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Vom Riss in der Gesellschaft und dem Licht, das dadurch sichtbar wird – eine Nachlese zur OBM-Wahl in Leipzig

There is a crack in everything. That’s how the light gets in. Es gibt einen Riss in allen Dingen. So kann das Licht durchscheinen. (Leonhard Cohen)

Eigentlich hätte das Ergebnis der OBM-Wahl am vergangenen Sonntag, 1. März 2020, ganz anders aussehen müssen. Eigentlich hätte der amtierende Oberbürgermeister der Stadt Leipzig, Burkhard Jung (SPD), schon im ersten Wahlgang am 2. Februar 2020 klar gewinnen müssen. Denn er kann auf eine Erfolgsgeschichte seit 14 Jahren verweisen: Leipzig hat sich als mitteleuropäische Metropole stark entwickelt. Die Universitätsstadt an der Pleiße zieht junge Menschen an, die bleiben. Zahlreiche Unternehmen haben sich angesiedelt, die Erwerbslosigkeit schrumpft weiter. Leipzig hat aufgrund seiner kulturellen Vielfalt und Qualität ein internationales Standing und verfügt über eine lebendige, politisch wache Stadtgesellschaft. Leben. Als OBM hat Burkhard Jung die Weichen richtig gestellt: das 365-Euro-Ticket als Signal für den Ausbau des ÖPNV, Abschied von der Kohleverstromung bei der Energieversorgung, mehr sozialer Wohnungsbau. Jung ist in keine Skandale verstrickt. Gravierende Fehlentscheidungen kann man ihm auch nicht vorwerfen. Burkhard Jung verfügt über eine Persönlichkeit, die anziehend und gewinnend ist. Warum aber ist dann die OBM-Wahl im 2. Wahlgang so knapp ausgegangen – „nur“ 49,1 % für Burkhard Jung und immerhin 47,6 % für Sebastian Gemkow (CDU)? Warum wird aufgrund dieses Wahlergebnisses von einem „Riss“ gesprochen, der die Stadtgesellschaft spaltet? Warum aber spricht kaum jemand davon, dass ein solcher Riss auch Raum schafft für Licht, für neue Erkenntnisse?

Wer versucht, auf diese Fragen eine Antwort zu finden, wird viele Gründe für dieses Wahlergebnis finden:

  • Da ist die politische Dauerschwäche der SPD, deren OBM-Kandidat Burkhard Jung war. Obwohl die SPD eine Neugründung nach Friedlichen Revolution war, wird sie – leider eine nachhaltige Wirkung der Kohl‘schen Propaganda – immer noch mit dem DDR-Sozialismus in Verbindung gebracht (übrigens vor allem unter Kirchenmitgliedern).
  • Da ist der Etikettenschwindel der Leipziger CDU: Sie selbst ist mehr als konservativ-rechtslastig, während ihr OBM-Kandidat Sebastian Gemkow eher liberale Positionen vertritt. Während die CDU Leipzig in den vergangenen 30 Jahren nichts, aber auch gar nichts getan hat für die Integrationsarbeit von Geflüchteten und im Kampf der Stadtgesellschaft gegen den Rechtsnationalismus, sondern diesen immer diffamierte, hat Sebastian Gemkow immerhin an einigen Demonstrationen gegen Legida teilgenommen.
  • Da ist die vom Design her eher fahrig wirkende Wahlwerbung für Burkhard Jung, während die für Gemkow sehr wirkungsvoll gestaltet war und viele Menschen angesprochen hat. Allerdings: Da Gemkow im Wahlkampf nicht besonders präsent war, geriet er zunehmend selbst zum Plakat – was ihm aber nicht schadete.

Doch das erklärt nur einiges. Entscheidend für das knappe Wahlergebnis und die auffällige, ringförmige Teilung der Stadt (der innere, bevölkerungsreiche Bereich ist „rot“ und die Peripherie „schwarz“) ist etwas anderes und das hat wenig mit „Politikverdrossenheit“ oder parteipolitischer Präferenz zu tun. Ich veranschlage dieses mit 15-20 %.

