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Dialog und der Mut zur Intoleranz

Anmerkungen zur Leipziger Volkszeitung (LVZ) vom 19. November 2022 (Artikel „Ein Mann zwischen den Fronten“, Seite18, und Kommentar „Wer kämpft hier gegen wen“, S. 17) https://www.directupload.net/file/d/6740/wkpi4jhq_pdf.htm

Irgendwann werden es auch die Beobachter*innen auf der Pressebank begreifen: Dialog und klare Positionierung schließen sich nicht aus, sondern bedingen einander. Natürlich sollte man niemandem das Gespräch verweigern. Nur: Wer Gespräche mit Kontrahenten führen will, ohne sich über die eigenen Ziele im Klaren zu sein, wird scheitern. Darum ist es schon im Ansatz sehr fragwürdig, jemanden, der irrlichternd sich einer rechtsnationalistisch ausgerichteten Demo anschließt, mit denen an einen Tisch zu bringen, die sich sehr konsequent den Rechtsnationalisten in den Weg stellen. Denn versuchen Letztere mit einer perfiden Verharmlosungsstrategie Bürger*innen einzufangen, die aus sehr nachvollziehbaren Gründen mit der die derzeitigen gesellschaftspolitischen Entwicklung unzufrieden und darüber tief verunsichert sind. Da ist es schon sehr viel angemessener, einen Menschen wie Hendrik Rudolph zu porträtieren und in dem Porträt die ganze Fragwürdigkeit seiner Haltung aufzuzeigen, anstatt über ihn die Rechtsnationalisten aufzuwerten. Genau das geschieht durch Kommentarsätze wie: „Mal abgesehen von den ‚Freien Sachsen‘ und Teilen der AfD haben viele Demonstranten doch einen gemeinsamen Nenner: Sie lehnen Rechtsextremismus ab. Und hoffen auf Frieden in der Ukraine und Europa. Nur über die Mittel herrscht keine Einigkeit.“ (so Hannah Suppa in der LVZ vom 19.11.2022). Wäre ich ein Vertreter der „Freien Sachsen“ – über einen solchen Satz der Chefredakteurin der führenden Zeitung in Sachsen würde ich triumphieren. Denn das ist das Ziel der Verharmlosungsstrategie: Wir sind uns doch eigentlich einig … Deswegen bedienen sie sich schamlos der Parolen der Friedlichen Revolution und Friedensbewegung „Wir sind das Volk“, „Keine Gewalt“, „Frieden schaffen ohne Waffen“ und singen „Wir sind die Moorsoldaten“. Doch in Wahrheit geht es denen, die in den montäglichen Nachthimmel „Frieden, Freiheit, Demokratie“ skandieren nur darum, den Boden für ihren faschistisch-nationalistischen Autokratismus zu bereiten und damit den Boden für den nächsten Krieg nach innen und nach außen. Eigentlich leicht zu durchschauen. Aber offensichtlich fällt das denen immer schwerer, die meinen, eine freie und offene Gesellschaft sei ein Selbstläufer und davor gefeit, von innen ausgehöhlt zu werden. Nein, auch in einer freiheitlichen Demokratie gilt es, Grenzen aufzuzeigen. Carlo Schmid (1896-1979), einer der Väter des Grundgesetzes, schrieb in seinen Erinnerungen: „Demokratie ist nur dort mehr als ein Produkt bloßer Zweckmäßigkeitserwägungen, wo man den Glauben hat, dass sie für die Würde des Menschen unverzichtbar ist. Wenn man den Mut zu diesem Glauben hat, muss man auch den Mut zur Intoleranz denen gegenüber haben, die die Demokratie gebrauchen wollen, um sie selbst umzubringen.“

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34 Antworten

  1. Hallo Herr Käfer;
    oh nein, ich bitte vielmals um Entschuldigung; am 26. hatte ich doch selbst am neuen Rathaus hinter der dort versammelten Antifa gestanden. Nein, ich hatte anhand Ihrer Worte „…werde ich mich zwar nochmals auf deren Seite einreihen…“ fälschlicherweise ohne aufs exakte Datum zu achten damit assoziiert, Sie meinten die regelmäßig stattfindenden Montagsdemos, also den 28.11., wo Sie noch ein letztes Mal gehen wollten.
    Ich bitte meinen Denkfehler vielmals zu entschuldigen; und ja, natürlich, über den Charakter der Demo vom 26. brauchen wir nicht reden.
    Vielen Dank trotzdem für Ihre Mühe, und sorry nochmal!

    1. Sehr geehrter H. Dr. Rudolph,
      Sie müssen sich weder entschuldigen, noch für „meine Mühe“ danken!
      Als „Wessi“ ohne Ost-Verwandtschaft habe ich die mutigen Protestmärsche im Herbst 1989 in Leipzig in den Nachrichten zwar mitbekommen, mit Sicherheit damals aber nicht annähernd angemessen gewürdigt/verstanden. Seit ich 2000 beruflich und später auch privat im Osten war, beschäftigt mich die Teilung und deren Überwindung immer wieder, insbesondere nachdem ich mit meiner Frau 2016 endgültig nach Leipzig gezogen bin. Wir beide lieben Leipzig, sehen es als unsere „Heimat“ an (obwohl ich schon öfter den Satz gehört habe: geh doch dahin zurück, wo Du herkommst). Deshalb schmerzt es mich ungemein, wenn Menschen, die 1989 den Mut zum Widerstand hatten, heute den Tricks der Rattenfänger auf den Leim gehen! Bei der Montagsdemo am 7.11., der letzten, an der ich teilgenommen habe, waren diese Tricks besonders hinterhältig (ich schrieb hier im Blog von „weichgespülten Rechten“). Da wurden vor dem Gewandhaus weitaus mehr Fahnen mit Friedenstauben als solche des Deutschen Reiches gezeigt. Die dilettantische Vorbereitung und Durchführung des Gegenprotestes haben mich so frustriert, dass ich seither keine Montags-Demos mehr besucht habe. Parallel ärgere ich mich zunehmend über das ständige „Polizei-Bashing“ (gipfelnd im unsäglichen ACAB) auf Seiten der sog. Antifa. Am 26.11. auf der Harkortstraße habe ich nur ein einziges Mal wahrgenommen, dass der Ruf „Nazis raus“ zu „Bullen raus“ variiert wurde; ich rief sofort laut dagegen „ was soll der Sch…?“.
      Insgesamt war der Gegenprotest am 26.11. aus meiner Sicht (wieder) so, dass man stolz sein kann auf Leipzig und seine Bürger! Bitte bleiben auch Sie wachsam und hüten sich vor einer Vereinnahmung von rechts!!

