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Europa im Zangengriff

Völlig zu Recht wird auf dem Hintergrund des Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine kritisiert, dass gerade in Deutschland, aber auch in weiteren Ländern der EU, viele Parteien, Politiker:innen, gesellschaftliche Institutionen zu lange die Augen vor der aggressiv-imperialistischen Politik Putins verschlossen haben. Hinzu kommt, dass sich seit 1990 die Entwicklung einer europäischen Friedensordnung zunehmend auf die Sicherung und den Ausbau wirtschaftlicher Beziehungen zu Russland und hier auf den Kauf des billigen russischen Gases beschränkte. Nicht zuletzt haben diese Versäumnisse begünstigt, dass das Putin-Russland schon seit über 15 Jahren ziemlich ungestört einen Zersetzungsfeldzug gegen die Europäische Union und ihre Ausrichtung auf Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und gesellschaftliche Vielfalt führen kann.

Fast gleichzeitig ist die Europäische Union (EU) durch die internationale Vernetzung der Rechtsnationalisten unter Druck geraten. Als Beginn dieser Entwicklung kann das Jahr 2010 gelten. Da erschien zum einen das Buch von Thilo Sarrazin „Deutschland schafft sich ab“, begleitet von einem erstaunlichen Hype. Dieser sollte offensichtlich den Rechtsnationalismus diskurstauglich machen. Zum andern wurde Viktor Orbán zum Ministerpräsidenten Ungarns gewählt – eine Zäsur für die demokratische Ausrichtung der EU. Orbáns Ideologie einer „illiberalen Demokratie“ wurde zur Blaupause für rechtsextreme und nationalistische Bewegungen in Europa und den Vereinigten Staaten. Sie erweist sich als kompatibel mit dem ideologischen Autokratismus mit imperialem Anspruch des Putin-Russland. Insofern befindet sich Europa seit über 10 Jahren im ideologischen Zangengriff zwischen Russland und den Vereinigten Staaten, deren rechtsnationalistische Ideologen wie Steve Bannon den Zersetzungsprozess des demokratischen Europas seit über 10 Jahren systematisch betreiben.

Das wirft die Frage auf: Verschließen vor dieser, die freiheitliche Demokratie bedrohenden Entwicklung nicht wieder viele Parteien, Politiker:innen, gesellschaftliche Institutionen in Deutschland und Europa die Augen? Man denke nur an die Brexit-Entscheidung in Groß-Britannien 2016, die ohne den massiven Einfluss des im selben Jahr zum Präsidenten der USA gewählten Donald Trump und des Putin-Russland während der Brexit-Kampagne nicht erklärbar ist. Ebenso ist das Erstarken der rechtsnationalistischen Parteien in Europa – PiS in Polen, Fides in Ungarn, Rassemblement National in Frankreich, Fratelli d’Italia in Italien, FPÖ in Österreich, AfD in Deutschland – ohne die massiven Interventionen der Vorfeld-Organisationen der Trumps und Vance insbesondere über die sozialen Netzwerke nicht denkbar. Dabei fällt auf, dass diese Parteien fast ausnahmslos Putin-freundlich agieren, die EU als einigendes Projekt zerstören wollen und verstärkt auf das setzen, was den Keim eines nächsten Krieges in sich trägt: Nationalismus. Das erklärt auch, warum all diese Parteien die inzwischen offen faschistische Politik Donald Trumps nicht nur unterstützen, sondern diese sich auch zum Vorbild nehmen. Diese Politik basiert auf den drei Säulen, die die rechtsnationalistischen Parteien bis hin zu Putin ideologisch tragen: Gott, Nation, Familie – wobei „Gott“ für eine den Autokratismus, Nationalismus, Rassismus absegnende Herren-Religion steht, die „Familie“ unterschiedlich ausgerichtete Lebensentwürfe und sexuelle Orientierungen neu tabuisieren soll und die „Nation“ die Eigeninteressen und Pfründe derer sichern soll, die sich als Autokraten der Institutionen der jeweiligen Länder bemächtigen und sich an deren Vermögen bereichern. Darum gehört zum ideologischen Feldzug der international vernetzten Rechtsnationalisten:

  • die Gleichschaltung der Medien und Flutung der sozialen Netzwerke mit ihrer Umwertung aller Werte;
  • die Aufhebung der Gewaltenteilung insbesondere zwischen Legislative, Exekutive und Judikative;
  • die Aufkündigung der Freiheit von wissenschaftlicher Forschung und Lehre an den Universitäten;
  • die bewusste Missachtung bzw. Zerstörung internationaler Vereinbarungen und Organisationen.