Offensichtlich ging es vielen Bürger/innen auch bei dieser Wahl darum, es denen, die seit Jahren politische Verantwortung tragen, „zu zeigen“, was man von ihnen hält, nämlich nichts – völlig losgelöst von deren tatsächlicher politischer Arbeit. Vor einigen Wochen schrieb mir jemand, der Sebastian Krumbiegel und mich dafür kritisierte, dass wir für Burkhard Jung eine Wähler/innen-Initiative ins Leben gerufen hatten: „Leipzig … ruht sich auf seiner Kultur, seiner Historie, seiner gewachsenen Stadtstruktur aus, dafür lieben es auch die Alteingesessenen , viele Neuzugezogene nutzen die vielen Annehmlichkeiten und geben selber kaum Input“. Da Jung zu den „Neuzugezogenen“ gehöre – er lebt ja „erst“ seit 29 Jahren in Leipzig, habe er eigentlich mit der positiven Entwicklung Leipzigs nichts zu tun, wohl aber kann man ihn für alles Negative verantwortlich machen – zumal er ja, wenn er bessere „Annehmlichkeiten“ finde, sofort zugreifen würde. Damit wird angespielt auf Jungs 2019 vorgesehene, aber dann doch nicht vollzogene Nominierung zum Präsidenten des ostdeutschen Sparkassenverbandes. Da offenbart sich ein durchaus typisches „Argumentationsmuster“: Jung ist Wessi, der sich in Leipzig breit gemacht hat. Was ihm gelang, hat er nur den „Leipzigern“ (zu denen er natürlich nicht gehört) zu verdanken. Ansonsten hat er eigentlich – wie alle „Neuzugezogenen“ – nichts Besonderes geleistet. Überhaupt muss ja mal gesagt werden – so nach der OBM-Wahl der Vorsitzende der CDU Leipzig, Thomas Feist, in der LVZ vom 03. März 2020 „Es ist doch klar, dass derjenige, der hier groß geworden ist, der die Stadt noch vor 1989 kennt, der auch erlebt hat, wie sich Leipzig seither verändert hat, dass derjenige die Stadt ganz anders im Herzen trägt als jemand, der erst in den letzten Jahren zugezogen ist … Wenn die Eltern bereits hier gewohnt haben, dann bekommt der Nachwuchs einen ganz anderen Eindruck von der Stadt. Es geht dabei um eine emotionale Bindung zu Leipzig, die bei Zugezogenen nicht so sein kann.“ (LVZ vom 03.03.2020) Man möchte es nicht für möglich halten, dass sich jemand in eine solch lokalnationalistische Blut-und-Boden-Propaganda verrennen kann – aber so ist sie, die Leipziger CDU.

Lassen wir einmal beiseite, dass sich dieser „Argumentation“ kurioserweise auch diejenigen bedienen, die, wie die ostdeutsche AfD-Prominenz, aus Westdeutschland stammen – diese Sichtweise ist verbreiteter, als wir vermuten, vor allem auch dort, wo Menschen gut situiert in ihrem Eigenheim wohnen und es ihnen materiell an nichts fehlt – wie in den „schwarzen“ Stadtteilen Leipzigs. Dennoch hegen sie ein tiefes Misstrauen gegen das ganze „System“: die Politikerelite im Leipziger Rathaus, in Dresden und Berlin; die „gleichgeschalteten“ Medien; die Menschen, die – ohne zu fragen – einfach nach Leipzig gekommen sind und sich hier niedergelassen haben; von den „Eindringlingen“ und „Invasoren“ nach 2015 gar nicht zu sprechen. Wenn man mit diesen Leuten ins Gespräch kommt, dann leiten sie ihren diffusen Polit-Frust sehr schnell auf Jung und die SPD ab. Für diese Leute ist die Demokratie auch nicht durch den Rechtsradikalismus gefährdet, sondern durch Leute wie Jung, der den Linksradikalismus fördert – wobei sie den Begriff Demokratie weniger mit den Grundwerten der Verfassung in Verbindung bringen als mit dem „Volk“, das natürlich (nur) „wir“ sind und das 1989 ganz anderes im Sinn hatte, als das, was jetzt Wirklichkeit ist.