  2. Ich habe eine Frage an Michael Käfer, der am 26. November 2022 sich ja noch mal in die Reihen der Antifa einreihen wollte.
    Mich interessiert wirklich mal sehr der Eindruck, den diese Demo von außen betrachtet ausstrahlt?
    Und zweite Frage – sollte es denn tatsächlich der einer rechtsgerichteteten Demo sein, woran sich ein solcher Eindruck festmacht?
    Lieben Dank schon mal!

    1. Sofern ich Ihre Frage richtig verstehe, H. Dr. Rudolph, wollen Sie von mir eine Einschätzung des Charakters der Demo am 26.11. auf dem Simsonplatz.
      Nun, die habe ich am 27.11. um 10:39 Uhr in diesem Blog (bei „Haltung zeigen“) abgegeben! Verstehe ich Ihre Frage richtig, dass Sie wissen wollen, woran ich festmache, dass auf dem Simsonplatz „Rechte“, gar Nazis demonstriert haben? Das ist schnell erledigt: angemeldet und gesprochen auf der Demonstration hat u.a. H. Elsässer, Chefredakteur eines rechtsextremen Hetzblattes. Zahllose Flaggen des Deutschen Reiches und der rechtsextremen Kleinstpartei „Freie Sachsen“ dominierten neben solchen von Russland und Deutschland das äußere Erscheinungsbild. Volksfestcharakter (Bratwurststand, Dixi-Klos) und Weihnachtsbeleuchtung konnten Niemanden ernsthaft darüber hinwegtäuschen, dass da einige Hundert Rechtsextreme versammelt waren!
      Möglicherweise waren auch einige Mitläufer darunter, die von sich behaupten würden, nicht „rechts“ zu sein…. Diese müssen dann aber mit dem Vorwurf der Naivität und Geschichtsvergessenheit leben! Seit 1945 gab und gibt es bis heute in Deutschland leider viele Mitbürger:innen, die vom Holocaust und den ganzen anderen Gräueln des „tausendjährigen Reiches“ angeblich nie etwas mitbekommen haben! Ich wäre tief traurig, wenn Sie als aktiver „89er“ am 26.11. auf dem Simsonplatz dabei gewesen wären!?!

  3. Sehr geehrter Herr Wolff,
    ich finde es gut, dass Sie die Idee einer großen, übergreifenden Demo aufgegriffen haben, und hätte eine ergänzende Anmerkung dazu.
    So gut und richtig das Eintreten für Demokratie und Menschenrechte ist, fehlt mir das wichtigste Thema dieser aktuell so furchtbaren Zeit: Die Frage einer baldmöglichsten Friedensfindung in der Ukraine. Ja mehr noch, könnte man eine Kritik an „Frieden schaffen ohne Waffen“ gar so auffassen, dass Sie für eine langanhaltende Fortsetzung dieses furchtbaren Krieges eintreten. Ich gehe mal ganz fest davon aus, dass es sich dabei gerade bei Ihrer Persönlichkeit sicher nur um ein Missverständnis handeln kann.
    Da meine Idee zu einer solch übergreifenden, allerdings eben friedensorientierten Demo ja aus der LVZ-begleiteten Diskussion mit „Leipzig nimmt Platz“ entstanden war, würde ich wie immer neben Herrn Kasek auch die LVZ und die Stadt mit in den Verteiler nehmen.
    Ich wünsche Ihnen gutes Gelingen, und uns friedliebenden Demokraten vielleicht ja noch um eine Friedensbotschaft erweitert eine große Teilnehmerzahl.

  4. Martins Mantel war höchstwahrscheinlich von ihm selbst bezahlt:
    „Neu rekrutierte Soldaten konnten in der Kaiserzeit zwar vom Staat ausgerüstet werden, grundsätzlich war die Ausrüstung jedoch Eigentum der Soldaten und von diesen zu finanzieren. “
    https://roemercohorte.de/de/militarisches/ausrustung
    Ein schönes Bsp., wie aus einer unbewiesenen Aussage ein vermeintlicher Fakt wird und darauf dann ganze Gedankengebäude konstruiert werden. ( Merz )
    Grundsätzlich müssen wir sagen: Es ist völlig unklar wer den Mantel bezahlt hat, zumal die Geschichte so schön und herzergreifend ist, dass man bezweifeln muß , ob sie wirklich passiert ist.
    Herrn Dr. Rudolf habe ich in meiner Markkleeberger Zeit als völlig integren Mann kennengelernt. Der Artikel in der LVZ diente ja wohl auch eher der Diskreditierung Der Demonstranten: Dort laufen ja nur verirrte Deppen und Recht rum. Dazu hat man wohl auch den Dr.-Titel – immerhin Bestandteil des Namens- bewußt ??? weggelassen:
    Eben kein intelligenter Mann , sondern ein verwirrter.
    .