Dass sich die Rechtsnationalisten bei Ihrem zerstörerischen Treiben der Verharmlosungsstrategie bedienen und ihre Absichten mit dem kaschieren, was sie bekämpfen, gehört zu den Erkennungsmerkmalen des Rechtsnationalismus – und gleichzeitig ist dies der Grund dafür, dass noch immer so getan wird, als könne man diese Entwicklung durch „gutes Zureden“ aufhalten. Nein: Wir können jetzt schon erkennen, dass Rechtsnationalisten eben „nur einmal“ gewählt werden wollen. Denn danach sind die Bedingungen demokratischer Prozesse wie Wahlen und rechtsstaatliche Verfasstheit auf Dauer zerstört.

Leider sind dies keine Beschreibungen drohender Entwicklungen, sondern der schon eingetretenen Wirklichkeit. Der Wahlkampf um das Präsidentenamt in Polen wie das niederschmetternde Ergebnis belegen dies in erschreckender Weise. Wenn sich aber das demokratische Europa nicht aus diesem west-östlichen Zangengriff befreit, dann wird es zum Spielball von Trump-Amerika und Putin-Russland. Also ist jetzt der Moment, wo die Europäische Union alles unternehmen muss, um den politischen Einigungsprozess zu forcieren: Auf der einen Seite muss die EU Länder wie Ungarn, die schon längst die rechtsstaatliche Demokratie ausgehöhlt haben, strikt sanktionieren; auf der anderen Seite muss die EU sich außen- und verteidigungspolitisch handlungsfähig machen und vor allem das internationale Recht wie die Menschenrechtscharta und das Völkerrecht als unveräußerlich achten. In diesem Sinn ist dem Ausbau der EU die absolute Priorität einzuräumen, insbesondere vor der gefährlichen Hochrüstung der NATO. Schließlich gehören dieser Staaten an, die wesentlich dazu beitragen, die EU zu zerstören. Um es pfingstlich auszudrücken: Wir müssen die Geister scheiden!

20 Antworten

  1. Wie wohltuend, anregend, auch wegweisend, in dieser „langen, dunklen und schweren Zeit“ (Rolf Fersterra, 5.6., 8:09 Uhr) Christian‘s Analyse und Überlegungen zu „Europa im Zangengriff“ zu lesen; Gleiches gilt für die Beiträge z.B. von Herrn Hoellger und Herrn Fersterra! Sie machen diesen Blog für mich zu einer Bereicherung in der aktuellen Diskussion.
    Dass der Blog dennoch immer wieder arrogant und unanständig angegriffen wird („der Blog ist auf einem Tiefpunkt angekommen“), erklärt sich mir nur mit einem Interesse an Disruption.
    Wie man Disruption und Chaos erzeugt, das führt uns augenblicklich Donald Trump in Los Angeles vor! Er lässt die Nationalgarde gegen den ausdrücklichen Willen der lokal verantwortlichen Politiker:innen aufmarschieren, gießt damit bewusst Öl ins Feuer; übrigens dieselbe Nationalgarde, die er nicht rief, als seine „Proud Boys“ versuchten, das Capitol zu stürmen
    Und Wladimir Putin überzieht die Ukraine Nacht für Nacht mit immer gewaltigeren Drohnen- und Bombenangriffen. Hatte Donald Trump noch im Wahlkampf behauptet, diesen Krieg innerhalb von 24 Stunden beenden zu können, versucht er jetzt wohl nur noch, sich einigermaßen gesichtswahrend vom Acker machen zu können.
    Auch der Ruf nach diplomatischen Initiativen ist in Deutschland (und Europa) weitgehend verpufft, da Putin daran ganz offensichtlich keinerlei Interesse hat.
    Echte wirtschaftliche Sanktionen wurden und werden zwar immer mal angekündigt, verschwinden dann aber schnell wieder hinter nationalen und Lobby-Interessen… Dabei könnten Sanktionen durchaus einen wirksamen Hebel liefern, Putin an den Verhandlungstisch zu bringen (Öl-/Gaspreis, wirksame Exportrestriktionen für russisches Öl/Gas), aber das träfe halt auch uns selbst (und wer will das schon „dem Volk“ gern mit markigen Worten erklären?).
    Christian Wolff schreibt von der internationalen Vernetzung der Rechtsnationalisten und deren zunehmenden Erfolgen. Ich nehme an, Herr Fersterra hat u.a. das im Hinterkopf, wenn er sich an 1932 erinnert fühlt.
    Es ist erschreckend, dass momentan niemand z.B. die AfD nachdrücklich fragt, wie sie es mit Trump und Putin hält, wie sie die sozialen Ungleichgewichte in Deutschland vermindern, die Wirtschaft auf Wachstumskurs bringen, die Klimakrise in den Griff bekommen will! Stattdessen empfiehlt Herr Spahn, sie als „normale“ Partei zu behandeln, peitscht Herr Merz einen Entschließungsantrag durchs Parlament, was klar erkennbar nur mithilfe der AfD gelingen konnte. Und wenn Christian Wolff fordert, dass Länder wie Ungarn, das „die rechtsstaatliche Demokratie ausgehöhlt“ hat, strikte Sanktionen auferlegt bekommen soll, gleichzeitig aber sich „die EU außen- und verteidigungspolitisch handlungsfähig machen“ muss, wird ihm eine „tolle allgemeine Phraseologie“ vorgeworfen!

