„Reformation in der Krise“ – unter dieser Überschrift veröffentlichten Friedrich Schorlemmer und ich im September 2017 ein Memorandum zum Reformationsjubiläum. Eine Reformation in der Krise – die steht jetzt auch in der sächsischen Landeskirche an, nachdem Dr. Carsten Rentzing vom Amt des Landesbischofs zurückgetreten ist. Dieser Rücktritt ist mehr als eine Personalie. Er steht für eine in sich erstarrte, nach wie vor autoritär strukturierte Landeskirche, die nun in einer zugespitzten gesellschaftlichen Situation an ihre Grenzen gestoßen ist. Sie hat es seit der Friedlichen Revolution 1989/90 nicht vermocht, dem vor 500 Jahren ausgegebenen Motto gerecht zu werden: ecclesia semper reformanda, Kirche kann sich erneuern, ist zu erneuern. Es besteht also viel Nachholbedarf. Dieser kann dann angstfrei in Gang gesetzt werden, wenn wir den biblischen Gebrauch des griechischen Wortes κρίσις im Sinn von Gericht Gottes bedenken. Dabei sind zwei Dinge zu beachten: die Notwendigkeit eines selbstkritischen Blicks auf das eigene Tun und die Bereitschaft zur Umkehr bzw. Umsteuerung – also Beichte und die Bitte um Vergebung, genau das, womit die Reformation 1517 begonnen hat. Übrigens nicht im Verborgenen, sondern streitbar und öffentlich. Schließlich lautet die erste der 95 Thesen: „Als unser Herr und Meister Jesus Christus sagte: ‚Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen‘, wollte er, dass das ganze Leben der Glaubenden Buße sei.“ Entscheidend ist: Niemand kann sich der Verantwortung für die jetzige Situation entziehen. Ich selbst auch nicht. Schließlich bin ich, wie jede/r andere/r Pfarrer/in auch, Teil dieser Landeskirche, Teil ihrer Krise.
Was aber ist jetzt zu tun? Ich sehe mehrere Aufgaben – wohlwissend, wie begrenzt die jeweils eigenen Möglichkeiten sind:
- Wir haben endlich in einen offenen Diskurs darüber einzutreten, wie sich die Landeskirche in all ihren Gliederungen verhalten soll zu gesellschaftspolitischen Strömungen und politischen Gruppierungen, die seit Jahren Nationalismus, völkisches Denken, Ausgrenzen von Menschen mit Migrationshintergrund und Demokratieverachtung in den Köpfen und Herzen zu implementieren versuchen. Dieser kritische Diskurs hätte spätestens Ende 2014 in Gang gesetzt werden müssen. Nichts dergleichen ist aber geschehen. Zwar gibt es eine ökumenische Arbeitsgemeinschaft „Kirche für Demokratie und Menschenrechte“ (sie hat eine ausgezeichnete Broschüre herausgegeben unter dem Titel „Nächstenliebe Leben. Klarheit zeigen“). Aber das ist in den Kirchgemeinden kaum angekommen. Auch haben schon am 11. November 2014 kurz nach dem Aufkommen von Pegida Dresdner Kirchenvertreter/innen eine ausgezeichnete Erklärung veröffentlicht. Diese wurde aber kaum kommuniziert. Stattdessen schloss sich die sächsische Kirchenleitung dem allgemeinen „Man muss die Sorgen und Ängste der Menschen ernst nehmen“ an und hat damit den Scharfmachern um Lutz Bachmann in die Hände gespielt. Dabei wurde – wie auf der politischen Ebene – eines vom Ernstnehmen ausgeschlossen: der tatsächliche Rechtsextremismus bei Pegida/AfD und ihren Anhänger/innen.
- Diese gefährliche Schieflage gilt es zu beenden – gerade nach der Landtagswahl in Thüringen. Keine Wählerstimme für die AfD macht aus der hasserfüllten, menschenverachtenden Pegida/AfD-Programmatik eine Haltung, die kompatibel wäre mit den Grundwerten des christlichen Glaubens. Im Gegenteil: Jede Stimme für die AfD ist als Zustimmung zu ihrer rechtsradikalen, antidemokratischen Grundhaltung zu werten. Der gerade gewählte Bischof der Evangelischen Kirche Mitteldeutschlands (EKM) Friedrich Kramer hat es auf den Punkt gebracht: „Ich warne davor, das Ergebnis der AfD als reine Protesthaltung oder politische Unreife abzutun. Es handelt sich hier um manifeste politische Grundüberzeugungen.“ Als Christen und als Kirche müssen wir diesen klar und streitbar entgegentreten. Das schließt ein, dass wir mit den Menschen, die meinen, als Christen die AfD wählen oder sich dieser anschließen zu müssen, reden – aber unmissverständlich und der biblischen Botschaft treu. Ich kann nicht erkennen, dass es biblisch verantwortbar sein soll, von Geflüchteten als „Messermigranten“ oder als „Invasoren“ zu sprechen, den Tag der Geburt von Angela Merkel zu verfluchen, wie es die AfD-Bundestagabgeordnete Verena Hartmann aus Pirna getan hat oder die Frage zu stellen „Was ist schlimmer: eine beschädigte Synagogentür oder zwei tote Deutsche?“ – so der AfD Landtagsabgeordnete Roland Ulbrich nach dem Terroranschlag von Halle. Hier handelt es sich nicht um bedauerliche Ausrutscher, sondern um die Pegida/AfD-Programmatik. Das sollen Christen gut heißen, tolerieren, dafür Verständnis aufbringen? Niemals!
