Vor einem Jahr, anlässlich des 70. Geburtstages des Grundgesetzes, wurde im Vorfeld des 23. Mai 2019 in allen Medien an dieses nicht nur für Deutschland wichtige Ereignis erinnert. Der Verfassungstag 2019 war Anlass für zahlreiche Veranstaltungen, Stellungnahmen, Festakte. Im Vorfeld der Europawahlen wurde deutlich: Die europäische Einigung ist für Deutschland keine politische Option, sondern ein Verfassungsauftrag. Denn mit der Präambel des Grundgesetzes versteht sich das Deutsche Volk „als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa“ und „von dem Willen beseelt … dem Frieden der Welt zu dienen“. Was für eine Perspektive!
In diesem Jahr sieht es mit dem 23. Mai etwas anders aus: Zum einen spielt der Verfassungstag wie in den 69 Jahren vor 2019 in der öffentlichen Wahrnehmung kaum eine Rolle. Selbst der Wochenzeitung DIE ZEIT ist der Verfassungstag in der aktuellen Ausgabe keine Zeile wert. Zum andern wird angesichts der Coronakrise über die Gültigkeit der Grundwerte auf allen gesellschaftlichen Ebenen teilweise erbittert gestritten. Die Beschränkungen des öffentlichen Lebens, verbunden mit Eingriffen in die Grundrechte, haben viele Bürgerinnen und Bürger auf den Plan gerufen. Sie sehen in den getroffenen Maßnahmen massive Eingriffe in ihre Persönlichkeitsrechte. Was dabei auffällt: Gerade in hiesigen Regionen stellen etliche Menschen die Gültigkeit und Bedeutung des Grundgesetz generell infrage – nicht zuletzt deswegen, weil sie dieses als ihnen mit der deutschen Einheit übergestülpt und in ihrer Lebenswirklichkeit als nicht wirksam betrachten. Aber war das 1949 in Westdeutschland so anders? Zweifel sind angebracht, dass damals die Mehrheit der Bevölkerung das Grundgesetz als das ihrige betrachtet hat. Würde heute eine solche Verfassung wie das Grundgesetz von einer parlamentarischen Versammlung verabschiedet – würden dann nicht etliche von denen, die in diesen Tagen auf die Straße gehen, von einem „links-rot-grün versifften Machwerk“ sprechen, das sich eine abgehobene Elite zu ihrem Vorteil ausgedacht hat?
Worauf es also ankommt: Jeden Tag haben wir uns das Grundgesetz und insbesondere die Grundrechte in einem durchaus streitigen Prozess neu anzueignen – wohl wissend, dass das Grundgesetz nur dann lebendig wird und geschützt werden kann, wenn sich Bürgerinnen und Bürger an der Demokratie beteiligen. Darum ist es so wichtig, dass der 23. Mai als Verfassungstag zum gesetzlichen Feiertag wird und jedes Jahr neu das Grundgesetz und mit ihm die Demokratie durch jede/n von uns gewürdigt werden können. Denn das Grundgesetz benennt die Rahmenbedingungen für ein demokratisches, freiheitliches, soziales, rechtsstaatliches Zusammenleben und liefert damit einen kritischen Maßstab, dem sich alles politische und staatliche Handeln, aber auch alle Institutionen und jede/r Bürger/in zu unterwerfen haben – unter der unbedingten Maßgabe, dass die Würde eines jeden Menschen geachtet und geschützt wird (Art. 1 GG). Damit wird der Spannungsbogen zwischen dem Wert des einzelnen Menschen auf der einen und dem Staat / Volk auf der anderen Seite klar benannt. In dieser Spannung leben wir jeden Tag: Wie kann es zu einem Ausgleich kommen zwischen dem Recht eines jeden Menschen auf „freie Entfaltung seiner Persönlichkeit“, dem „Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit“ (Art. 2 GG) und den gesamtgesellschaftlichen Interessen des Staates und des Volkes? Vor einer solchen Güterabwägung steht jeder Einzelne wie auch der Staat in der gegenwärtigen Coronakrise. Dass hier die Gewichtung durchaus unterschiedlich ausfallen kann und immer wieder des politischen Diskurses und der rechtlichen Überprüfung bedarf, ist eine der positiven Folgen des Grundgesetzes.
