dokumentiert, https://sven-giegold.de/lobbyisten-verwaessern-green-deal/). Letztes Beispiel: Ein hoher Mindestlohn (12 Euro und mehr) soll auch Druck auf den Niedriglohnsektor ausüben. Gegen diese Idee geht die tonangebende Ökonomen-Fraktion auf die Barrikaden und malt den Untergang des Wirtschaftsstandorts Deutschland an die Wand. Dabei führen sie die Ideen der neoliberalen Arbeitsmarkttheorie ins Feld.

      Die Relevanz bzw. Richtigkeit solcher Ideen lässt sich kaum akademisch klären. Das ist wohl auch nicht beabsichtigt. Meine Frage ist, inwieweit Chancengleichheit besteht, wenn versucht wird, diese Ideen unter das Volk zu bringen, mit welchen Mitteln auch immer. Um das Demokratie-Instrumentarium, das bereit steht, um dominierende Interessen in Politische Beschlüsse zu wandeln, mache ich mir keine Sorgen. Kritisiert werden muss allerdings der publizistische Einheitsbrei, in dem alternative Ideen untergehen und von einigen dadurch gar nicht wahrgenommen werden können. Ein großer Teil des Unmuts in diesem Lande ist möglicherweise darauf zurückzuführen. Sind die tonangebenden Journalisten und Publizisten nicht vielleicht doch zu sehr mit den politischen und wirtschaftlichen Eliten verbandelt? Um gleich der Verschwörungstheorie-Keule entgegenzuhalten: Es gibt mittlerweile dazu wissenschaftliche Studien, auch zur Rolle der Medien in der Corona-Frage. Manch einer erinnert sich vielleicht an eine Anstalt-Sendung vor einiger Zeit. Letztendlich nützen keine noch so qualifizierten demokratischen Institutionen etwas, wenn der Bürger nicht in die Lage versetzt wird, diese sinnvoll und in seinem Interesse zu gebrauchen.

      Beste Grüße,

      Johannes Lerchner

  4. Lieber Christian, über Deine Worte an mich werde ich nachdenken. So wie Du und ich fehlerhafte Menschen sind, sind Politiker auch fehlerhafte Menschen.Das billige ich auch ihnen zu.
    Und so arbeite ich und bestelle mein Feld. Am 11. 9. leite ich zusammen mit Pfarrrer Dieter Habel und Gabi Rolland( MdL) den Arbeitskreis: Christen in der SPD. Den habe ich von Martin Hochhuth, der ins Ruhrgebiet gezogen ist, gern übernommen. Unser Thema am 11. 9 . ist Karl Barth. O- Ton Barth: Kirche kann nicht nur in einem totalen Staat nicht in den Winterschlaf fallen.Und so wird uns Dr. Gollnau, der über Barth promoviert hat, Barth nahe bringen. Das mit dem Winterschlaf- darüber wird dann auch im Bezug auf die Corona-Maßnahmen der Regierung und dem Verhalten unserer Kirchen in dieser Zeit zui reden sein. Es grüßt Dich aus dem sonnigen Freiburg Adelheid Sophie

  5. Die „Querdenker“ und Anti-Corona-Demonstranten berufen sich auf die Grundrechte und lassen den Artikel 2 (2), Satz 1, völlig außer Betracht, wo es heißt: „Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit“. Wer Handlungen verhindern will, die Menschen vor einer Ansteckung mit einer lebensgefährichen Krankheit schützen, kann sich somit nicht aufs Grundgesetz berufen.

    1. Offensichtlich sind Sie nicht vom Fach:
      Nur die Würde des Menschen steht im GG über allen Grundrechten und ist ohne Einschränkungen zu gewährleisten.
      Alle anderen Grundrechte sind gleichwertig und müssen im Zweifelsfall gegen einander abgewogen werden. Körperliche Unversehrtheit oder Gesundheit sind also nicht per se
      höher einzustufen als Personenfreizügigkeit, Religionsfreiheit oder Berufsausübungsfreiheit.