Wer sehen will, wie diese Gemengelage immer wieder genährt wird und ankommt, sollte sich in der Mediathek den Schluss der letzten MDR-Talkshow „Riverboat“ vom 28.02.2020 ansehen (https://www.mdr.de/tv/programm/sendung872858_ipgctx-false_zc-b528bc81.html). Da reagierte der evangelikale Publizist Peter Hahne – zuvor fast jeden Talk-Gast mit frömmelnden Einsprüchen kommentierend, die vom Publikum eher peinlich berührt aufgenommen wurden – auf die Erfurter Verhältnisse damit, dass die Wahl des FDP-Politikers Kemmerich doch ein demokratischer Vorgang gewesen sei und niemand, schon gar nicht Angela Merkel (für Peter Hahne Feindbild Nr.1) das Recht habe, den Ostdeutschen, die schließlich die Demokratie und Freiheit erkämpft hätten, Vorschriften in Sache Demokratie zu machen. Brausender Beifall. Und als nächstes: Es sei doch durch alle Meinungsforschungsinstitute eindeutig festgestellt worden, dass zwei Drittel der Bürger der Überzeugung seien, man könne in diesem Land nicht mehr frei seine Meinung äußern. Brausender Beifall. Niemand in der Runde widersprach. Niemand entlarvt die Einlassungen eines Peter Hahne als dummes, nicht ungefährliches Geschwätz. Niemand stellt sich dem Publikum entgegen und weist auf das Licht hin, in dem Fall die freiheitliche Demokratie, das trotz allem durch den Riss hindurchscheint.

Das ist das Problem, das auch das Ergebnis der OBM-Wahl offenlegt: Bürger/innen setzen leichtfertig das aufs Spiel, was von denen erkämpft wurde, die im Oktober 1989 als Minderheit auf die Straße gegangen sind, und von dem sie in den vergangenen 30 Jahren profitiert haben, ohne sich daran zu beteiligen: politische, soziale, wirtschaftliche Teilhabe in einer freiheitlichen Demokratie. Sekundiert (meist passiv) wird dies von einer Führungsschicht in der Stadtgesellschaft, die es leider an Haltung mangeln lässt. Denn das ist im OBM-Wahlkampf auch sichtbar geworden: Viele, die eigentlich die Arbeit von Burkhard Jung und seinen Einsatz für eine weltoffene Stadtgesellschaft schätzen, waren nicht bereit, sich öffentlich für ihn auszusprechen und so das Licht durch den Riss sichtbar werden zu lassen. Wenn aber Burkhard Jung als alter und – Gott sei Dank – neuer Oberbürgermeister für eines steht, dann für dieses Licht der Demokratie, der Weltoffenheit, der Vielfalt und der Zivilcourage.* Ohne diese Eigenschaften und die Bereitschaft, sie zu leben und für sie einzutreten, werden wir den Riss nur vertiefen, aber nicht überbrücken können – einmal abgesehen davon, dass sich im Wahlergebnis eine für die Demokratie ganz normale Mehrheitsentscheidung wiederspiegelt.

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* Diese Ziele sollten ergänzt werden durch praktizierte Bürger/innennähe:

  • Jeder Brief, jede Mail an die Stadtverwaltung muss beantwortet werden.
  • Man kann von Bürger/innen nicht erwarten, dass sie wissen, welche Abteilung für ihr Anliegen zuständig ist. Deswegen sollte der, der das Anliegen als erster erhält, die Verantwortung dafür tragen, dass dieses an die zuständige Abteilung der Stadtverwaltung weitergeleitet und zeitnah beantwortet wird.
  • Der Oberbürgermeister sollte pro Jahr möglichst einmal in einer öffentlichen Veranstaltung in den Stadtteilen Leipzigs  den Bürger/innen zum Gespräch zur Verfügung stehen. Veranstalter sollte ein örtlicher Verein, eine Initiative oder Institution sein, die auch die Thematik mitbestimmen.

