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Felssturz

„Die Basis bröckelt leise“ – so überschrieb Matthias Drobinski im Jahr des Reformationsjubiläums 2017 seinen Artikel über die Kirchenaustrittszahlen (Süddeutsche Zeitung vom 21. Juli 2017). Sechs Jahre später ist aus dem „leisen Bröckeln“ ein Felssturz geworden: 520.000 Menschen haben 2022 die katholische, 380.000 die evangelische Kirche verlassen – d.h. der prozentuale Anteil derer, die aus den Kirchen ausgetreten sind, hat sich seit 2017 verdoppelt: von 0,9 auf über zwei Prozent. Von den Kirchen ist angesichts dieser Zahlen relativ wenig zu hören. Eine offensive Auseinandersetzung mit dem dramatischen Aderlass findet kaum statt. Dabei hat die Austrittsbereitschaft längst die Gruppen der Kirchenmitglieder erreicht, die sich bis jetzt aktiv am Gemeindeleben von Kirchgemeinden beteiligt haben. Offensichtlich kehren nicht nur diejenigen der Kirche den Rücken, die sich innerlich schon länger vom christlichen Glauben verabschiedet haben. Jetzt treten auch die aus, die sich weiter als Christen verstehen wollen, aber das Gebaren der Institution Kirche nicht mehr zu akzeptieren bereit sind und die Hoffnung auf Veränderung aufgegeben haben. Das bedeutet: Neben den Auswirkungen der fortschreitenden Säkularisierung bekommen die Kirchen auch die Folgen ihrer Selbstüberheblichkeit (das gilt vor allem für die katholische Kirche) und erwartungslosen Selbstbeschäftigung zu spüren. Denn das ist ja der Eindruck, den zu viele Menschen gewinnen: Kirche befasst sich seit Jahren ausschließlich mit sich selbst, d.h. mit ihren Strukturen und ihrem Personal, verbrennt dabei vor allem personale Ressourcen und hat massiv an Ausstrahlung auf das Leben ihrer Mitglieder, geschweige denn auf die Gesellschaft verloren. So verschwimmt die Botschaft der Kirche immer mehr im Ungefähren und die Bindungskraft ihres Wirkens erlahmt. Für die evangelische Kirche kann und darf es kein Trost sein, dass der rasante Anstieg der Austritte aus der katholischen Kirche vor allem auf den Missbrauchsskandal und seine systemischen Bedingungen zurückzuführen sind. Auch sie tut sich schwer damit, der Wucht der Austrittswelle mit Aufbruchsignalen zu begegnen.

Es ist sicher kein Zufall, dass wenige Tage nach der Veröffentlichung der neuen Mitgliedszahlen der Kirchen am kommenden Montag, 03. Juli 2023, vor dem Kirchlichen Verwaltungsgericht in Dresden die zukünftige Gestalt der beiden Leipziger Innenstadtgemeinden St. Nikolai und St. Thomas verhandelt wird. Dass es zu diesem Prozess überhaupt kommen musste, ist an sich ein Trauerspiel. Es zeigt, in welch fatale Sackgassen eine selbstherrliches Agieren kirchenleitender Organe führt. Den beiden Kirchgemeinden St. Nikolai und St. Thomas blieb keine andere Wahl, als gegen die beabsichtigte organisatorische Vereinigung der beiden Innenstadtgemeinden zu klagen – wohl wissend, dass ein solches Vorgehen in der jetzigen Situation grenzwertig ist. Doch wie in fast allen Landeskirchenämtern in Deutschland fällt den Bürokraten im Dresdner Landeskirchenamt nichts anderes ein, als Milchmädchenrechnungen aufzumachen, Kirchgemeinden zusammenzulegen, sog. Regionen zu bilden, Personal einzusparen bei gleichzeitiger Maximierung des Verwaltungsaufwandes und organisierter Distanz zu den Kirchenmitgliedern. Dies alles ohne inhaltlich fundierte, strategisch angelegte Überlegungen zu der Frage, was denn Kirche in den nächsten Jahren in einer Stadt wie Leipzig will. Heraus kommt bei dieser organisierten Gedankenlosigkeit, dass die Menschennähe kirchlicher Arbeit und damit die Qualität kirchlicher Existenz auf der Strecke bleiben. Kein Wunder, dass sich immer mehr Kirchenmitglieder fragen, was ihnen die Kirchenmitgliedschaft noch bringt, wenn sie gar nicht mehr auf ihre Mitgliedschaft hin angesprochen werden.