    1. Ich habe mich schon mehrfach bei der LVZ über die Weglassung akademischer Grade – auch bei Leserbriefen – beschwert und angeregt, die Regeln der Frankfurter Allgemeinen zu übernehmen, jedoch nie eine Antwort auf meine Vermutung, man wolle wohl „volkstümlich“ erscheinen, erhalten.

  5. „Ich Sie .. zitieren?“ stellt Flade empört fest – und beginnt seinen nächsten Ausfall mit einem Zitat von mir! Unser dezidierter Aggressiv-Pazifist, lieber Herr Wolff, bewegt mich dazu, Ihnen mein aufrichtiges Beileid auszusprechen: Wer solche Unterstützer hat – aggressive Friedensliebende und Menschen, die im Zorn sich selbst vergessen und ins Vulgäre abrutschen –, der ist wirklich arm dran. Aber es gibt ja auch noch andere hier!
    Flade empfiehlt mir die Bewegung desjenigen Körperteils, mit dem er offensichtlich denkt – ich habe es ja schon öfter vermutet: ICH denke mit dem Kopf und mit diesem bin ich – wie sollte Flade das bemerken, wenn er doch … womit denkt? – im öffentlichen Diskurs für viele, einschließlich ihm selbst, doch offensichtlich ZU aktiv, nämlich hier im Blog. Und was das „kneifen“ angeht: Ich erinnere an meine Einladung – einen Streit wie den zwischen Flade und mir legt man am besten, ich schrieb es in anderem Zusammenhang, hinter verschlossenen Türen und in kleinem Kreis bei. Aber wir kennen ja die furchtsame und übrigens auch vulgäre Reaktion des Eingeladenen.
    Ich freue mich, daß mir eine „schriftgelehrte Kemenate“ als Arbeitsplatz bescheinigt wird: Es geht bei den hier diskutierten Fragen in der Tat um „Gelehrtes“ und wundert also nicht, daß Flade lieber von außerhalb mitmischt. Ich halte mich nur allzu gerne an seine Erkenntnis (und zitiere ihn freudig, auch wenn wieder einmal sein unvollkommenes Deutsch durchschimmert): „Chr. Wolff ist hinreichend bekannt, klar, auch umstritten (Wer sich aus dem Fenster lehnt, hat nicht nur Freunde…), dass er analysiert, Ursachen und Wirkungen darstellt und dem nachfolgend sehr wohl seine Lösungen akzentuiert vorlegt.“ Denn genau diese Beschreibung, lieber Herr Wolff, verbindet uns ja. Daß dabei Flade nicht zu meinen Freunden gehört, hat er selbst richtig abgeleitet – und ich bin froh darüber. Nochmal, Herr Wolff: Mein aufrichtiges Beileid, verbunden mit der Empfehlung, Ihrem Katalog der Qualitätsanforderung für Ihren Blog – thematischer Zusammenhang, keine Beleidigungen (sic!), Klarname – eine weitere hinzuzufügen: ein Mindeststandard an Sprachkenntnisse auf akzeptablem Niveau oberhalb der Gürtellinie.
    Andreas Schwerdtfeger
    PS Ich fand Ihren Hinweis auf die Besitzverhältnisse des Martin’schen Mantels sehr amüsant und freue mich über gelegentlichen Humor unter Humorlosen, mache aber darauf aufmerksam, daß in zivilisierten Armeen – und die römische Armee war sehr zivilisiert in ihrer Zeit – persönliche Bekleidung bei Auslieferung schon überwiegend in den Besitz des Empfängers übergeht (bzw wegen Verschleißes ausgemustert wird).

  6. „Ich bringe immerhin jedes Mal auch ein bisschen was Neues in Form von Vorschlägen, Argumenten und, ja, Meinungen“ – Herr Schwerdtfeger, wirklich?
    Worauf sich der Landpfleger sehr verwundert. Sie sollten übrigens Zitate nicht aus dem Zusammenhang reißen, denn dann desavouieren Sie sich ja selbst.
    Bleiben Sie doch ENDLICH mal sachlich und holen Sie nicht olle Kamellen raus, was da vor Jahren geschrieben stand; die aktuellen Realitäten verlangen Klarheiten und… ach ja, ich wiederhole mich.
    Vorschlag, ehe Sie wiederholt Chr. Wolff in die Mangel nehmen ob seiner Reden vor der interessierten Öffentlichkeit: Wagen SIE sich doch mal raus Ihrer schriftgelehrigen Kemenate und stellen sich dem öffentlich geführten Diskurs!! Warum scheuen Sie dies?? Machen Sie doch mal los, kneifen Sie nicht, raus mit dem Arsch aus dem Verbalzirkus – stellen Sie sich mit Ihren Ansichten, Überzeugungen. Und dann werden wir weiter sehen! Lösen Sie sich von Ihren theoretischen Schweifeleien und lassen Sie andere gelten, auch wenn es Ihnen schwer, sehr schwer fällt (jeder hier im diesem Blog kann es längst deutlich konstatieren).
    Tschüß.

