Sie gehört für mich zu einer der eindrücklichsten Geschichten zur Weihnacht: das „Märchen vom Auszug aller ‚Ausländer‘“, 1991 verfasst von Helmut Wöllenstein, jetzt Propst in der Hessen-Nassauischen Landeskirche, und erstmals veröffentlicht als Morgenandacht im Hessischen Rundfunk.Diese Geschichte müsste gerade in hiesigen Regionen auf jeder Vereins- und Betriebs-XmasFeier vorgelesen werden, damit den Sprücheklopfern bei gestiegenem Alkoholpegel und der feinen Gesellschaft beim gepflegten Weihnachtsschmaus ihre rassistischen Zoten im Halse stecken bleiben und sie vielleicht doch die „Klarheit des Herrn“, also die Vernunft, umleuchtet (vgl. Die Bibel: Lukas 2,9). Wenn dem dann noch ein heilsames Erschrecken, nämlich Furcht, folgt, besteht die Möglichkeit, dass sich daraus Weihnachtsfreude entwickelt – Freude darüber, dass Gott uns aus unserer dunklen Niedertracht herausführt.
Es war einmal, etwa drei Tage vor Weihnachten, spät abends. Über dem Marktplatz der kleinen Stadt kamen ein paar Männer gezogen. Sie blieben an der Kirche stehen und sprühten auf die Mauer „Ausländer raus“ und „Deutschland den Deutschen“. Steine flogen in das Fenster des türkischen Ladens gegenüber der Kirche. Dann zog die Horde ab. Gespenstische Ruhe. Die Gardinen an den Fenstern der Bürgerhäuser waren schnell wieder zugefallen. Niemand hatte etwas -gesehen.
„Los kommt, wir gehen.“ „Wo denkst Du hin! Was sollen wir denn da unten im Süden?“ „Da unten? Da ist doch immerhin unsere Heimat. Hier wird es schlimmer. Wir tun, was an der Wand steht: ‚Ausländer raus‘!“ Tatsächlich: Mitten in der Nacht kam Bewegung in die kleine Stadt. Die Türen der Geschäfte sprangen auf. Zuerst kamen die Kakaopäckchen, die Schokoladen und Pralinen in ihrer Weihnachtsverkleidung. Sie wollten nach Ghana und Westafrika, denn da waren sie zu Hause. Dann der Kaffee, palettenweise, der Deutschen Lieblingsgetränk: Uganda, Kenia und Lateinamerika waren seine Heimat. Ananas und Bananen räumten ihre Kisten, auch die Trauben und Erdbeeren aus Südafrika. Fast alle Weihnachtsleckereien brachen auf. Pfeffernüsse, Spekulatius und Zimtsterne, die Gewürze aus ihrem Inneren zog es nach Indien. Der Dresdner Christstollen zögerte. Man sah Tränen in seinen Rosinenaugen, als er zugab: Mischlingen wie mir geht’s besonders an den Kragen. Mit ihm kamen das Lübecker Marzipan und der Nürnberger Lebkuchen.
Nicht Qualität, nur Herkunft zählte jetzt. Es war schon in der Morgendämmerung, als die Schnittblumen nach Kolumbien aufbrachen und die Pelzmäntel mit Gold und Edelsteinen in teuren Chartermaschinen in alle Welt starteten. Der Verkehr brach an diesem Tag zusammen. Lange Schlangen japanischer Autos, vollgestopft mit Optik und Unterhaltungselektronik, krochen gen Osten. Am Himmel sah man die Weihnachtsgänse nach Polen fliegen, auf ihrer Bahn gefolgt von den Seidenhemden und den Teppichen des fernen Asiens.
Mit Krachen lösten sich die tropischen Hölzer aus den Fensterrahmen und schwirrten ins Amazonasbecken. Man musste sich vorsehen, um nicht auszurutschen, denn von überall her quoll Öl und Benzin hervor, floss in Rinnsalen und Bächen zusammen in Richtung Naher Osten. Aber man hatte ja Vorsorge getroffen. Stolz holten die deutschen Autofirmen ihre Krisenpläne aus den Schubladen: Der Holzvergaser war ganz neu aufgelegt worden. Wozu ausländisches Öl?! Aber die VW’s und BMW’s begannen sich aufzulösen in ihre Einzelteile, das Aluminium wanderte nach Jamaika, das Kupfer nach Somalia, ein Drittel der Eisenteile nach Brasilien, der Naturkautschuk nach Zaire. Und die Straßendecke hatte mit dem ausländischen Asphalt auch immer ein besseres Bild abgegeben als heute.