Nun erntet man in manchen Straßendiskussionen durchaus hämisches Gelächter, wenn man unabhängig von den gegenwärtigen Auseinandersetzungen den Wert des Grundgesetzes hervorhebt – nach dem Motto: Wie kannst Du das Grundgesetz feiern, wenn „die Politik“ permanent dagegen verstößt und „das Volk“ missachtet? Selbst wenn ich unterstelle, dass Letzteres stimmen würde – ich kann einen Verstoß nur dann feststellen, wenn ich mich auf das Grundgesetz als gemeinsame Basis und Maßstab berufe. Allerdings muss ich dann in Rechnung stellen, dass jede/r erkennt: Er/sie ist nur eine/r von 82 Millionen Bürgerinnen und Bürgern. Diese bilden in ihrer Gesamtheit „das Volk“ und nicht irgendeine Interessengruppe. Von diesem Volk geht alle Staatsgewalt aus, aber nicht durch Sprechchöre, sondern durch „Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung“ (Art. 20 Abs. 2). Wer also „Wir sind das Volk“ ruft, kann damit nur meinen: auch wir sind Teil des Volkes. Wer aber demokratisch gewählte Regierungen als „Volksverräter“ bezeichnet, die parlamentarische Demokratie mit Diktaturen gleichsetzt und den „Systemwechsel“ fordert, der verlässt den Boden des Grundgesetzes bzw. nutzt die Freiheitsrechte des Grundgesetzes, um sie abzuschaffen. Insofern ist es geradezu grotesk, wenn ein Rechtsnationalist wie Andreas Kalbitz (AfD) in den vergangenen Tagen Grundgesetze signiert hat. Das hat eine Aussagekraft, wie wenn ein Donald Trump sich auf die Bibel beruft.
Wir müssen also sehr hellhörig werden, wenn das Grundgesetz zur rein taktischen Waffe in der politischen Auseinandersetzung eingesetzt – in Wirklichkeit aber versucht wird, die Grundrechte auszuhebeln. Darum ist es ein Segen, dass die Grundrechtsartikel der sog. „Ewigkeitsformel“ unterliegen: sie dürfen in ihrem „Wesensgehalt (nicht) angetastet werden“ (Art. 19 Abs. 2 GG). Weder die Demokratie noch der Rechtsstaat kennen eine Quarantäne. Sie bleiben wirksam – allerdings unter einer Voraussetzung: Engagierte Bürgerinnen und Bürger müssen sich immer wieder neu darauf einlassen und mitmachen. Der große Sozialdemokrat und spätere Bundespräsident Gustav Heinemann (1899-1976) sagte in einer legendären Fernsehansprache 1968: „Unser Grundgesetz ist ein großes Angebot. Zum ersten Mal in unserer Geschichte will es in einem freiheitlich-demokratischen und sozialen Rechtsstaat der Würde des Menschen volle Geltung verschaffen. In ihm ist Platz für eine Vielfalt der Meinungen, die es in offener Diskussion zu klären gilt.“
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„Aufruf 2019“ begeht am 23. Mai 2020 den Verfassungstag: „Demokratie kennt keine Quarantäne – braucht aber uns“
Unter diesem Motto veranstaltet der „Aufruf 2019“, eine Initiative von Bürgerinnen und Bürgern Leipzigs, eine Ausstellung auf dem Marktplatz zum Verfassungstag. Damit will der „Aufruf 2019“ den 71. Geburtstag des Grundgesetzes würdig begehen. 71 + Bürgerinnen und Bürger würdigen aus diesem Anlass mit ihrem Porträt und einem Gedanken zum Grundgesetz auf der Homepage www.aufruf2019.de die Grundrechte. 20 Porträts werden von 10.00 – 18.00 Uhr auf dem Marktplatz ausgestellt.
Kundgebung am 23. Mai 2020 um 11.00 Uhr auf dem Marktplatz
Um 11.00 Uhr findet auf dem Marktplatz eine Kundgebung statt. Es sprechen: Oberbürgermeister Burkhard Jung, Tanja Werner und Annegret Janssen vom Jugendparlament, Gisela Kallenbach. Musik: Sebastian Krumbiegel und David Timm. Dazu laden wir herzlich ein.