    Ich mag das Bild nicht, dass die jetzige Legislaturperiode „die letzte Patrone für die Demokratie“ sei.
    Eine „Brandmauer“ (nicht zu verwechseln mit einem Verbot) befürworte ich aber, weil: die AfD ist keine normale Partei, man darf nicht mit ihr zusammenarbeiten, muss ihre Vertreter:innen nicht „gewohnheitsmäßig“ auf verantwortungsvolle oder repräsentative Posten wählen. Auch in privaten Diskussionen sollte man AfD-Sypathisant:innen immer wieder darauf hinweisen, mit wem sie sich gemein machen!

    1. „übrigens dieselbe Nationalgarde, die er (Trump – K. P.) nicht rief, als seine „Proud Boys“ versuchten, das Capitol zu stürmen“
      _____________________________________________________________________________________
      Trump wollte zu seinen Anhängern, die das Kapitol stürmten, fahren, wurde aber von seinen Mitarbeitern gehindert.
      In Wild-West-Manier griff Trump dem Fahrer seines Cadillac „The Beast“ ins Lenkrad und ging einem Beamten an die Gurgel:

      „Ich bin der verdammte Präsident – fahren Sie mich sofort zum Kapitol.“

      © AFP Deutschland https://www.youtube.com/watch?v=pKWI0_hEuYA

  2. Wolff beklagt meine „immer gleichen Ausführungen“ (die doch nur Reaktion sind auf SEINE immer gleichen Ausführungen) und vergisst dann im gleichen Satz, dass ich hier der Einzige bin, der konkret einen „Schub“ für Europa vorgeschlagen hat (Vereinigte Staaten von Europa) und dass ich auf die große Diskrepanz hinweise, die augenblicks in der öffentlichen und der veröffentlichten Meinung zu den „heißen“ Themen (Migration, Verteidigung, Wirtschaft) besteht, gegen die ja selbst seine eigene Partei SPD mühsam ankämpft. Auch fällt ihm nicht auf, dass die unanständigen Beiträge Käfers „immer gleich“ und weitgehend dazu noch inhaltslos sind. Aber so wird man mich eben nicht los und es bleiben also nur die Lösungen Unterdrückung oder inhaltliche Diskussion. Ich bin dankbar, dass Sie, Herr Wolff, den ersten Weg nicht gehen; ich bin traurig, dass Sie und Leute wie Käfer den letzteren offensichtlich nicht gehen wollen. Die Frage des Heiligen Geistes (wenn es ihn in der Politik denn gibt) stellt sich mir zugegeben nicht und man scheint ja auch in Fachkreisen unterschiedlicher Meinung dazu zu sein.
    Also – leider – eine Zusammenfassung dessen, was ich hier gerne entlang der vorgegebenen Themen geschrieben habe und was eigentlich niemanden herausfordert:
    1. Es ist kein Widerspruch, wenn man (in der Rekrutenausbildung oder sonst wo) das geltende Recht lehrt oder einhält und sich aber gleichzeitig Gedanken über dessen Unzulänglichkeit angesichts grundsätzlich veränderter Lagen und über die Notwendigkeit einer Weiterentwicklung macht. Die Frage, inwieweit es gut ist, dass die Judikative in ständig stärkerem Maße in die Exekutive eingreift (dazu teilweise gezwungen durch entsprechende Klagen aus der Gesellschaft, Politik oder von Individuen, teilweise aber auch durch eigene Initiative) erscheint mir insgesamt sehr legitim und aktuell und stellt keine Missachtung der Judikative dar.
    2. Ich habe mich bewusst bisher nicht geäußert zu Detailfragen der notwendigen Wiederherstellung unserer Verteidigungsfähigkeit, wie es Hoellger unterstellt (Waffensysteme, Wehrpflicht, etc). Ich habe darauf hingewiesen, dass es Aufgabe nationalstaatlicher und bündnisorientierter Verteidigungspolitik ist, Vakuen zu füllen, um ihre Fremdbesetzung zu verhindern; dass abgestufte Mittel über ALLE Aspekte möglicher Aggression dadurch friedensfördernd sind, dass sie flexibel sind und wenigstens Eskalationen verhindern können; dass Verteidigungsfähigkeit eine gesellschaftliche Herausforderung ist ebenso wie eine materielle/personelle und dass sie eine POLITISCHE Aufgabe ist (Streitkräfte nur als EIN Instrument), die diplomatisch durch u.a. Rüstungskontrolle ergänzt werden muss. Und ich weise darauf hin, dass die beiden Kriege in unserem geographischen Umfeld eine zunehmend starke Veränderung des „Kriegsbildes“ aufweisen, die sich in der „Vermischung“ von militärischen und zivilen Zielen sowie in der deutlich stärkeren Hinwendung zu ferngesteuerten Luftkriegsmitteln zeigt.