Diese fatale Strategie der Selbstzerstörung hat jetzt schon solche Schäden angerichtet, dass man sich an den Kopf fasst: Wie kann es sein, dass eine aus Kirchensteuergeldern finanzierte Behörde abseits organisatorischer, wirtschaftlicher, theologisch-geistlicher Überlegungen sog. „Strukturreformen“ auf den Weg bringt und bürokratisch durchzusetzen versucht, deren einzige Folge sein wird, dass sich der Prozess des Niedergangs auch in den Bereichen beschleunigt, die bis jetzt noch zu den Leuchttürmen der Kirche gehört haben. Die Absicht, die Kirchgemeinden St. Nikolai und St. Thomas organisatorisch zu vereinigen, ist auch deswegen kompletter Unsinn, weil beide Kirchgemeinden eigenständig lebensfähig sind. Sie sind in der Lage, durch ihr je eigenständiges Profil und eine menschennahe Gemeindearbeit einen bedeutenden Beitrag zur Attraktivität kirchlicher Arbeit in der säkularen Stadtgesellschaft zu leisten. Doch offensichtlich hat die Kirchenverwaltung genau daran kein Interesse. Offensichtlich sollen alle gewachsenen Strukturen beseitigt werden, die dem Dirigismus selbstherrlicher Bürokraten im Weg stehen. Begründet wird das damit, dass alle Kirchgemeinden gleich behandelt werden müssen – sprich: wenn schon Niedergang, dann bitte lückenlos. Wieder zeitigt die unheilige Allianz von Machtarroganz und Inkompetenz ihre zerstörerische Wirkung – ein leider urkatholisches Überbleibsel in der lutherischen Kirche Sachsens.

Nun wird sich am Montag zeigen, ob es durch den kirchenrechtlichen Klärungsprozess gelingt, dem reformatorischen Prinzip auch in Sachsen zum Durchbruch zu verhelfen, dass sich Kirche von der Ortsgemeinde her aufbaut. Außerdem hoffe ich, dass durch die Rechtsprechung die Anmaßung des Landeskirchenamtes zurückgewiesen wird, dass sie allein bestimmt, wie Gesetze und Verordnungen auszulegen sind. Noch haben das Landeskirchenamt und der Landesbischof es in der Hand, die Kirche vor weiterem Schaden zu bewahren. Noch könnten sie sich am Tag des Apostel Thomas (3. Juli), dem Namenspatron der Thomaskirche, leiten lassen von dem Tagesspruch: „Wie lieblich sind auf den Bergen die Füße des Freudenboten, der da Frieden verkündigt, Gutes predigt, Heil verkündigt, der da sagt zu Zion: Dein Gott ist König!“ (Die Bibel: Jesaja 52,7) Dann könnte das in den Fokus geraten, was jetzt nottut: dass sich Kirche endlich auch als eine an ihren Mitgliedern orientierte Institution versteht und mit einem aus der biblischen Botschaft gespeisten Selbstbewusstsein auftritt.

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Zum Hintergrund siehe auch die beiden früheren Blog-Beiträge:

https://wolff-christian.de/der-selbstzerstoerung-x-ter-teil-das-landeskirchenamt-vergeht-sich-an-leipziger-innenstadtgemeinden/

https://wolff-christian.de/hintergruende-und-abgruende-vom-geist-und-ungeist-im-landeskirchenamt/

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22 Antworten

  1. „Kirche als Ortsgemeinde“ – das klingt schön, aber wenn man gegen demokratische Proteste für Menschenrechte agitiert (Leipziger Aufruf vom Dezember 2021), und antimilitaristische Demonstrationen mit großem Aufwand diffamiert („22 ist nicht 89“), dann muss man sich nicht wundern, wenn sich die Menschen in dieser Kirche nicht mehr zu Hause fühlen. Ich empfinde den Wandel der Thimaskirch-Gemeinde zur Regierungs-Rechtfertigungs-Institution als extrem schwerzhaft. Das „Salz der Erde“ ist diese Kirche jedenfalls nicht mehr. Die Demos von 1999 gegen den NATO-Krieg werde ich immer in Erinnerung behaltern, aber der Geist von damals ist offenbar längst dem Geist der Machterhaltung und des Opportunismus gewichen.