- Darum müssen wir in der Kirche offen darüber debattieren, was eigentlich Bibeltreue bedeutet und was wir unter den Grundwerten des Glaubens verstehen? Dabei gilt es einen Konsens darüber zu finden, dass der christliche Glaube nicht an eine bestimmte Nation oder kulturelle Herkunft gebunden werden kann und darf. Der biblische Glaube hat eine universale Dimension, wie sie auch im Glaubensbekenntnis zum Ausdruck kommt: Gott ist der „Schöpfer des Himmels und der Erde“ und darum auch der Schöpfer eines jeden Menschenlebens. Darum sollte es uns mehr als beunruhigen, wenn in Teilen der sächsischen Landeskirche so getan wird, als seien Bibeltreue und Frömmigkeit mit den Grundsäulen des Rechtsextremismus kompatibel; als könne man mit dem Glauben in lutherischer Tradition das Rad der Geschichte zurückdrehen und den autoritären Führerstaat wieder auferstehen lassen – wie es ein Björn Höcke mit seiner faschistischen Rhetorik zu tun gedenkt und dafür „Bürgerlichkeit“ und lutherischen Geist reklamiert. Doch all das hatten wir schon einmal vor 90 Jahren – mit verheerenden Folgen.
- Hier sind nun alle gefordert: die Theologische Fakultät, die Ausbildungsstätten für kirchlich-diakonische Berufe, die Erwachsenenbildung, die Kirchvorstände. Wir haben zum einen die Verirrungen lutherischer Theologie im Vorfeld des Nationalsozialismus gründlich aufzuarbeiten. Zum andern gilt es zu begreifen, dass geistliche Ausrichtung und prophetisches Wächteramt, Kontemplation und gesellschaftspolitische Geistesgegenwart keine Gegensätze sind, sondern sich bedingen. Es gilt Theologie und gesellschaftspolitische Verantwortung zu verbinden. Wie schrieb Martin Luther in seiner hochpolitischen Reformationsschrift „An den christlichen Adel deutscher Nation“ 1520: „Warum ist dein Leib, Leben, Gut und Ehr so frei, und nicht das meine, so wir doch gleich Christen sind, gleiche Taufe, Glauben, Geist und alle Dinge haben? Wird ein Priester erschlagen, so liegt ein Land im Interdikt; warum nicht auch, wenn ein Bauer erschlagen wird? Wo kommt her solch großes Unterscheiden unter den gleichen Christen? Allein aus Menschen-Gesetzen und Dichten!“ Luther begründet hier das „Priestertum aller Gläubigen“ theologisch und politisch – und macht klar: Wenn wir Menschen aufgrund ihrer Herkunft abwerten, dann verfälschen wir den biblischen Glauben.
- Wenn wir in dieser Weise unsere Kirche erneuern, dann werden wir auch sehr schnell merken, wie verfehlt, zumindest aber fragwürdig die Weichenstellungen sind, die mit der sog. Strukturreform in Gang gesetzt wurden und nun von Oben durchgestellt werden. Diese sog. Strukturreform befördert das, was viele Menschen beklagen: Heimatlosigkeit. Ohne personale Präsens vor Ort, also ohne die reformatorische Errungenschaft, der Aufbau der Kirche von unten nach oben, und ohne die Wiederbelebung des konziliaren Prozesses für Gerechtigkeit, Frieden, Bewahrung der Schöpfung werden wir im Strudel des Niedergangs verbleiben. Denn wir verlieren das, was unser größtes Pfund sein sollte: die Menschennähe – und sollten uns nicht wundern, dass deswegen Menschen der Kirche den Rücken zukehren. Praktizierte Menschennähe aber ist die unmittelbare Antwort auf die Menschennähe Gottes, wie sie in Jesus Christus sichtbar geworden ist, und die wir an Weihnachten mit Recht kräftig feiern. Also sollten wir das Paket der sog. Strukturreform neu aufschnüren und alle Vorschläge daraufhin überprüfen, ob sie der Menschennähe dienen oder nicht. Wenn wir das tun, werden wir sehr schnell merken, wie Gräben überbrückt werden können und gemeinsames Leben in den Mittelpunkt rückt.
Noch einmal: All dies ist nur möglich, wenn wir uns als Menschen verstehen, die der Buße verpflichtet und der Vergebung bedürftig sind. Das schließt Streit nicht aus, sondern macht ihn zu dem, was er sein soll: ein Ringen um einen guten Weg, den wir nur erreichen können im gemeinsamen Bemühen. Lassen wir uns dazu am Reformationsfest ermutigen.
12 Antworten
Ihre Antwort, lieber Herr Wolff, bewegt mich in doppelter Hinsicht:
Erstens fällt es mir sehr schwer zu verstehen, warum Sie nicht einfach mal inhaltlich auf mein Petitum eingehen, daß die Kirche sich zwar natürlich politisch äußern muß und soll, dies aber in etwas abstrakterer, nicht auf die unmittelbare Tagespolitik bezogener und etwas „philosophischerer“ Form tun sollte, um auf diese Weise nicht jenen Teil ihrer christlichen Mitglieder zu verscheuchen, die zwar im Glauben bleiben aber die tagespolitischen Ansichten der Kirche nicht mittragen wollen (wie mich). Ich kann auch nicht erkennen, was an dieser Meinung „schwarz-weiß-denken“ sein soll. Ja, und leider kann ich mir vorstellen, daß es in DEU ganze Regionen gibt, in denen die Religion keine Rolle mehr spielt: Die Begründung (mindestens teilweise) – siehe oben!
Zweitens kann ich mir sehr gut vorstellen, daß auch Sie Ängste und Sorgen haben – und ich mache dies dadurch deutlich, daß ich Ihnen immer wieder schreibe, wo ich mit Ihnen übereinstimme und vor allem daß ich gerade Ihre Sorgen bezüglich des rechtsradikalen Spektrums unserer Gesellschaft und Politik teile. Aber gerade weil ich Ihre Sorgen verstehe und teile, verstehe ich nicht, warum Sie nicht mit mehr Toleranz auch die Sorgen des Gegenübers zumindestens als solche anerkennen können und wollen, selbst wenn diese Ihnen eher unverständlich oder – ja – vielleicht auch unsinnig erscheinen. Gerade dann nämlich bedürfen sie der sachlichen Diskussion.