    3. Ich betone in der Migrationspolitik den Unterschied zwischen legaler und illegaler Einwanderung; zwischen Menschen mit Migrationshintergrund, die hier längst bestens integriert sind (und also gar nicht Gegenstand der Diskussion), und Menschen, die jetzt (aus verständlichen Gründen, aber eben illegal) hier einreisen und von denen man mindestens Konformität mit unseren gesetzlichen Grundlagen erwarten muss; zwischen der gewünschten Einreise (Stichwort Fachkräfte) nach legal festgelegten Kriterien und der unkontrollierten Masseneinreise, die unser Land (so die Kommunen einheitlich) überfordert.
    4. Ich befürworte den Sozialstaat und bin überzeugt, dass eine Regierung, die knapp 10% (34 Mia) ihrer Mittel für „Grundsicherung“ ausgibt und fast die Hälfte ihres Budgets von oben nach unten verteilt, nicht unbedingt der „sozialen Kälte“ verdächtigt werden kann. Und dass zB die Deutschen statistisch deutlich weniger arbeiten als erfolgreichere Nationen um uns herum, dass Deutschland mal Spitzenland war und jetzt weitgehend hinterherhinkt, ist Tatsache, nicht böswillige Propaganda.
    5. Und was konkret Israel angeht: Ich glaube nicht, dass es richtig ist, wenn wir Deutsche uns zu sehr mit konkretem Ratschlag und moralischer Belehrung einmischen sollten (auch wenn Netanjahu und seine Regierung dazu Anlass geben) – man kann das gerne anders sehen. Aber wer nicht bereit ist, die besonderen Schwierigkeiten des Staates Israel anzuerkennen – die Vertreibungsgeschichte dieses Volkes über Jahrhunderte; die rechtswidrige Kriegsführung gegen das Land seit seiner Gründung seitens aller Nachbarn; die ständige terroristische Bedrohung gipfelnd im Verbrechen des 7. Oktober mit anhaltender Geiselnahme; etc – der sollte sich nicht berufen auf die zweifellos auch vorhandenen und auch menschenrechtlich zu kritisierenden Aktionen eines Volkes mit solcher Geschichte. Man fragt sich schon, wie die ach so weißwestigen Kritiker handeln/denken würden, wären sie Opfer eines solchen generationenübergreifenden Terrorismus‘.
    Es ist völlig legitim, das alles ganz anders zu sehen. Die polemische Kritik der Wolff-Bande hier aber ist recht lächerlich, solange sie nicht AUCH in sachlicher Form Inhaltliches bringt – und sieht Jemand dies im letzten Beitrag unseres Anstandspredigers vom 9. Juni, in Wolffs Replik auf meinen Beitrag? Ich jedenfalls meine, es wäre vernünftiger und erwachsener, erstens die Gemeinsamkeiten anzuerkennen (Friede, Integration, Diplomatie, Sozialstaat, EU, Ablehnung von Trump/AfD, etc) und nur über unterschiedliche Wege zu streiten, und zweitens nicht alles reflexartig zu verdammen, nur weil es aus Ecken kommt, die wir gemeinsam aufräumen müssen und wollen. Es ist wichtiger, meine ich, in einem Blog wie diesem den Versuch zu machen, die Zukunft zu beschreiben als die augenblickliche Lage wortreich, aggressiv und ohne wirkliche politische Phantasie immer gleich zu beschreiben – und das wäre ein lohnender Wettbewerb.
    Andreas Schwerdtfeger

    1. Herr Schwerdtfeger, zu Ihren Bemerkungen über die Kriegsführung Israels:

      Der israelische Finanzminister Bezalel Smotrich hat sein Bedauern darüber geäußert, dass die Menschen im Gazastreifen Nahrungsmittelhilfe erhalten. Demnach bezeichnete er einen Stopp aller Hilfsgüter als „moralisch gerechtfertigt“, so lange nicht alle israelischen Geiseln freigelassen seien. Nach dem humanitären Völkerrecht ist ein Aushungern der Zivilbevölkerung untersagt. Dies ist in Zusatzprotokollen der Genfer Konventionen festgelegt. Aber auch Staaten, die diese nicht unterzeichnet haben, sind nach dem Völkergewohnheitsrecht, das vom Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) katalogisiert wurde, daran gebunden.

