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Für einen menschenwürdigen Umgang mit Geflüchteten – „Kompromiss“ muss abgelehnt werden

Es sind in den vergangenen Tagen alle Superlative der Abscheu,der Fassungslosigkeit, der Sorge um die Demokratie bemüht worden, um das unwürdige Provinztheater zu charakterisieren, das die CSU auf der bundesdeutschen und europäischen Bühne aufgeführt hat – mit einer mittelmäßigen „Laienschauspielschar“ *, bestehend aus Männern, die mit jedem Schritt nur eines zur Schau stellen: ihr völlig übersteigerten Ich.

Nun ist es gestern zu einem sog. Kompromiss zwischen CDU und CSU gekommen, so dass die Fraktionsgemeinschaft erhalten bleibt und Hort Seehofer den Rücktritt vom Rücktritt vollziehen konnte. Der „Kompromiss“ besteht aus drei Punkten, die nur eines zum Ausdruck bringen: Weder geht es um die Menschen, die sich auf der Flucht befinden, noch geht es um politisch praktikable Verfahrensweisen im durchaus komplexen, europäisch ausgerichteten Umgang mit Geflüchteten. Die Formulierungen zeigen, dass diejenigen, die die drei Punkte zu Papier gebracht haben, ausschließlich gefällige Wortklauberei betrieben haben, nicht aber Problemlösungen im Blick hatten. Sonst hätten sie vor allem folgende Fragen in den Mittelpunkt gestellt:

  • Wie können die Flüchtlingsunterkünfte in der Nähe der Länder, aus denen Menschen vor Krieg, Verfolgung und Hunger fliehen, so ausgebaut werden, dass dort menschenwürdiges Leben über einen längeren Zeitraum möglich ist?
  • Wie können die Menschen, die auf dem Mittelmeer in Seenot geraten, in europäischer Verantwortung gerettet und aufgenommen werden?
  • Wie lassen sich in Sammelunterkünften Asylverfahren rechtsstaatlich gestalten und beschleunigen, damit zeitnah eine Verteilung in Länder der EU bzw. Rückführung möglich sind?
  • Wie lassen sich die Bundesbehörden, die mit Aufgaben und Herausforderungen der Integration befasst sind, so qualifizieren, dass sie ein klares Signal aussenden: Wir schaffen das.

Doch um eine solche, an Menschenwürde und Realismus orientierte Politik ging und geht es der CSU nicht. Vielmehr ist die CSU in einen schäbigen Wettbewerb mit der AfD um eine möglichst seelenlose und entmenschlichte Programmatik eingetreten. Da werden bewusst und gezielt Bevölkerungsgruppen gegeneinander aufgebracht. Deswegen wurden Verfahren in den Mittelpunkt gestellt, die derzeit eher eine Marginalie sind, und die Horst Seehofer Anfang Oktober 2017, also nach der Bundestagswahl, ausdrücklich abgelehnt hat – übrigens anlässlich der „Einigung“ mit der CDU über die Eckdaten der Flüchtlingspolitik (so viel zur „Glaubwürdigkeit“ des „Überzeugungstäters“ Seehofer). Über die eigentlichen Aufgaben aber schweigt sich der CSU-Bundesinnenminister seit Amtsantritt aus und führt stattdessen mit seinem „Masterplan Migration“, der bis heute ein Phantom ist, die Öffentlichkeit einschließlich seiner Kabinettskolleg/innen an der Nase herum. Ich nenne drei Punkte:

  • Integrationspolitik vor Ort
  • Wohnungsbau
  • Einwanderungsgesetz

Für die SPD kann es heute nur heißen: konsequente Ablehnung dieses „Kompromiss“. Dafür strikte Anwendung des Koalitionsvertrages in der Perspektive des 5-Punkte-Plans. Dieser wurde vom Parteivorstand gestern beschlossen. Endlich!!! Gott sei Dank kein 30-Seiten-Programm, sondern ein klarer, gut kommunizierbarer Handlungsrahmen, der sich an Menschenwürde und Realismus orientiert.** Den muss die SPD jetzt in der Regierung umsetzen und gleichzeitig den inhumanen Geist abwehren, der aus jedem Satz des sog. Kompromiss zwischen CSU und CDU, aber vor allem aus der schrägen Begleitmusik der vergangenen drei Wochen spricht. Mag die CSU der CDU ihre Politik aufdrücken können – die SPD darf sich in der Bundesregierung einem solchen Diktat niemals unterwerfen.

