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Christi Himmelfahrt oder Trumpischer Höllenritt

Selten scheint ein kirchlicher Feiertag so aus der Zeit zu fallen wie in diesem Jahr der Festtag Christi Himmelfahrt. Da feiern wir auf der einen Seite, dass mit der Himmelfahrt Jesu Christi alle weltlichen Herrschafts- und Machtansprüche infrage gestellt, relativiert, ja ausgeschlossen werden. Der ehemalige Bundespräsident Gustav Heinemann hat dies auf dem Essener Kirchentag 1950 so zum Ausdruck gebracht: „Lasst uns der Welt antworten, wenn sie uns furchtsam machen will: Eure Herren vergehen, unser Herr kommt!“ Was so viel bedeutet: Niemand hat das Recht, sich über Gott und damit über die Menschen, die auf dieser Welt leben, zu erheben und schnöde seinen Interessen durchzusetzen. Da mag ein Donald Trump mit seinem blondiert-verzerrten, krampfhaft in sich selbst verliebten Pokerface noch so viel weiß-wütend-nationalistsiches Machtgehabe an den Tag legen: Der einzige, der wirklich über Macht verfügt, ist der, der sich für das Leiden der Menschen eingesetzt hat; der Wege aufgezeigt hat, wie wir in dieser Welt leben können, ohne über Leichen zu gehen: durch Ehrfurcht vor dem Leben, durch Nächsten- und Feindesliebe, durch Barmherzigkeit, durch Gewaltlosigkeit.

Auf der anderen Seite laufen die Despoten dieser Welt gegen diese Überzeugung Sturm – damals die römischen Machthaber wie ein Kaiser Domitian, heute die Neu-Diktatoren wie Erdogan, Putin und nun an erster Stelle der Präsident der Vereinigten Staaten Donald Trump. Alle eint, dass sie ohne jede moralische Bremse Krieg führen und sich über demokratische Grundsätze ebenso selbstherrlich hinwegsetzen wie über die Grundüberzeugungen, die wir der biblischen Botschaft verdanken: Leben ist begrenzt und vergänglich; jeder Mensch ist fehlbar und bedarf der Vergebung; ohne die Achtung der 10 Angebote für das Leben verkommt die menschliche Existenz zu einem Höllenritt; wer sich über Gott erhebt, wird über kurz oder lang das Leben des Nächsten schädigen. Doch dass derzeit und weltweit so viele Despoten ihr kriegerisches, asoziales Unwesen treiben können, hat auch damit zu tun, dass es zu vielen Menschen an einem klaren, inneren Kompass mangelt und ihnen das Leben des anderen achtende Grundüberzeugungen abhandengekommen sind. Eigentlich müsste es in diesen Tagen Massendemonstrationen geben – gegen den Krieg in Syrien, gegen das ins Maßlose gesteigerte Wettrüsten und den Tod bringenden privaten Waffenbesitz, gegen die systematische Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen, gegen die unerträgliche Hybris der Assads, Kims, Netanjahus, Putins, Trumps und ihre Verachtung der Demokratie und damit des Volkes. Es ist erschreckend grotesk, dass wir stattdessen erstarrt und mit verhärteter Gleichgültigkeit dem grausamen Szenario der Neu-Diktatoren mehr oder weniger schweigend folgen, ihr Zerstörungswerk zulassen und das Ganze noch dadurch rationalisieren, dass wir ihnen medial und politisch hehre Absichten unterstellen.