  2. Der kürzeste, bisher allerkürzeste Kommentar von unserem Vielschreiber: „Pazifismus pur!“ Es geschehen Zeichen und Wunder. Unfassbar, dass solches bei AS überhaupt möglich ist. Gratulation!! Da ist wohl dem Herrn die Spucke weggeblieben. Wunderbar; welch verbaler FRIEDEN – unfassbar!!!
    Weiter so, Herr Schwerdtfeger.
    Jo.Flade

  3. Hervorragend, Ihre aufgewühlte, hektische und terminologisch glänzende Kommentierung versus „Oberlehrer“ und „Kriegspazifist“, wirklich großartig Herr Schwerdtfeger. Dass Sie nicht zu bremsen sind und heftig austeilen und die Schwarte knackt, das wissen wir hier im Blog allesamt längst. Aber dass Sie unbeherrscht herumbrüllen, vielleicht auch eigenes Ungemach damit zu kanalisieren versuchen – das ist zumindest für mich neu. „Genossen Bauern, des entwickelt sich…“ nicht nur das Flugwesen. Aber vielleicht wurde es Ihnen temporär auch mal bissel zu heiß? Da hilft tatsächlich nur ABKÜHLEN! und mal raus an die frische Luft, zumindest abends. Machen Sie`s gut und: Kopf hoch – Ihr „widerlicher Kriegspazifist“ (Victor Klemperer würde sich über diesen „Sprachschatz“ sehr verwundern: lingua schwerdtfegii imperii).
    PS – Herr Fl. Barthel hat da wirklich besser und klug reagiert, so kann man streiten, nur so!!

  4. Lieber Herr Barthel – zunächst Dank Ihnen für Ihre schon deutlich gefasstere Reaktion. An einem Satz blieb ich hängen (Zitat): ….kaum Neueintritte, sehr viele Austritt. Offensichtlich ist unser Engagement nicht unserem mitgegebenen Ziel entsprechend…
    Es erhebt sich sofort die höchst entscheidende Frage: Wo ist unsere Kirche? Und hier sind nicht die in vielfacher Hinsicht sehr engagierten Kirchgemeinden (Basis-Kirche) hinterfragt, nein – die Institution Kirche muss sich endlich dieser Frage stellen. An anderer Stelle in diesem Blog beteiligte ich mich bereits an der Debatte, ob Kirche ein politisches Mandat hat, ja / nein. Als Glaubensinstitution nein. Aber als Zeitzeuge und moralisch-ethisch fundamentierte Instanz hat sie allen Grund, sich in konkreten Problemsituationen deutlich zu positionieren und vernehmbar zu Wort zu melden; Pfarrer*innen tun es je nach Gaben und Möglichkeiten sonntäglich von ihren Kanzeln. Aber die KIRCHE per se? Hört man sie? Zu Problemthemen wie Krieg, Klima, Umwelt, globale Fluchtrealität, Polarisierung der Gesellschaft, Erstarken extremistischer Gruppen und Parteien, Verarmung der Gesellschaft, Bildungsnotstände, Kriminalität, Sexuelle Gewalt etc.pp..
    Sie beklagen völlig zu Recht die Austrittswucht, das Weglaufen, die Abwendung. Und meine Wahrnehmung ist: das Kirchenvolk vermisst mehr und mehr die klare und unmissverständliche Haltung von Kirche, auch das Nachdenken über Sparsamkeit, Reduktion in Verwaltungen, personelle Beschränkung und dafür Stärkung der Basisgemeinden vor Ort! Sie wissen sicher um die Debatte um die Kirchensteuer, die erst an den Staat geht. Das verstehen viele, sehr viel längst nicht mehr. Auch verfügt Kirche über Grundbesitz. All diese Fragen beschäftigen uns alle, aber sichtbare Handlungsideen sehe, höre, spüre auch ich nicht.
    Brevi manu: Stell dir vor es ist Kirche, und keiner geht mehr hin. Dies stelle ich mir nicht vor, NEIN: Aber ich stelle mir vor, dass die Institutionen Kirche endlich aufwachen! Das Beklagen dieser enormen Austrittswelle alle Jahre wieder ist unproduktiv. Es ist längst eine Frage der Verantwortung geworden, den Realitäten konstruktiv zu begegnen mit klugen Ideen und Visionen. Wenn nicht bald etwas passiert (Chr. Wolff thematisiert es seit Ewigkeiten in diesem Blog und andere nicht minder), ja dann wird es dunkel, einsam haltlos in diesem unseren Land. Und das ist es wahrlich nicht, was wir brauchen!
    Rein inhaltlich habe ich ein großes Problem mit dem Terminus: Verwaltungsreform. REFORM – darüber sollte begrifflich doch einmal grundsätzlich nachgedacht werden!!
    Mit Gruß – Jo.Flade