  7. Wie immer freue ich mich über die Reaktionen auf meine Beiträge. Und wie immer erstaunt mich, wie sehr sie Anlaß für Andersdenkende sind, sich in unnützen Kommentaren zu ergehen: Ich könne „nicht ermessen …“ oder „wirke peinlich“, schreibt Wolff – und dies über eine andere Meinung zur Sache oder zu öffentlichen Personen. Aber er schreibt ja auch, daß er „keine Hasstiraden oder Beleidigungen“ duldet und vergißt seinen O-Ton von kurz vor Weihnachten vor zwei Jahren: „Wer so … redet, … der geht – wenn’s drauf ankommt – über Leichen und will dabei nicht gestört werden“ unter der Überschrift „Barmherzigkeit“. (Sie könnten das aus der Welt schaffen, Herr Wolff, wenn Sie nur ein bißchen Mut und Größe hätten!). Ich halte mich mehr an Ihr Zitat vom Juni 2021, lieber Herr Wolff: „Wer Verantwortlichkeiten benennt, beschimpft niemanden, sondern klärt die Verhältnisse“. Leider, leider begreift Flade das nicht: Ich positioniere mich im Dialog und das bedeutet eben klare und deutliche andere Meinung in der Sache und auch zu Personen, was logischerweise zum Gegensatz führt. UND: Ich mache Vorschläge zur Problemlösung. Es geht nicht, Herr Flade, um die Frage, ob ich „wirklich meine“. Es geht um meine oft geäußerte Ansicht, daß weltpolitische Probleme (egal ob Menschenrechte, Klima, Gesundheit, etc) sich nicht auf der Straße, in der Öffentlichkeit und in Massenveranstaltungen lösen lassen, sondern nur in der Ruhe der Abgeschiedenheit, der Sachlichkeit und in einem überschaubaren Kreis von Teilnehmern. Niemand zwingt Sie, diese Meinung zu teilen, aber „meinen Sie wirklich?“ ist ein schwaches Gegenargument. Und genauso die ewige Diskussion um Demonstrationen: Ich halte nicht so viel davon wie Wolff, der ja mir auch noch nie erklärt hat, was an ihnen „Dialog“ ist, den er doch sucht und fördern will – und dies bringe ich zum Ausdruck. Niemandem verweigere ich deswegen das Recht zu demonstrieren, wenngleich ich mich ja trotzdem freue, wenn auch Käfer zweifelt.
    Und nun nehmen wir doch das neue Problem, das uns Flade nicht etwa mit Originellem präsentiert, sondern mit der Wiederholung dessen, was uns seit Tagen alle Medien lautstark ins Haus transportieren, und kommt zu dem superklugen, dramatischen Fazit: „Wer wehrt sich bei all dieser Unsäglichkeit? Wer?“ Na, toll. Muß man sich wehren? Wenn ja, ist es richtig, dies am falschen Objekt zu tun – einer Armbinde, die den vom DFB akzeptierten festgelegten FIFA-Regeln widerspricht? Wolff hat schon vor einem halben Jahr zu Recht auf die Problematik dieser WM verwiesen und alle Aspekte damals benannt, wenn ich mich richtig erinnere: Umwelt, Politisierung des Sports, Menschenrechte und Korruption, Kosten, etc. Weswegen dann jetzt diese Aufregung über ein lange bekanntes korruptes System, ähnlich auch wie das IOC (unter einem Deutschen), das man gleichzeitig doch akzeptiert: Frau Faeser wird wohl dabei sein morgen – und ist dieser Hinweis „peinlich“, Herr Wolff? – und längst schauen alle die Spiele „heimlich“; man mag sich die Aufregung gar nicht vorstellen, hätten die Öffentlich-Rechtlichen die Übertragung aus Moraltrotz abgelehnt, was sie doch aber tun müßten. Wer hat denn den DFB gehindert, nicht teilzunehmen an diesem Event? Wieso mischen wir jetzt dauernd Sport und Politik zusammen, wo wir doch sonst für strikte Trennung sind (unmöglich natürlich)? Und: darf man es dann wohl Heuchelei und Doppelmoral nennen, oder kommt Flade dann wieder auf die Idee, dies nicht „Dialog und klare Positionierung“ zu nennen, sondern „niederknallen“ (eine schöne Vokabel)? Flades Problem beschreibt er selbst: „Ich wiederhole mich gern“. Ich bringe immerhin jedesmal auch ein bißchen was Neues in Form von Vorschlägen, Argumenten und, ja, Meinungen.
    Andreas Schwerdtfeger