Dabei können wir wissen: Die Trumps dieser Welt sind nichts anderes als a-moralische Gewissenszwerge, innerlich verkümmert, Angst besessen und moralisch ausgedorrt. Das Einzige, was sie „schützt“, ist ihre ins milliardenfache potenzierte Knarre in der Hand, der schon jetzt Hunderttausende Menschen zum Opfer gefallen sind. Wir wissen, dass es sich um Menschen handelt, die wir nur ungern als Nachbarn in der Schrebergartenanlage hätten. Und doch tun wir kollektiv so, als wären wir ihnen hilflos ausgeliefert. Dabei könnten zumindest Christenmenschen der Überzeugung Raum geben, dass diese Herren nicht mehr und nicht weniger Mensch sind, nicht mehr und nicht weniger Macht haben, nicht mehr und nicht weniger Geschöpfe Gottes sind als wir selbst. Als die Jünger Jesu nach seiner Himmelfahrt weiter nach oben starrten, wurden sie gefragt: „Was steht ihr hier und seht in den Himmel?“ (Apostelgeschichte 1,11). Martin Luther hat die Frage in seiner kräftigen Sprache aufgegriffen: „Non gaff gen coelum. Hier unten hast du‘s.“ Ja, hier unten, in unserer Gesellschaft, hier auf Erden liegt unsere Verantwortung. Hier haben wir jetzt die Aufgabe – befreit von der Angst vor den sich martialisch tobenden Höllenrittern dieser Welt – alles das zu tun, damit wir uns endlich auf dem Weg des Friedens begeben, den Nächsten und das Lebensrecht des Feindes achten. Denn nur so werden wir „hier unten“ das in den Blick bekommen, was uns durch Jesu Botschaft „von oben“ verheißen ist. Fazit: Himmelfahrt feiern ist allemal sinnvoller als dem trumpischen Höllenritt folgen.

Siehe auch den Blog-Beitrag:  http://wolff-christian.de/alles-wie-gehabt-zur-lage-im-nahen-osten/

10 Antworten

  1. JA – dazu bin ich fähig, zum Frieden; das haben in den letzten Jahrzehnten ganz andere Leute festgestellt! Ihnen, Herr Schwerdtfeger, fällkt es jedoch offenbar ziemlich schwer, einfach mal ganz ruhig, gelassen und ohne jedwede Polemik auszukommen.
    Nicht ich, sondern Sie arbeiten sich ab – dass ist unschwer erkennbar.
    Also: locker, und dann sehen wir weiter.
    Schönes Wochenende – der Flade

  2. Ihren Beitrag und Ihre Fragen, Herr Lerchner, finde ich sehr interressant. Ich stimme Ihnen zu, daß Trumps Politik (hier seine Außenpolitik) extrem stümperhaft ist. Das liegt, so glaube ich, nicht nur an seinem Erfahrungsmangel und an seiner völligen Ignoranz in internationalen Dingen sondern vor allem auch daran, daß er seine Außenpolitik – wie alles andere auch – fast ausschließlich am kurzfristigen innenpolitischen Twitter-Erfolg ausrichtet und gar nicht fähig ist, langfristige Strategien zu entwickeln. Und da er mit allen Beratern, die das versuchen, sofort über Kreuz liegt und sie feuert, wird sich daran wohl auch nichts ändern.
    Das Problem seiner bisherigen Verbündeten – und das erkennt er wohl – ist aber, daß sie eben ihre bisherige Abhängigkeit vom wohlmeinenden großen Bruder Amerika als Faktum dankend angenommen haben – und damit erpressbar sind: Dies ist ganz offensichtlich im Bereich der Sicherheitspolitik, die ein wesentlicher Teil der Außenpolitik ist. Dies, so scheint sich jetzt zu zeigen, – Sie sind da wahrscheinlich kenntnisreicher als ich – gilt wohl auch trotz großartigen Handelsüberschusses für die Wirtschaftspolitik, wenn man jetzt sieht, wie sogar große deutsche Firmen (Daimler zB oder Siemens) ihre Iran-Geschäfte in Zweifel stellen (müssen?), weil sie sich US-Sanktionen nicht leisten können. Und Iran wird sich auch bei europäisch-russisch-chinesischem Festhalten am Abkommen nicht mehr gebunden fühlen, weil das Verifikationsregime als Kern des Abkommens den USA zu viele Einblicke gewährt.
    Nun wird Trump vorübergehen und in spätestens sieben Jahren sind wir ihn wieder los. Und trotzdem stimme ich Ihnen zu, daß Deutschland ein anderes und besseres Verhältnis zu Rußland braucht, als wir es jetzt haben. In sechs Jahren wird ja wohl auch Putin abtreten – allerdings wohl einen ihm genehmen Nachfolger installieren. Deutschland als Teil der EU muß einfach erkennen, daß wir zwar keine Äquidistanz anstreben sollten, aber doch ein gutes Verhältnis nach Osten brauchen und die großmundigen Worte von der Augenhöhe, von der größeren Verantwortung, von der internationalen Mitsprache und dem Sicherheitsratssitz auch durch, ja was?, untermauern müssen.
    Und da sind wir dann – auch – bei der Sicherheit. Die Bundesrepublik hat sich dem 2%-Ziel verpflichtet. Außenminister war Steinmeier – ein doch sicher auch in SPD-Kreisen als sehr vernünftig und sachlich angesehener Mann. Er muß wohl damals Gründe für die Zustimmung gehabt haben und dies im Bewußtsein auch der absoluten Zahlen. Nun kann Deutschland jetzt argumentieren, daß durch die enorme Konjunktur die 2% inzwischen zu viel sind – das ist sicher glaubwürdig in einer sachlichen Diskussion. Aber daß andererseits eine gewisse Machtbasis – und eben für Europa nicht (mehr ausschließlich) die amerikanische – vonnöten ist, das scheint mir ebenfalls unbestreitbar, will man sich der Erpressung verweigern können. Ich glaube nicht, daß dies clichéhaft oder ideologisch ist.
    Das große Feld der Entwicklungshilfepolitik ist das Gegenstück und gleichrangig wichtig. Aber E-Politik braucht ein sicheres Umfeld und Voraussetzung dafür ist also Stabilität im Entwicklungsland und dessen Umfeld. Wie stellen Sie die her im Kongo, im Tschad, in Nigeria, im Nahen Osten, in Libyen, etc? Und wie stellen Sie sie her, ohne eigene Soldaten / Polizisten einzubinden, was erhebliche Nachteile für beide Seiten hat? Da haben wir wohl noch keine wirkliche Lösung.
    Ich grüße Sie,
    Andrras Schwerdtfeger