Sie schreiben, Demokratie sei keine Schönwetterveranstaltung und wollen durch diesen Hinweis vielleicht Ihr engagiertes Eintreten erklären und und „klare Kante“ verteidigen. Daß das gar nicht nötig, weil anerkannt ist, bemerken Sie nicht. Deshalb wäre es eben auch schön, wenn Sie mal inhaltlich auf meine Argumentation eingingen, daß wir mehr einen Methoden- als einen Meinungsstreit haben (wenn auch keineswegs ausschließlich), daß Angst kein guter Ratgeber ist (auch wenn man Sorgen ernst nehmen muß), daß pauschale und undifferenzierte Attacke gegen alle (Wähler einer Partei) eher kontraproduktiv ist (auch wenn diese Wähler nach Ihrer Ansicht allesamt Überzeugungstäter sind), daß schließlich Haltung und Charakter nur da sind, wo Sie stehen – und andere „schwarz-weiß-malen“, offensichtlich keine „Wertentscheidungen“ treffen, „ach so abwägend und tolerant“ sind und also offensichtlich Rückgrat vermissen lassen (wenn Sie nicht gleich völlige Unkenntnis unterstellen). Ich glaube manchmal, wenn ich Ihre Beiträge so lese, daß Sie die Werturteile, die Sie über Ihnen mißliebige Gegenmeinungen und deren Träger fällen, gar nicht so ganz realisieren in Ihrem lutherischen Eifer (ich bin kein Luther-Kenner wie Sie und deshalb ist das vielleicht kein guter Vergleich). Wenn die Rede „Ja, Ja, Nein, Nein“ sein soll, was haben Sie dann gegen jemanden, der mit Festigkeit, Haltung und Charakter eine andere Meinung vertritt, diese und die des Gegenübers aber bereit ist zu diskutieren? Wie anders definieren Sie denn Ihren so geliebten Begriff des „offenen, demokratischen Diskurses“?
Sie haben viele Sorgen, die ich alle nachvollziehen kann. Nicht nachvollziehen kann ich den Haß, die Unbedingtheit, den wiederholenden Eifer (siehe auch die Causa Rentzing mit inzwischen drei Beiträgen, die keinen anderen Zweck haben, als NUR Ihre Meinung als richtig darzustellen) und die völlige Intoleranz, die sich häufig in Ihren Beiträgen ausdrücken – und die Sie als einzigen Ausdruck klarer Kante zu akzeptieren scheinen. In Wirklichkleit aber ist Ihr Bild von klarer Kante doch nur die Verweigerung von Diskussion, getarnt als Charakter und Haltung – und das eben ist schade!
Ich wünsche Ihnen trotzdem einen guten Sonntag-Abend.
Andreas Schwerdtfeger
Lieber Herr Schwerdtfeger, vielen Dank für Ihren Kommentar. Es wäre schon viel gewonnen, wenn Sie meine Kritik am zurückgetretenen Landesbischof Rentzing nicht als Ausdruck von „Hass“ qualifizieren würden. Sie können alles, was ich geschrieben habe, als unangemessen, falsch (falls Sie das belegen können) oder peinlich betrachten. Das ist Ihr gutes Recht. Damit drücken Sie eine andere Meinung aus, deren Existenz ich keinen Augenblick bestreite oder infrage stelle. Deswegen schalte ich sie auch frei und stelle sie genauso wie meine Blog-Beiträge zur Diskussion. Aber mit Hass, Intoleranz, Verweigerung der Diskussion hat das nichts, aber auch gar nichts zu tun. So wie ich müssen auch Sie damit leben, dass es zu den eigenen Gedanken auch noch andere Ansichten gibt – ob sie mir bzw. Ihnen gefallen oder nicht. Vielleicht sollten Sie einfach mehr darauf vertrauen, dass auch die Sätze, die nicht kommentiert werden, in vielen Köpfen und Herzen weiterwirken. Wenn ich nicht darauf vertrauen würde, dann wäre ich an manch resonanzlos gebliebenen Predigten oder Unterrichtsstunden verzweifelt.
Darum nur noch zwei inhaltliche Bemerkungen: 1. Dass Kirche weder Partei- noch Tagespolitik betreiben sollte, ist für mich unstrittig. Aber das bedeutet nicht, dass sie sich in abstrakten, philosophischen Gefilden bewegen soll, wenn es politisch wird. Nein – das prophetische Wächteramt der Kirche, die Verkündigung der biblischen Botschaft wie die Nachfolge (um ganz traditionelle Begriffe zu verwenden) machen die gesellschaftspolitische Verantwortung der Kirche und der Christen sehr konkret. Darüber wird es immer kontroverse Auseinandersetzungen geben. Diese werden schon in der Bibel dargestellt – bei den Propheten wie bei Jesus selbst. An solchen Auseinandersetzungen führt kein Weg vorbei. Ob dadurch Menschen abgeschreckt oder angezogen werden, ist dabei kein Kriterium. 2. Dass ich in der Causa Rentzing inzwischen drei Beiträge geschrieben habe (in Wirklichkeit sind es ja viel mehr, wenn ich das ab 2015 betrachte), liegt in der Natur der Sache. Wenn ein Landesbischof unter den gegebenen Umständen zurücktritt, dann ist das zumindest für Mitglieder der Landeskirche Anlass genug, diesen Schritt zu beleuchten, zu reflektieren, zu bewerten. Ob Sie das interessiert, ist für mich dabei ziemlich unerheblich. Beste Grüße Christian Wolff
Lieber Herr Wolff,
einen schönen Beitrag haben Sie da wieder geschrieben, der als Predigt gut taugen würde, wenn er nicht Ihren Hang zum Politisieren in religiösen Beiträgen reflektierte, und der als politische Meinungsäußerung gut taugen würde, wenn er nicht versuchte, der eigenen politischen Meinung durch Rekurs aufs Religiöse Weihe zu verleihen.