  8. Ich Sie, Herr Schwerdtfeger, zitieren? Sie fragen Chr. Wolff u.a.: „Aber wo sind Ihre Positionen zur Lösung?“. Nur mal so am Rande meinerseits: Chr. Wolff ist hinreichend bekannt, klar, auch umstritten (Wer sich aus dem Fenster lehnt, hat nicht nur Freunde…), dass er analysiert, Ursachen und Wirkungen darstellt und dem nachfolgend sehr wohl seine Lösungen akzentuiert vorlegt (auch seit Jahrzehnten mit seinen Predigten und mit seinen öffentlichen Reden im nichtsakralen Raum nicht minder) – ist Ihnen da in diesem Blog u.U. etwas entgangen? Gäbe es diese Mahner nicht, ja was dann? Nicht die Masse organisiert die Veränderungen, die dringend sind (!) – es sind die Minderheiten. Sie als vielwissender Diskutant wissen sehr wohl, dass dies in der zurückliegenden Menschheitsgeschichte nachgewiesen wurde; bereits in der Bibel kann man da einiges nachlesen, und nicht nur dort. Und wenn Sie – leider ! – in Dauerschleife immer wieder seine, Wolffs und anderer Ansichten und Schlussfolgerungen hart, sehr hart anfechten (um es freundlich zu formulieren) und wie oben zitiert die Frage nach Lösungen reklamieren, ja dann – und ich wiederhole mich gern – stellt sich für manche Blog-Leser die drängende Frage: Wo sind Ihre Lösungen? Sie greifen, parteipolitisch durchaus rasch erkennbar, Ihre Gegner an (NGOs, Baerbock, Habeck, Scholz etc.pp.), wir haben verstanden: das sind nicht Ihre Freunde. Aber Sie fordern ständig den demokratiefreundlichem Diskurs, die sachorientierte Diskussion ein – und knallen sofort dann Ihre Gegner nieder; ich nutze ganz bewusst diese Art der Beschreibung. Die Klimakonferenz in Ägypten – da stimme Ihnen vollinhaltlich zu, war für das Fortbestehen unserer Welten-Erde ein Flop, aber meinen Sie tatsächlich, dass mit 20 auserwählten Vertretern (welchen eigentlich??) hinter verschlossenen Türen diese uns alle treibende, von UNS ALLEN verursachte Umweltkatastrophe so anzupacken sei, dass mit Ratio und Willen irgend etwas verändert werde? Nehmen Sie doch nur mal Katar und die aktuell FIFA-gewollte und derzeit laufende Fußball-WM – aus meiner Sicht eine einzige Umweltkatastrophe mit höchst fatalen Geistesgut eines autokratisch herrschenden FIFA-Boss` im Hintergrund. Gekühlte Fußballstadien, unendlich weite Anfahrtsflüge und Anfahrtswege zu den einzelnen Stadien usw. Und wer wehrt sich bei all dieser Unsäglichkeit? Wer?
    Brevi manu: nicht auf alle Problemfragen haben wir, habe ich Antworten, aber eines dürfte klar sein: Mit Beschimpfungen und Angriffen klären wir allesamt bar nichts – ich stellte es bereits fest.
    Jeder sollte, so meine ich, in seinem ganz individuellen Bereich mit Verantwortung und Sensibilität tun, was ihm zu tun möglich und natürlich nötig ist. Und was wir allesamt rasch tun müssen ist vorsichtig und aufmerksam zu sein im Umgang mit unserer UMWELT; dazu gehört neben Natur eben auch der darin (noch lebende) Mensch, Sie, Wolff, Käfer, Flade etc.pp.. Nicht Gegner, sondern der Andersdenkende, der vielleicht auch Irrende, aber eben der würdevolle Mensch gegenüber!
    Mir war jetzt einfach mal danach, dies zu signalisieren.
    Guten Tag, Jo.Flade

  9. „Dialog und klare Positionierung … bedingen einander“ – welch‘ schöner Satz und wie sehr wird er doch von den Verweigerern hier im Blog mißachtet. Gleich der nächste Satz, in dem Sie, lieber Herr Wolff, andere Meinungen und anderer Leute Aktionen dann nämlich kurzerhand als „irrlichternd“ abtun – dies natürlich im Gegensatz zu Ihren eigenen „klaren Positionen“ – zeigt eben leider die ganze Heuchelei und Doppelmoral, die hier vorherrscht. Andere Meinungen als Ihre sind „perfide Verharmlosungsstrategien“. Sie zitieren Carlo Schmid und seine Menschenrechtskonzeption und verletzten permanent die Würde Anderer, indem Sie deren Ziele, die Sie zu kennen glauben, als abwegig und unwürdig verurteilen und nur Ihre eigenen anerkennen. Wo wird dies deutlicher, als in Ihrer Antwort auf einen Beitrag von mir (11. Nov): „Auch können sie selbst darüber entscheiden, ob alle, die sich hier äußern, tatsächlich ein „gemeinsames Ziel“ verfolgen und sich nur durch „verschiedene Wege“ unterscheiden. Da habe ich meine Zweifel.“ Wer anders denkt, unterliegt Ihrem Zweifel!
    Und dabei vermeiden Sie ja selbst konstant klare Positionierungen. Nehmen wir Ihren St Martin Beitrag: Welch‘ schöne Geschichte! Aber Sie vergessen, worauf gerade Gabor Steingart aufmerksam gemacht hat (anläßlich der Verleihung des Ludwig-Erhart-Preises): Martin teilte seinen EIGENEN Mantel, nicht, wie der so gesund aussehende Minister Heil den anderer. Sie betonen die Notwendigkeit, Grenzen aufzuzeigen, und akzeptieren nicht, daß genau diese Grenzen – auch physisch auf der Landkarte – eben dazu da sind, geregelte Einwanderung zu sichern und nicht Schleppertum und Mißbrauch zu fördern (selbst Frau Faeser hat das inzwischen erkannt und handelt verdächtig ähnlich wie ihr von Ihnen so kritisierter Vorgänger). Sie betrachten den Versuch zum Brückenbau – „wir sind uns einig im Ziel und suchen nach gemeinsamen Wegen“ – allgemein und grundsätzlich als tückische „Verharmlosungsstrategie“, weil es Ihnen nur um die einzig richtige Haltung, die Ihre, geht. Und gleichzeitig haben Sie aber eigentlich gar keine Position im Sinne von Problemlösung.
    Denn, zum Beispiel: Unentwegt weisen Sie auf die Klimafrage hin und schreiben uns das Offensichtliche, nämlich wie schlimm es ist. Aber wo sind Ihre Positionen zur Lösung? Die vorhersehbar nutzlose Konferenz in Ägypten macht überdeutlich, daß es den Klimaschreiern nicht ums Klima geht, denn eine Konferenz, zu der sie alle in den Tausendern an einen touristisch attraktiven Zielort fahren – zum 27. Mal –, kann ja gar nichts bringen. Wollte man etwas fürs Klima tun, würde man zB in der UNO ein Komitee aus ca 20 Staatenvertretern bilden, daß unter wissenschaftlicher Beratung (aber unter Ausschluß der überwiegenden Zahl der NGOs und ihrer einseitigen und unrealistischen, populistischen Maximalforderungen) und hinter verschlossenen Türen praktikable (also unter Berücksichtigung von mehr als nur umweltpolitischen Faktoren) Lösungsvorschläge erarbeiten und dann der Vollversammlung vorlegen würde – ein langer Prozess, zugegeben, aber ein besserer als dieser eher umweltschädliche Massentourismus und Massennarzißmus (zB unserer Außenministerin).
    „Dialog und klare Positionierung … bedingen einander“. Ich freue mich, daß Käfer langsam erkennt, wie sehr Demonstrationen kaum Dialog sind und nur unerwünschte klare Positionerung in der Gewalt und im Gebrüll hervorrufen. Hier im Blog könnte es gelingen – aber dazu braucht es mehr als – wie Sie es beschreiben – das ewige Drehen im Kreise: Es braucht die argumentative Diskussion bei eigener Festigkeit der Meinung. Und diese darf nicht diskriminiert, sie muß inhaltlich widerlegt werden – wozu nun leider hier einige nicht fähig zu sein scheinen. Aber die Hoffnung bleibt.
    Dagegen wird es nicht sinnvoll sein, die eigene Demonstration als gut, gerecht und edel, die der Andersdenkenden als irrlichternd, böse und kriegstreibend darzustellen, denn das ist Propaganda à la Trump oder Goebbels.
    Andreas Schwerdtfeger

