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Schluss mit dem Verständniskult

Der von mir sehr geschätzte Vorsitzende der SPD Sachsen, Wirtschaftsminister Martin Dulig, hat laut LVZonline heute verlautbaren lassen: „Wenn 27 Prozent der Sachsen AfD wählen, dann kann man diese Wählerinnen und Wähler nicht alle in eine rechte Ecke stellen.“ Diese Wahl sei auch ein „Hilfeschrei“. Damit unternehme er keinesfalls eine Rechtfertigung der Partei. Man müsse es aber ernst nehmen, wenn Menschen die AfD wählen, um den „anderen in der Politik etwas zu sagen“. Es gebe viele im Osten, die sich als Menschen zweiter Klasse fühlten: „Ihnen wurde die Würde genommen.“

Ja, Martin Dulig, wir müssen unterscheiden zwischen AfD und ihren Wähler/innen. Das ist richtig. Richtig ist aber auch, dass ohne 27 % Wähler/innen die AfD nicht stärkste Partei in Sachsen geworden wäre. Richtig ist, dass der sächsische Landesverband der AfD mit besonders viel rechtsextremen Kandidaten sehr erfolgreich war bei den Wähler/innen. Richtig ist, dass die Menschen, die der AfD die Stimme gegeben haben, dieses im vollen Wissen um die politische Ausrichtung der AfD Sachsens getan haben. Ich muss die AfD-Wähler/innen nicht in die „rechte Ecke“ stellen. Sie stehen schon längst da. Richtig ist, dass eine Partei die stärkste geworden ist, die genau die Parolen, die seit drei Jahren von Pegida skandiert werden: Merkel muss weg, Lügenpresse, Volksverräter geadelt und nun durch das Wähler/innen-Votum salonfähig gemacht haben. Richtig ist, dass das, was sich in Tröglitz, Bautzen, Freital, Meißen, Dresden an beschämender Volksverhetzung und Hass zugetragen hat, nun von den AfD-Wähler/innen sanktioniert wurde. Wer davor die Augen verschließt und weiter die Wähler/innen der AfD in Watte packt („Hilfeschrei“), hat die Dramatik des Wahlergebnisses immer noch nicht begriffen. Am Sonntag ist etwas gekippt, das schon vor 10, 15 Jahren in eine gefährliche Schieflage geraten ist: die freiheitliche Demokratie. Das nehmen die AfD-Wähler/innen in Kauf, nur um ihre kleine heile sächsische Welt zu retten. Ein ziemlich asozialer Egoismus! Wir sollten aufhören, die Wähler/innen zu entmündigen. Sie sind keine unbedarften Trottel, und schon gar nicht wurde ihnen ihre Würde genommen – es sei denn man empfindet die Stimmabgabe für die AfD als würdelos. Aber dann haben sie sich selbst ihrer Würde entledigt. Ja, man muss das alles ernst nehmen, was die AfD-Wähler/innen angerichtet haben und was sie „der Politik sagen wollen“: zu viel Demokratie, zu viel Freiheit, zu viel Offenheit, zu viel Menschenrechte, zu viel Nicht-Deutsche; das wollen wir alles zurückschrauben.