  3. Hier redet von Würde, wer anderen Leuten Schwachsinn, gefährliche Dummheit und Polarisierung vorwirft – dies alles wohlgemerkt als Behauptung tatsächlicher Art und ohne ein einziges sachliches Gegenargument zu bringen. Auch diesmal, lieber Herr Flade, kritisieren Sie Nebensächliches und gehen auf die Argumente nicht ein. Ich leugne ja nicht, daß meine Beiträge polemische Anteile enthalten und ich zitierte Herrn Wolff, um zu zeigen, daß ich da nicht alleine bin. Wäre es nicht sowieso vielleicht Herrn Wolffs Anliegen gewesen zu verdeutlichen, daß ein demokratischer Diskurs nicht auskommen kann, wenn man andere Meinung nicht duldet? Und jemanden, der glaubt, man schaffe ihm unliebsame Meinungen aus der Welt, indem man sie nicht mehr dulde, ist doch wohl etwas einfach gestrickt, oder?
    Mein Friedensangebot, so glaubte ich, würde Sie vielleicht dazu bringen, daß Sie sich nicht weiter an meiner Person abarbeiten, die Ihnen unsympathisch ist (das ehrt mich ja, bringt aber nichts), sondern daß Sie nun mal sachlich mitargumentieren. Stattdessen bisher: Belehrung und Fortfahren mit Nebensächlichkeiten im persönlichen Bereich. Also nochmal: Ich biete Ihnen Frieden gegen Argumente. Es würde doch wahrscheinlich alle Mitleser erfreuen. Ob Sie dazu fähig sind?
    Andreas Schwerdtfeger