  5. Liebe Antwortende,

    ich bin selbst Teil dieser Basis – mir ist bewusst, was da passiert. Da ist unfassbar viel Engagement da, was Kirche am Leben hält. Und doch sprechen die Fakten eine andere Sprache: kaum Neueintritte, sehr viele Austritt. Offensichtlich ist unser Engagement nicht unserem mitgegebenen Ziel entsprechend: Gemeinde – die Zahl der Gläubigen – wachsen zu lassen. Man muss das nicht mögen, aber Fakten sind Fakten. Und sie haben für uns die existenzielle Folge, dass ein „Weiter so“ irgendwann nicht mehr geht.
    Die Alternativen zur „Verwaltungsreform“ wären doch noch direkter beim Gemeindeglied zu spüren. Wenn es an Zuweisungen für Gemeinden, hauptamtlich Mitarbeitende oder kirchliche Initiativen geht.
    Ich suche für mein ehrenamtliches Gremienhandeln ständig schmerzfreiere & bessere Lösungen und wäre dankbar, von Ihnen neue Impulse lesen zu können. Aber vielleicht ist es auch einfach so, dass „die da oben“ nicht einfach doof sind, sondern wir alle grad ein wenig ratlos Suchende sind.
    Ein was noch – das Solidaritätsprinzip. Es ist urchristlich, dass der Stärkere den Schwächeren unterstützt. Deutsche Kirche den globalen Süden, reichere Geberkirchen im Westen die ärmeren Nehmerkirchen (wie z.B. die EVLKS) & die städtischen Kirchen den ländlichen Raum. Mag sein, dass Sie einspielen, was Sie ausgeben – hinter Liebertwolkwitz sieht das aber anders aus. Auf dem Land sind auf mehr Fläche weniger Menschen. Gern geh ich Sonntag Abend in die Thomaskirche und die ist natürlich voller, als eine Kirche auf dem Land. Aber verglichen mit dem Einzugsgebiet, wäre sie auf dem Land genau so leer. Solidarität heißt, dass alle diese Last mittragen. Manch einer auf dem Land wünscht sich sogar, dass die Städte nochmehr Last tragen. Schließlich ist es für die Rentnerin in der Stadt kein riesiges Problem mit der Bimmel ein Pfarrhaus weiter zu fahren. Auf dem Land geht das nicht so einfach und mit der jetztigen Reform brechen Kontaktflächen einfach ersatzlos weg. Dabei ist Kirche auch hier wichtig. (z.B. Für viele Jugendliche, die „anders“ sind, ist Kirche auf dem sächsischen Land ein wichtiger & oft auch der einzige Schutzraum!).

    An dieser Stelle wechsele ich wieder ins lesende Publikum. Um meine Position geht es hier schließlich eigentlich nicht. Meine Kirchgemeinde hat die Verwaltungsreform umgesetzt – auch wenn es bis zum Pfarramtsleiter nun 20km Weg sind. Ich hätte gerne jetzt einen Punkt und endlich einen hoffnungsvolleren, positiveren Blick in die Zukunft. Als Nun-Leipziger treffe ich auf viele ländliche Christen, die sauer sind, dass sie den ganzen Schmerz der Strukturreform für eine hoffentlich ruhigere Zukunft auf sich genommen haben & 2 Leipziger Gemeinden das nicht so sehen.

    MfG

    1. Lieber Herr Barthel, den ersten Teil Ihres Kommentars kann ich gut nachvollziehen. Niemand hat derzeit die Patentlösung für die vielen anstehenden, seit langem aufgebrochenen Probleme. Allerdings zeigt sich seit 30 Jahren, dass sich das Hangeln von einer Strukturreform zur nächsten in die Sackgasse der Aussichtslosigkeit führt. Ein wesentlicher Grund liegt darin, dass Solidarität mit „alles muss gleich sein“ verwechselt wird. Nur am Rande: Die Thomaskirche ist seit 2000 frei von Sonderzuschüssen durch die Landeskirche und hat über viele Jahre die Kirchenmusik an der Peterskirche mitfinanziert. Doch viel gravierender ist, dass lediglich noch zu finanzierende Stellen Maßstab für die sog. Strukturreform ist und nicht die beiden Grundfragen: 1. Warum soll es am Ort X eine Kirchgemeinde geben? und 2. Wie lässt sich am besten Menschennähe erreichen?. Wenn diese beiden Fragen zum Ausgangspunkt genommen werden (und zwar vor Ort!) und erst am Schluss über Geld/Finanzierbarkeit gesprochen wird, sehen die Entscheidungen sehr anders aus. Ein solcher Ansatz kann aber nicht von Oben verordnet werden. Er muss von unten wachsen. Im Übrigen verweise ich auf entsprechende Blogbeiträge:Praktische Erwägungen zur Krise der Kirche Beste Grüße Christian Wolff