    1. Nur zwei kleine Anmerkungen:
      1. Zu St. Martin und seinem „EIGENEN“ Mantel: Es war ein Soldatenmantel, den er geteilt hat. Dieser gehörte zur Ausstattung – wenn Sie so wollen und ziemlich wahrscheinlich durch die Allgemeinheit bzw. den römischen Kaiser finanziert. Insofern liegt Gabor Steingart ziemlich daneben – und Ihr Bezug auf Minister Heil wirkt nur noch peinlich.
      2. Offensichtlich ist Ihnen in den vergangenen über 70 Jahrzehnten entgegangen, welche Wirkung Demonstrationen in der Demokratie haben – sonst könnten Sie nicht schreiben, dass „Demonstrationen kaum Dialog sind und nur unerwünschte klare Positionerung in der Gewalt und im Gebrüll hervorrufen“. Das erklärtm dann aber auch, dass Sie inhaltlich nicht zu ermessen vermögen, dass durch Demonstrationen tatsächlich Dinge verändert werden können, sei es in einer Tarifauseinandersetzung, sei es im Kampf gegen den Antisemitismus, sei es in der Auseinandersetzung mit den Rechtsnationalisten.

      1. Das ist doch immer das alte Lied mit den Konservativen. Sie überhöhen die individualistische Almosengerechtigkeit und scheuen – wie ich es gerne nenne – strukturelle bzw. gesetzliche Anspruchsgerechtigkeit. Ich finde es oft fatal, wenn ich irgendwelche Unternehmer*innen erlebe, die z. B. versuchen den Mindestlohn zu umgehen, dass sie irgendeine große Spende machen, werbeträchtig auch noch in der Zeitung stehen, sich dafür beweihräuchern (lassen) und damit doppelten Gewinn haben:
        monetären durch Lohndumping und ideellen durch soziale Anerkennung/Imagepflege aufgrund öffentlichkeitswirksamer Spende. Und dann ist da noch die steuerliche Absetzbarkeit! Danke, Herr Wolff, für den Hinweis auf den Soldatenmantel als nicht eigenes, vielmehr „staatlich“ finanziertes Kleidungsstück. Diese vermeintliche „Kleinigkeit“ hatte ich bisher bei dieser Martins-Rühr-Geschichte überhaupt nicht im Blick. Sie ist aber gegen die Merze & Co ein wichtiger Argumentationspunkt.
        Und mit Blick auf Demonstrationen: sie haben letztlich auch schon einmal eine Mauer zum Fallen gebracht!

      2. Kleine Ergänzung: Man muss zwischen Besitz und Eigentum unterscheiden. St. Martin war im Besitz des Soldatenmantels und konnte die Hälfte weggeben, sich der Kälte aussetzen. Man kann also schon sagen, er hat s e i n e n Mantel wegggeben. Doch war der Mantel Eigentum des kaiserlichen Heers. Dieses könnte von Martin Schadenersatz für den zerstörten Mantel fordern. Jedenfalls kann Martin einen intakten Mantel vom Heer nicht so einfach erhalten.

  10. Die Realitätsverweigerung besagter Chefredakteurin (LVZ) ist nicht nur erschreckend, sondern für einen Journalismus, der sich der Wahrheitsfindung verpflichtet fühlt (so sagt man dort…), gefährlich. Hoffnung heute: erneut verlässt eine AfD-Frontdame die AfD-Bundestagsfraktion und vor allem diese Höcke-Truppe.
    Dir viel Gutes, lieber Christian – Dein Jo

  11. also da mein Kommentar zu dieser Diskussion hier als „Betroffener“ offenbar nicht gewünscht ist, möchte ich wenigstens nur 2 kurze Fragen stellen:
    Wie kann man dem Kommentar nur entnehmen, dass Frau Suppa einlullend den Konsens mit Rechten sucht??
    Wieso ist es eine Demo der Rechten? Hat man sich mal aktuell selbst einen Eindruck verschafft; und sich auch die Reden angehört??