Doch gerade deswegen muss ihnen gesagt werden: Jeder hat wissen können, wen und was er mit einem Jens Maier, Alexander Gauland, Markus Frohnmeier wählt. Erst wenn wir das erkennen und auch aussprechen, werden wir den richtigen Ton in der politischen Auseinandersetzung treffen. Denn eines geht nicht: Im Parlament und in Reden die AfD geißeln und vor denen, die das Desaster verursacht und zu verantworten haben, nämlich den Wähler/innen, zu kuschen und ihnen damit auch noch den Anschein einer Rechtfertigung zu liefern. Darum, lieber Martin Dulig, bitte jetzt klare Kante – als SPD-Landesvorsitzender und als stellvertretender Ministerpräsident. Bitte ohne jede Einschränkung ausrufen: Dieses Wahlergebnis ist für Sachsen eine Katastrophe. Es besteht die Gefahr, dass sich Sachsen zu einem Hort eines Rechtsradikalismus entwickelt, der auf Akzeptanz in großen Teilen der Bevölkerung trifft. Jeder, der die AfD gewählt hat, hat wissen können, was er damit anrichtet. Darum: Es geht um Kritik am Wahlverhalten von 27 % der Wählerinnen und Wähler. Es geht darum, den Bürgerinnen und Bürgern die Augen zu öffnen, sie zur Umkehr aufzurufen und dabei alle vordergründige Verständnisrhetorik zu unterlassen. Nur dann kommen wir zu einer aufrichtigen politischen Debatte und zu einem harten Streit. Denn jetzt stehen sich gegenüber diejenigen, die die freiheitliche Demokratie, die Grundrechte unserer Verfassung, die Vielfalt des gesellschaftlichen Lebens verteidigen, und die, die um eines schnöden „Linsengerichtes“ willen all dies aufzugeben bereit sind. Führen wir endlich diese Debatte – in der Familie, in der Hausgemeinschaft, am Arbeitsplatz, im Verein, in der Gewerkschaft, in den Parteien und Kirchgemeinden! Fordern wir den Führungskräften unserer sächsischen Gesellschaft ab, sich ab sofort hier klar zu positionieren: Lehrer/innen, Erzieher/innen, Pfarrer/innen, Professoren, Musiker/innen, Manager, Mittelständler, Bürgermeister, Kulturschaffende. Zurückhaltung war gestern. Jetzt ist ein klares Bekenntnis zur demokratischen, offenen Gesellschaft dran!

15 Antworten

  1. Die AfD formuliert klare Positionen – und gewinnt damit. Was machen die anderen nach der Wahl? Sie wollen ihre Positionen an den Wähler anpassen. Die FDP war die erste, die vor vier Jahren im Sinne eines Unternehmens ihr Produkt angepasst hat. Jetzt will es die CSU genau so machen.
    Im Gegensatz zur AfD sind die anderen Parteien bereit, ihre Positionen zu verhandeln. Und an wem richtet man sich da aus? Welche Marktsegmente will welche Partei erschließen?
    Ist es wirklich soweit gekommen, dass keine Positionen mehr formuliert werden, für die man als Partei streitet und steht? Dass die Parteien vielmehr wie Unternehmen reagieren, die ihre Positionen aus der Marktforschung bestimmen und dafür mit Marketingmitteln nicht mit Herzblut kämpfen?
    Dann wäre es ja wirklich egal, welche Partei ich wählte. Partei der Gut-und-Gerne-Opportunisten.
    Es lohnt sich also, die „Landnahme des Kapitalismus“ in den Blick zu nehmen (siehe Dörre), statt sich über die Wähler und die Politiker der AfD echauffieren.

  2. Lieber Christian Wolf,
    Ihnen ist voll zuzustimmen, was die mangelnde politische Bildung in Sachsen betrifft. Sie scheint mir eine der Hauptursachen für den Wahlerfolg der Afd-Populisten zu sein. In der DDR gab es keine politische Bildung. Und in den Jahrzehnten danach hat es die Landeszentrale für politische Bildung in Sachsen trotz ernsthafter Bemühungen leider nicht geschafft, diesen Bildungsrückstand aufzuholen. Ergebnis: viele Sachsen kennen noch nicht einmal den Unterschied zwischen Planwirtschaft und Marktwirtschaft. Auch das System der Gewaltenteilung, das Recht der Medien, der Gewerkschaften, der Parteien und vieler anderer demokratischer Institutionen ist 27 % der sächsischen Bevölkerung weitgehend unbekannt.
    Sieht es bei unseren Kindern besser aus? Das wage ich angesichts geschlossener Grundschulen zu bezweifeln. Kürzlich erlebte ich die Schuleinführung meiner ersten Enkeltochter in einem kleinen hessischen Dorf. Die Grundschule dort hatte gerade einmal 60 Schülerinnen und Schüler! Und das funktioniert in Hessen.- in Sachsen völlig undenkbar.
    Also: tun wir in Sachsen mehr für die Bildung – sowohl für die politische als auch für die Allgemeinbildung!

