Wie viele andere Bürgerinnen und Bürger Leipzigs engagiere ich mich seit Jahrzehnten für die Grundwerte der freiheitlichen Demokratie, gegen Rechtsextremismus und nationalistische Gruppierungen, gegen Antisemitismus und Rassismus, gegen Gewalt in der politischen Auseinandersetzung. Mich hat sehr geprägt, als ich bei meinem ersten Leipzig-Besuch vor 30 Jahren am Abend des 20. April 1991 durch ein Feuerwerk aufgeschreckt wurde. Am 30. April 2004 wurde mein PKW im Innenhof des Dittrichring mit Hakenkreuzen beschmiert. Seit 1997 habe ich zusammen mit Pfarrer Christian Führer (1943-2014) immer wieder zu Demonstrationen gegen die vom Neo-Nazi Christian Worch organisierten Aufmärsche aufgerufen und an ihnen teilgenommen. Nicht zuletzt haben diese Demonstrationen und die Aktivitäten der Initiativen „Willkommen in Leipzig“ und „Aufruf 2019“ dazu geführt, dass die Rechtsnationalisten in Leipzig Gott sei Dank keine Basis gefunden haben.
Bei all diesen politischen Aktionen war für mich eines immer klar und nicht verhandelbar: Niemals dürfen die eigenen Ziele durch ein Verhalten in Zweifel gezogen werden, das diesen Zielen widerspricht. Darum gilt der Grundsatz der Friedlichen Revolution „Keine Gewalt“ uneingeschränkt. Darum verbietet es sich, den politischen Kontrahenten in seiner Privatsphäre aufzuspüren und persönlich zu bedrohen. Darum darf Kritik an der Polizei nicht mit einem militanten Kampf gegen sie verwechselt werden. Darum ist eine deutliche Trennlinie zu ziehen, wenn Demonstranten meinen, auf der Straße bürgerkriegsähnliche Scharmützel austragen zu müssen. Wo Gewalt angewendet und das Demo-Geschehen militarisiert wird, stimmen die politischen Ziele nicht. Darum kann ich auch den Demonstrant*innen am vergangenen Samstag nicht zugutehalten, dass ich mit ihren Zielen übereinstimme, aber die Methoden ablehne. Nein, wer Transparente mitführt oder duldet, auf denen zum Mord eines Polizeibeamten aufgefordert wird, wer von vornherein auf gewalttätige Auseinandersetzung mit der Polizei aus ist, wer gezielt und bewusst Steine in Geschäfte, Banken, Autos wirft und Barrikaden und PKWs entzündet, mit dessen Zielen will ich nichts zu tun haben. Mehr noch: Nicht eine einzige Stunde und schon gar nicht unter ihrer Federführung möchte mit denen gemeinsam verbringen, die zum wiederholten Mal ein Inferno in Connewitz entzündet haben.
Mit Politik oder einer politisch linken, demokratischen, antifaschistischen Einstellung hat das nichts zu tun, wohl aber mit einer beängstigenden kriminellen Energie und einer herrischen A-Moral, die nicht von ungefähr erst dann auf Touren kommt, wenn bei den Beteiligten ein bestimmter Alkoholpegel erreicht ist. Zu all diesem politischen Irrsinn kann es nur ein NEIN geben – ohne wenn und aber. Mehr noch: Wir müssen uns klar und unmissverständlich dagegen verwahren, wenn durch blindwütige Gewalt ein angeblich „antifaschistischer Kampf“ geführt und damit all die Grundwerte besudelt und mit Füßen getreten werden, die ein demokratisches, freiheitliches, soziales, menschenwürdiges Miteinander ausmachen. Dass durch Gewaltexzesse wie am vergangenen Samstag im Endergebnis die Kräfte gestärkt werden, gegen die man angeblich demonstriert und die nur auf solche Randale warten, daran sei zum wiederholten Mal erinnert. Jedenfalls ist die Frage, die mir heute ein engagierter Bürger gestellt hat, nicht ohne Berechtigung: Wieviel Geld hat denn die AfD den Gewalttätern dafür gezahlt, dass diese ihr dieses bizarre Schauspiel frei Haus geliefert haben?