  6. Ist die repräsentative Demokratie wirklich „intakt“, wenn die wichtigsten politischen Entscheidungen seit 1990 (die damals von der demokratischen Volkskammer und dem demokratischen Bundestag getroffen wurden) im Jahr 2020 von Helge Braun im Kanzleramt und von den Ministerpräsidenten getroffen werden, ohne dass der Bundestag oder die Landesparlamente darüber diskutieren? Wenn das massiv verschärfte Infektionsschutzgesetz in Windeseile durch das Parlament gepeitscht wird, wie es noch nie mit einem wichtigen Gesetz der Fall war? Wenn die Bürger den regierenden nur noch als Bittsteller gegenüberstehen, als seien wir in Putins Russland („Frau Merkel, wann wird unser Leben wieder normal“?) Die Corona-Situation hat das Land (und die ganze Welt) völlig umgekrempelt, viele Menschen (besonders Kinder und Alte) traumatisiert, berufliche Existenzen zerstört, vergleichbar nur mit der Währungsreform 1990 und der völligen Umwälzung der ostdeutschen Wirtschaft. Und das alles durch Dekrete von oben herab, ohne weitere demokratische Legitimation. Wie kann man da sagen, dass die Demokratie „intakt“ sei? Einige wenige Experten geben seit Monaten der Politik die Richtungen vor (immer wieder neue Richtungen, weil sie selbst so wenig wissen), und es findet keine gesamtgesellschaftliche Diskussion statt – als ob es sich bei Corona um ein rein medizinisches, und nicht vor allem ein sozialpolitisches Problem handelte, das alle betrifft: Gesunde und Kranke, Deutsche (82 mio), Europäer (750 mio), und Außereuropäer (über 7 Milliarden Menschen, von denen mindestens zwei Milliarden gerade wirtschaftlich massive Verluste erleben). Statt mehr Partizipation und Demokratie von den Regierenden einzufordern (in der guten Tradition von Willy Brandt: „Mehr Demokratie wagen!“), beschränken sich viele Medien damit, auf einer abgedrehten Minderheit herumzuhacken, von der schon deshalb keine (negativen oder positiven) Impulse ausgehen können, weil sie nicht den Ansatz einer Idee hat. Man findet in den Medien in letzter Zeit immer wieder das Motiv: „Wie kommt es, dass Zehntausende Bürgerinnen und Bürger einer solchen „Bewegung“ wie „Querdenken 711“ folgen?“ Die Deutungselite ist ratlos, ähnlich wie nach dem 11. September 2001 („Why do they hate us so much?“ fragten damals die Amerikaner, obwohl sie jahrzehntelang brutale Öl-Diktatoren unterstützt hatten). Aber die Antwort ist recht einfach: Das Grundgesetz, die Grund- und Menschenrechte wurde eben NICHT eingehalten in den März-April-Wochen, in denen friedliche Demonstrationen (ebenso wie Gottesdienste) schlicht und einfach verboten waren. Und deshalb spielt auch folgerichtig das Grundgestz bei vielen (wahrscheinlich den allermeisten) Demonstranten eine große Rolle – warum hebt das niemand hervor? Ist es nicht wunderbar, dass das Grundgesetz eine so starke Klammer ist, dass auch viele Verrückte sich vollständig dazu bekennen? („Querdenken 711 – Wir für das Grundgesetz“.) Ist es nicht entsetzlich, dass der Berliner Senat die Demonstration verbieten wollte, weil die Demonstranten missliebig waren („ich will nicht hinnehmen, dass Berlin als Bühne missbraucht wird“), und dass danach die gesamte Regierungsspitze, einschließlich Kanzlerin und SPD-Justizministerin, Verständnis für diese Entscheidung äußerte? Das Gericht hat die Rechtsstaatlichkeit hier gerade noch bewahrt, aber dass die Gefahr für die Demokratie momentan vor allem von der Regierung ausgeht (und von den Medien, die durch viele Jahre Groko die Disziplin Regierungskritik verlernt zu haben scheinen, und deshalb als vierte Gewalt ausfallen), liegt ja eigentlich klar vor Augen. Das wirklich Erschreckende ist, dass fast niemand diese Dinge benennt (außer eben ein paar Verrückten, die vielleicht insofern nicht komplett verrückt sind). Immerhin schrieb die SPD-Politikerin Susanne Gaschke heute in der WELT: „seit Corona glauben wahrscheinlich noch mehr Leute, es sei die Aufgabe der Regierung, dem Parlament (und natürlich den Bürgern) Anweisungen zu erteilen. Aber soll einen das wundern, wenn sogar die Parlamentarier selbst sich weniger als Repräsentanten ihrer Wahlkreisbürger sehen (was sie sind), sondern mehr als Volkspädagogen (was sie nicht sind)?“ https://www.welt.de/debatte/kommentare/article215136854/Corona-Pandemie-Die-Stunde-der-Volkspaedagogen.html. Warum hört man nicht mehr solche Stimmen? Warum nicht von Willy Brandts SPD, warum nicht von den mutigen Bürgerrechtlern von 1989? Das ist das eigentliche Rätsel des Jahres 2020, nicht die Demos für das Grundgesetz.