  3. Als jahrelanges Mitglied der Friedensbewegung in der DDR, als Mitbegründer von Neues Forum und SDP im Raum Chemnitz und dann mehrere Legislaturen lang Politiker in Sachsen habe ich lange überlegt, ob ich mich hier (aus der Ferne) zu Wort melden soll. Nur lesen ist ja „bequemer“, weil man nicht kritisiert oder beschimpft werden kann. Aber das, was ich extern und intern seit Sonntag von meiner Partei SPD in Sachsen höre, und besonders das, was Christian Wolff an Martin Dulig (und an seinen Beratern!) kritisiert, bewegt mich doch zu einer kurzen Stellungnahme.
    Der große Schwachpunkt während und insbesondere nach der Friedlichen Revolution in der DDR war die kaum beachtete und vielfach vollkommen vernachlässigte Schwester der Freiheit – sie heißt Verantwortung! Verantwortung habe ich nicht nur auf Arbeit, in der Familie, im Verein usw. sondern vor allem auch im Umgang mit Anderen.
    Es gibt Dinge, die darf man nicht, weil das Gesetz sie verbietet und es gibt Dinge, die macht man nicht, auch wenn sie nicht verboten sind (z. B. schmeißt man keinen Rollstuhlfahrer um…). Und hier beginnt schon die Unmöglichkeit, die DDR mit dem heutigen Deutschland zu vergleichen: wir sagten immer „in der DDR ist alles verboten, was nicht ausdrücklich erlaubt ist“ – eine bittere Satire auf diese Diktatur und Rechtlosigkeit.
    Heute „darf“ jeder jeden beleidigen oder beschimpfen und kann sich auch noch auf „Meinungsfreiheit“ berufen (ein Galgen, wie in Dresden vor geraumer Zeit geschehen, gehört auf keine Demo!!).
    Ich halte das Wort „Hilfeschrei“ auch vollkommen verfehlt! Hier wurde eine Tracht Prügel verteilt und laut gerufen: „So geht das nicht weiter!“
    – aus Enttäuschung,
    – aus Frustriertheit,
    – aus Angst vor Einkommenseinbuße,
    – Christen wegen fehlendem eigenen, überzeugenden Glauben besonders in Gegenden, wo Muslime kaum sichtbar sind, man aber Angst vor der Übernahme der eigenen Kirche durch die Muslime hat
    und aus offener rassistischer Verblendung und Überzeugung, die inzwischen „tolerabel“ geworden ist. Es ließen sich noch viele andere Motive aufzählen.

    Was wir keinesfalls gebrauchen können ist Angst vor rechten Parolen! Manches dumme Zeug muss man nicht einmal kommentieren! Solche Gedanken gab es auch schon in der DDR, nur hatten die Menschen Schiss, das auch offen auszusprechen, weil die Reaktion der Machthaber brutal war. Aber für uns heute gilt gleichermaßen – ganz klare Kante gegen Rechts zeigen – mit Anstand und aus EIGENER Überzeugung!

    Die jetzt mögliche Koalition, die ihre Lobbyisten „gut auf die 4 Parteien verteilt“ hat, hat eine echte Chance Dinge zu lösen, die die 3 großen Parteien CDU, CSU und SPD wegen ihrer Ängstlichkeit vor starken Stimmungsmachern („Energiegewerkschaft“ und große Energieunternehmen, Kohleindustrie, Autoindustrie u.a.) nicht lösen wollte und konnte. Die Quittungen wurden verteilt, jetzt muss neu nachgedacht und politisch korrekt gestritten werden. Dazu muss ich nicht wählen gehen, wie Christian Wolff schon treffend schrieb, das war am Sonntag. Für die nächsten 4, vielleicht 5 Jahre „reicht“ es, wenn ich mich dort wo ich es kann engagiere: für Kranke, Behinderte, für den Erhalt von Parks und Landschaften, für neue Energiequellen, für andere Mobilität usw. usf. Und das alles in Gruppen, Vereinen oder eben auch in Parteien! Und bitte – ja nicht warten bis zur nächsten Wahl!!!