* So titulierte einst der ehemalige CSU-Vorsitzende Theo Waigl die Minister/innen der ersten frei gewählten Regierung der DDR 1989/90.

** Die beiden SPD-Bundestagsabgeordneten Daniela Kolbe und Dagmar Schmidt haben ein sehr gutes Papier zur Flüchtlingspolitik vorgelegt: [bws_captcha]https://mailer.spd.de/9e/6c/1f/9e6c1f2518ebce8644a02c2019b27c41/180701_Kolbe_Humane_Asylpolitik__die_funktioniert.pdf

15 Antworten

  1. Ach Gott, da isser wieder, der alte Flade! Vor kurzem schrieb er (hier in diesem Blogbeitrag), er wolle eine „freundlichere Debattenkultur“, um dann im Zusammenhang mit Politikern die Vokabel „suhlen“ zu verwenden, die normalerweise auf Schweine angewandt wird. Das versteht also Flade unter „Kultur“ und das sagt uns alles!
    Und daß er nicht versteht, wenn man anderer Meinung ist wie jemand anderer, daß man dessen inhaltliche und stilistische Widersprüche aufdeckt – die ja bisher alle unwidersprochen sind –, das wundert nun auch nicht wirklich. Der ungenannte sogenannte „Insider“ hat ja, wenn richtig zitiert, auch kein wirklich politisches Argument hervorgebracht.
    Inhaltlich: Ich habe Seehofers Pressekonferenz gestern gesehen und gehört. Es ist sicherlich ungeschickt, vielleicht auch bewußte Provokation, daß sein Papier nicht den aktuellen Stand in der Koalition widerspiegelt. Inhaltlich aber ist es überwiegend Konsens in der Koalition und inhaltlich zeigt es auch eher auf, wie sehr Deutschland sich inzwischen isoliert hat in Europa mit der ungeeigneten Doppelstrategie, dauernd den deutschen Ansatz an Europa als „europäisch“ verkaufen zu wollen und gleichzeitig so zu tun, als müßten und würden alle anderen um uns herum nur noch zustimmen.
    Lieber Herr Fade (ich folge Ihrem Beispiel, den Namen des Mitdisputanten falsch zu schreiben), Ihre Sorge ist anerkennenswert. Wenn Sie es nun noch schaffen, etwas Inhaltliches beizutragen, dann wäre das eine wirkliche Sensation.
    Andreas Schwerdtfeger

  2. Vom: „… inzwischen sehr viel vorsichtigeren Dresdener Mitdisputanten…“ nur folgende Einlassung zur fälschlicher Weise als Sommertheater aufgeführten, allein auf kleinkarierte, bayrische Ambitionen reduzierte Unanständigkeiten, deren keine Ende beschieden zu sein scheint:
    Der heute von Hrn. Seehofer der Öffentlichkeit vorgestellte „Masterplan“ (allein dieser irriger Weise historisierende Terminus widerspiegelt die Selbstverliebtheit dieses derzeit noch amtierenden, jedoch längst verzweifelt reagierenden Innenministers) offenbart nun diese natürlich vermutete Katastrophe aus der Feder eines nicht mehr akzeptablen Politikers. Alle Reaktionen deuten darauf hin, wie unsäglich und realitätsfremd und anstandslos dieses Papier ist. Und wer Seehofer heute genau zuhörte, musste rasch erkennen, dass dieses Sommertheater noch längst nicht vorbei sein dürfte. Es verwundert den gemeinen Bürger nur, wie lange man sich innerhalb dieser arg gebeutelten Regierung und der GroKo dies alles noch bieten lässt. Unserer Demokratie tut es elend weh, und der Anstand und die Moral verantwortungsvollen Denkens und Handelns gerät mehr und mehr auf den Müllhaufen. Herr Schwertfeger: vor Stunden bescheinigte ein Insider: es kotzt einen nur noch an. Ist das die Wirkung und das Ziel politischen Handelns, die wir allesamt brauchen??? Wohl kaum ! Ich verstehe Ihre verbale Brachialwut gegenüber Andersdenkender und Ihr Kaprizieren auf Chr. Wolff nach wie vor nicht!. Es wäre produktiver, würden Sie sich mit Ihren Elogen auf Seehofer und seine Jünger konzentrieren. Weiterhin in Sorge um unser aller Zukunft – Jo.Flade