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Ein weiterer Geburtstag: 23. Mai 1863 – Gründungstag der SPD
Leider geht die SPD mit ihrem Gründungstag vor 157 Jahren in Leipzig genauso stiefmütterlich um wie die Bundesrepublik Deutschland mit dem Verfassungstag. Dabei ist es mehr als ein historischer Zufall, dass beide Ereignisse auf einen Tag fallen. Denn ohne die Sozialdemokratie und ihr Eintreten für die Demokratie, für die europäische Einigung, für soziale Gerechtigkeit ist das Grundgesetz nicht denkbar. Man denke nur daran, dass auf Carlo Schmid die Präambel und das Recht auf Kriegsdienstverweigerung (Art. 4 Abs. 3) zurückgehen und Elisabeth Selbert mit Art. 3 Abs. 2 GG die Gleichberechtigung von Mann und Frau durchsetzte.
8 Antworten
Sehr geehrter Herr Wolff,
gerade bin ich auf ihren Artikel zum Grundgesetztag vom letzten Jahr gestoßen, als ich „Grundgesetz“ und „Wolff“ gegoogelt habe.
Ich habe nach Informationen über Sascha Wolff gesucht, der in Dresden Artikel des Grundgesetzes auf der Straße laut vorgetragen haben soll, darunter auch das von Ihnen zititierte „sie dürfen in ihrem ‚Wesensgehalt (nicht) angetastet werden‘ (Art. 19 Abs. 2 GG)“. Kennen Sie das:
https://eingeschenkt.tv/dresden-du-sollst-nicht-laut-das-grundgesetz-vorlesen/
Zitat AS:
„Mit allen guten Wünschen für das kommende Wochenende und Ihre einseitige Demonstration, die wie alle solche Veranstaltungen eher das Gegenteil des Erwünschten produzieren wird. Die von Ihnen zu Recht geforderte Beteiligung der Bürger an der Demokratie würde sich jedenfalls im Dialog, im Zuhören, im sachlichen Argumentieren fruchtvoller ausdrücken als in rechthaberischen Straßenversammlungen mit aggressiven Parolen und der Betonung des Ich bei den Menschenrechten.“
Frage an AS:
Warum stellten auch Sie sich zum Verfassungstag/Aufruf in Leipzig NICHT dem von Ihnen unablässig wiederholt reklamierten Dialog ? Und aus welchen Gründen verweigern Sie sich dem Zuhören und Mitdebattieren im öffentlichen Raum, wozu sich ja letzten Sonnabend auch für Sie ausreichend Gelegenheit geboten hätte ??
Jo.Flade
Sie war heiter, beeindruckend, nachdenklich, gesprächsfördernd, vielfach fotografiert, friedlich – der Geburtstagsfeier unseres Grundgesetzes am 23.5. auf dem Marktplatz in Leipzig hätten lediglich noch einige Teilnehmer mehr als die 200-300 Anwesenden beiwohnen dürfen… Die musikalischen und verschiedenen Rede-Beiträge fand ich sehr ausgewogen und dem Anlass angemessen.
Was sie NICHT war: provinziell, eine einseitige Demonstration, rechthaberische Straßenversammlung, aggressiv gegen Rechts hetzend (sieht man davon ab, dass Christian Wolff einen lautstarken Störer, der seine Meinungsfreiheit eingeschränkt sah, als „putzig“ bezeichnete). Auch Andreas Kalbitz, von dem der große Vordenker unserer Zeit denkt, dass Christian Wolff stets gegen ihn schießt, und den der Vordenker doch lediglich in einer Reihe mit Polit-Chaoten (G20-Gipfel Hamburg), Baumbesetzern (Hambacher Forst), oder autonomen Rowdies (Connewitz) sieht/verharmlost und nicht als rechten Vordenker, Strategen und AfD-Strippenzieher, war zu keiner Zeit ein Thema!
Demokratie kennt keine Quarantäne – eine klügere Überschrift zum heutigen Tag des Grundgesetzes ist kaum denkbar. Denn hinter Mauern aller Art ist Demokratie unmöglich. Dass nicht jeder Dialekt und Dialektik auseinander halten kann und den Vorwurf des Provinzialismus so gründlich deplatziert, ist schade, sollte Ihnen aber diesen Tag nicht verderben.
„Komm! ins Offene, Freund!“ (Hölderlin).
Ich finde es toll, das das Grundgesetz gewürdigt wird, und ich werde am Sonnabend um 11 Uhr sicher dabei sein. Aber leider wurden die Grundrechte in den letzten Wochen sehr stark eingeschränkt, und teilweise in klar verfassungewidriger Weise (das hat ja auch das BVerfG schon so gesehen; etliche Verfahren sind noch anhängig). Es wäre gut, wenn man die Gefahr für das Greundgesetz nicht nur bei protestierenden Minderheiten sehen würde (die sich ja teilweise durchaus auf das GG berufen!), sondern auch bei den Regierungen. Oft kommt die Gefahr aus Ecken, wo man sie nicht erwartet.