18 Antworten
Heute schreibt übrigens die LVZ: Die Wut des Volkes muss „die Corona-Leugner, die wirren Skeptiker, die Unwilligen, die Schummler und die Trickser treffen“, und sich nicht gegen die wohlmeinende Regierung richten (Kai Kollenberg auf Seite 2). Hat das noch irgend etwas mit Demokratie zu tun? Klingt das nicht eher so wie manches, was man zu DDR-Zeiten (oder zu noch dunkleren früheren Zeiten) in den Zeitungen gelesen hat, wenn die Regierung mit ihrem Latein am Ende war?
Ich kann Ihnen uneingeschränkt zustimmen-richtig, ohne wenn und aber! Aber bitte ohne den letzten Satz! ich halte es für sehr gefährlich eine Vermutung ohne Beweise in den Raum zu stellen-(obwohl ich beiden extremistischen Lagern die von Ihnen geäußerte Vermutung zutraue). Es könnte dadurch der Eindruck beim normalen Bürger entstehen, dass ja „die Anderen“ Schuld an den Ausschreitungen haben und somit die tatsächliche Gefährlichkeit dieser Extremisten entschärft und vernebelt wird. Hier gilt nur eine klare Abgrenzung und eine konsequente, unter Einsatz aller zur Verfügung stehenden gesetzlichen Mittel, Strafverfolgung der Täter.
Es ist wieder sehr deutlich geworden: Eine Partei, welche Teile dieses gewalttätigen Extremismusses in sich birgt und duldet, sich nicht konsequent dagegen stellt (weil eben ihre Grundausrichtung eine Systemabschaffung ist) nichts, aber auch gar nichts in der Regierung zu suchen hat! Connewitz hat wieder einen Grund mehr geliefert, eine Rot/rot/grüne Koalition in der Regierung nicht zuzulassen. Und SPD/Grüne haben es bis heute versäumt, klare Kante zu zeigen… Schade.
@H. Lockwenz: es irritiert mich erneut, wenn Sie den letzten Satz in Christian Wolffs Beitrag für „sehr gefährlich“ halten, weil dieser eine „Vermutung ohne Beweise in den Raum stelle“. Dabei hat er lediglich berichtet, dass ihm ein engagierter Bürger eine Frage gestellt habe…
Natürlich dürfen Sie gerne weiter und unermüdlich die Abgrenzung von SPD und Bündnis90/Die Grünen von den Linken, bzw. ein striktes Koalitionsverbot fordern; schließlich ist dies ja auch die zentrale Wahlkampfforderung der von Ihnen wohl eher geschätzten Konservativen angesichts der anstehenden gesellschaftlichen Probleme unserer Zeit.
„Connewitz hat wieder einen Grund mehr geliefert, eine Rot/rot/grüne Koalition in der Regierung nicht zuzulassen“. Das fordern Sie, weil eine Parteiangehörige der Linken die Demo angemeldet hatte? Wie gehen Sie dann mit einem Parteiangehörigen der CDU/CSU um, der dazu auffordert, Freunden/Bekannten und Verwandten, die nicht 100% zuverlässig beide Kreuze bei der CDU/CSU machen wollen, zu erzählen, die Wahl fände erst eine Woche später statt; sie bräuchten am 26.9. gar nicht erst zum Wahlbüro zu gehen?
Fakt ist und bleibt: Die angeblich linke und antifaschistische Demo am vergangenen Wochenende in Leipzig war eine einzige Schande; die Teilnehmer ließen sich klaglos zur Staffage für krude Hetzparolen aus Lautsprecherwagen machen, grölten tumb, als behauptet wurde, Veränderung gäbe es nur nach Akten der Gewalt! Und das am Wilhelm Leuschner Platz auf dem Innenstadtring in Leipzig, der für immer Symbol der friedlichen Revolution von 1989 ist und bleiben wird!!