  3. Ihr Kommentar, lieber Herr Wolff, zeigt genau auf, daß Ihnen einiges an demokratischem Verständnis fehlt: Eine funktionierende Demokratie BRAUCHT starke Parteiein, die sich die Rollen von Regierung und Opposition teilen. Und insofern sollte es eher überzeugen, wenn jemand sich Sorgen um die demokratischen Parteien macht, auch wenn er dann eine von ihnen der anderen vorzieht. Es ist eigentlich gar nicht so schwer zu verstehen. Und wo Sie eine „Blockade“ sehen, wenn der berühmte EU-Gipfel sowieso terminlich schon feststand (eben erst zwei Wichen nach Ausbruch der Meinungsverschiedenheit), wo Sie eine „Erpressung“ sehen, wenn eine Partei mit Festigkeit ihre Überzeugungen vertritt und durchzusetzen versucht, bleibt sowieso Ihr Geheimnis. Es wäre ja so interessant, mal zu hören, was Sie eigentlich für Argumente haben, anstatt immer nur Ihre Interpretation der Personen und ihrer Handlungen verzerrt zu wiederholen. Aber ich weiß schon: wie Sie antworten, ist Ihre Sache.
    Andreas Schwerdtfeger

  4. Johannes Kahrs, SPD-MdB, hat neulich (4.7.) unter großem Gelächter der Unions-Fraktion in der Haushaltsdebatte des Bundestages gesagt, es sei der SPD zu verdanken, daß in den letzten fünf Jahren ein schuldenfreier Haushalt verabschiedet worden sei und insofern keine Belastungen für Kinder und Enkel aufgetürmt wurden. Kahrs ist ein ordentlicher Mann und er mag diese richtige Politik der Union unterstützt haben. Seine Aussage im BT allerdings zeigt denn doch, wie sehr die SPD inzwischen jeden politischen Realitätsbezug verloren hat. Und in dieser Haltung folgt ihm nun unser Herr Wolff, der nicht erkennen kann, daß die SPD einen 5-Punkte-Plan geschrieben hat, der so dicht an Merkel ist, daß ja kein Dissenz entstehen konnte. Ich habe das ja hier – bisher inhaltlich-sachlich-argumentativ unwidersprochen – ausgeführt.
    Es ist das Dilemma der SPD, daß sie aus Angst vor dem totalen Absturz zwischen Scylla und Charybdis steuerlos laviert – Scylla: Die Gegenmeinung zur Union, die aber sie endgültig ins Abseits von Neuwahlen führen würde. Charybdis: die Zustimmung zur Merkelpolitik nach einigen Stegner’schen Windungen, die aber die Prozente auch nicht erhöht. Dazu das Personalproblem mit einer Vorsitzenden, die nur auf Absicherung schielt (und da hat sie Recht angesichts des Vorsitzenden-Verschleißes in der Partei), und einem Finanzminister, der gute Politik macht, die aber eben – Ausnahme Herr Kahrs – nicht SPD-Politik ist, und schließlich einem Außenminister, der als politischer Zwerg durch die Welt läuft (er war es schon als Justizminister) und Platitüden verbreitet.
    Wenn die SPD doch wenigstens „taktieren“ würde und nicht nur „lavieren“, von einer strategischen Ausrichtung ganz zu schweigen, dazu hat sie ja nicht mal mehr ein Thema. Und vom „Sozialen“ ist sie so weit entfernt, wie ihre Unterstützer meinen, daß die Union vom „C“ entfernt sei.
    Und während Herr Wolff als guter evangelischer Pfarrer seine CSU-Kritik voller Schadenfreude aber ohne Argumente vorbringt, ist für mich dieser SPD-Zustand eben Anlaß zur Sorge, wie ich bereits schrieb. Unser Land braucht mehr denn je Parteien, die überzeugende eigene und unterschiedliche strategische Vorstellungen innerhalb rechsstaatlicher und demokratischer Wertvorstellungen entwickeln und im Widerstreit ohne gegenseitige Attacken aber mit Haltung und Festigkeit nachdrücklich vertreten.
    Im derzeitigen Streit aber weiß die SPD heute nicht mehr, was sie gestern vertreten hat; sie erkennt nicht, daß ihre Politik zwar mit Quotenmedien aber gegen die Mehrheitsmeinung der Menschen im Lande und der Länder in der EU – denn wo findet die deutsche Position denn noch Unterstützung? Nicht mal unser großer Hoffnungsträger Macron macht mit: Er schließt seine Landgrenzen nach ITA und SPA und man hat auch noch nicht von NGO-Abholschiffen gehört, die an der französischen Mittelmeerküste eine Landung auch nur versucht hätten – keine Erfolgsaussicht hat und auch nicht problemlösend ist.
    Nochmal: Die CSU wird keine absolute Mehrheit mehr in Bayern bekommen und sie weiß es. Das liegt aber daran, daß ihre mehrheitsfähige Politik (siehe Meinungsumfagen) sich leider eben auf zwei Parteien (wozu nicht die CDU gehört) verteilt. Und die SPD wird ein 40%-Abschneiden der CSU schadenfreudig als „Sieg“ bezeichnen (wie jetzt Herr Wolff auch in der aktuellen Frage) und nicht merken, wie sehr sie sich dabei selbst schadet.
    Mit herzlichem Gruß,
    Andreas Schwerdtfeger