      Um einen Häuserkampf der israelischen Armee mit der Hamas zu vermeiden, werden die Häuser im Gazastreifen einfach zerbombt und dabei hohe zivile Opferzahlen in Kauf genommen.

      1. Es ist interessant, wie wir Deutsche immer genau wissen, was Israel alles falsch macht – und offensichtlich keine Worte finden zu den Terroristen, die seit Jahrzehnten den Staat der weltweit verfolgten Juden weder anerkennen (trotz UNO-Entscheidung) noch deren Verbrechen auch nur erwähnen. Wo, Herr Plätzsch, ist in diesem Beitrag Ihre Bewertung des 7. Okt (völkerrechtswidriges Verbrechen), der anhaltenden Geiselnahme und der Schutzverweigerung diesen gegenüber (völkerrechtswidriges Verbrechen), des über Jahre anhaltenden Beschusses Israels mit Raketen (völkerrechtswidriges Verhalten), der Kriegsführung unter Missachtung der eigenen Bevölkerung und der internationalen Schutzzonen (Schulen, Krankenhäuser, etc)(völkerrechtswidriges Verbrechen)?
        Hamas kann den Krieg sofort beenden – die Terroristen brauchen nur die Geiseln bedingungslos zurückgeben, den Staat Israel als von der UNO mandatiertes Völkerrechtssubjekt anerkennen, ihrer eigenen Bevölkerung die Wahl überlassen und sie nicht weiter zu unterdrücken und als Schutzschilde und Propagandamasse zu missbrauchen. Setzte Israel den Krieg dann fort – Sie hätten mich an Ihrer Seite.
        Andreas Schwerdtfeger

        1. Ich muss nicht in jedem Post den Nahostkonflikt umfassend darstellen und relativieren. Ist völkerrechtswidriges Handeln Israels durch völkerrechtswidriges Handeln der Hamas gerechtfertigt? Nein, insbesondere dann nicht, wenn der Judenstaat für sich in Anspruch nimmt, eine Demokratie zu sein.

    2. Schade, wenn der Kopf nur noch dazu genutzt wird, den Hals vor Regen zu schützen. Sonst hätte Donald S. bestimmt gemerkt, dass mein Kurzbeitrag vom 9.6. nur „die Argumente“ und die Sprache seiner Suada (8.6., 9:25 Uhr) gegen Christian Wolff, Kurt Hoellger und mich zum Thema hatte; ich fand sie würdelos, unanständig und einzig geeignet, sich die Bezeichnung als „Donald S.“ endgültig zu sichern!

  3. Wir müssen die Geister scheiden!
    Könnten Sie das bitte näher erläutern?
    Ich habe da Assoziationen die von Ketzerei bis zu „Sag mir wo Du stehst“ des DDR Liedes reichen.
    Biblische Zusammenhänge kann ich daraus nicht erschließen.

    1. „Die Geister scheiden“ bedeutet vor allem: geistesgegenwärtig die Lage einschätzen – nicht um irgendwelche Leute zu verketzern, sondern um sich die Wirklichkeit zu erschließen. Dazu habe mit meinem Blog-Beitrag einen Beitrag geleistet. Inhaltlich möchte ich das jetzt nicht wiederholen – außer dass ich darauf hinweisen möchte, dass bei mir in allen Blog-Beiträgen immer auch theologische Überlegungen mitschwingen.