Denn – ich zitiere P. Lobert aus dem letzten Beitrag (Rentzing) – „Die Kirche eignet sich NICHT als politische Institution“. Herr Weiß hält dagegen – eine legitime Meinung –, nur muß man wissen, daß wer die Kirche politisiert, sie eben auch spaltet – wie Sie, Herr Wolff, es ja bewußt tun – und den Verlust von Mitgliedern, wenn auch vielleicht nicht den Verlust von Gläubigen riskiert. Dies ist ja der Grund dafür, daß mein Plädoyer dahin geht, daß Kirche sich nicht in Tagespolitik einmischen und konkret zu Einzelfragen Stellung nehmen soll sondern vielmehr in abstrakterer Form Anleitung, Halt und Haltung formulieren müßte.
Jetzt also ist Herr Gerhards Ziel Ihrer Gegenrede und der Ihrer kritiklosen Echos und dies auch noch mit haltlosen Unterstellungen wie: „genau das, was Sie in den ersten Sätzen feststellen, ist leider nicht mehr Konsens.“ Natürlich ist es Konsens, wenn man freilich absieht von den gewaltbereiten Hetzern im Netz und auf der Strasse, die es auf allen Seiten gibt und die es gemeinsam zu bekämpfen gilt. Niemand, der hier mitdiskutiert (und um die geht es doch), steht wohl im Verdacht, die von Ihnen mantrahaft wiederholten Zitate zu unterstützen, zu unterschreiben, für gut zu befinden oder dafür auch nur Verständnis zu haben.
„Dabei gilt es einen Konsens darüber zu finden, dass der christliche Glaube nicht an eine bestimmte Nation oder kulturelle Herkunft gebunden werden kann und darf“ – schreiben Sie, sich selbst entlarvend, denn Sie verwischen mit dieser Selbstverständlichkeit bewußt das hierzulande herrschende Streitthema. Der christliche Glaube – ist doch klar – ist an CHRISTEN gebunden, egal wo sie herkommen (oder umgekehrt: Christen sind an ihn gebunden, egal wo sie sind). Das Streitthema ist nicht, wo Christen herkommen; das Streitthema (eines von mehreren) ist, wieviel fremde Religion und Kultur eine Gesellschaft vertragen kann, ohne sich zu verlieren im Gemisch der Kulturen, ohne sich aufzugeben im Übergewicht der „neuen“ Kultur. Und da ist Ihre Ablehnung des Hinweises (nicht nur der sächsischen Landeskirche): „Man muss die Sorgen und Ängste der Menschen ernst nehmen“, die Sie als Unterstützung der Extremisten in unserem Lande interpretiert sehen wollen, eben sehr kontraproduktiv, denn wer in der Demokratie alleine bestimmen will, welche Sorgen berechtigt sind und also politisch und gesellschaftlich diskutiert und beachtet werden dürfen, und welche nicht, der kann nicht politisch überzeugen – und der verfehlt wohl auch die selbstgesetzten und aufrecht vor sich her getragenen Postulate der Beichte, der Buße, der Bitte um und Erreichung von Vergebung.
Ihre Unterstützer hier, vor allem natürlich der eifrige Flade, deren Meinungen – ich sage es immer wieder – alle demokratisch gerechtfertigt sind, folgen dem Fehler, den Sie und viele andere zu unser aller Schaden zunehmend machen: Daß Sie nämlich Ihre eigene politische Meinung mit Aufrechterhaltung und Verteidigung der Demokratie gleichsetzen und die Meinung der Gegner als demokratieschädlich verurteilen. Und bevor jemand jetzt den Versuch macht, mir bezüglich dieser Aussage den Spiegel vorzuhalten: Ich habe nicht Meinungen sondern Methoden als undemokratisch bezeichnet – und die Methoden zur heutigen Meinungsäußerung, vom internet über die Strasse bis hin zur Gewalt, finden wir ja wohl alle übereinstimmend kritisierenswert.
Wahlen – wir wissen es alle – sind die friedlichste und damit die erstrebenswerteste Form der politischen Auseinandersetzung. Diese Friedlichkeit kann aber nur wirken, wenn sie davor und danach in gegenseitigem Respekt Bestand hat – und also ALLE Sorgen und Ängste als prinzipiell gerechtfertigt betrachtet werden. Nur die Gemeinsamkeit der Anständigen mit dieser Meinung wird es uns in dieser so polarisierten und popularisierten noch-demokratischen Welt ermöglichen, unser System zu verteidigen und zu erhalten. Sie sollten, lieber Herr Wolff, lieber Herr Weiß, Ihre Schlüsse daraus ziehen.
Ich grüße Sie,
Andreas Schwerdtfeger
Schön, lieber Herr Schwerdtfeger, dass Sie sich wieder einmal melden. Leider verharren Sie im Schwarz-Weiß-Denken: hier der politisierende Pfarrer und seine „Claqueure“, dort die ach so abwägenden, toleranten Demokraten, die doch nur eines wollen: dass sich alle vertragen und ertragen. Ich möchte Sie aus dieser Engführung gar nicht befreien. Darum nur einige Anmerkungen:
1. Auch Selbstverständlichkeiten sind derzeit strittig oder werden zur Disposition gestellt. Wer sich im politischen Diskurs befindet, weiß, wovon ich rede. Dabei geht es am aller wenigsten um diejenigen, deren Kommentare ich freischalte. Es geht um die ganze Phalanx der Rechtsextremisten weit über Pegida/AfD hinaus. Das hat inzwischen sogar Horst Seehofer begriffen.
