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Christian Piwarz‘ (CDU) tiefer Bückling vor der AfD

Man traut seinen Augen und Ohren nicht. Zum Schuljahresende wartet das sächsische Kultusministerium mit einem Erlass auf, mit dem das Gendern untersagt wird: „In der eigenen schriftlichen Kommunikation von Schulen und Schulaufsichtsbehörden ist stets dem amtlichen Regelwerk für deutsche Rechtschreibung zu folgen.“ „Formen zur Kennzeichnung mehrgeschlechtlicher Bezeichnungen im Wortinnern“ werden abgelehnt. Doch das ist noch nicht alles. Die Dienstanweisung gilt nicht nur für das Ministerium, das Landesamt für Schule und Bildung und alle Schulen, sondern auch für Projekt- und andere Vertragspartner wie Universitäten und NGOs. Dienstleister und Honorarkräfte müssen sich dazu verpflichten, „im Rahmen des Vertragsabschlusses oder der Vereinbarung sicherzustellen, dass bei jeglichen Äußerungen/Erklärungen die Festlegungen des Rats für deutsche Rechtschreibung beachtet werden.“

Nun ist es sicher richtig, dass es im Bildungsbereich derzeit wichtigere Probleme gibt als das Gendern – wie der Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Burkhard Naumann meint. Ich selbst zähle mich zu denen, für die das Gendern ein Schritt zu mehr Geschlechtergerechtigkeit ist. Darum benutze ich in meinen Texten den Doppelpunkt und gendere bei Predigten und Vorträgen, ohne das zum Thema zu machen. Ich käme auch nicht auf die Idee, jetzt eine Kampagne zu starten, die das Gendern verpflichtend machen soll. Das möge bitte jede:r so halten, wie er:sie es für richtig erachtet. Darum habe ich auch kein Problem damit, bei Veröffentlichung eigener Texte dem Wunsch des Herausgebers zu folgen, auf das Gendern zu verzichten. Nur eines ist doch sehr auffällig: Derzeit treten die am lautesten gegen das Gendern auf, die in den vergangenen Jahrzehnten keinen Finger gekrümmt haben für mehr Gleichberechtigung, die nie ein Problem darin gesehen haben, nur Männer anzusprechen. Mir kommt es so vor, als wollten sich da einige mit dem Feldzug gegen das Gendern „rächen“ für zu viel Gleichberechtigung.

Darum muss die Frage erlaubt sein: Wieso tut sich das sächsische Kultusministerium gerade jetzt mit diesem Genderverbotes-Erlass hervor? Eine Antwort zu finden, ist relativ einfach: Man bedient mit dem Erlass sehr bewusst und gezielt ein AfD-Narrativ und ist sich für den ideologischen Bückling nicht zu schade. Für die Rechtsnationalisten ist das Gendern schon lange zu einer ideologischen Angelegenheit geworden – nicht wegen der Sternchen, Bindestriche oder Doppelpunkte. Nein, Gendern ist für eine potentiell faschistische Macho-Partei eine Bedrohung, Gleichberechtigung ein Fremdwort. Auf diesen Zug springen nun Kultusminister Christian Piwarz (CDU) und seine Mannen auf. Mehr noch – und das ist der Skandal: In Folge dieses Erlasses werden jetzt schon Lehrer:innen in Sachsen gemaßregelt, versetzt und aus der Lehrer:innenausbildung abgezogen, die in ihrem Verantwortungsbereich gendern. Und so ganz zufällig handelt sich dabei um solche Pädagog:innen, die sich couragiert den rechtsnationalistischen Umtrieben in den Schulen in den Weg stellen, Hakenkreuzkritzeleien ebenso wenig durchgehen lassen wie antisemitische Äußerungen – und dabei oft genug von Schulleitungen und Vorgesetzten im Stich gelassen werden. Spätestens an dieser Stelle wird aus dem scheinbar nicht so wichtigen Problem ein sehr großes, ein Skandal. Er zeigt, in welch gefährlicher gesellschaftspolitischen Lage wir uns inzwischen im Freistaat Sachsen befinden. Es sind nicht nur diejenigen, die der AfD programmatisch folgen, die die Axt an die offene, demokratische Gesellschaft anlegen. Es sind auch ein Christian Piwarz und sein Gefolge in den Schulbehörden, die das schmutzige Geschäft der Rechtsnationalisten befördern. Eigentlich muss ein Aufschrei durch die Schullandschaft gehen. Eigentlich dürfen die in Sachsen mitregierenden Sozialdemokraten und Grünen einschließlich der Gewerkschaften das einem Christian Piwarz nicht durchgehen lassen. Eigentlich müsste ein Minister, der sich auf dieser AfD-Schleimspur bewegt, zu Fall kommen. Eigentlich … aber wir sind leider in einer Lage, in der Mosaiksteinchen für Mosaiksteinchen aus der Demokratie herausgebrochen wird – und jedes Mal findet sich jemand, der sich und anderen die Lage schönredet: Es gibt doch wichtigere Probleme …

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