  6. Mit Verlaub, Herr Barthel – das ist schon ziemlich scharfer Toback, was Sie da in Verkennung jeglicher Realitäten in die Öffentlichkeit werfen. Eindeutig spricht Ihre Sprache von totaler Unkenntnis dessen, was die BASIS der Kirche, nämlich die aktiven und nicht unter zu kriegenden Kirchgemeinden VOR ORT (!) realiter permanent leisten: ehrenamtliches Engagement, auch nebenberuflich, im KV, kirchenmusikalisch, für offene Kirchen sorgen und dies wöchentlich, Gemeindetreffen, Kirchenkaffees, Unterstützung von Flüchtlingen aus der Ukraine (da tobt ein barbarischer Krieg) etc.pp.. Es wirken Stiftungen, um Pfarrstellen annährend akzeptabel finanzieren zu können, weil die reguläre Besoldung nicht immer angemessen, ausreichend ist (!), die Gemeinden tun alles, aber auch alles, um ihre jeweiligen Kirchen lebendig und einladend zu erhalten. Und Sie schreiben solchen Unsinn. Ich bin wie andere nach Kenntnis Ihres verurteilungswürdigen Kommentars erzürnt und wütend. Sie beleidigen Aktivitäten und bieten NICHTS an, was zur Lösung beitragen könnte! Genau das ist kontraproduktiv und ist zudem Zeugnis für genau das, was wir allesamt derzeit und zukünftig absolut nicht brauchen: Spaltung! Sehr empfehle ich Ihnen: bevor Sie schreiben, versuchen Sie nachzudenken, dies tut einer Sache stets gut!!!
    Die Reaktion von Chr. Wolff auf Ihre bitterbösen Banalitäten konnte gar nicht anders ausfallen.
    Ich grüße Dich, lieber Christian, herzlich! Und ich bin gespannt, was der gestrige Montag in der Dreikönigskirche in der leidigen Angelegenheit de facto brachte…

    1. Ist es nicht widerlich, wie unser Pazifist hier über andere Meinungen herfährt und gleichzeitig von „Respekt, Anstand Humanitas“ schwafelt?
      Und sonst hat er nichts zu bieten außer seinen ewigen „Empfehlungen“ an andere, die allesamt für ihn selbst nicht gelten. Er behauptet, mal eine Gesprächsgruppe geleitet zu haben – es war wohl mehr eine Dauerbelehrung.
      Ihnen, Herr Wolff, meinen Glückwunsch. Ich verstehe nichts von den wirtschaftlichen Aspekten in der Entscheidung über Zusammenlegung oder nicht – die menschlichen Aspekte dagegen sind in der Tat ein häufig übersehener und wichtiger Faktor. Es käme jetzt darauf an, so scheint mir, daß man die Entscheidung nicht als „Sieg“ ausschlachtet, sondern gemeinsam mit dem früheren Gegner die Zukunft gestaltet. Oberlehrer haben hier nichts zu suchen, ebensowenig wie pazifistische „Kriegstreiber“.
      Andreas Schwerdtfeger

  7. Es ist absurd, dass eine ganze Landeskirche einen schmerzhaften Prozess durchlebt & am Ende zwei Gemeinden aus der Reihe tanzen, da sie sich besonders Besonders fühlen. Landläufig kommt das ehrlicherweise arrogant & selbstverliebt herüber.
    Ich kann Ihrer Position keine Lösungsansätze übernehmen. Die würde ich jedoch gern hören. Auch eine Kirche muss ihre Rechnungen bezahlen. Jede Gemeinde + ihre Mitglieder hat es bisher versäumt, dass Evangelium zu verbreiten & Gemeinden dadurch wachsen zu lassen. Dann tragen wir auch gemeinsam die Konsequenz.
    Und anstatt sich noch ständig darüber aufzuregen, könnte man die Zeit vor Ort für einen Austausch nutzen, wie man die eigenen Gemeinden in einem Maße wachsen lässt, damit sie irgendwann wieder eigenständig sein können. Besonders die beiden Leipziger Gemeinden hätten es da leicht. Stattdessen verbreitet man statt Hoffnung Pessimismus, Ärger & wird damit zielsicher für weitere Kirchenaustritte sorgen. Danke dafür.