    1. „Ist es nicht entsetzlich, dass der Berliner Senat die Demonstration verbieten wollte, weil die Demonstranten missliebig waren („ich will nicht hinnehmen, dass Berlin als Bühne missbraucht wird“),“
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      @Martin Haspelmath, um der Wahrheit die Ehre zu geben, ein Zitat des Berliner Innensenators Andreas Geisel:

      “ Ein Zitat in einer Pressemitteilung ist etwas anderes als eine Verbotsverfügung. Im Verbot der Versammlungsbehörde steht davon auch nichts. Diese bezieht sich auf das Versammlungsgesetz, das Grundgesetz, das Infektionsschutzgesetz und die Berliner Infektionsschutzverordnung“ https://www.tagesspiegel.de/berlin/nach-scharfer-kritik-am-demonstrationsverbot-die-demonstranten-haben-sich-an-keine-einzige-auflage-gehalten/26134882.html
      Hier ein Bild des Gen. Geisel aus jugendlichen Zeiten:
      https://abload.de/img/1yxjyg.jpg

      1. Ja, und immerhin hat Helge Braun gesagt: „Was ich sehr schwierig fand und was hier, glaube ich, das große Problem war, dass bei der Begründung der Ablehnung der Demonstration die Absicht der Demonstranten mit in die Argumentation einbezogen worden ist. Und das geht natürlich nicht“ – aber so eine Aussage hätte man sich von der Kanzlerin und dem Bundespräsidenten gewünscht. Stattdessen folgt die Spitzenpolitik populistisch der Mehrheitsmeinung und überlässt es den Gerichten, das Recht (teilweise) wiederherzustellen. Dieser Skandal findet in der Öffentlichkeit fast keinen Widerhall, und deshalb kann ich die Wut vieler Menschen auf die Regierungen verstehen. Im Jahr 2020 war von Pluralismus der Meinungen nicht viel zu sehen, sondern es herrschte wochenlang und monatelang vor allem die Panik – als ob uns das Grundgesetz nicht gerade davor schützen sollte, auch in Angstsituationen (z.B. im Falle eines Krieges) rational und demokratisch vorzugehen.