  4. Lieber Christian,
    wir haben das Thema „Grechtigkeit“ nich ernsthaft
    diskutiert. Die Umverteilung von unten nach oben
    findet laufend statt. Durch die Zinsen, welche die
    Reichen für ihre „Bankeinlagen“ erhalten, werden sie immer reicher.
    mit herzlichem Gruß
    Helmut

    1. Sehr geehrter Herr Wand mit dem 1. Teil Ihres Beitrages kann ich konform gehen. Mit Ihrer Einlassung zu den Zinsen eher gar nicht. Welche „Belege“ haben Sie dafür das Reiche einen höheren Zinssatz bekommen? Der Niedrigzins trifft die überwiegende Mehrheit der „normalen“ Bürger genauso, oder eher noch härter als die Reichen. Die sogenannten Reichen spekulieren an der Börse, dort werden exorbitante Gewinne zu Lasten des Mittelstandes und der Arbeitnehmer erziehlt.

  5. Wenn wir Wähler nicht mehr verstehen wollen, dann sollten wir uns aus Politik heraushalten. Wähler-Gefühle sind politische Fakten. Vor vier Jahren war schon klar (und wurde öffentlich diskutiert), dass, wenn sich die SPD auf eine Groko einlasse, sie nur verliern kann. So ist es gekommen. Dazu klebt Frau Merkel an der Macht. Eine Begrenzung der Zahl der Amtsperioden wäre vielleicht hilfreich. Wer so abstürzt (wie Frau Merkel) und immer noch glaubt, alles richtig gemacht zu haben, sollte kein Land regieren. Gesternabend war eine zweistündige Sendung in MDR Sachsen, in der die Gründe für das hohe Abschneiden der AFD sehr kompetnet diskutiert wurden. Ich kann diese Sendung nur jedem empfehlen, der sich über das hohe Abschneiden der AFD wundert. Mich wundert das nicht, denn die Kommunikations-Kultur ist in vielen Medien und bei vielen Politikern besserwisserisch (oder sollte ich sagen ‚besserwessisch‘). Um verstanden zu werden, muss man aber erst einmal verstehen. Das Lamentieren über die AFD ist jedenfalls nicht einmal ein Versuch, Wähler verstehen zu wollen.

  6. Sehr geehrter Herr Wolff,
    es ist richtig, die AfD-Wähler für ihre „Wahl“ zu kritisieren. Doch was wäre die „richtige“ Alternative gewesen? Eine CDU, unter deren Regentschaft die Nettoeinkommen gesunken und Meinungspluralismus abgeschafft wurde? Eine SPD, die unter Heiko Maas rechtliche Bewertungen im Internet („Hate speech“) an private Unternehmen auslagert und damit Meinungsfreiheit herschenkt um nach 8 Jahren in der Regierung davon zu schwadronieren, „endlich“ mehr Gerechtigkeit zu schaffen? So zynisch muss man erst mal sein.
    Es gibt noch viele, viele weitere Beispiele, die anzeigen, dass die etablierten Parteien dabei sind, den Kontakt zum Volk zu verlieren.Nicht nur CDU/SPD, auch FDP, Grüne und Linke.
    Was glauben Sie, wie lange es dauert, bis für den größten Bundestag aller Zeiten die Diäten erhöht werden?
    Diese Unzufriedenheit im Volk bricht sich gerade in massiver Weise Bahn. Und wenn man nur alle 4 Jahre (bald 5?) die Chance hat, seine Meinung kund zu tun, dann wird das der Unzufriedene in extremer Form tun.
    Sie haben richtig erkannt, dass man bereits vor 10-15 Jahren hätte beginnen müssen, einen Diskurs mit den Menschen zu führen anstatt sie mit ihren Problemen allein zu lassen. Anstatt jeden Pups irgendeines AfD-Hinterbänklers zum Anne-Will-Talkshow-Thema zu machen, sollte man sich mit diesen Menschen(!) auf faktischer Ebene auseinandersetzen. Ausgrenzen bringt nichts. Meine Kinder lernen in der Schule, dass niemand ausgegrenzt werden darf – und die Politik macht das Gegenteil.
    Wir sehen gerade selbst, wie sich die AfD selbst zerlegt, beschleunigen wir diesen Prozess, in dem wir die Vertreter in die Tagespolitik einbinden und sie nach Steuer-Themen, Renten-Themen, Umweltschutz fragen – es wird außer Phrasen nichts kommen. Das ist nach meiner Meinung der richtige Weg.
    Der falsche Weg ist, vom „braunen“ Sachsen zu reden. Ja, es gibt hier eindeutig rechte Tendenzen, die es zu bekämpfen gilt. Dieser Kampf muss genauso geführt werden, wie mit der AfD. Und erst, wenn diese Menschen nicht bereit sind, in den Diskurs einzutreten, muss man andere Maßnahmen ergreifen.
    Das muss ein gewollter Prozess sein, der auch von der Politik unterstützt und vorgelebt wird.
    Es läuft viel falsch in Deutschland. Wer beim Pro-Kopf-Einkommen in Europa einen der letzten Plätze belegt, dafür in der Steuerquote den 1. oder 2. Platz, macht etwas verkehrt. Doch solange die Politik diese Fehlentwicklungen nicht erkennen will und ein „Weiter so“ bzw. „Wir schaffen das“ proklamiert, wird die AfD – oder eine andere Protestpartei – immer starke Stimmengewinne bei Wahlen verzeichnen.
    Hier sehe ich nicht den Wähler als Schuldigen, dies würde Ursache und Wirkung umdrehen.