    1. Herr Barthel scheint die Verhältnisse der sächsischen Landeskirche und jeder einzelnen Gemeinde genau zu kennen. Wie sonst kann er sich zu einem Satz versteigen wie: „Jede Gemeinde + ihre Mitglieder hat es bisher versäumt, dass Evangelium zu verbreiten & Gemeinden dadurch wachsen zu lassen.“ Jede Gemeinde? Ganz sicher nicht. Und da sich Kirche von unten nach oben aufbaut durch „jede Gemeinde“, kommt es nicht darauf an, was sich ein Landeskirchenamt unter Gemeinde vorstellt, sondern was „jede Gemeinde“ vor Ort unternimmt, um ihren Aufgaben gerecht zu werden. Die Kirchgemeinden St. Nikolai und St. Thomas sind Gott sei Dank in der Lage, ihre Rechnungen zu bezahlen. Sie leben nicht auf Kosten anderer Kirchgemeinden. Das aber wird sich in dem Moment ändern, in dem sie strukturell ihres Eigenlebens beraubt werden. Allein deswegen ist die vorgesehene Quasi-Vereinigung kontraprduktiv. Sich dagegen zu wehren, hat weder etwas mit Arroganz noch mit Selbstverliebtheit, sondern ausschließlich mit finanzieller, wirtschaftlicher, ogranisatorischer Vernunft zu tun.

  8. Lieber Christian Wolff,
    Das haben Sie mir voll „aus der Seele“ formuliert – ganz herzlichen Dank!
    Es ist nicht zu fassen, wie abgehoben von der Wirklichkeit manche Kirchenoberen immer noch agieren.

    Ich selbst bin – seit eh und jeh – Mitglied der evangelischen Kirche. – Und seit Langem auch der Kirchgemeinde St. Thomas. Weniger aus Glaubensgründen. Vielmehr, weil sich meine ev. Kirche, gerade in DDR-Zeiten, mehr um um die Hilfsbedürftgen bemüht hat als andere staatliche Einrichtungen.
    Ich hoffe sehr, dass Ihre mahnenden Worte Wirkung zeigen! Und grüße Sie herzlich – Ihr

    Ulrich Patzer

  9. Lieber Christian,
    auch ich betrachte die „Einebnung“ kirchlicher Strukturen samt ihrer jeweiligen, historisch gewachsenen Charakteristika mit äußerster Skepsis. Was soll das bringen?
    Ich denke an die „Zusammenlegungswut“ auf politischem Sektor. Diese sollte der Vereinfachung und Einsparung dienen, brachte jedoch meist Komplizierung, weitere Wege für die betroffenen Bürger und Mehrkosten. Daraus sollte die Kirchenverwaltung Lehren ziehen und nicht dem gleichen Irrtum erliegen.

    Als Beispiel zitiere ich die Praxis der Pflege von Gemeinsamkeit und eigenem Profil
    derHamburger Hauptkirchen, die ich aus eigenem musikalischem Erleben gut kenne:

    Zitat aus der Homepage:

    Willkommen bei den
    Hamburger Hauptkirchen
    Informationen erhalten Sie unter folgenden Links:
    Hauptkirche St. Petri
    Hauptkirche St. Nikolai
    Hauptkirche St. Katharinen
    Hauptkirche St. Jacobi
    Hauptkirche St. Michaelis
    Gemeinschaft Hamburger Hauptkirchen | welcome@hauptkirchen.de

    Was können wir tun? Wer erlebt die morgige Verhandlung beim Kirchlichen Verwaltungsgericht in Dresden?

    Ich hoffe. daß die Vernunft siegen wird!