2. Die Kirche ist keine politische Institution, aber sie ist eine Körperschaft des öffentliches Rechtes und nimmt teil an der gesellschaftspolitischen Entwicklung einer Kommune, eines Landes. Aus dieser Tatsache, wie aus den Glaubensgrundlagen ergibt sich, dass Christen sich als Christen gesellschaftspolitisch engagieren.
3. Können Sie sich eigentlich vorstellen, dass auch Menschen wie ich „Sorgen und Ängste“ haben, die ich gerne ernst genommen wissen möchte? Zum Beispiel die Angst davor, dass irgendwann mehr als 25 % dem Nazi Höcke ihre Stimme geben? Können Sie sich auch vorstellen, dass es in Deutschland inzwischen Regionen gibt, in denen der christliche Glaube ein „Fremdkörper“ ist, weil er sich eben nicht eignet, rechts-ideologisch vereinnahmt zu werden?
Demokratie ist keine Schönwetterveranstaltung. Demokratie verlangt Haltung und Haltung basiert auch auf Wertentscheidungen. Und da gilt auch: Eure Rede sei Ja, Ja, Nein, Nein …
Beste Grüße Christian Wolff
Zum Reformationsfest 2019 – hier: Sehr geehrter Herr Gernhards;
es kann überhaupt nicht verwundern, dass ich mich den Argumenten der Herren Wolff und Weiss ohne Einschränkung anschließe.
Ihre Kommentierungen, woraus ja deutlichst Grundüberzeugungen ersichtlich werden, erschüttern auch mich.
Zur Erinnerung, und bewegen Sie dies doch einmal näher in Ihrem Herzen:
Akif Pirincci, seit längerem Publizist bei Antaios (s.a. Götz Kubitschek; Verlag Secession und Institut für Staatspolitik), äußerte einst auf einer der Dresdner Pegida-Aufmärsche, das er bedauere, dass die Konzentrationslager nicht mehr in Betrieb seien…
Wer da noch sympathisiert und relativiert und meint, die AfD (welche Pegida durchaus mit Nähe kultiviert) sei reine Protestpartei, muss schlecht hinhören und nicht erkennen, dass auch ein Theo Lehmann – zu DDR-Zeiten ein begehrter Protestant sehr beliebt – offensichtlich etwas falsch sieht, sehr falsch und ggf. mit fatalen Folgen.
Und nochmal:
Die Stärke des Einen ist die Schwäche des Anderen.
Unsere Evangelisch-Lutherische Kirche muss endlich stark werden, sich einmischen als Teil dieser Gesellschaft, sich eindeutig positionieren und mutig werden.
Ist man selbstbewusst und leidet nicht an Minderwertigkeitskomplexen (selbstgemachten), dann ist man auch in der Lage, anderen Entwicklungen, wenn sie denn stören sollten, mutig und offensiv gegenüber zu treten.
Mit langatmigen Argumentationen, die an der politischen und auch sakralen Realität vorbeigehen, ist wahrlich kein „Staat2 zu machen – das sind doch Allgemeinplätze.
„Es gilt ein frei Geständnis in dieser unsrer Zeit, ein offenes Bekenntnis bei allem Widerstreit.“ Spitta sagt es uns, tun wir also endlich etwas als herum zu eiern!!
Ein nachdenkenswertes Reformationsfest uns allen.
Sehr geehrter Meik Gerhards,
mich befremdet Ihr Kommentar auf Christan Wolffs Beitrag schwer. Ich hatte von einem Akademiker erwartet, dass er, wenn er schon kommentiert, sowohl das Anlegen, als auch den Text des Beitrages in den Blick nimmt. Dass Sie nun verengen auf Pegida und vermeintliche „Islamiesirungsängste“ und dabei ausgerechnet einen Theo Lehmann als „Kronzeugen“ aufrufen, führt bei mir zunächst zu einer gewissen Erheiterung, dann aber zu der Erkenntnis, aus welcher Ecke Sie argumentieren und denken. Zu dem nun von Ihnen namhaft gemachten „Thema“, erlaube ich mir, einen Link mitzuteilen mit der Bitte um: Kenntnisnahme, gründliches Studium und verstehendes Bedenken. Mehr möchte ich zu Ihrem Beitrag hier nicht äußern, ausgenommen dies: so, genau auf diese Argumentationsweise, werden wir die Probleme, die das „sächsische Schisma“ der Landeskirche bereiten NICHT lösen können….
https://de.wikipedia.org/wiki/Weltgebetstreffen
MfG
Th. W.