15 Antworten

  1. Sehr geehrter Herr Hauptmann –
    Cela dit, Monsieur le Président, je suis d’avis que du choc des idées jaillit la lumière… »Davon abgesehen, bin ich der Meinung, dass aus dem Aufeinanderprallen der Ideen neue Erkenntnisse erwachsen.“
    Des Französischen bin ich nur sehr bedingt kundig, aber auf der Suche nach einer Reaktion auf Ihr erhellendes Zitat fand ich in meiner Bibliothek diese Reminiszenz, der ich grundsätzlich zuzustimmen bereit wäre.
    Allerdings hinterfrage ich es, und Sie – in Sonderheit als Dresdner – werden mich ggf. verstehen:
    Am 17.Febr. a.D. 2020, nach dem Friedensgebet in der Dresdner Kreuzkirche stand auch ich mit vielen, jedoch für die Einwohnerzahl von ca. 560 000 Dresdnern, viel zu wenigen Menschen auf der „anderen“ Seite dieser zerrissenen Gesellschaft. Hier wohltemperierte Reden von Engagierten, Aufrechten, vielleicht auch ansatzweise Fragenden und partiell Ohnmächtigen, aber eben alles klug, aufwühlend, dort – jenseits des Risses, besonders verdeutlicht durch massiv-präsenten Polizeieinsatz – die „Anderen“, die Bachmanns, Höckes, Kubitscheks auf dem Lautsprecherwagen mit begleitender Dröhnung aus aufgedrehten Boxen, eingehüllt von teils undefinierbaren Standarten schwenkenden, aggressiven, grölenden „Pegida-Geburtstagsgästen“ da unten auf dem Neumarktpflaster, vis a vis der Frauenkirche (gar für das barock-katholische Dresden im 18. Jh. als bewusst ins Zentrum dieser Stadt damals ein bemerkenswertes, protestantisches Ausrufezeichen).
    Ein Abend übrigens, der mehr als überdeutlich aufzeigte, wie zerrissen diese unsere Gesellschaft ist und all die Wut, der Hass, die Lust an der Riss-Vergrößerung ist und wir allesamt kaum eine Ahnung haben, was endlich zu tun nötig sei!
    Und all das politisch desaströse der sog. Volksparteien, welche noch immer nicht begreifen wollen oder können, dass ihnen das Volk abhanden gekommen ist, die öffentlich peinlich geführte Sinnsuche der CDU, das Lasche der Doppelspitze einer schwachen SPD, die völlige Unbedarftheit einer fatal „agierenden“ FDP (s. Thüringen), befördert das Marktgeschrei und löst keine der handgreiflichen Probleme in diesem Land.
    Die Grünen und die Linke lass ich mal weg, denn dort erfährt der nachdenklich gestimmte Beobachter Stimmenzuwachs…
    Hier (s. Dresden – manches trifft freilich auf das gesamte Land zu) prallten keine Ideen aufeinander (s.o.), sondern auf gewaltfrei und mit Besonnenheit demonstrierende Dresdner und Auswärtige schrie die Gegenseite dumpfe Verbalorgien heraus und entgegen.
    Frage zwangsläufig: Woraus und mit welcher Substanz sollen da neue Erkenntnisse erwachsen, wo DIE Ideen nicht erkennbar sind ?
    Dem düsteren Schauspiel in Thüringen von vor Tagen ist aus parlamentarischer Sicht vieles vorzuwerfen (hoffen wir allesamt, dass jetzt endlich Vernunft regiert und parteipolitisches Gezänk aufgegeben wird), mehr aber ist zu fragen, welche Gründe es für das katastrophale Wahlergebnis gab, welches ja dieses Desaster erst möglich machte!
    Eines ist rasch erkannt: mit Aufeinanderschlagen, wie es der AS nach langem Schweigen (welches diesem Blog unendlich wohltat!) erneut versucht – dürfte dieser Demokratie nicht beigeholfen werden können, gleich gar nicht mit einer ewig produzierten Verächtlichmachung Andersdenkender.
    Zum Kern und zu Leipzig: Chr. Wolff analysiert ganz klar und realiter.
    OBM B. Jung hat jetzt die Chance, das zu tun, was ihm weggebrochen zu sein scheint – das Umland für seine Projekte einzunehmen. Und er ist viel zu klug, als dass er mit den guten Leuten an der Stadtspitze die Notwendigkeiten nicht zu erkennen und anzupacken in der Lage wäre.
    Knapp gewonnen ist trotzdem erster Platz (aus dem Sport weiß man dies hinlänglich); wer sich in immer wieder lustvoll in Häme suhlt, hat ein gespaltenes Demokratieverständnis!
    Nicht auf den „Gegner einschlagen“, sondern mit ihm gehaltvoll und mit geistiger Substanz (so man darüber verfügt!) realistische Möglichkeiten ausloten.
    So sei es!
    Zuletzt: danke, Herr Hauptmann, für Ihren bemerkenswerten Kommentar. Darüber zu meditieren ist allemal besser und wohltuender als drauf zu hauen, wie es in diesem Blog gern und zu voreilig getan wird.