    Es zeigt sich auch hier – mit völlig unberechtigten Angriffen gegen meine angeblich rechte Gesinnung (was für ein Witz!) und einen Großteil der Demonstranten geht mein, sowie auch das Anliegen der von Rechten leider auch mitbesuchten, aber zumindest bisher keinesfalls rechts geprägten Demo völlig unter : Wie dieser furchtbare Krieg endlich ein Ende finden kann!
    Insofern bin ich mir über dieses mich prägende Ziel sehr viel klarer als jene, die sich in Endlosdebatten über z.B. den Charakter dieser Demo und deren Teilnehmer, bzw. anderen Erörterungen verlieren, ohne diese vordringlichste Frage, wie wir in Europa endlich wieder zu Frieden finden können, auch nur zu streifen. Darüber sachliche Debatten zu führen, ist doch das mit Abstand vordringlichste Gebot unserer Zeit!

    1. 1. Kommentare werden dann freigeschaltet, wenn sie a) mit Klarnamen versehen sind, b) keine Hasstiraden oder Beleidigungen enthalten, c) sich auf einen Blog oder einen Kommentar beziehen. Allgemeine Äußerungen zu irgendwelchen Themen sind keine „Kommentare“.
      2. Niemand hat dem Kommentar von Hannah Suppa entnommen, dass sie „einlullend den Konsens mit Rechten sucht“.
      3. Sie beschreiben selbst das Problem: Wer auf Demos mitläuft, die von Rechtsnationalisten iniitiert und bestimmt werden, darf sich nicht wundern, dass er auch als „Mitläufer“ bezeichnet wird. Das ist dann Ihr Problem.

    2. Wie kommen Sie auf die Idee, ihr Kommentar zu dieser Diskussion sei nicht erwünscht, H. Dr. Rudolph? Im Gegensatz zu „Leipzig nimmt Platz“, die offenbar eine öffentliche Diskussion mit Ihnen  abgelehnt haben,  würde ich die durchaus führen wollen  –  ALLERDINGS  mit klarer Distanzierung zu ihren weichgespülten rechten Mitmarschieren von „Leipzig steht auf“!
      Mit Verlaub ist mir auch zumindest höchst unverständlich,  wie Sie ernsthaft behaupten können,  in diesem Blog würde über die Frage, wie man den völkerrechtswidrigen Überfall Russlands auf die Ukraine beenden könne, nicht diskutiert!  Von massiven Waffenlieferungen an die Ukraine  über radikale Wirtschafts-Sanktionen gegen Russland bis hin zur Forderung nach klarer Positionierung der Kirchen (speziell gegenüber der russisch-orthodoxen Kirche) handeln doch die Beiträge spätestens seit Februar andauernd!
      Ohne Sie persönlich zu kennen, nehme ich Ihnen eine demokratische Grundgesinnung zunächst  durchaus ab, ebenso wie vielen anderen Mitläufern von „Leipzig steht auf“. Es erschreckt mich aber zutiefst, wie naiv (angesichts unserer Geschichte) Sie formulieren, dass „ihre Demo“ halt  – zufällig oder als Kollateralschaden – auch von Rechten besucht, aber keinesfalls geprägt würde. Es sind noch keine 100 Jahre vergangen, seit wir in Deutschland  glaubten, „der Spuk“ erledige sich ganz schnell von selbst, wenn die Nazis erst mal  Regierungsverantwortung übernehmen müssen….

  12. Ich kenne nun nicht den benannten Artikel bzw. den Kommentar in Gänze. Aber für mich schimmert in den zitierten Sätzen von Frau Suppa doch diese in meinen Augen demokratiegefährliche Konsenssehnsucht durch. Nun also Konsens mit den Rechten? Ich glaube, dass unser politisches Denken durch 3 Grokos in den letzten 17 Jahren in Richtung „Konsens um jeden Preis“ verschläfert ist. Polarisieren ist mittlerweile ein Schimpfwort. Für mich ist Polarsieren ein „auf den Punkt bringen“ und nicht ein enschiedenes „Sowohl als auch“Und oder „entschlossenes Jein“. Ein profilierter Begünstiger dieser Konsenssäuselei war als Parteipolitiker für mich u. a. Frank Steinmeier. Er und seine Konsensgenossen*innen haben dazu beigetragen, dass SPD und CDU lange Zeit kaum unterscheidbar waren und mit Scholz ändert sich das auch kaum. Und Kevin Kühnert scheint Seeheimer Kreide gefressen zu haben. Dabei ist für die bundesrepublikanische Sozialdemokratie heute ein besonders bedenkenswertes Datum: am 19. 11. 1972 gewann Willy Brandt die Bundestagswahl mit 45,8 Prozent der Stimmen bei einer Wahlbeteiligung von 91,1 %. Dem vorausgegangen war ein polarisierender Wahlkampf nach einem Misstrauensvotum und ausgerufenen Neuwahlen. Die Auseinandersetzung um die Ostpolitik wurde heftig und pointiert geführt. Es wurde nicht um Konsens, es wurde um die Mehrheit für die Brandt’sche Friedenspolitik gekämpft. „Mehr Demokratie wagen“ ist für mich nicht „Mehr Konsens suchen“. Demokratie ist für mich das Ringen um die Mehrheit für eine von verschiedenen Positionen. Und Demokratie ist das Respektieren gewonnener Mehrheiten. Unser Verhältniswahlrecht begünstigt es, dass dabei kein Schwarz-Weiß“ herauskommt, Konturen aber klar bleiben können. Steinmeiers Konsensphilosophie hat Konturen stark verwischt und aus dem Rot der SPD Willy Brandts ein verblasstes Rosa gemacht. Steinmeier war parteipolitisch für mich der vorauseilende Kompromiss. Wohin das prozentmäßig die Partei führte, war und ist zu betrachten. Das 1972 engagierte Ringen um eine positionierte Ostpolitik politisierte die Bevölkerung und führte zu der nie wieder erreichten Wahlbeteiligung. Ja, die BRD war damals durchaus politisch gespalten, sie zerbrach aber politisch nicht. Sie war demokratisch sehr lebendig und so manche Spreu (Czaja, Mende u. a.) trennte sich von ihrem Weizen. Menschen diskutierten politisch und engagierten sich. Ich bin 1972 nach der Demo gegen das Misstrauensvotum in Bonn (30.000 riefen Barzel, wir kommen, versteck dich nicht wir finden dich!) in die SPD eingetreten und habe nächtelang Willy-Wählen-Plakate geklebt. Mit Helmut Schmidt (guter Mann, nur in der falschen Partei – meinte die CDU und hatte nicht Unrecht) ebbte meine SPD-Begeisterung ab. Steinmeier, Schröder, Clement usw. führten mich dann am 31. 10. 2005 in meinen parteipolitischen Reformationstag. Ich trat aus der Partei aus! Was ich sagen will: Nur Mut, wir vertragen Auseinandersetzung und halten sie aus – insbesondere im Geiste Carlo Schmids und seiner Intoleranz gegenüber Demokratiefeinden. Oder im Geiste Jesu: Eure Rede sei Ja, Ja oder Nein, Nein! Dieses Konsensgeeiere stärkt nur die „Ansammlung der Demokratieverächter*innen“ (AfD). Konsens der Demokraten*innen ist dabei: Wir stehen auf dem Grundgesetz, echt und nicht nur getarnt!