Es ist schön, lieber Herr Wolff, wie Sie das Grundgesetz loben und wir sind uns darin einig. Dann allerdings erstaunt, wie Sie immer noch Ihre Interpretation desselben als einzig und unumstösslich darstellen und aus der provinziellen Sicht des Ostens unseres Landes für Ihren Feldzug gegen Rechts einspannen, ohne die allgemeinen Gefahren ausgewogen zu sehen – was ja im übrigen Ihre Argumentation entwertet und zu einseitiger Polemik degradiert.
Sie schreiben, die Einigung Europas sei Verfassungsauftrag – und das ist richtig: Falsch allerdings ist es, wenn man immer so tut, als sei eine Kritik an der EU in ihrer heutigen kleinkarierten Verteilungsmentalität, in ihrer geringen Flexibilität bezüglich der Pluralität, in ihrer krakenhaften Regelungswut von Nebensächlichkeiten und in ihrer arroganten Über-Bürokratie mit einer Ablehnung dieses Verfassungsauftrages gleichzusetzen. Die augenblickliche EU zeigt sich als nicht entwickelbar und nicht reformierbar – den toten Esel immer wieder ins Leben zurückzuprügeln, erscheint mir als der falsche Ansatz in Richtung auf das Ziel und die Verpflichtung der europäischen Einheit. EINE ganz wesentliche Voraussetzung für die Fortentwicklung Europas wäre der Versuch einer Angleichung von Mentalitäten – zB südliches laissez-faire zu nördlichem (vor allem deutschem) Dogmatismus – und damit natürlich auch eine gewisse Rücknahme deutscher Belehrungssucht. Dem Frieden der Welt, und also auch Europas, zu dienen, heißt ja vor allem, der Anerkennung der Anderen den Vorrang vor Prinzipienreiterei einzuräumen. Vergleichen Sie nur die beiden deutschen MdEP Weber und Barley, den Pragmatiker und die Puristin – da fällt einem doch sofort die Aussage von Herrn Gabriel im Phoenixgespräch vom 9. Februar 2019 ein: „Konservative wollen regieren, die politische Linke will Recht haben.“
Schon die Überschrift Ihres Beitrages ist inhaltlich wie demokratietheoretisch falsch: Die in Deutschland verhängte Quarantäne war nicht nur seuchenpolitisch sinnvoll und notwendig – selbst in vordemokratischen Zeiten wußte man schon, daß gegen Pandemien nur Isolierung hilft – sondern sie war parlamentarisch abgesichert und auch demokratisch von einer überwältigenden Mehrheit des Volkes als sinnvoll mitgetragen. Und sie war selbstverständlich in unserer Demokratie vor unabhängigen Gerichten juristisch überprüfbar. Die Grundrechte waren in dieser Zeit eher angegriffen durch Leute, die grundlos von „allzu sorglosem Umgang“ der Regierung fabulierten, die in einseitiger Übertonung „meiner“ Rechte die Rechte der Gesamtgesellschaft, d.h. aller anderen, infrage stellten und die die Lauterkeit der Regierung bezüglich der Aufhebung der Einschränkungen bei Lageänderung grundlos bezweifelten.
Und dann schießen Sie, lieber Herr Wolff, wieder auf Kalbitz – in der Tat ein widerlicher Mensch. Aber Kalbitz ist auch nicht schlimmer als die Chaoten von Hamburg 2018, als die Chaos-Tage in Hannover, als die Straftäter, die sich unter dem Deckmantel „Aktivist“ zu sein, auf fremden Besitz einnisten (Hambacher Forst zB), als sogenannte „Autonome“, die in Leipzig ein Stadtviertel gezielt zum Schlachtfeld mit der Polizei machen (und ihre Verteidiger finden), als die intellektuellen Spinner jetzt, die nicht vorhandene Gefahren unter der Überschrift „Ich“ zur Plattform für Mißbrauch machen.