    1. Lieber Herr Flade,

      Sie sind mit Ihren Gedanken ebenso nicht allein, wie alle anderen und das Danken finden wir in den Gedanken, dem Ewigen gegenüber immer, von dem Alles Gute ist.
      Der Ausdruck von Angst und Sorge beim Menschen kann so unterschiedlich sein, wie wir ja auch individuell unterschiedlich sind.
      Ich folge Ihrer Beschreibung.
      Hilfreich wäre, wenn wir Hilferufe emphatisch uns selbst, im Urteilen zurücknehmend, beim anderen als solche als berechtigt wahrnehmen wollen und können, diesseits und jenseits des Bollwerks und das können Minenfelder, Menschen mit und ohne Uniform oder Mauern sein, aus Meldungen sogenannter Wahrheitssysteme stammen (*), wie auch immer und mit unterschiedlichen Masken versehen sein, entsprechend der Orte auf der Erde, wo gerade Menschen im Kampf des Lebens aufeinander treffen. Hier geht mir ein Artwork des Illustrators Rodney Matthews ein „The eleventh hour“ (Vorder- und Rückseite)… Verbreitung von Angst in Diktaturen zum Beispiel, Entlassungen, Geldstrafen, Kerker, Leid und hier denke ich an Dietrich Bonhoeffer und seine Gewissheit wahrhaftig Mut machend mit seinen Gebeten in Haft vor seiner Hinrichtung für uns hinterlassen: „Von Guten Mächten wunderbar geborgen…“ . An dieser Stelle möchte ich zudem auf Beethovens Unvollendete, 9. Sinfonie, verweisen mit der Ode an die Freude: „Alle Menschen werden Brüder“.
      Hier auf der Erde sind wir Menschen natürlich begrenzt, sonst hätten wir keine Körper und das ist wegen einer Ordnung gut und vorgegeben, wo alles was wir normalerweise wahrnehmen, körperlich ist. Niemand lässt jeden anderen in seine Intimzone. Das ist sogar empirisch bewiesen. Wäre es anders, könnten wir Fenster und Türen ab sofort aushängen. Wo aber sind die höchsten Zäune, die Überwachungssysteme und die Bodyguards zu finden…? Es gibt immer eine Grenze zum Schutz. Wir haben hier einen Horizont und nur der lebendige Gott ist Gott und Er wirkt wie Er will, vertrauen wir auch in diesen Zeiten auf einen guten Plan! Danke in dem Zusammenhang für die Worte von Herrn Wolff bezüglich des Corona Virus.
      Sie beschreiben etwas und haben auch aus meiner Sicht bereits viel Antwort gefunden und vielleicht gelingt es mir, Ihnen noch ein Stück mehr, meine Gedanken näher zu bringen:
      In Dresden hat „Der Krieg“ von Otto Dix, wie auch andere große Kunstwerke mit starker Aussagekraft einen Platz. Freia Klier hat mit dem Buch „Dresden 1919“ ein pazifistisches Werk geschaffen, in dem sie den ersten Kriegswinter 1914 zu Weihnachten beschreibt.
      Dort kletterten die Soldaten aus ihren Schützengräben und feierten zusammen das Friedensfest, die nach dem Willen anderer eigentlich aufeinander hätten schießen sollen. Sie wissen, wer solche Macht besitzt, den Menschen solch ein Wunder zu schenken und wir ahnen vielleicht, wer verfügt, dass eine Wiederholung unter Hochverrat gestellt worden ist…
      Jedenfalls nicht die Mütter der Soldaten und diese tun es in der Regel auch nicht in Japan oder in Afrika oder an einem anderen Platz der Erde.
      Wem ist also etwas zu Nutzen?
      Ich kenne ein Bild (es hängt gegenüber des Albertinums an einem nicht öffentlichen Ort) von Rudolf Nehmer, den ich als Jugendlicher noch selbst kannte. Auf dem Bild ist eine Osterglocke die ja GLEICHZEITIG die Narzisse ist, die auf den Trümmern von Dresden blüht und auch darin ist ein Sinnbild enthalten FÜR die Nächstenliebe.
      Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst, meide das Böse und tue Gutes und an dieser Stelle danke ich insbesondere meinen Geschwistern von der jüdischen Gemeinde zu Halle, die sich, allen Menschen zuwendend, dagegen gewandt hatten, dass die Gewalttat dort, der sie ausgesetzt waren, politisch instrumentalisiert wird. Ich fasse es vergebend und tröstend auf, wie es auch mein Freund im Geist Ralph Giordano zum Ausdruck gebracht hat, bezüglich der „unschuldigen Generationen Deutscher nach 1945“ und allen Menschen mit Friedenswunsch und Willen, die meisten werden es sein, glaube ich.