Nachdem ich dieser Chaoten-Truppe eine Weile kopfschüttelnd zugeschaut hatte, bin ich zu einer Gruppe von Polizisten gegangen, habe mich bedankt und ihnen gesagt, dass sie einen hervorragenden Job gemacht haben, deeskalierend auftraten und habe ihnen versichert, dass diese Chaoten nicht das wahre Gesicht Leipzigs sind!
Lieber Christian,
dass eine Landtagsabgeordnete der Linkspartei diese Chaoten-Demo angemeldet hat, schadet möglicherweise der Linkspartei, auf jeden Fall aber schadet die Demo der gesamten demokratischen Linken in Deutschland, denn sie liefert reichlich argumentative Munition für die Rechte. Dass die Abgeordnete sich inzwischen von der Gewalt distanziert hat, entschuldigt die Sache nicht, denn sie muss ja gewusst haben, für welche Art von Leuten sie die Demo angemeldet hat. Dein Kommentar ist deshalb uneingeschränkt zu begrüßen.
„schadet die Demo der gesamten demokratischen Linken in Deutschland“
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Meine Hoffnung ist ja, dass Wankelmütige in der Wahlkabine sich an den alten Wahlspruch erinnern: Augen zu – CDU!
Wie groß muss die Verzweiflung bei den CDU-Anhänger*innen sein, dass sie darauf hoffen, dass Menschen ihre Augen vor der Wirklichkeit verschließen?
Leider sind selbst in Bayern die Zeiten, in denen der Pfarrer beim Sonntagsgottesdienst von der Kanzel herab seine Schäfchen aufforderte, ihr Kreuz bei der CSU machen, vorbei.
Heutzutage käme noch zu der kleiner gewordenen Zahl von Besuchern hinzu, dass ein Großteil schon mittels Brief gwählt hätte.
Scherz beiseite: Wenn in Sachsen die AfD stärkste Partei werden würde, ärgerte mich das sehr. Obwohl ich hier 70 Jahre lang mehr oder minder gern lebe: „Das wäre dann nicht mehr mein Land.“.
Bei aller Ablehnung von Gewalt, die ich nur teilen kann, sollte aber das Problemfeld
‚Ursache-Wirkung‘ nicht ganz außer acht gelassen werden.
Noch wichtiger ist, dass wir Erklärung und Rechtfertigung nicht miteinander verwechseln.
Ein kluger und sachlicher Kommentar zu den Ereignissen.
Mt 5, 37:Eure Rede aber sei: Ja, ja; nein, nein. Hier ein eindeutiges JA zu dem eindeutigen NEIN von Christian Wolff.
Ein Tesla wird von den Militanten beschädigt. Weil sich nur Wohlhabende ein solch umweltfreundliches Auto leisten können? Was für eine krude Logik.
„Das ist eine Hochschule und kein Polizeipräsidium“ so die hilflose Lautsprecherdurchsage der Demo-Organisatoren um Linke-Landtagsabgeordnete Juliane Nagel. Sollte das etwa heißen, ein Polizeipräsidium darf attackiert werden?
Endlich ein wichtiger Kommentar, mehr Bürger sollten sich anschließen
Zustimmung zu allem ist selbstverständlich- Was mich aber interessieren würde, sind die Kommentare, die Sie erhalten. Können Sie die mir zumailen?
Axel Denecke
Alle Kommentare werden hier veröffentlicht – es sei denn, sie sind anonym oder beinhalten reine Hasstiraden. Die leite ich Ihnen gerne weiter.
Lieber Christian,
viel Dank für Deine klaren Worte, denen ich nichts hinzufügen kann. Ich stimme all Deinen Sätzen zu.
Lieber Christian, ich danke Dir für diesen Blog, den ich bei mir auf FB geteilt habe und der mir aus der Seele spricht, z.B. auch, wenn Du sagst: „Wir müssen uns klar und unmissverständlich dagegen verwahren, wenn durch blindwütige Gewalt ein angeblich „antifaschistischer Kampf“ geführt und damit all die Grundwerte besudelt und mit Füßen getreten werden, die ein demokratisches, freiheitliches, soziales, menschenwürdiges Miteinander ausmachen.“ Beste Grüße, Jens