Sehr geehrter Herr Wolff,
man muss sich doch nicht ernsthaft darüber unterhalten, ob Äußerungen wie die von Verena Hartmann oder Roland Ulbrich akzeptabel sind oder nicht. Natürlich sind sie es nicht! Auch kann es keinen ernsthaften Streit darüber geben, dass alle Menschen unabhängig von Hautfarbe oder Kultur Geschöpfe Gottes sind. Das sind aber nicht die eigentlichen Probleme von Kirche und Gesellschaft in unserem Land. Worum es geht, zeigt eine Stimme aus Ihrer Landeskirche, der Pfarrer und Evangelist Theo Lehmann, der sich in einem am 29. Oktober 2019, also gestern, erschienenen Interview mit „idea spektrum“ dazu bekannt hat, an Pegida-Märschen in Chemnitz teilgenommen zu haben. Dazu kommentiert er: „Faschisten habe ich dort nie gesehen. Es waren Typen dabei, die mir nicht gefallen haben, aber in meiner Gemeinde gefallen mir auch nicht alle Leute. (…) Pegida und AfD sind die einzigen, die dagegen protestieren, dass uns der Islam überrollt. Sonst macht das keiner – keine Kirche und keine Partei“ (https://www.idea.de/spektrum/detail/vergebung-funktioniert-nicht-auf-die-schnelle-tour-110875.html). Auch Theo Lehmann scheint mit Pegida auch Probleme zu haben – es gibt dort Typen, die ihm nicht gefallen; er sagt im selben Interview, dass er nicht versteht, warum die AfD Höcke nicht ausschließt -, aber er marschiert mit, weil Pegida und die AfD die einzigen seien, die seine Sorge vor der Islamisierung ernst nehmen. Da Lehmann für die konservativen Frommen jedenfalls der mittleren und älteren Generation eine gewichtige Stimme ist, können Sie das, was er sagt, auf viele Christen Ihrer und anderer Kirchen übertragen. Dann werden eben Äußerungen wie die von Hartmann, Ulbrich oder Höcke hingenommen, weil diese Leute die einzigen zu sein scheinen, die die Angst vor dem Islam ernstnehmen. Und das ist natürlich ein Problem! Aber das können Sie nicht lösen, wenn Sie die Sorgen und Ängste der Menschen nicht ernstnehmen, wie Sie unter Punkt 1. fordern. Ich denke – um nur bei dem Thema zu bleiben – der Kirche täte zunächst eine theologische Klärung gut. Sie selbst machen die Menschennähe Gottes in Jesus Christus stark (Punkt 4.). Darin liegt aber eine klare Trennlinie zwischen christlichem Glauben und Islam, der gerade diese Menschennähe nicht kennt. Wenn Kirchenleiter wie Bedford-Strohm im Beirat eines Islam-Zentrums mitarbeiten oder Bischof Hein von Kurhessen-Waldeck (gerade emeritiert) sich für gemeinsame Gottesdienste mit Muslimen einsetzen mit der Begründung, selbst die Confessio Augustana sähe in den Muslimen ja nur christliche Häretiker, die aber an denselben Gott glauben, dann macht sich die Kirche 1. theologisch unglaubwürdig (denn Muslime glauben nicht an den Gott, der Mensch geworden ist, der Islam lehnt dies sogar vehement ab!) und 2. verliert sie jegliches Vertrauen bei Menschen, die Ängste vor einem zunehmenden Einfluss des Islam haben – Ängste, die im Übrigen nicht unberechtigt sind. Darüber hinaus wäre eine politische Klärung nötig: Unter Demokraten muss klar sein, dass ein traditioneller, an Scharia und Hadith-Überlieferung festhaltender Islam keinen offiziellen Platz in unserer Gesellschaft haben kann – genauso wie klar sein sollte, dass man einem Björn Höcke kein politisches Amt anvertrauen kann. Würden Vertreter der politischen Mitte und nicht nur Höcke und Gesinnungsfreunde dies klar aussprechen und – was in der letzten Zeit auf Grund gewisser Pleiten zum Glück auch passiert – von der Zusammenarbeit mit zweifelhaften muslimischen Organisationen etwa beim Bau von Großmoscheen absehen, dann wären dafür auch viele Migranten aus muslimischen Ländern dankbar, die selbst mit dem traditionellen Islam erhebliche, z.T. sogar lebensgefährliche Probleme haben. Auch die Kirche könnte, wenn sie sich klar vom Islam als einer christentumsfeindlichen Religion absetzt, mit mehr Vertrauensvorschuss dafür werben, dass man Menschen aus orientalischen Ländern, auch praktizierenden Muslimen, offen und mit der von Jesus Christus gebotenen Menschenliebe begegnen soll.
Sehr geehrter Herr Gerhards, ganz klar und unmissverständlich: genau das, was Sie in den ersten Sätzen feststellen, ist leider nicht mehr Konsens. Ja, es ist eines der Grundprobleme, dass Grundwerte und Grundhaltungen zur Disposition gestellt werden. Hier muss Kirche sehr eindeutig bleiben. Wenn Theo Lehmann bei Pegida mitläuft, macht das aus Pegida keine nicht-faschistische Organisation, aber aus Lehmann macht es einen Pfarrer, der eine hohe Verantwortung dafür übernimmt, dass Menschen sich rechtsextremistischen Gruppierungen anschließen – nach dem Mott: Wenn dieser fromme Mann da mitläuft, dann kann das ja nicht schlecht sein. Im Ergebnis: Lehmann ist nun überhaupt kein Kronzeuge für die Gesellschaftsfähigkeit von Pegida. Und: Ulbrich, Höcke, Bachmann, Hartmann, Weidel, Gauland und wie sie alle heißen – sie sind Vertreter/innen der rechtsnationalistischen, gefährlichen Programmatik der AfD, der Vorhof zum Rechtsterrorismus, wie er in Halle zum Ausbruch gekommen ist. Wer das nicht sehen will, ist blind – und da fallen mir nur noch die Blindenheilungsgeschichten ein.
Wer sich für den interreligiösen Dialog, die Bejahung einer multireligiösen Gesellschaft und für das friedliche Zusammenleben unterschiedlicher Religionsgemeinschaften vor Ort einsetzt, der wird tunlichst zwei Dinge beachten: 1. Er ringt um die Gewissheit im eigenen Glauben, um angstfrei anderen Religionen gegenüberzutreten – frei nach Meister Eckart: Wer um seine Mitte weiß, kann weite Kreise ziehen. 2. Er begegnet anderen Religionsgemeinschaften offen und pflegt mit ihnen auch die kontroverse Diskussion. Ich persönlich habe damit sowohl in Mannheim wie in Leipzig nur gute Erfahrungen gemacht. Dass es im Islam Gruppierungen gibt, mit denen Zusammenarbeit nur schwer möglich ist, ist unbestritten – aber das ist im Christentum nicht anders. Christian Wolff
Sehr geehrter Herr Wolff,
ich weiß nicht, ob ich mich so unverständlich ausdrücke – oder ob meine Gedanken zu abstrus sind. Ich habe natürlich nicht sagen wollen, dass Pegida eine anständige Organisation ist, weil Theo Lehmann da mitläuft. Ich habe es als Problem benannt, dass Lehmann die Äußerungen von Ulbrich, Hartmann, Höcke u.a. in Kauf nimmt, weil Pegida und die AfD die einzigen sind, „die dagegen protestieren, dass der Islam uns überrollt – keine Partei und keine Kirche“ – so sagt er wörtlich. Das heißt mit anderen Worten: Pegida und die AfD sind die einzigen, von denen er sich in seiner Angst vor der Islamisierung ernst genommen sieht. Und deshalb läuft er mit, obwohl er selbst sicher kein Rechtsextremist ist. Und was Lehmann hier sagt, habe ich schon exakt so von vielen AfD-nahen Christen gehört. Und dabei geht es nicht nur um die Islam, sondern auch um den besonderen Schutz der klassischen Familie und um die Abtreibungsfrage. In alledem sieht man sich nicht mehr von der CDU, erst recht nicht von eher linken Parteien und auch nicht von der Kirche mehr ernst genommen – nur noch von der AfD. Und die wird daher trotz allem verteidigt.