    1. Wenn Menschen, die inhaltlich mit der Sozialdemokratie nichts am Hut haben, sich Sorgen um die SPD machen, hört sich das meistens nicht sehr überzeugend an. So auch in Ihrem Kommentar, lieber Herr Schwerdtfeger. Dabei ist der Ausgangspunkt gar nicht das, was die SPD in Sachen Asyl und Integration programmatisch auf den Tisch gelegt hat. Ausgangspunkt meiner Einlassungen war, dass die Bundesregierung und mit ihr die ganze Republik vier Wochen von einer Partei, genannt CSU, blockiert wurde – und zwar dadurch, dass diese CSU per Erpressung versucht hat, AfD-Positionen zur Regierungspolitik zu machen. Dieser Irrsinn ist Gott sei Dank gescheitert – die Irrsinnigen sind aber weiter am Werk. Das ist das Problem – und nicht, ob sich ein „guter evángelischer Pfarrer“ „selbst schadet“ oder nicht. Beste Grüße Christian Wolff

  5. Zum Beitrag unseres inzwischen sehr viel vorsichtigeren Dresdener Mitdisputanten (ich nehme das freudig zur Kenntnis) gäbe es viel zu sagen, zum Beispiel:
    1. Zu Ihrem Punkt 1 sind wir uns wohl eher nicht einig, was ja dann auch in Ordnung ist, wenn wir uns gegenseitig trotzdem respektieren. Wo Sie einen Politzirkus sehen und ihn auch noch bestimmten Personen zuordnen, sehe ich eine demokratische Partei, die durch klare Kante endlich notwendige Bewegung in eine wichtige politische europäische Frage, die das Rechtssystem in DEU und die Mehrheitsmeinung in DEU UND der EU endlich aus der Dümpelei wieder in Bewegung gebracht hat.
    2. Es hat eigentlich keine anderen „Machtspielchen“ gegeben, als sie in der Politik – und wie ich ja aufgezeigt habe – gerade auch in der SPD üblich waren und sind. Warum das eine „Äpfel“ und das andere „Birnen“ sind, erschließt sich nur dem, der sein Urteil an der manipulativen und im übrigen – im Gegensatz zu Herrn Wolffs Meinung – ziemlich einheitlichen Medienlandschaft in dieser Frage ausrichtet. Denn wer wollte schon bezweifeln, daß mit wenigen zaghaften anderen Meinungen unsere Medien dem Skandal frönten und deshalb den Meinungs- und Methodenstreit in den Schwesterparteien ordentlich aufwühlten, ausnutzten und zur üblichen Manipulation nutzten. Erklären Sie mal (und behaupten Sie nicht nur), warum Personenstreit, politisches Hin und Her, das Herausdrängen des „Kollegen“ aus seinem Amt, etc in der einen Partei nicht demselben Verhalten in der anderen vergleichbar sind.
    3. Und der Punkt 3 ist besonders gefährlich und falsch: Es ist die Haltung der SPD und der Linksparteien, die der AfD Auftrieb geben in unserem Lande. Das sieht man schon daran, daß die AfD ja im wesentlichen die Haltung einnimmt, die CSU „sei auf dem richtigen Wege“, nur eben noch nicht weit genug. Die SPD dagegen ist (nicht nur nach Meinung der AfD) auf dem Holzweg in der Mehrheit unserer Bevölkerung und verschafft also den „Rechten“ je nach Radikalität Auftrieb. Dass diese Mehrheit sich nicht mehr nur hinter den C-Schwestern sondern auch hinter der AfD versammelt, ist allerdings traurig.
    4. Das Fazit teilen wir wohl inhaltlich. Aber die Lehre daraus ist die, die ich schon vor längerem als Gefahr definiert habe: Wenn unsere konservativen demokratischen Parteien denselben Fehler machen wie vor Jahren die SPD und die Flanke öffnen, dann etabliert sich dort etwas Undemokratisches – möglicherweise, wie im Fall des linken Spektrums, auch dauerhaft. Und wenn dann die demokratischen „Mittelparteien“, anstatt gemeinsam gegen die Flanken zu stehen, sich untereinander mehr und unflätiger bekämpfen als gemeinsam BEIDE Flanken, dann stärkt das die Extreme. Die SPD hat diese Taktik ruiniert; die CDU ist auf bestem Wege dorthin. Und die CSU? Sie weiß auch, daß sie bei den kommenden Landtagswahlen keine Chance auf die 50% plus mehr hat (was sie natürlich vorher nicht sagen kann) und also eine Koalitionsregierung ansteht. Aber wenn sie von ihren konservativen aber rechtskonformen Vorschlägen abweichen sollte, dann kommt die Wählerschaft ins Rutschen nach rechts. Und die SPD muß wissen – Frau Kohnen hat’s noch nicht begriffen –, daß bei 18% SPD ein „nur noch“ 40%-CSU-Ergebnis eben KEIN Sieg der SPD sein wird.
    Die Denkenden sind wach – und machen sich Sorgen.
    Mit Gruß,
    Andreas Schwerdtfeger

    1. Tja, nach dem gestrigen Ergebnis der Koalitionsrunde ist wohl eindeutig: die CSU hat eine Bauchlandung hingelegt, wie sie eindeutiger nicht sein könnte. Wenn es einen Grund für den Rücktritt von Seehofer gibt, dann hat er ihn nun selbst geliefert. Denn alle, was gestern beschlossen worden ist, widerspricht dem, was die CSU in AfD-Manier wollte. Dafür ist im Wesentlichen das 5-Punkte-Programm der SPD zur Regierungspolitik geworden. Der politische Schaden, den die CSU in den vergangenen vier Wochen angerichtet hat, der allerdings ist immens und betrifft leider alle demokratischen Parteien. Hoffentlich wachen „die Denkenden“ unter den Taktierenden auf und hören auf, die AfD zu toppen. Christian Wolff