    2. Lieber Herr Haspelmath, Ihren Kommentar lese ich zunächst als einen Aufschrei: Warum bestimmen die Regierungen und einige sie beratende Experten seit Monaten das Geschehen, ohne dass es zu einem breiten gesellschaftlichen und politischen Diskurs unter Beteiligung der Parlamente und der Bevölkerung kommt? Dieser Einspruch ist durchaus berechtigt. Dennoch frage ich mich, ob er so wirklich stimmt. Denn wir befinden uns ja derzeit nicht im Zustand der Gesellschaft zwischen Mitte März und Mitte April – also in den vier Wochen des Shutdowns. Danach ist ja viel geschehen – vielleicht nicht genug. Aber man kann doch nicht ernsthaft behaupten, dass eine kleine Clique von Regierungspolitiker/innen in Sachen Coronakrise autokratisch „durchregiert“ hätten. Vielmehr haben Parteien wie Parlamente wie Regierungen auf die Entwicklung, auch auf die Stimmungslage in der Bürger/innenschaft reagiert und rigide, sehr zweifelhafte Verordnungen korrigiert. Ihre Kritik möchte ich deshalb auf einen anderen Punkt lenken: Mischen sich nicht viel zu wenige Institutionen, Initiativen und Bürger/innen in den alltäglichen gesellschaftspolitischen Diskurs ein – und zwar ohne sofort das Ende der Demokratie zu beschwören? Das ist meine Kritik an den Kirchen und auch den Gewerkschaften. Auch hat jede/r Bürger/in die Möglichkeit, im Bereich seiner Einflussnahme, kritisch mit Verordnungen des Staates umzugehen, ohne dass ich damit staatlichen Behörden unterstelle, sie würden das Grundgesetz aushebeln. Mir fehlt es schlicht und einfach an der normalen Beteiligung an demokratischen Prozessen.
      Ihre Bemerkung „Ist es nicht wunderbar, dass das Grundgesetz eine so starke Klammer ist, dass auch viele Verrückte sich vollständig dazu bekennen?“ halte ich im Blick auf „Querdenken 711“ und vor allem im Blick auf die massiven Versuche der Rechtsnationalisten, den Protest zu instrumentalisieren, für ziemlich blauäugig. „Querdenken 711“ spricht in seinem „Manifest“ davon, dass das Grundgesetz „wiederhergestellt“ werden muss, was ja im Umkehrschluss heißt, es ist außer Kraft gesetzt. Das ist gefährlicher Unsinn. Von da aus sind es nur ein paar Schritte zum rechten Narrativ: Deutschland 2020 wie DDR 1988/89, Merkel = Honnecker, darum ist „Widerstand“ angesagt, das System der Eliten muss beseitigt werden. Bei aller Kritik, die ich am Zustand der Parteien, der Politik, den Medien habe – dem kann und will ich nicht folgen. Apropos Medien: Ist es nicht merkwürdig, dass die Kritik an den sog. Leitmedien in dem Moment besonders groß geworden ist, in dem deren politischer Einfluss dank der digitalen Medien massiv abgenommen hat? Um es mal auf die LVZ herunter zu brechen: Der Einfluss der Lokalzeitung auf die kommunale Politik war vor 10 Jahren weitaus höher als heute. Dank des Internets gibt es eine viel größere Vielfalt im Meinungsspektrum als noch vor 10 Jahren. Da mutet mir das Gezetere über die Rolle der Medien sehr putzig an. Heute hat jeder die Möglichkeit, auf den Meinungsbildungsprozess über die sog. sozialen Netzwerke Einfluss zu nehmen. Man muss es nur machen – und sollte sich dann aber nicht beschweren, wenn man dabei auch Gegenwind erfährt und die eigene Meinung wiederum der Kritik unterzogen wird.
      Sie merken: Mir kommt es auf Beteiligung an, ohne den Anspruch zu erheben, die, die anderer Meinung sind, müssen beseitigt werden (siehe Querdenken 711: Die Regierung muss zurücktreten). Vielmehr gilt es, im demokratischen Prozess für eigene Überzeugungen einzutreten und sich dann auch den Wahlen zu stellen.
      Herzlche Grüße Christian Wolff

  7. Lieber Christian, danke für diesen Beitrag. Und es ist wirklich beängstigend und verstörend welche Wut , Radikalität und Gewalt sich da In Berlin oder Stuttgart oder jetzt in Leipzig entlädt.
    Obwohl ich mit diesen Radikalinskis und Desperados wirklich nicht in einen Topf geworfen werden will, bin auch ich ratlos und frustriert von unseren Volksvertretern*innen quer durch alle Parteien.
    1. Wir kann das RKI -auch im Auftrag unserer Regierung- verkünden: Masken bringen nichts.
    Da hätte ich mir Ehrlichkeit gewünscht:z.B. Wir haben keine Masken und setzen nun alles daran schnellstmöglich Masken zu beschaffen.
    2. Der Bundestag – das steht schon seit den letzten Wahlen fest- muss dringend verkleinert werden. Nichts ist erfolgt . Und dann werden wir auch noch für dumm verkauft, wenn man eine Mini-Korrektur uns Wählern*innen als Reform verkauft, die am Ende wahrscheinlich nicht einmal eine Mini- Verkleinerung garantiert.
    3 .Nach 4 Jahren Mandat im Bundestag erhält ein Abgeordneter oft mehr Rente als ein hart arbeitender Mensch nach 40jähriger Berufstätigkeit erhält.
    4.Schon seit Jahren soll der Soli abgeschafft werden. Nichts ist geschehen. Sollte er nun tatsächlich 2021 abgeschafft werden, dann halt nur weil Neuwahlen vor der Haustür stehen.
    6. Dass es für Kinder und Schüler*innen extrem wichtig ist von Lehrern*innennim persönlichen Kontakt beschult zu werden- daran besteht kein Zweifel. Das weiss man.
    Man hat jedoch den Eindruck, dass zu Beginn des neuen Schuljahres wenig bis nichts geschehen ist, um wirklich für alle den Schulunterricht von Lehrern*innen aus Fleisch und Blut zu ermöglichen.Die Zeit wurde also nicht vorausschauend für Planung genutzt.
    7. Wieso lässt man in der Ferienzeit ohne Probleme sehr viele Menschen in Risikogebiete ausreisen, kommt danach mit dem Testen nicht hinterher, lässt also gerade auf diesem Gebiet einem wirklich hohen Corona-Ansteckungsrisiko freien Lauf?
    8. Und nicht zuletzt: Ich wünsche mir mehr Dikussion , mehr demokratischen Diskurs. Imemr mehr habe ich den Eindruck: das wird oft schon im Keim erstickt. Denn die Diskussionen bringen vielleicht neue und ungeplante Lösungen hervor. Das erfordert Arbeit, neue Ideen , neue Lösungsansätze. Da hat man vielfach den Eindruck: das ist gar nicht erwünscht.
    9. Ich bin im Moment erschüttert, dass der Oppositionführer Nawalny vergiftet worden ist. Jedoch- die Reaktionen unserer Politiker* innen scheinen mir sehr statisch im Raum zu stehen- und wenig hilfreich. Zwischen Kretschmers und Maasens Statements in dieser Sache liegen Welten. Und ich wünsche mir, dass nicht unbesonnen eine Drohkulisse aufgebaut wird, die offensichtlich auch von Merkel favorisiert wird. Auch hier scheint mir eine Diskussion dringend erforderlich.