Wenn ich nun Ihre Stellungnahme sehe, glaube ich, dass Sie gar nicht in der Lage sind, die Sorgen der Menschen ernst zu nehmen. Ein Satz wie der, „dass es im Islam Gruppierungen gibt, mit denen Zusammenarbeit nur schwer möglich ist – aber das ist im Christentum nicht anders“ zeigt dass Sie für die Probleme des Islam, die den Menschen Angst bereiten, offenbar keine Antenne haben. Wir haben in Köln eine Großmoschee, die die Stadt initiiert hat, und die im vergangenen Jahr der Islamist Erdogan eingeweiht hat. Die Repräsentanten der Stadt waren dazu nicht eingeladen. Das große Integrationsprojekt – zumindest vorerst gescheitert. Die stadtbildprägende Moschee in Ehrenfeld ist aber da. Damit hat sich letztlich derselbe Erdogan ein Denkmal gesetzt, der Moscheekuppeln als Helme und Minarette als Speere bezeichnet hat. Das ist Jahre her, und Erdogan hat zwischenzeitlich als Islamist in der kemalistischen Türkei im Gefängnis gesessen. Als er das sagte, war er aber älter und reifer als Rentzing zu der Zeit, als er die besagten Aufsätze schrieb. Was will Erdogan aber nun mit „Helmen“ und „Speeren“ in Mitteleuropa? Und warum rät er den hier lebenden Türken, unter denen er bekanntlich nicht wenige Wähler hat, möglichst viele Kinder zu bekommen? Hat das mit dem „Geburten-Djihad“ zu tun, den andere Islamisten als Mittel zur Eroberung Europas propagieren? Ich könnte nun noch auf Äußerungen von Murad Hofmann, Ehrenmitglied des an der „Islamkonferenz“ beteiligten Zentralrats der Muslime hinweisen, die dessen derzeitiger Vorsitzender Ayman Mazyek begrüßt hat – aber lassen wir das. Fällt das alles für Sie unter die Rubrik „Gruppierungen, mit denen Zusammenarbeit nur schwer möglich ist“? Oder muss nicht jeder Demokrat dagegen öffentlich ein großes Warnsignal setzen? Ich denke, das muss er. Und es muss darauf hingewiesen werden, dass genau diese Haltung in den autoritativen Quellen des Islam grundgelegt ist, so dass wir in Deutschland keinen Islam wollen können, der z.B. nicht bereit ist, sich von Mohammed als politischem Vorbild loszusagen und ebenso von der Einteilung der Welt in „Haus des Islam“ und „Haus des Krieges“. Wenn Sie bereit sind, darüber zu diskutieren, dann können Sie auch mit Björn Höcke über Perspektiven zur Wiedereinführung des Führerstaates diskutieren. Einer der Wortführer gegen den Moscheebau in Köln war übrigens Ralph Giordano, der als damals sog. „Halbjude“ während des Dritten Reiches versteckt werden musste und auch sonst kaum im Verdacht stand, rechts zu stehen. Ihre Methode, diese Probleme mehr oder weniger vom Tisch zu wischen oder jedenfalls nicht klar und deutlich anzusprechen, ist mitverantwortlich dafür, dass sich Christen Ihrer Kirche nur noch von Pegida und AfD angesprochen fühlen.
Mit freundlichen Grüßen,
Meik Gerhards
Sehr geehrter Herr Gerhards,
nein, Sie drücken sich nicht unverständlich aus. Ich meine sehr genau zu begreifen, was Sie antreibt, mich ständig mit Argumenten zu befeuern – nun Theo Lehmann bei Pegida, der ach so fromme Mann, auf den so viele Christen in Sachsen hören und der im Gegensatz zu mir die „Sorgen und Ängste der Menschen“ ernst nimmt. Und doch kommt bei mir nur an: wieder ein Mosaiksteinchen in der Strategie der Selbstverharmlosung. Wieder einmal wischen Sie den programmatischen Rechtsextremismus von Pegida/AfD, ihren systematischer Hass, ihre Gewalt anheizende Hetze weg, nun mit einem Theo Lehmann, der – auf die Idee muss man erst einmal kommen – in Pegida die einzige Organisation sieht, die die Gefahr des Islamismus ernst nimmt, und mit der seit Jahren sich nie ändernden Geschichte der Kölner Großmoschee. Und dann kommt der Spitzensatz: „Wenn Sie bereit sind, darüber zu diskutieren, dann können Sie auch mit Björn Höcke über Perspektiven zur Wiedereinführung des Führerstaates diskutieren.“ Absurder geht es wohl kaum. Nein, mit Herrn Höcke habe ich nicht zu Absicht zu diskutieren. Er ist ein Faschist. Und was die Ängste der Menschen vor dem Islam angeht, so gilt: nur was ich nicht kenne, macht mir Angst. Also geht es darum, Begegnungen zu schaffen. Da ist jeder aufgerufen, dies zu organisieren, anstatt Menschen gegeneinander aufzubringen. Das habe ich in Mannheim praktiziert und auch in Leipzig. Das ist jedenfalls wichtiger, als immer dieselben Geschichten aufzuwärmen. Im Ergebnis: Gehen Sie bitte davon aus, dass ich Ihre Absichten längst durchschaue. Sie werden nicht verfangen. Mit freundlichen Grüßen Christian Wolff
Oh mein Gott, Herr Gerhards – ich weiß: ein „frommer Christ“ sollte sich dieser Formel nicht bedienen, tu es aber gerade drum… und ich weiß langsam nicht mehr, ob es fruchtbringend ist, auf die schier überbordende Anzahl Ihrer Schriftzeichen einzugehen. Christian Wolff hat dies sehr deutlich getan. Ich kann es mir ersparen. Ich kann nur raten: halten Sie inne! Lesen Sie die Rentzingschen Studententexte mit wachem Verstand und akademischer Analysefähigkeit. Sie rufen Sie ja selbst wieder auf…. Und tun Sie selbiges mit Höckeschen und /oder Gauländischen (etc. pp) Verlautbarungen! Wenn ich erkennen kann, dass Sie sich dem tatsächlich widmeten, kann gern weitergeredet werden.