  4. Und wieder ein echter A. Schwerdtfeger mit seinem: „Aber solche Bücher kennt dieser Simplicio nicht. Entschuldigung – „diese Polemik mußte einfach sein“ (Zitat).“
    Lese ich seine Reaktion vom 06. Mai (s.,d.) zum Friedensangebot kann ich nicht anders als die Frage zu stellen; Warum nur immerfort diese Verächtlichmachung, dieses Vermissen an Würde, dieser leichtfertige, geradezu unkontrollierte Respektsentzug dem Anderen gegenüber? Das ewige Reklamieren von sachbezogener Argumentation zur Demokratiehygiene gerät doch dann ins Stottern, in die Unglaubwürdigkeit, wird der Andere simplifiziert, d.h. seine Sicht der Dinge verunglimpft. Pflege des Diskurses ist stets auch Kultur und offenbart eigene Kultiviertheit. Einem Heinemann wären solche Unflätigkeiten nie und nimmer untergekommen – nicht im Denken, also auch nicht im Reden! Und ich bezweifle stark, ob Herr Schwerdtfeger, säße er dem der Kleingeistigkeit dermaßen unfein Gescholtene körperlich gegenüber, so geredet hätte – oder ? Das Thema; Beamtengehälter – ein wahrlich weites Feld und höchst pikant und dringend erörterungswürdig….
    Also Frieden ja – ich wiederhole mich erneut, aber bitte bescheiden Sie sich auf Ihre Sachargumentationen und lösen Sie sich von Ihrem unersättlichen Drang nach: – „diese Polemik musste einfach sein“. Muss sie wirklich ?? Gutes Wochenende – Jo.Flade

  5. Dass das Rekurrieren auf moralische Qualitäten einzelner Machthaber nicht sehr produktiv für das Verständnis der aktuellen politischer Probleme ist, zeigt sich auch in dieser Diskussion. Der geäußerte Vorwurf von Antiamerikanismus machte auch schnell klar, dass es weniger um das Fehlverhalten gewisser Bösewichte geht, als um grundlegende Probleme in der Gestaltung der internationalen Beziehungen unseres Landes.

    Als ehemaliger DDR-Bürger habe ich Erfahrungen im Umgang mit einem „großen Bruder“. Ich kann mich deshalb ganz gut in die momentane Lage unserer Regierung hineinversetzen. Auch wenn die Methoden zur Durchsetzung von Macht heutzutage wesentlich raffinierter sind (man denke nur an das kreative Wirken von Organisationen und Institutionen wie dem Aspen-Institut, dem American Council on Germany, der Atlantik-Brücke u. a.), stellt sich wieder mal die Frage, inwieweit eine deutsche Regierung in der Lage ist, die Interessen des von ihr vertretenen Volkes gegenüber „engen Verbündeten“ durchzusetzen.

    Dass Trump nicht nur ein Ekel ist, sondern darüber hinaus sehr stümperhaft US-amerikanische Interessen vertritt (wie kann man denn Verbündete so gegen sich aufbringen!), ist in den Augen mancher Strategen sicherlich das Hauptärgernis.

    Kann es nicht sein, dass die Bundesrepublik Deutschland ein geringeres Interesse an einer langfristigen Destabilisierung Russlands hat als die Vereinigten Staaten (mit und ohne Trump) es haben? Wieso ist die Beteiligung Deutschlands am neuerlichen Wettrüsten vorteilhaft? Sollte sich die Bundesregierung dem 2 % – Rüstungsziel nicht klar verweigern? Sind alle Fragen zu einer angeblichen Bedrohung unsere zivilisatorischen und demokratischen Werte durch fremde Mächte tatsächlich befriedigend beantwortet? Nach 23 Jahren erwachsenen Lebens in der DDR und 28-jähriger Lebenserfahrung im Westen stelle ich fest, dass klischeehaftes und ideologisch bestimmtes Denken offenbar eine menschliche Konstante ist.

  6. Lieber Christian Wolff, diese „Entwicklung“ scheint ein Kollateralschaden des beendeten OST-West Konflikts zu sein?! Da schienen sich Kräfte Bahn zu brechen, die während dieser Zeit „angstschlotternd“ die Hinterzimmer bevölkerten und sich nun als die historischen Gewinner der Wende fühlen. Und deshalb Maß und Ziel verlieren.