    tl;dr: Nicht jeder AfD-Wähler ist Rassist oder Nazi. Die Politik trägt durch ihre Wähler-verachtende Politik einen Großteil der Schuld am Erstarken der AfD.

    1. Vielen Dank für diese kritischen Anmerkungen. In Vielem kann ich Ihnen zustimmen – vor allem in der Strategie: die AfD stellen! Ja, das muss sehr klar geschehen. In einem allerdings möchte ich Ihnen widersprechen. Sie schreiben: „Und wenn man nur alle 4 Jahre (bald 5?) die Chance hat, seine Meinung kund zu tun, dann wird das der Unzufriedene in extremer Form tun.“ Das stimmt eben nicht. Sie haben jeden Tag die Möglichkeit, Ihre Meinung kundzutun: überall, wo Sie sich bewegen. Sie haben die Möglichkeit, Politik zu beeinflussen – indem Sie Mitglied einer demokratischen Partei werden oder sich in einer Initiative vor Ort engagieren. Politik wird in der Demokratie nicht nur von Mandatsträgern gemacht, jeder Bürger ist Teil des Politischen (übrigens auch, wenn er nichts macht!). Dass diese Sichtweise so unterentwickelt ist, ist das Ergebnis mangelnden politischer Demokratie-Bildung. Aber da sind wir uns sicher wieder einig. Zum Schluss: Ja, ich stimme Ihnen ausdrücklich zu, dass nicht jeder AfD-Wähler Rassist oder Nazi ist. Das war übrigens 1933 in Deutschland nicht anders. Aber jeder kann wissen, welche politischen Überzeugungen er unterstützt, wenn er AfD wählt. Beste Grüße Christian Wolff

  7. Als im Frühherbst 1989 der Gründungsaufruf von „Aufbruch 89 – Neues Forum“ erschien, elektrisierte mich bereits sein Anfang:
    „In unserem Lande ist die Kommunikation zwischen Staat und Gesellschaft offensichtlich gestört. Belege dafür sind die weitverbreitete Verdrossenheit“.

    Weiter fanden sich in ihm Sätze wie: „Um all diese Widersprüche zu erkennen, Meinungen und Argumente dazu anzuhören und zu bewerten, allgemeine von Sonderinteressen zu unterscheiden, bedarf es eines demokratischen Dialogs über die Aufgaben des Rechtsstaates, der Wirtschaft und der Kultur. Über diese Fragen müssen wir in aller Öffentlichkeit, gemeinsam und im ganzen Land, nachdenken und miteinander sprechen. Von der Bereitschaft und dem Wollen dazu wird es abhängen, ob wir in absehbarer Zeit Wege aus der gegenwärtigen krisenhaften Situation finden.“

    Dieser Aufruf sprach nicht nur mich auf neue, bisher ungewohnte Art an. Innerhalb von nur wenigen Tagen und Wochen elekrtrisierte er die gesamte DDR. Es ist heute nur noch schwer vorstellbar, wie dies bewerkstelligt wurde. Wer es erlebt hat, wird sich an die schlecht entzifferbaren Durchschläge der Schreibmaschinen und die mit der Hand abgeschriebenen Exemplare erinnern.