    In alter St. Thomas – Verbundenheit
    Siegfried

  10. Natürlich ist Kirche in erster Linie kein „Wirtschaftsunternehmen“. Alle bisherigen Beiträge im aktuellen Blog zeigen das eindrucksvoll, für mich vor allem der Bericht von J. Flade über die Zeit unmittelbar vor der friedlichen Revolution!
    Wo ist die Basis-Orientierung, das politische Mandat, die klare Positionierung der Kirche heute zu all den Fragen in krisengeschüttelten Zeiten?
    Stattdessen vordergründige Kostenüberlegungen a la McKinsey, Arroganz gegenüber den Betroffenen vor Ort, gerichtliche Auseinandersetzung mit den eigenen Organisationseinheiten.
    Und mit Verlaub, ein Oliver Blume (Vorstandsvorsitzender des VW-Konzerns), käme meines Erachtens nie auf die Idee, Audi und Porsche, zwei Marken seines Konzerns, die sich (hypothetisch) selbst tragen, regelmäßig Verkaufserfolge einfahren und mit positivem Image den Konzern stützen, zusammenzulegen!
    Im Gegenteil. Er würde seine Kreativen solange einsperren, bis sie die grundlegenden Stärken dieser beiden Marken herausgearbeitet und synergetisch für „schwächelnde“ Marken nutzbar gemacht hätten.

  11. Lieber Christian – im Sommer 1989, wenige Monate vor dem Friedlichen Herbst `89 (hier sei partiell an Plauen, Dresden, Leipzig…erinnert) fand in Leipzig der letzte Kongress und Kirchentag der Ev.-Luth. Landeskirche der DDR statt (s.a.: https://www.ddr-im-blick.de/jahrgaenge/jahrgang-1989/report/kirchentagskongress-und-kirchentag-in-leipzig-1/). Auch für mich als einer der damaligen Gesprächsleiter für eine Gruppe, die thematisch den Fokus auf Bürger-Mündigkeit, Umwelt, Menschenrechte über Tage in Gruppen miteinander konzentrierten, war dieses Treffen im Juli 1989 ein Spiegel für beginnenden Aufbruch und Widerstand. Und entscheidend war: Es kam die Kirchenbasis zu Wort, trotz gewisser Zurückhaltung der Institution Landeskirche…Ich erinnere mich an einen Demonstrationsweg zum Braunkohleveredlungswerke Espenhain mit dem angrenzenden Dorf Mölbis. Espenhain wurde als das schmutzigste Dorf der DDR bezeichnet. Bereits damals gab es lautstarke Proteste gegen diese unsäglichen Umweltprobleme. Unser „Kreuzweg“ wurde ostentativ von Stasi-PKWs mit laufenden Kameras begleitet – es hielt unsere Gruppe vom Marsch nicht ab und auch nicht den damals amtierenden, mutigen und aufrechten Pfarrer, der am stinkenden, qualmenden Rande der Kohleabbauflächen eine Predigt hielt. Die Stasi-Akten sprechen eine deutliche Sprache.
    Was wäre unsere Kirche heute ohne diese Basis von 1989/90? Und heute? Pfarrstellen werden gestrichen, Struktur“reformen“ werden formalbürokratisch in Dauerschleife seit Jahren thematisiert, sog. Schwesternkirchverhältnisse werden etabliert, 3, 4, 5 Ortskirchen zusammengefügt, die Ortskirchgemeinden (auch demografisch begründet) schmelzen und die noch immer lebendige Basis vor Ort (!) kann und will es nicht fassen, dass die Behörde Sächsische Landeskirche nicht aufwacht und innehält und endlich beginn nachzudenken. Von Personalabbau im LKA höre ich nichts, ich höre nur vom Weglaufen der Kirchenmitglieder, und der Schwund tut weh, sehr weh, offensichtlich jedoch nicht dem LKA.
    Schauen wir mal, was am Montag in DD entschieden wird; die Sache per se, die Du so präzise kommentierst und bewertest, kann nur als abwegiger Fehltritt interpretiert werden. Und solcherart Prozesse (hier nun auch noch juristisch verhandelt…) werden vermutlich weitere Christen zur Aufgabe veranlassen. Nicht zur Aufgabe ihres Glaubens, nein, jedoch zur Aufgabe der „Kirche“.
    Mit dem Titel eines einstigen russischen Films (Sowjetunion, 1968) möchte ich meine heutige Kommentierung beenden: „Warten wir den Montag ab“. Dein Jo.Flade