  4. Soso! Die EU muss sich „außen- und verteidigungspolitisch handlungsfähig machen“ und sie muss gleichzeitig sich „vor der gefährlichen Hochrüstung der NATO“ hüten. Tolle allgemeine Phraseologie ohne Inhalt und ohne Kenntnis. Sie muss EU-Mitglieder „strikt sanktionieren“, gleichzeitig aber den „Einigungsprozess forcieren“ (hier müsste man mal in die Verträge schauen, aber das stört ja nur). Wenn sich das „demokratische Europa nicht aus diesem west-östlichen Zangengriff befreit, dann wird es zum Spielball von Trump-Amerika und Putin-Russland“ und muss dagegen am besten „die Geister scheiden“ – und, wie gesagt, Hochrüstung vermeiden. Super, nun wissen wir, was zu tun ist!
    Und Hoellger, der schon im letzten Beitrag „Offener Angriff …“ genau Bescheid wusste („Geiseln spielen für Israel keine Rolle“, andere Meinungen sind der Vergesslichkeit geschuldet, eher wirre Äußerungen zur Zwei-Staaten-Lösung) weiß jetzt mit unnachahmlicher Sicherheit, wo die Grenze zwischen Israelkritik und Antisemitismus verläuft (zB wohl auch auf den palästinensisch dominierten Straßen in Berlin oder Hamburg); ebenso wie er uns die Bösartigkeit derjenigen vor Augen führt, die für Selbstverantwortung und eigene Leistungsbereitschaft eintreten in einem Staat, der jährlich fast die Hälfte seines Einkommens von oben nach unter verteilt. Man ist beeindruckt – und zwar im Sinne von Boris Palmer, der zu Recht und außerordentlich freundlich neulich (bei Lanz) wohl festgestellt hat: „Ich glaube, dass die Linksliberalen im Namen der Toleranz eine Intoleranz entwickelt haben“. Wie alle Umfragen in Deutschland zeigen, leben wir in einer Gesellschaft, in der eine Minderheit nicht nur über eine Mehrheit dominiert, sondern diese Minderheit sich auch noch – siehe die Berichterstattung über Afghanistan-Flüchtlinge, über Somalier-Einreisen, über bewußte Fälschungen von Vitae und Ausweisen durch NGOs, eben auch über Israel – sehr selektiv der Fakten und der Tatsachen bedient.
    Israel jedenfalls – ein Volk, das selbst wie kein anderes eine Vertreibungsgeschichte hat – wehrt sich seit acht Jahrzehnten gegen Terrorismus, Nichtanerkennung und regelmäßige militärische Überfälle bis hin zu dem abscheulichen Verbrechen des 7. Oktober. Gut, dass Hoellger (dessen Familie nicht zu den Geiseln gehört und der nicht in einem existentiell bedrohten Staat lebt) weiß, was dort zur Lösung des Problems einzufordern ist.
    Andreas Schwerdtfeger

    1. Offensichtlich macht auch am Pfingstfest der Heilige Geist um Herrn Schwerdtfeger einen großen Bogen. Anders sind seine immer gleichen Ausführungen nicht zu erklären. Anstatt sich mit der Tatsache auseinanderzusetzen, dass die Europäische Einigung einen neuen Schub benötigt angesichts der massiven Angriffe auf dieselbe durch Putin-Russland und Trump-Amerika, tischt uns Herr Schwerdtfeger das allzu durchsichtige Narrativ der politischen Rechten auf von „einer Gesellschaft, in der eine Minderheit … über eine Mehrheit dominiert“ – auch eine Form, mit politischen Minderwertigkeitskomplexen umzugehen bzw. die Minderheit als anmaßenden Störenfried zu diffamieren. Dieses gefährlich-unwürdige Spielchen betreibt derzeit die Trump-Vance-Bande, um ihre Diktaturpläne möglichst schnell und umfassend realisieren zu können. In gleicher Weise ignoriert Herr Schwerdtfeger die erdrückenden Argumente gegen die völkerrechtswidrige Kriegführung der Netanjahu-Regierung im Gaza. Das, was Kurt Hoellger notiert hat, wird ja in noch viel schärferer Form derzeit von vielen Israelis formuliert – und hat nichts, aber gar nichts mit Antisemtismus zu tun, sondern basiert auf den Grundwerten, die wir vor allem dem Judentum verdanken.

      1. Nur noch „Trump-Vance-Bande“ – ich würde Mr. Musk nicht so schnell abschreiben: Pack schlägt sich, Pack verträgt sich, auch wenn der (klamme?) Präsident den erst kürzlich öffentlichkeitswirksam für 80.000 $ erworbenen roten Tesla Model S verkaufen will.

      2. Lieber Christian, Deine Predigt am Pfingstsonntag in der Thomaskirche hat sicher nicht nur meine Frau und mich berührt!
        Daher fällt es mir schwer, Deiner Erwiderung auf den aktuellen Beitrag von Donald S. zumindest in einem Punkt zu widersprechen: Ich finde, auch bei ihm zeigt sich deutlich ein Aspekt des Heiligen Geistes – er spricht perfekt in der Sprache seines Herrn, des POTUS! Und es ist nicht nur die Sprache. Auch in seiner inhaltlichen, sachlichen Argumentation folgt er getreu seinem Vorbild!