  7. Herr Weiss hat schon Recht, lieber Herr Wolff, auch wenn er, wie ich und viele andere, Ihre grundsätzliche Meinung zum Thema Trump ja teilt. Aber es bleibt eben richtig, daß nüchterne und sachliche Formulierungen eine Kritik glaubwürdiger machen und gleichzeitig die Auseinandersetzung erleichtern und fördern. Ihre emotionale Rhetorik in der Sache – ich rede nicht von paralleler Polemik, die wir beide schätzen – schadet Ihrem Anliegen.
    Sie beklagen den Zustand in Syrien – natürlich zu Recht. Sie vermischen wieder einmal eine religiöse Vorstellung von Leben und Macht mit den politischen Realitäten, in der im Gegensatz zu Ihrer Welt einige reale Diktatoren die Macht haben – und dies trübt dann das Urteilsvermögen bezogen auf praktische Lösungsansätze. Und schließlich – eben dadurch – versuchen Sie auch gar keine Lösungsansätze sondern verweisen allgemein auf „Demonstrationen“ (welchen Einfluß hat schon eine Demonstration in Deutschland auf die Mullahs im Iran oder auf Assad) oder auf „den Weg des Friedens“, den Sie aber politisch nicht definieren können.
    Ich stimme Herrn Weiss auch zu, daß man Trump oder auch Netanjahu nicht in denselben Kreis wie die wahren und schlimmen Diktatoren (zu denen auch der Iran gehört) einordnen sollte, und daß man Putin ständig moralisch vor den Kopf stößt, obwohl man ohne ihn nicht nur in Syrien sondern weltweit keine Problemlösung erreichen kann. Europa steht zwischen den beiden Giganten Rußland und Amerika und kann weltpolitisch solange keine wirklich Rolle spielen, solange es politisch auf eigenes Gewicht verzichtet. Politisches Gewicht mißt sich u.a. und ganz wesentlich in projizierbarer Macht und in wirtschaftlicher Potenz, die auch Unabhängigkeit von Entscheidungen anderer einschließt. Das erstere hat Europa kaum – und Deutschland schon gar nicht –, das letztere scheint auch fraglich, wenn man jetzt hört, daß viele deutsche Firmen sich wohl gegen ihre eigenen Standpunkte von Iran trennen müssen / werden, weil sie sich amerikanische Sanktionsdrohungen nicht leisten können.
    Präsident Macron hat gestern in Aachen – im Gegensatz zur biederen Kanzlerin – den Weg gewiesen: Seien wir nicht schwach, lassen wir uns nicht spalten, haben wir keine Angst und warten wir nicht. Es geht eben nicht um „Wettrüsten“ (als natürlich nur eines der angesprochenen Themen); es geht stattdessen um die Erlangung von ausreichendem Gewicht, um die eigenen politischen Ziele durchsetzen zu können, die sich doch bei uns um Friedensförderung und -bewahrung drehen. Ihre Theorie, daß Rüstung kontraproduktiv sei, stimmt sicherlich augenblicks für die krisenhafte Nah- und Mittel-Ost-Region. Europa dagegen hat die Aufrechterhaltung eines starken Verteidigungspotentials, inklusive der nuklearen Komponente, der politischen Führung die notwendigen Spielräume gegeben, um den Frieden 75 Jahre lang durchzusetzen und die Teilung des Kontinents zu überwinden – aber dieses Potential war immer das amerikanische. Wenn Europa eine wichtige politische Rolle in der Welt spielen will, dann zeigt das Desaster Trump, daß wir nun selbst Potential aufbauen müssen. Moral braucht Macht!
    Und schliesslich: Mit großem Amüsement lese ich in Ihrem vorletzten Beitrag den Kommentar eines Simplicio, der sich wundert, daß Kommentare hier auf Ihrem blog geduldet würden und daß man Beamtenpensionen kürzen solle. Das Letztere ist ein ganz starkes Argument in der Frage der Bekämpfung des Rechtsradikalismus und die Polizeibeamten, die täglich ihren Kopf hinhalten, werden begeistert sein. Und das erstere zeigt, wie unterentwickelt bei einigen (vielen?) Menschen in unserem Lande bisher das Demokratiebewußtsein ist. Demokratischer Diskurs ist seit dem Melierdialog in Thukydides‘ „Peloponnesischer Krieg“ und bis hin zu Jean Giraudoux‘ großartigem Drama „Der trojanische Krieg findet nicht statt“ (geschrieben Anfang des 20. Jahrhunderts) die sachliche Rede und Gegenrede – von „Duldung“ keine Spur. Und in seinem epochalen Werk zur Renaissance – DER Epoche der Vernunft und Kunst, der Wissenschaft, des Aufbruchs und der intellektuellen Auseinandersetzung in der europäischen Geschichte – schreibt Bernd Roeck: „Ohne die Möglichkeit, miteinander und gegeneinander zu reden, kritisch zu diskutieren, öffentlich zu räsonieren, wäre weder Demokratie entstanden noch jene Fülle technischer Neuerungen und wissenschaftlicher Erkenntnisse hervorgebracht worden, die unsere Zeit prägen …“. Man möchte gerne das Feld der Politik in seiner ganzen Vielfalt zwischen Macchiavelli und Heinemann noch hinzufügen. Aber solche Bücher kennt dieser Simplicio nicht. Entschuldigung – „diese Polemik mußte einfach sein“ (Zitat).
    Mit herzlichem Gruß,
    Andreas Schwerdtfeger