  12. Lieber Christian,
    ich hatte vor drei Tagen ein sehr angenehmes Gespräch mit dem ehemaligen Präses der rheinischen Kirche, Manfred Rekowski. Ich sprach davon, dass die Übermacht der Verwaltung, der 40% Abbau von Pfarrstellen bis 2030 mit paralleler Verwaltungs-struktureform, die weiter auf mehr Verwaltung setzt, Sünde sei. Und er bestätigte mir die Übermacht der Verwaltung iauch in seiner Amtszeit.
    Unsere Kirche wird immer noch ein Verwaltungamt haben, bei dem wir die Schlüssel abgeben, wenn die letzte Gemeinde, die letzte Pfarrstelle geschlossen sein wird. Diese Art von Kirche, die sich zu Tode verwaltet und zu keiner Reformation mehr fähig ist,
    hat ihre Glaubwürdigkeit verloren. Sicher haben die Austritte viele Gründe, aber der von Dir beschriebene organisatorische Selbsterhalt ohne theologischen Kompass und protestantischem Bewusstsein, ist m.E. der Hauptgrund für dieses bittere Trauspiel. Möge der Herr Hirn vom Himmel werfen und vielleicht Eure beiden Leipziger Gemeinden vor dem geistlosen Wahsinn retten! Was steht an: Beten und Tun des Gerechten!

    Mit besten Grüßen
    Siegfried

  13. Lieber Christian, vielen Dank für Deine Einschätzung, die ich teile, und auch als eine Frau und Ehrenamtliche aus dem Landkreis Leipziger Land merke ich wie weit entfernt das „amtliche Handeln“ von der Realität hier Vor-Ort und von dem was Menschen und Christen brauchen entfernt ist. Niemand interessiert was hier sich entwickelt oder unterstützt werden könnte/müsste. Jedes Mal (!) , so auch vor 2 Stunden, treffe ich in der „Offenen Kirche“ in Zweenfurth suchende tragende Menschen…ich als Ehrenamtliche werde aber auch zerrieben zwischen Bürokratie und „Verkündigen“…..Ist die Verhandlung am Montag öffentlich und wenn ja wo und wann?

  14. Hell leuchtende Gemeinden sind ein zu großer Kontrast gegenüber der Funzel Landeskirchenamt. Deshalb müssen sie durch Fusion gedimmt werden. Es ist schon „heilig erzürnend“, wie LKA-Bürokraten*innen (weil basisuntauglich vermutlich im Peter-Prinzip dort gelandet) aus Jeremias „Suchet der Stadt Bestes!“ ein „Suchet der Bürokratie Bestes!“ gemacht haben – nicht nur in Sachsen. Ich wünsche der kirchlichen Gerichtsbarkeit am kommenden Montag, dass sie die Kraft des heiligen Geistes empfängt und davon in ihrer Entscheidung Zeugnis gibt! Angemessene Bürokratie einer Organisation ist für die Menschen da, nicht die Menschen für überbordende Bürokratie. Sie hat ihr zu dienen, sie nicht zu beherrschen!

  15. Immerhin 28,7 % der Befragten nannten die Kirchensteuer als Austrittsgrund, 11,8 % glauben nicht mehr an Gott, 1,2 % glauben an einen anderen Gott und 2,9 % nennen andere Gründe. Ob die 55,5 %, die angaben, wegen der Institution Kirche ausgetreten zu sein, immer ehrlich waren, sei dahingestellt.

    https://www.kirchenaustritt.de/

  16. Es schmerzt doch sehr, wenn man erkennt, welche allzu menschliche Regung zu dieser landeskirchlichen Entscheidung maßgeblich beigetragen haben muss, obwohl man sich doch als Glaubensgemeinschaft zur Überwindung derselben verabredet hatte: Der Neid.

  17. Lieber Pfarrer Wolff!

    Sie sprechen mir tief aus dem Herzen! Mehr als den einen von Ihnen formulierten Satz „Wenn schon Niedergang, dann bitte lückenlos“ braucht es nicht, um die fatale Grundhaltung zu charakterisieren, die hinter dem ausnahmslosen Umsetzungswillen zum sog. „Kirchgemeindestrukturgesetz“ im Landeskirchenamt in Dresden steht.

    Ich habe im Oktober 2021 im Schreiben an die Leitungsspitze des Landeskirchenamtes ein wenig weiter ausgeholt, um am Ende freilich ein und dieselbe Wahrnehmung zu spiegeln wie Sie! https://acrobat.adobe.com/id/urn:aaid:sc:EU:d5378e38-f843-4a4f-9ef4-2b5057ba1031

    Genützt hat es nichts – die Erwartung hatte ich auch nicht… Schauen wir nun, wie viel Weitblick die Kirchengerichtsbarkeit zeigt, „Kirche auf Abwegen“ Einhalt zu gebieten. St. Nikolai und St. Thomas mögen der Landeskirche als 2 eigenständige, ganz besondere Leuchttürme in Sachsen erhalten bleiben! Zum Wohle der Landeskirche und zum Wohle ihrer Glieder!

    Herzlich, Jost Brüggenwirth

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