    2. „Ohne Inhalt und ohne Kenntnis“ – kann nur sagen, wer Kenntnis hat und Inhalt vorweist. Wo bleibt Ihre verständige Interpretation, anstatt den aufgezeigten Gegensatz „außen- und verteidigungspolitisch handlungsfähig Machen“ und „gefährliche Hochrüstung der NATO“ als „Phraseologie“ zu verunglimpfen? Denn dass 500 Milliarden für Rüstung einerseits und die publikumsscheue Absage der allg. Wehrpflicht andererseits (für Männer, nur die ist auf absehbare Zeit zu realisieren, Gruß an Herrn Fischer und andere „Gleichberechtigungs“-Fans) ein Widerspruch sind, sieht jeder, auch der der gewaltfreien Konfliktlösung verpflichtete Pfarrer. Wenn ich schon höre, „wir haben keine Ausbildungskapazitäten, keine Kasernen“ – ja, dann los! Geld ist da. Das eben nicht nur in neue US-Flieger angelegt werden sollte, die von anderen abgeschaltet werden können, oder in bewaffnete Dohnen statt in Flugabwehr gegen dieses Teufelszeug, wie auch Personenminen wieder Einzug halten sollen ins NATO-Arsenal. Um diese Art der Hochrüstung geht es konkret, Herr Schwerdtfeger.

  5. „Krankhaft regressive Unzufriedenheit und Verachtung gegenüber der Demokratie“ (Fersterra) halte ich für eine treffende Beschreibung der Verfassung jener Demokratieverächter, denen es dabei wirtschaftlich so gut geht. Eine Erklärung dieser Widersprüchlichkeit könnte sein, dass sie den eigenen Wohlstand zu allerletzt dem demokratischen Rechtsstaat zuschreiben, vielmehr allein dem eigenen Tun. Dass sie die Abhängigkeit des eigenen Erfolgs von den Leistungen des Staates, also von dessen Infrastruktur, Daseinsvorsorge, seinen Gerechtigkeit und sozialen Ausgleich herstellenden Institutionen ignorieren, und insofern auch keinerlei Verlustrisiko scheuen – dafür sehe ich eine Ursache darin, dass ihnen über Jahre und immer noch eingeredet wird, wie sehr dieser Staat doch überhand nehme, wie sehr er danach trachte, ihnen ihr Wohlverdientes wegzunehmen. Hinzu kommt, dass jetzt die Folgen dieser Weniger-Staat-Ideologie sichtbar werden. Der schwäbischen Hausfrau fallen nun nicht nur die Tapeten von der Wand. Ein Grund mehr in den Augen dieser Leute, den Staat samt seiner demokratischen Legitimation zu verachten.

    „In Deutschland geht es immer auch um Antisemitismus und Israelfeindschaft“ (Eckert) – ein Begriffspaar, synonym dem Kampfbegriff „antiisraelischer Antisemitismus“, mit welchem gern auf die Kritiker der israelischen Gewaltpolitik eingedroschen wird. Da gilt es zu trennen: Den klassischen deutschen Antisemitismus, der bisher wenig bis nichts mit Israel zu tun hatte, und eine historisch-politische Israelfeindschaft, die in Deutschland aber allenfalls in der „Art importierten Antisemitismus’ mit dieser großen Zahl von Migranten“ (Merz) vorkommt. Allerdings: Wird im offiziellen Berlin (nun wieder, so scheint es) systematisch weggesehen, wie Israel sich selbst zum Paria-Staat macht, könnte der bio-deutsche Antisemitismus noch wirklich antiisraelisch eingefärbt werden – und dabei bestimmt nicht weniger werden.