    1. Man kann über Rainer Candidus Barzel und Helmut Schmidt denken wie man will, aber ihre schneidende Rhetorik hat mich damals beeindruckt. Leider sind heute solche leidenschaftlichen Redner wie auch Willy Brandt, Herbert Wehner oder Franz Josef Strauß
      im Parlament Mangelware.

      1. Ja, Herr Plätzsch, das ist mein Problem mit nicht wenigen Zeitgenossen*innen: Hauptsache schneidig, Inhalte und Ziele sind dann zweitrangig! Ich schätze auch geschliffene Rhetorik, lasse mich aber über sie nicht vom Inhalt ablenken! Und da waren dann schon gewaltige Unterschiede zwischen z. B. Willy Brandt und Franz-Josef Strauss.

  13. Ich verstehe nicht wie man den Satz

    „Mal abgesehen von den ‚Freien Sachsen‘ und Teilen der AfD haben viele Demonstranten doch einen gemeinsamen Nenner: Sie lehnen Rechtsextremismus ab.“

    so mißverstehen kann.

    Schließlich äußert die LVZ-Chefredakteurin auch ihr Unverständnis:

    „Und warum es vielen Demonstranten wiederum egal zu sein scheint, dass
    sie mit ihrer Präsenz auch den rechtsextremen „Freien Sachsen“ Stärke und Ausdrucksmacht verleihen.“

    Ihr Kommentar lässt an Eindeutigkeit nichts zu wünschen übrig.

    1. 1. Wenn der Kommentar von Hannah Suppa so eindeutig wäre, würde es nicht die unterschiedliche Einschätung geben.
      2. Woher weiß Frau Suppa, dass „viele Demonstranten doch einen gemeinsamen Nenner (haben)“ und den Rechtsxtremismus ablehnen? Wenn es so wäre, dann dürften die Demos der Rechtsnationalisten nicht diesen Zulauf haben.
      3. Fällt es eigentlich niemandem auf: Wir führen derzeit die gleiche Diskussion wie 2014/15 im Blick auf Pegida/Legida. Und was war das Ergebnis des Verständnisses für die „Sorgen und Ängste der Menschen“? Eine starke AfD.

      1. Ich mag solche „Wir“-Sätze nicht (eine Spezialität von Markus Lanz). Man sollte die Akteure konkret benennen. Selbstverständlich muss man sich auch von Mitläufern rechtsnationaler Demoveranstalter klar distanzieren.

  14. Ich finde das Porträt von Antonie Rietzschel (Ein Mann zwischen den Fronten) in der LVZ vom 19.11. informativ und gelungen. H. Rudolph kenne ich nicht, würde das Gespräch mit ihm aber zunächst nicht verweigern. Allerdings würde ich dabei schon klar formulieren, dass ich niemals mit seinen Mitmarschierern gemeinsame Sache machen könnte und immer auf größtmögliche Distanz zu ihnen Wert legen würde.
    Meine Sympathie mit „Leipzig nimmt Platz“ stößt aber auch zunehmend an Grenzen! Schwarz vermummte, laut grölende sog. Antifas, vor allem das stete Polizei-Bashing (gipfelnd im unsäglichen ACAB) bei deren Demos irritieren mich schon länger. Am 26.11. werde ich mich zwar nochmals auf deren Seite einreihen und versuchen, den weichgespülten Rechten und deren Mitläufern zahlenmäßig und inhaltlich etwas entgegen zu stellen,  sollten jedoch wieder schlechte Vorbereitung oder inhaltlich übertriebene, radikale Wortbeiträge eine zentrale Rolle spielen, wird das bis auf Weiteres für mich das letzte Mal sein.

  15. Lieber Christian,
    vielen Dank für Deine klare Stellungnahme zu dem verharmlosenden Kommentar von Hannah Suppa in der LVZ. Es ist wichtig, immer wieder auf diese einlullenden Stellungnahmen von ChefredakteurInnen hinzuweisen.

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