Und die Gefahren für unser Grundgesetz liegen auch – ich sage: auch – darin, daß einige unserer Politiker in anderen Gebieten als dem des Rechtekatalogs ja recht entspannt mit ihm (bzw vergleichbaren Landesverfassungen) umgehen: Die Misere des Landes NRW – überwiegend eine SPD-Domäne in den letzten Jahrzehnten – haben Frau Kraft wesentlich mitbefördert und ihr Innenminister Jäger. Herr Walter-Borjans hat es als NRW-Finanzminister geschafft, zwei verfassungswidrige Haushalte vorzulegen und sein Land (wenn auch mit nachvollziehbarer Absicht) zum Hehler zu machen (er ist stolz darauf!). Der sehr ehrenwerte und kompetente Finanzminister Scholz hat in der Kultuspolitik und jetzt bezüglich der Entschuldung von Kommunen keine Hemmungen, mal eben schnell das GG zu ändern, obwohl die Bund-Länder-Beziehungen dort klar und durchaus zweckmäßig geregelt sind und – wie das Bundesland Bayern ja vorgemacht hat – keinerlei Änderungen bedürfen.
Die ehemals stolze SPD hat eben heute keine wirklich attraktiven Leute mehr sondern ist eine Partei exotischer Minderheiten geworden. Wie unterscheidet sich das von früheren Größen (in der Tat) wie Carlo Schmid, den weniger sein Beitrag zum Recht auf Verweigerung des Wehrdienstes sondern seine insgesamt hoch gebildete, durch Herkunft grenzüberschreitende, tolerante und argumentativ überzeugende Persönlichkeit kennzeichnete (er hat es nicht geschafft, Vorsitzender der SPD zu werden; eine non-entity wie Walter-B und seine Ko, schaffen das heute!). Den von mir dagegen nicht ganz so hoch eingeschätzten Heinemann zitieren Sie wie folgt: „In ihm (unserem Rechtssaat) ist Platz für eine Vielfalt der Meinungen, die es in offener Diskussion zu klären gilt.“ Und da bin ich nun gespannt, wie einige hier – große Anhänger des großen Heinemann – diesen Satz für sich selbst in der weiteren Diskussion auslegen werden.
Mit allen guten Wünschen für das kommende Wochenende und Ihre einseitige Demonstration, die wie alle solche Veranstaltungen eher das Gegenteil des Erwünschten produzieren wird. Die von Ihnen zu Recht geforderte Beteiligung der Bürger an der Demokratie würde sich jedenfalls im Dialog, im Zuhören, im sachlichen Argumentieren fruchtvoller ausdrücken als in rechthaberischen Straßenversammlungen mit aggressiven Parolen und der Betonung des Ich bei den Menschenrechten.
Andreas Schwerdtfeger
„Gerade in hiesigen Regionen stellen etliche Menschen die Gültigkeit und Bedeutung des Grundgesetz generell infrage – nicht zuletzt deswegen, weil sie dieses als ihnen mit der deutschen Einheit übergestülpt und in ihrer Lebenswirklichkeit als nicht wirksam betrachten“
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Dieser Satz impliziert, dass sich die „etlichen Menschen“ überhaupt intensiv mit dem Grundgesetz vertraut gemacht hätten. Ich kenne nur Angehörige der „liberalen Eliten“ (Voßkuhle) im Osten, die für eine neue Verfassung nach der Wiedervereinigung plädiert haben. Es existieren allerdings „etliche“, die das demokratische System der Bundesrepublik grundsätzlich ablehnen, und dazu gehört dann auch die Verfassung.
Es wäre die Aufgabe der Vorsitzenden der SPD gerade am 23.Mai auf die große Leistung von Carlo Schmid aufmerksam zu machen und auch die Diskussion um die Grundrechte, die Teilhabe und die Sicherheit in Europa neu zu beleben und voranzutreiben.
Leider ist einzuräumen, dass sozialdemokratische Funktionsträger auf vielen Ebenen in der Bundesregierung und in den Länder vorbildliche Fleißarbeit leisten, aber die Partei sich immer noch nicht gefunden hat. Bojans und Eskens reißen bisher niemanden vom Hocker. Es wird langsam Zeit, dass die SPD auch als Partei wieder stärker wahrgenommen wird, die den liberalen Sozialstaat verteidigt und eine Friedenspolitik fortsetzen kann und neue Impulse geben kann. So wie es das GG auch erfordert, denn die Demokratie bleibt eine nicht endende Aufgabe und immer eine besondere Herausforderung für die SPD. Ganz im Geiste von Carlo Schmid.