  6. Vielleicht zum besseren Verständnis (und hier soll es auch in Richtung Ohrensessel-Denker gehen; gar nicht sarkastisch zu verstehen, Herr A.S.) und vor allem zu Gunsten einer freundlicheren Debattenkultur:
    1. Sind wir uns einig, wie mehr als unangenehm sich der bayrische Politzirkus, in persona Seehofer, Söder, Dobrindt sich der bundesdeutschen Öffentlichkeit darstellt und vor allem wie gefährlich solch Theater, vor allem zum Schaden dieser Demokratie und einer europäischen Gemeinsamkeit leichtfertig inszeniert wurde ?
    2. Probleme löst man nach allg. Erfahrung nicht mit allzu durchsichtigen, scheußlichen Machtspielchen (Söder versus Seehofer versus Dobrindt etc.pp.), sondern versucht das seit 2015 schwelende Migrationsproblem mit Würde, klaren Vorgaben und insbesondere mit humanitärem Grundsatz lt. Menschnre3chtscharta der UNO in den politischen Griff zu bekommen. Dieses unfassbare Bayernschauspiel sollte man übrigens mit den einstigen Problemen innerhalb der SPD nicht vergleichen (das wäre wie mit den Äpfeln und Birnen). Freilich – die SPD hat ganz eindeutig ziemliche Probleme, vor allem müsste sie jetzt klare Kante zeigen; der sog. Kompromiss, in dem sich CDUCSU suhlen, dürfte kaum das Eigentliche lösen.
    3. Was da in den letzten Wochen dem nur noch kopfschüttelnden Publikum geboten wurde, hat vor allem eines erneut bewirkt: Zulauf zur AfD. Und die Damen und Herren (stellvertretend Weidel, Gauland) freuen sich hämisch über jedwede Gabe, die ihnen geradezu auf dem goldenen Tableau tagtäglich serviert und zur genüsslichen Verdauung feilgeboten wird.

    So darf es nicht weitergehen erst recht nicht mit gegenseitigen Belehrungen und Anwürfen. Viele, zu viele schütteln nur noch den Kopf und die Abwendung von dieser Art Politik wird immer deutlicher und gefährlicher. Allein in Sachsen sind Tendenzen erkennbar, die uns zur Landtagswahl 2019 schwer auf die Füße fallen werden; die SPD geht baden, die AfD gewinnt enorm und alle anderen, auch die CDU wird sich vermutlich wundern. Leute – werdet endlich wach – noch ist Zeit!

  7. Vielleicht sollten Sie auch ma einen kritischen Blick auf die Medien in unserer Demokratie werfen. Aber es erscheint mir so als dass Sie den medialen Zirkus mitmachen.

    1. Keine Sorge! Das mache ich jeden Tag – auch im Bewusstsein, dass jeder, der sich im Netz bewegt, Teil der Medienlandschaft ist. Das ist neu und bedarf auch der (selbst)kritischen Betrachtung. Aber: die Medien sind vielfältiger denn je. Darum ist Differenzierung angesagt. Christian Wolff