MfG
Th. W.
Sehr geehrter Herr Wolff; sehr geehrter Herr Weiß,
wenn Sie aus meinen Beiträgen herauslesen, dass mich die „Selbstverharmlosung“ antreibt und dass ich den Hass, den Pegida und AfD verbreiten, „verwische“, dann begreifen Sie tatsächlich nicht, was ich meine. Ja, ich gebe zu, meine Beiträge sind wieder ziemlich lang geworden oder „überbordend“, wie Sie es sagen, Herr Weiß. Aber die Dinge sind auch sehr komplex, und ich kann nicht erkennen, dass Herr Wolff „deutlich“ auf das eingegangen ist, was ich geschrieben habe. Für Sie, Herr Weiß, werde ich dem nicht gerecht, was Sie von einem Akademiker erwarten, wohl auch, weil ich mich auf Theo Lehmann berufe. Vielleicht hat das damit zu tun, dass ich im Unterschied zu manch engagiertem Sozialdemokrat in diesem Land, ein Sohn aus bildungsfernem Hause bin und daher ein Gespür für das habe, was Menschen bewegt, die nicht in den „Blasen“ mancher akademischer oder auch innerkirchlicher Diskussion leben. Und Theo Lehmann ist jemand, der mit Volkes Stimme spricht, was den frommen Teil der sächsischen Landeskirche angeht. Dass Sie, Herr Wolff, ihn ironisch einen „ach so frommen Mann“ nennen, wirkt auf mich so, als würden Sie ihn eher verachten. Aber dann verachten Sie viele Menschen in Ihrer Kirche – was ich bei einem Pfarrer für erschreckend halte. Ich erwarte nicht, dass Sie Lehmanns Haltung zu Pegida teilen. Aber ich erwarte von einem Pfarrer, der sich so lautstark zu Wort meldet wie Sie, dass er versucht zu ergründen, was einen Mann wie Theo Lehmann – also einen Mann, dem niemand vorwerfen wird, ein Rechtsextremist zu sein – dazu antreibt, in Pegida und AfD die Einzigen zu sehen, die seine Ängste vor dem Islam ernstnehmen? Könnte das mit Erfahrungen zu tun haben, die wir in Köln mit dem Bau einer Großmoschee gemacht haben? Die Parteien der Mitte, darunter der OB Schramma (CDU), haben uns erzählt, wie wichtig die Moschee für die Integration der Muslime in Köln ist – und dann die Pleite. Die Befürworter der multikulturellen Gesellschaft haben dafür gesorgt, dass nun in Ehrenfeld ein stadtbildbeherrschendes Denkmal des Islamismus steht. Entschuldigungen – soweit ich gehört habe: Fehlanzeige! Solche Erfahrungen – und das ist ja nur ein Beispiel – sind es, die bei vielen Menschen den Eindruck erwecken, die Parteien der Mitte und die Kirchen tun nichts gegen ihre durchaus berechtigten Ängste vor einer Islamisierung. Wenn Sie, Herr Wolff und Herr Weiß, dieses Thema nicht den Rechtsextremen überlassen wollen, dann tun Sie etwas dagegen!!! Der Allgemeinplatz, dass man Dialog mit Muslimen betreiben muss, weil jeder das fürchtet, was er nicht kennt, ist zwar nicht falsch, aber doch nicht zielführend. Solange sich die Kirche nicht theologisch vom Islam distanziert und auch die Unterschiede klar offenlegt, und solange sie offiziell mit Leuten Dialog treibt, die sich nicht klar von der Scharia und von Mohammed als politischem Vorbild distanzieren, wird die Kirche kein Vertrauen bei denen gewinnen, die ihre einzige Hoffnung bei AfD und Pegida sehen. Heute lese ich in der Zeitung, dass eine Vertreterin der Milli-Görus-Bewegung am Reformationstag in einer Kirche eine Kanzelrede gehalten hat – im Zeichen des christlich-islamischen Dialogs. Halten Sie das für sinnvoll? Milli Görus ist eine islamistische Organisation, die auf Erdogans politischen Ziehvater Erbakan zurückgeht. Wenn wirklich nicht nur Theo Lehmann, sondern auch Sie die Sorgen und Ängste der Menschen ernstnehmen, dann schreiben Sie doch etwas in Ihrem Blog dagegen und setzen Sie sich dafür ein, dass die Leute der Milli Görüs keine Bühne haben dürfen! Nicht in unserem Land und nicht in der Evangelischen Kirche!