    Diese Punkte sind nur einige wenige Punkte , die mich im Moment in die Politikverdrossenheit führen.So nach dem Motto: die machen ja eh was sie wollen, die interessieren sich nicht für meine Meinung, noch interessieren sie sich für andere Meinungen als die eigene.
    Das – so finde ich ist ein schwerwiegender Befund- den ich da äussere. Allerdings – treibt mich das keineswegs Verschwörungstheoretikern noch Gewalttätern noch Reichsbürgern in die Arme .Allerdings – Politiker*innen denen der Frust sehr vieler Mitglieder der Gesellschaft egal ist, müssen sich nicht wundern , wenn man ihnen wenig bis gar nichts mehr zutraut.

    1. Liebe Adelheid, vielen Dank für Deinen Kommentar. Ich könnte Deiner Aufzählung noch etliche Punkte hinzufügen. Aber: liegt die Lösung der Probleme allein in der Hand der gewählten Abgeordneten, der Politiker/innen? Nur als Beispiel: Wo Menschen ihren Urlaub verbringen, ist sichr nicht Angelegenheit der Politiker/innen, sondern liegt in der Verantwortung eines jeden Einzelnen.
      Das Wort „Politikverdrossenheit“ verkneife ich mir seit Jahren. Denn es beschreibt mE nicht das Problem. Ich sehe vielmehr unsere Aufgabe darin, Menschen zu ermutigen, sich einzumischen und zu erkennen, dass die eigenen Möglichkeiten sehr viel größer sind, als es den Anschein hat. Man darf aus der Politik und vor allem aus Politiker/innen keinen Popanz machen. Demokratie funktioniert nur, wenn wir jeder von uns seinen ihm möglichen Beitrag leistet.
      So viel in aller Kürze. Herzliche Grüße Christian

  8. Insgesamt volle Zustimmung (wie meistens). Doch der Schlusshinweis auf Luthers Freiheits-Statemnt wird in dieser Form kaum weiter helfen, vor allem bei Nicht-Theologen nicht. Luthers Dopelsatz wird erst ansatzweise verständlich, wenn man ihn so zu verstehen versucht: „Der Christ ist im GLAUBEN (Ergänzung) ein freier Mensch und niemanden untertan. Der Christ ist ABER IN DER LIEBE (Ergänzung) ein dienstbarer Knecht und jedermann untertan“, also völlig frei und unbhängig (autark) im Glauben und Nicht-Glauben, und zugleich völlig dienstbar (ja unfrei und nicht autark) in der verantwortlichen Liebe zu und Sorge um jeden Menschen. Das gilt es durchzudeklinieren und in praktische Politk umzusetzen.
    Axel Denecke

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