      Ich habe es mir hier mit meiner Antwort für Leser, die auch ein Stück Trost sein soll, nicht einfach gemacht, gemäß Sokrates, so meine ich, dass es von ihm ist, das Sinnbild der 3 Siebe betreffend – ist es nämlich wahr, gut und notwendig und so hoffe ich, dass es so ist.
      (*) Es gibt eine lebendige Herzenswahrheit, die so groß ist, dass niemand sie zum Glück in eine Definition sperren kann. (Denken Sie an die Frage von Pilatus: Was ist die Wahrheit?) Sie ist auch in unserem Durst nach Frieden und dieses Wasser des Lebens IST.
      Hier zählt aber unser Wollen. Ob es gut ist , erkennen wir daran, wenn es den Menschen dient, miteinander freie Gespräche zu führen abseits aller Bühnen uns Spektakel zur Ablenkung und wenn es uns selbst bewegt, unser eigenes Denken auf den Prüfstand zu stellen, unabhängig von den äußeren Einflüssen, die uns ins Ohr flüstern wollen. Und notwendig ist was gut ist und wahr und wahr was notwendig und gut ist und so ist es mit allem. Die tägliche Auseinandersetzung auf der Sachebene zum Schutz der Seele des anderen und dadurch meiner eigenen, denn wenn ich andere Menschen verletze, mit Tat oder Wort, verletze ich auch mich selbst immer.
      Lassen wir keine Gelegenheit aus im Gespräch mit Menschen zu bleiben, gleich welcher Rasse, Hautfarbe, Religion oder politischer Einstellung, denn es kommt immer auf den einzelnen Menschen an.

      Matthäus 5,9!

      Shalom – שלום

  2. Lieber Herr Wolff,
    „du choc des idees jaillit la lumiere“, das heißt, so wie mir ein belgischer Freund einmal sagte:„beim Aufeinandertreffen unterschiedlicher Meinungen leuchtet das Licht“, aber aus dem Riss, der unsere Gesellschaft spaltet, leuchtet kein Licht, sondern dieser dunkle Abgrund, so scheint mir, der inzwischen ganze Familien zerreißt und tiefer und breiter sein mag, als die Mauer je hoch war, bedarf der Heilung durch das Wort der Wahrheit und sollte dringend zugeschüttet werden.
    Ich vermisse unbedingt und insbesondere weil Sie als Theologe aus für mich deutlich positionierter politischer Haltung Antwort geben wollen, die dringende Mahnung an die Mächtigen der Welt in Bezug auf die Ursache von Tod, Leid, Flucht und dem damit verbundenen Chaos durch die Produktion, Forschung und Handel von sogenannten Rüstungs“gütern“ (Gut ist allein Gott, der Leben gibt!) den Zündstoff der Kriege, insbesondere logisch folgernd aus der Lehre der Geschichte unseres Landes, nie wieder herzustellen, an ihm nicht zu forschen und nicht damit zu handeln und Freunden (und das sollte neutral betrachtet jedes andere Volk sein, denn wir alle sind Menschen), die dennoch Gewalt vom Zaun brechen wollen, diese Haltung standhaft klar zu machen.
    Eine unterschiedliche Haltung von Menschen oder Völkern sollte immer auf der Sachebene diskutiert werden – gewaltfrei – und mit dem Ziel einer besseren Erkenntnis zum gemeinsamen Nutzen, Akzeptanz finden.
    Was uns vielleicht wirklich trennt ist Misstrauen und Vertrauen ist wirklich eine zarte Pflanze. Es ist mir nicht möglich, in Gleichschritt, Uniform und drohender Waffentechnik den Versuch zumindest einer Umarmung zwischen Menschen zu sehen, den Boden, auf dem diese Pflanze wachsen könnte. 1. Johannes 4,18.
    Jeder Einzelne hat auf dieser Welt seinen Platz und jeder Mensch ist ein zu respektierendes Individuum mit einer Seele. Körperlich betrachtet sogar mit genetischen Unterschieden, äußerlich deutlich sichtbaren Unterschieden, die durchaus das Überleben in unterschiedlichen Regionen der Erde sichern, wertvollen Traditionen und kulturellen Unterschieden, die Schätze sind, die die Welt bereichern, wenn sie die Freiheit und das Leben anderer nicht beeinträchtigen und gleichberechtigt geehrt werden sollten als ein Geschwistergut.
    So spricht das lebendige Wort frei aus meinem Gedächtnis: Ich kann Eure Schlachtopfer nicht mehr ersehen und Eure Brandopfer nicht mehr riechen! Wir sollten jeder einzelne und bei sich selbst zuerst das Trennende und Hassende verwerfen und den Balken aus dem eigenen Auge ziehen. Den Dialog nie verlassen und erkennen, was Frontenbildung in Wahrheit anrichtet. Den Weg des Friedens können wir dann vielleicht sehen. Dieser wird uns dahin führen, auch den uns anvertrauten Garten wieder mit der nötigen Demut als lebendig zu betrachten und zu hegen und zu pflegen, zu reparieren, was zerstört wurde, anstatt Armeen im Weltraum aufzurüsten.
    Unsere Wissenschaftler haben für das Leben – L‘Chaim! – wahrhaft genug zu tun und nicht nur diese, jeder nach dem Geschenk seiner sogenannten Anlage, vielleicht wie in einem großen Kibbuz, ein Miteinander. Leben und leben lassen.
    Shalom
    Mike Hauptmann