  6. Lieber Christian, vielen Dank für den neuen Blog, der an Deutlichkeit und Klarheit nichts zu wünschen übrig lässt. Die brennende Frage steht im Mittelpunkt: Haben die Akteure und Institutionen unserer Demokratie den Knall wirklich endlich gehört? Sind sie sich der tödlichen Bedrohung unserer Demokratie in vollem Umfang bewusst? Oder verschließen sie davor immer noch die Augen? Spielen sie immer noch die alten Spiele oder kämpfen sie schon für den Erhalt unserer Demokratie und Freiheit? Zweifel sind leider höchst angebracht. Wenn ich deine Analyse lese, komme ich immer wieder auf die Frage zurück, die mir keine Ruhe lässt: Wie konnte es soweit kommen? Was ist die tiefere Ursache für diese Krise? Gestern Abend hatten wir Plenumssitzung des Bündnisses für Demokratie in unserem Nachbarort. Einige der Aktiven berichteten wieder davon, welche eiskalte Verachtung der „Demokratie“ ihnen mittlerweile von großen Teilen der Bevölkerung entgegenschlägt. Ich kann es einfach nicht fassen und nicht verstehen: Da sitzen die Leute in ihren wunderschönen badischen Wohnorten und Häusern, fahren in ihren SUVs und mit ihren teuren E-Bikes durch das Land, jetten in den Urlaub, lassen es sich bei Stadt- und Dorffesten gutgehen. Den allermeisten Demokratieverächtern geht es sehr gut. ALLES was sie haben, ALLES hat ihn dieses „System“ und diese Demokratie ermöglicht. NICHTS haben sie außerhalb dieses Systems geschaffen. Dass die großen Krisen unserer Zeit (Krieg, Umstrukturierung der Wirtschaft) bei den meisten in ihrer Wirkung überhaupt noch nicht angekommen sind, ist ein Verdienst der regierenden demokratischen Politiker und Parteien. Und trotzdem diese krankhaft regressive Unzufriedenheit und Verachtung gegenüber der Demokratie. Woher kommt diese LUST ZUR SELBSTZERSTÖRUNG, indem man sich Kräften andient, die erkennbar nichts liefern können, die außer Disruption nichts auf ihre Fahnen geschrieben haben? Die auf kein Problem und keine Frage unser Zeit eine überzeugende Antwort bieten. Wo sind die tieferen Ursachen für diese Krankheit unserer Gesellschaft? Ich finde die Antwort auf diese Frage zentral, denn nur wenn man die Ursachen kennt, kann man zur Überwindung eines Problems wirksam beitragen.
    Ich bin mir jetzt relativ sicher: Wir befinden uns (unter anderen Bedingungen und Voraussetzungen) wieder im Jahr „1932“. Es wird bestimmt ganz anders sein als vor 100 Jahren. Und dennoch: Eine lange, dunkle und schwere Zeit liegt auch vor uns. Wir brauchen Strategien, wie wir gemeinsam gut durch diese Zeit kommen vor allem: wie wir in dieser Zeit schon den Neuaufbau vorbereiten können. Trauen wir einstweilen auf die Ansage des neuen Papstes: „Das Böse wird nicht siegen.“ Und überlegen wir uns gemeinsam, wie wir dem Sieg der Freiheit und der Menschlichkeit den Weg bereiten können.

  7. Lieber Christian, in vielem stimme ich Dir zu
    . Die Politik Trumps und seines Anhangs ist eine Katastrophe, doch ist sie nicht faschistisch-oder noch nicht. Dieses Attribut trifft auf Putin und seine Mitdiktatoren zu. und in Deutschland geht es immer auch um Antisemitismus und Israelfeindschaft. Und damit um Wagenknecht und ihren Personenkreis und leider auch um Teile der Linken. Herzliche Grüße Dein Rainer

    1. Lieber Rainer, gerne verweise ich auf das Interview mit dem Philisophen Jason Stanley von der Yale University (er wechselt jetzt nach Toronto). Da antwortet Stanley auf die Frage „Sehen Sie Anzeichen in Politik und Gesellschaft in Richtung Faschismus?“ knapp und klar „Wir sind schon da … wir sind schon da in den frühen Jahren“ (ab Minute 07:07). In dem DLF-Interview geht Stanley auch ein auf den angeblichen Kampf der Trump-Administration gegen den Antisemitismus an den Universitäten und zeigt auf, dass dieser nur als ideologische Waffe im Kampf gegen Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit eingesetzt wird. Was Wagenknecht angeht: Sie hat Gott sei Dank ihre Bedeutung verloren. Beste Grüße, Christian

      1. In Deutschland wird der Begriff des Faschismus häufig mit dessen brutalster Form, dem Nationalsozialsmus, assoziiert. Dieser Kurzschluss ist nicht zulässig.

        „Faschismus sei keine Schablone, sondern eine Ideologie der Tat, betont der Historiker Dr. Daniel Hedinger von der Universität Leipzig. Im Interview warnt er, dass Donald Trumps zweite Amtszeit genau durch solche radikalen Grenzüberschreitungen den Weg in ein faschistisches System ebnen könnte. Er erläutert, wie schon in den 1930er Jahren imperiale Expansion und gegenseitige Radikalisierung die damalige Weltordnung zerrissen, und er warnt: Die Anerkennung der Krim-Annexion wäre ein historischer Tabubruch, der an die fatalen Irrtümer der Appeasement-Politik erinnert. Ein Gespräch über globale Dynamiken des Faschismus und historische Lehren.“

        © Uni Leipzig https://ogy.de/j2yk

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