  8. Die ersten beiden Ansätze dieses schönen Beitrags zeigen dem Beobachter, wie praktisch kurz das Gedächtnis ihres Schreibers ist. Denn vor rund acht bis sechs Monaten konnte man genau das über die SPD schreiben: Ihr Laienschauspieler aus Würselen (der im parteiinternen Streit am Ende einen recht guten Außenminister verdrängte), tatkräftig bekämpft von Unterstützern wie Nahles, die sich dann sein Amt besorgte, und Gegnern wie Kevin Kühnert, der sich das Amt künftig besorgen will, führten ein unwürdiges Provinztheater auf um die Regierungsbeteiligung und schadeten dem Land und der EU durch die erhebliche Verzögerung dieses Prozesses und den Rücktritt vom Rücktritt der Regierungsbildung. Und nun machen sie weiter mit einem sogenannten 5-Punkte-Plan, dessen letzter Punkt – Zuwanderungsgesetz – nichts mit dem Thema Asyl und Flüchtlinge zu tun hat, und dessen andere vier Punkte in dreien mit den Ansätzen der Union praktisch identisch sind (1. Europas Verantwortung in der Welt; 3. EU-Staaten unterstützen; 4. Schutz der Außengrenzen). Und bei dem letzten Punkt (2. Freizügigkeit erhalten), der also umstritten ist, da ist es eben so, daß er sich erstens nur auf eine vergleichsweise geringe Anzahl von Personen bezieht und hier das Dilemma zwischen einer vernünftigen aber unerreichbaren EU-Lösung und einer minder vernünftigen aber erreichbaren Lösung auf nationaler oder bestenfalls bilateraler Basis im Grunde nicht lösbar ist.
    Ich schreibe dies nicht, um Ihrer Attacke gegen die Union eine Retourkutsche entgegenzusetzen, sondern weil Ihre Kritik zwar nachvollziehbar ist, das Beispiel der SPD vor kurzem uns aber zeigt, daß so eben Politik ist und man also auch sachlich damit umgehen kann. Die Parteien und Politiker handeln auf der Basis des Jetzt und die Kritik daran kann eben leicht auf den Kritiker zurückschlagen, wenn er nur ein Kurzgedächtnis hat.
    Ihren vier „Wie-Fragen“ – Fragen, die zu undifferenziert und falsch formuliert sind, um wirklich weiterzuhelfen (zB: die Menschen „geraten“ eben nicht in Seenot sondern begeben sich in diese. Oder: Wie soll man ein rechtsstaatliches Verfahren in angemessener Zeit organisieren, wenn das Subjekt dieses Verfahrens keiner Residenzpflicht unterliegt. Oder: Wie löst man die Chimäre einer Verteilung auf andere EU-Länder auf, wenn diese eben genau dem nicht zustimmen. Und schließlich: Es ist nicht Aufgabe der Bundesbehörden, ein Signal des „Wir schaffen das“ auszusenden im Sinne von „Alle mal her“, sondern es ist ihre Aufgabe, sine ira et studio in angemessener Zeit, rechtsstaaliche