    PS: Es ist mir ein Herzensbedürfnis Ihnen mein Beileid zum Entschlafen Ihrer Frau auszusprechen. 1. Tim. 4, 9-11!
    Als Dresdner sage ich das auch wegen des Datums, des 13. Februar und ich war persönlich anwesend, als das Kreuz der Frauenkirche m.W. als ein Geschenk, angefertigt von einem Nachfahren eines britischen Bomberpiloten, in Dresden als Zeichen der Versöhnung gezeigt wurde.
    Das ist der Eine und Ewige lebendige Geist, der das schafft: Eine Umarmung!

  3. Da haben Sie ja wieder grandios eine Chance verpasst, lieber Herr Wolff, das Zusammenstehen der Demokraten bei gleichzeitigem Ausdruck einer Partei- und Personenpräferenz zu zeigen. Herr Jung ist sicherlich ein guter OB, obwohl der Einwand, daß nach 14 Jahren ein Wechsel gut wäre, nicht von der Hand zu weisen ist – insofern ist das knappe Ergebnis vielleicht auch darauf zurückzuführen, daß man mal einen anderen, egal welcher Partei, wollte. Adenauer, Kohl und Merkel können davon vielleicht ein Lied singen und der (gescheiterte) Vorschlag des bayerischen MP Söder, Amtszeiten zu limitieren, spiegelt das auch. Auch Ihr Argument, Jung sei von vielen als „Auswärtiger“ abgelehnt worden – „lokalnationalistische Blut-und-Boden-Propaganda“ -, ist nicht ganz stichhaltig, spiegelt es doch eine generelle Haltung in ganz Deutschland wider: Man bleibt in Deutschland fast überall sehr lange der „Zugezogene“, in der hanseatischen Gesellschaft im Norden ebenso wie in der Häuslebauer-Gesellschaft im Süden oder der Karnevalsgesellschaft im Westen. Ihre Abneigung gegen Hahne kann man nachvollziehen (obwohl er ja nichts anderes macht als Sie: ein politisierender Pfarrer); nur darf man nicht vergessen, daß die anderen Moderatoren in dieser Branche – Will, Illner, Plassberg, etc – von gleicher Inkompetenz gekennzeichnet sind. Es ist eben das Kennzeichen dieser Sendungen, daß unsere Journalisten mehr sich selbst und den von ihnen veranstalteten Klamauk als ihre sogenannten Gäste oder gar das Thema im Mittelpunkt sehen.
    Woran es uns fehlt – und Ihr Beitrag zeigt das wieder exemplarisch – ist das Zusammenstehen in der Mitte. Wenn eine Wahl – wie diese – so ausgeht, daß zwischen beiden demokratischen Kandidaten ein Unterschied von 2 % ist, dann wäre eine gute Reaktion, beiden zu gratulieren, sich über das Ergebnis im eigenen Sinne zu freuen, und die Lesergemeinde dazu aufzufordern, in der Mitte gegen die Flanken zusammenzustehen, ohne die Unterschiede dort zu verwischen, sie aber mit Respekt anzunehmen. Sie, stattdessen und wie so häufig, schlagen auf den demokratischen Gegner ein – und stärken damit die Flanken.
    Mit herzlichem Gruß,
    Andreas Schwerdtfeger