  8. Lieber Christian Wolff,
    vielen Dank für diesen Beitrag. Ich denke, dass es eine gewisse und zutreffende Logik hat, genau diese Linie der „unerträgliche(n) Hybris“ der Assads, Kims, Netanjahus, Putins, Trumps“ zu formulieren. Mir scheint das insofern zutreffend, dass sich eine unerträgliche Rücksichtslosigkeit und moralische Grenzlinien überschreitende „politische“ Handlungsweise in eben diesem Personaltableau manifestiert, die brandgefährlich und unerträglich ist. dass selbst ein israelischer Ministerpräsident in dieser Reihe auftaucht ist indessen extrem irritierend, allerdings sehr folgerichtig. Ich weiß nicht mehr, wohin die internationale Gemienschaft, wenn man davon noch sprechen mag (?), steuert? Ich, jedenfalls, bin mehr als beunruhigt.
    Herzlichen Gruß
    Thomas Weiß

  9. Lieber Bruder Wolff, häufig schätze ich Ihre Leidenschaft und lese Ihre Blogs gerne und fühle mich durch viele Aspekte bereichert. Hier aber ist m.E. Ihr Anti-Amerikanismus mit Ihnen durchgegangen, wenn Sie von der „unerträgliche(n) Hybris“ der Assads, Kims, Netanjahus, Putins, Trumps“ schreiben. Bei allem Recht auf Kritik & auch wenn es Ihnen schwerfällt: M.E. gehören Netanjahu und Trump auf jeden Fall immer noch eine anderen Liga an, dass die „Assads und Kims“ und Putin möchte ich zumindest von den beiden letztgenannten auch noch abgesetzt wissen. Dies nur als ein Zwischenruf zur Mäßigung, da mir hier doch einige Maßstäbe verrückt erscheinen … Herzlich Ihr RM

    1. Lieber Bruder Mawick, vielen Dank für die kritischen Anmerkungen. Zu Ihrer Beruhigung: Ich bin nicht von Anti-Amerikanismus befallen, war es noch nie. Vielmehr teile ich mit vielen Amerikanern die Meinung, dass Trump das Ergebnis eines jahrzehntelangen Zerstörungswerkes der amerikanischen Gesellschaft durch die Republikanische Partei ist und dass er selbst nunmehr alle Kriterien diktatorisch-nationalistischer Politik erfüllt. Allerdings irritieren mich Meinungen wie die Ihrige, die an der Trump’schen Politik noch irgendetwas Sinnvolles zu erkennen scheinen, indem diese qualitativ abgesetzt wird gegenüber den Putins oder Kims. Hier müssen mE die Maßstäbe wieder zurecht gerückt werden. Denn die Trump’sche Politiik wird ja nicht dadurch besser, dass es noch gewissenlosere Herrscher als ihn selbst gibt. Ich weiß, dass nicht Wenige so denken wie Sie. Aber ich habe von Anfang an eine „Gewöhnung“ an die Trump’sche Politik für gefährlich erachtet. Beste Grüße Ihr Christian Wolff

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