Entscheidungen herbeizuführen und durchzusetzen) – Ihren vier „Wie-Fragen“ also muß die entscheidende hinzugefügt werden: Wie kann man verhindern, daß sich ein Kontinent entvölkert, insbesondere von seinen leistungsfähigen jungen Menschen. Und das tut man nicht, indem man sie abholt, indem man ihnen falsche Hoffnungen bezüglich ihrer Lebensperspektiven vorgaukelt und sie damit in die Gefahren einer langen Pilgerschaft stürzt. Und eine weitere Frage stellt sich auch: Wie begrenzt und beendet man kriegerische oder soziale Konflikte, die solche Bewegungen in Gang setzen – und da muß es eben ZWEI Ansätze geben: den der Hilfe, der aber Ressourcen „verbrennt“, ohne das Übel zu beseitigen sondern dieses eher verlängert; und den der Bekämpfung der Ursache selbst, der aber weit schwieriger und kontroverser und auch häufig von moralischer Heuchelei populistischer Vereinfacher begleitet ist.
    Und da sind wir dann beim Populismus: Integrationspolitik vor Ort, Wohnungsbau, Einwanderungsgesetz – das ist die Lösung! Einwanderungsgesetz: Dieses regelt die Einwanderung von Leuten, die wir brauchen und wollen – dh WIR bestimmen nach festgelegten Kriterien, wer kommen soll, weil wir ihn brauchen. Das hat mit Flüchtlingen und Asylsuchenden nichts zu tun. Und das Problem der Letzteren regeln wir durch – klar – Integration vor Ort und Wohnungsbau; ist doch ganz einfach. Beide Vorschläge, wohlgemerkt, sind richtig – aber wer glaubt, das sei die Lösungsbeschreibung, der ist politisch noch im Kindergarten.
    Mit fröhlichem Gruß aus dem Ohrensessel (wo es sich gut DENKEN lässt),
    Andreas Schwerdtfeger

  9. P:S.: Es war schon lange klar, dass es nur um den Punkt 27 des Masterplanes Sterit gibt. Alle anderen Punkte sind in CDU und CSU einvernehmlich,

    1. Über 110 Tage war der sog. „Masterplan Migration“ (ich hatte versehentlich geschrieben „Integration“; zu dieser aber hat der Innenminister wenig beizutragen) ein Phantom, das sich in der vergangenen Woche noch verdoppelte. Nun kann die Öffentlichkeit endlich lesen, worüber so gesprochen wurde, als wüssten alle, was in dem „Masterplan“ steht. Ein mehr als merkwürdiges Spiel mit der demokratischen Öffentlichkeit – aber Danke für den Link. Ihr Christian Wolff

  10. Lieber Herr Wolff,
    vielen Dank für Ihren Beitrag, der mich aus der Beklemmung der letzten Tage wie befreit. Ich stimme Ihnen voll zu. Unsere Demokratie und ihre gewählte Regierung darf sich nicht erpressen lassen und wir brauchen die von Ihnen genannten Perspektiven.

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