    Er wurde – wenngleich nicht in der Thomaskirche zu Leipzig … – so doch in vielen, vielen anderen Kirchen der DDR verlesen und erreichte Massenwirkung, denn die zentrale Forderung nach wirklichem Dialog traf den Nerv der Zeit.

    Auch in den Zimmern der Machthaber in Leipzig nahm man den Aufruf damals ernst.
    Im Neuen Rathaus, in der SED-Bezirksverwaltung in der Liebknechtsstraße, in der MfS-Bezirksverwaltung, im Zimmer des LVZ-Chefredakteurs, in der SED-Leitung der Karl-Marx-Universität.

    Ich weiß nicht, kann es nicht wissen, ob dort damals das Wort „Verständniskult“ fiel.
    Es ist aber gut möglich, zumindest war die Intention eine solche.

    Wie die Geschichte damals ausging, ist dagegen bekannt.

    Als die SED schließlich vorgab, auf „Dialog“ setzen zu wollen, war es zu spät.

    1. Hier werden Äpfel mit Birnen verwechselt. Der SED-Staat war eine Diktatur, die die freie Meinungsäußerung nicht zuließ. Darum musste diese erkämpft werden. Gott sei Dank leben wir heute in einem Deutschland, in dem jeder seine Überzeugung öffentlich kundtun kann. Darum geht es nicht um die Frage, mit wem ich rede, sondern von welcher Position aus ich mit anderen spreche und welche Überzeugungen ich vertrete. Wer heute aber die Institutionen des SED-Staates mit denen eines demokratischen Rechtsstaates gleichsetzt wie im Kommentar von E. Fischer, der betreibt (wahrscheinlich absichtsvoll) ein gefährliches Spiel. Im Übrigen darf ich an die wichtige Parole des Herbstes 1989 erinnern: „Für ein freies Land mit offenen Grenzen“. Darum ging es 1989: um Freiheit, um Vielfalt, um offene Grenzen. Davon wollen aber die „Wir sind das Volk“, „Volksverräter“ und „Lügenpresse“-Krakeeler nichts wissen. Wenn wir Parallelen zu historischen Vorgängen heranziehen, dann gilt es an das Ende der 20er, den Anfang der 30er Jahre des vorigen Jahrhunderts zu erinnern – und an das Zitat von Martin Niemöller: „Als die Nazis die Kommunisten holten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Kommunist. Als sie die Sozialdemokraten einsperrten, habe ich geschwiegen; ich war ja kein Sozialdemokrat. Als sie die Gewerkschafter holten, habe ich geschwiegen, ich war ja kein Gewerkschafter. Als sie mich holten, gab es keinen mehr, der protestieren konnte.“ Einen guten Tag Christian Wolff

  8. Der Grund für das schlechte Abschneiden der SPD sind u.a. auch solche selbstverliebten Geschichtenerzähler, wie Sie. Mit Leuten wie Ihnen, Herr Wolf, kann man Wahlen nur verlieren.

    1. Hallo Berthold Richter wo sind denn Ihre „Leistungen“ für die SPD zu bewundern, wenn ich mal von der „Unterzeichnung“ Nr. 29 auf frei-heraus.de „Geschichte war Gestern“ absehe? Da habe ich als „Nichtchrist“ mit Pfarrer Wolff allemal mehr Gemeinsamkeiten1.

  9. Lieber Christian Wolff, dieser „Ordnugsruf“ ist richtig und wichtig. Die sächsische SPD ist so etwas von „Mitgliederschwach“ das der Anspruch Volkspartei zu sein zur Lachnummer verkommt. Bezeichnend ist auch, das ein „Normalmitglied“ keine exakten Mitgliederzahlen „erfährt“. Lediglich die Zahl der Neumitglieder wurde vermeldet. Ich frage konkret, wieviel Mitglieder kommen auf eintausend Einwohner im Landesdurchschnitt? So agiert eher ein Polit-Sekte.

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