    1. Offensichtlich ist Ihnen entgangen, dass ich sehr wohl unterscheide zwischen dem Kandidaten der CDU Sebastian Gemkow, eine, wie ich anderer Stelle geschrieben habe, integre Persönlichkeit und der Leipziger CDU. Und eines Tages, lieber Herr Schwerdtfeger, werden Sie auch erkennen, dass Kritik etwas anderes ist als „auf den Gegner einschlagen“. Christian Wolff

  4. @Dr. Andreas Glöckner, selbst wenn man der LVZ eine tendenziöse Berichterstattung zu Gunsten Gemkows unterstellt, ist es doch von Jung stillos, einen Redakteuer als Interviewpartner abzulehnen, weil dieser Gemkow öffentlich umarmt habe. Sieht so der Respekt vor der Pressefreiheit aus?

    1. Freiheit ist keine Einbahnstraße. OBM Jung hat weder Informationen verweigert noch freie Berichterstattung verhindert. Er hat die Fragen der LVZ beantwortet. Dass man in bestimmten Situationen mit bestimmten Leuten nicht reden möchte – das ist das gute Recht eines jeden Menschen.

      1. Sie wollen aber Peter Hahne nicht verbieten, seine Meinung frei zu äußern oder?
        Ansonsten ist der Artikel vom Hass auf Andersdenke geprägt wie so oft bei Ihnen.
        MfG Uwe Tietke

        1. Ich frage mich, warum Leute wie Sie, Herr Tiedke, Kritik als Androhung, eine andere Meinung zu verbieten, empfinden oder diese als „Hass auf Andersdenkende“ interpretieren. Könnte es daran liegen, dass Sie genau dies, was Sie mir unterstellen, im Innersten wollen, um die gesellschaftliche „Homogenität“ zu erzeugen, in der dann kein Platz mehr ist für Konroversen und Vielfalt. Christian Wolff

  5. Ich hätte es demokratisch gefunden, wenn nach 30 Jahren die Parteizugehörigkeit des Oberbürgermeisters gewechselt hätte. Außerdem finde ich die Wahlperiode von 7 Jahren als zu lang. 21 Jahre Jung – da muss ich schlucken. Man könnte auch die Amtszeit des OB auf zwei Wahlperioden begrenzen..

  6. Ihr Beitrag, lieber Herr Wolff, trifft die Sache im Kern. Fragwürdig bleibt für mich die Rolle der LVZ. Vor der zweiten und entscheidenden Wahl des Leipziger Oberbürgermeisters weilte ich im Ausland. Um aktuelle Nachrichten aus Leipzig zu erhalten, habe ich auf meinem Smartphone täglich die LVZ online aufgerufen. Bevor ich mehrere der gesuchten Seiten überhaupt öffnen konnte, wurde stets eine Wahlwerbung für Sebastian Gemkow (CDU) automatisch eingeblendet – weder für Burkhard Jung (SPD) noch für Ute Elisabeth Gabelmann (Piraten). Ist dies nicht eine einseitige Parteinahme der LVZ im Interesse des CDU-Kandidaten? Neutralität sieht eigentlich anders aus.
    Andreas Glöckner

    1. Lieber Herr Dr. Glöckner, dazu fällt mir nur ein: Geld stinkt nicht! Ich habe mir nach meiner Rückkehr aus dem „schwäbischem Exil“ das „Zeitungslesen“ ganz schnell abgewöhnt. Der Grund: der damalige Chefredakteur der LVZ betrachtetet die BILD-Zeitung als „seine persönliche Herausforderung“. Das spricht doch Bände!

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