Nach drei Tagen war der Spuk vorbei, der Auszug geschafft, gerade rechtzeitig zum Weihnachtsfest. Nichts Ausländisches war mehr im Land. Aber Tannenbäume gab es noch, auch Äpfel und Nüsse. Und die „Stille Nacht“ durfte gesungen werden – allerdings nur mit Extragenehmigung, das Lied kam immerhin aus Österreich! Nur eines wollte nicht in das Bild passen: Das Kind in der Krippe, sowie Maria und Josef waren geblieben. Ausgerechnet drei Juden! „Wir bleiben“, sagte Maria, „denn wenn wir auch aus diesem Land gehen, wer will ihnen dann noch den Weg zeigen – zurück zur Vernunft und zur Menschlichkeit?“
15 Antworten
Hallo Herr Käfer,
ich freue mich sehr, daß Sie sich Gedanken darüber machen, ob und wie ein „positives Bild unseres Staates“ in China oder Griechenland entsteht. Es ist dies in der Tat eine interessante Frage angesichts zB der griechischen Haltung, die sich ja in der Krise (und in der Krise – ähnlich wie im Wein – liegt ja die Wahrheit solcher Beziehungen) durch Nazi-Bilder von Merkel und Schäuble in den griechischen Medien und bei Demonstrationen dort gezeigt hat. Für Griechenland also ist die Frage geklärt. Die Griechen werden immerhin kräftig gelacht haben, als Herr Varoufakis – nicht wirklich ein großer Freund Deutschlands – dann ausgerechnet hierzulande sich um ein Mandat für das EU-Parlament bewarb.
China ist da diskreter und überhaupt sind die Chinesen äußerlich viel höflicher, was allerdings nur eine innerliche Unbedingtheit versteckt. China ist eine stolze Nation. Ein Außenminister (Westerwelle), der sich widerspruchslos dem Ausschluß eines Mitgliedes seiner Delegation bei einem Besuch dort unterwirft, hat schon vor Eintreffen Gesicht verloren; ein Land, das politisch an das „gute Beispiel“ glaubt und sich unter dieser Überschrift „unterwirft“; das sich wirtschaftlich erpressen läßt (Technologietransfer praktisch zum Nulltarif, Patentmißbrauch, Minderheitsrepräsentation und Abwesenheit von Gewerkschaften in den eigenen Betrieben, etc); das damit zufrieden ist, wenn es aus innenpolitischen Gründen ein bißchen über Menschenrechte reden darf in der Sicherheit nichts zu bewirken; und dem man schließlich sich erfolgreich jahrelang als „Entwicklungsland“ verkaufen und Mittel dafür einstreichen kann, während man gleichzeitig sein Weltraum- und Militärprogramm mit Milliardensummen (natürlich nicht aus dem Verteidigungshaushalt, denn der muß ja aus Propagandagründen unter den westlichen liegen) voranbringt – ein solches Land wird von China geliebt, denn es weiß, was es an uns hat, und verachtet uns gleichzeitig!
Wenn Deutschland in solchen (diktatorischen) Ländern „Gesicht“ haben will, dann muß es anders auftreten: Höflich, geduldig, mit Festigkeit, mit dem Anspruch auf Reziprozität, als harter Verhandler; es muß nicht – wie Sie es andeuten – geliebt werden wollen, sondern seine Interessen deutlich machen, verfolgen und in Verhandlungen durchsetzen; es darf nicht moralische Mantras weinerlich vor sich hertragen und in der Realität sie um des Geschäfts willen verraten. Es muß, in anderen Worten, Rückgrat zeigen. Das respektieren die Chinesen. Mit Maas ist das natürlich nicht zu machen: Er ist ein deutscher Außenminister nach chinesischer Wunschvorstellung.
Und was die Botschaften angeht: Sie machen keine Außenpolitik; sie helfen bei deren Umsetzung. Aber INTERN melden sie schon – oder sollten es – wie die Realität ist.
Auch ich wünsche Ihnen eine frohe Weihnacht.
Andreas Schwerdtfeger
Zum Beitrag von H. Tellkamp:
Ob international geachteter Autor oder Namensvetter spielt für mich nur bei der Beurteilung des Demagogen-Vorwurfs eine Rolle. Christian Wolff als „begabten Demagogen“ zu bezeichnen, also als jemanden, der bewusst falsche Aussagen tätigt, um andere zu manipulieren, würde ich dem Schriftsteller als ehrverletzend übel nehmen!
Wenn H. Tellkamp schreibt, dass die aufnehmende Gesellschaft ein Wörtchen mitzureden haben müsse, wer denn bei uns „zugelassen“ werden soll, sehe ich unwillkürlich jenen Pegida- „Hutbürger“ vor meinem geistigen Auge, der die angeblich „zig Millionen“ Einlass Begehrenden (H. von Heydebreck) entsprechend selektiert …
Seine Schwierigkeiten beim „wir schaffen das“ sind m.E, unbegründet. Wir laufen eher Gefahr, die Attraktivität des Standortes Deutschland sukzessive zu beschädigen (zunehmende Fremdenfeindlichkeit, nachlassende Innovationskraft, verzögerte Klimaneutralität, zersplitterte Bildungspolitik, ausufernde Bürokratie…). Und Teile unserer diplomatischen Vertretung in China, der Mongolei oder Griechenland überzeugen mich auch nicht unbedingt, dass dort ein positives Bild unseres Staates entsteht und wächst.
Ich wünsche allen Mit-Diskutanten und Lesern des Blogs ein gesegnetes und friedliches Weihnachtsfest.
Wie Recht Sie doch haben, lieber Herr Wolff, auch wenn Ihre Antwort genauso platt ist wie vorher die Geschichte: Ich habe Sie ja nur zitiert und finde in der Tat, wie Sie, daß Ihre Beiträge viel über Sie aussagen!
Andreas Schwerdtfeger
Sehr richtig, sonst wären sie ja nicht von mir.
Das Jahr klingt aus, wie es begonnen hat und wie wohl auch das Neue Jahr beginnen wird: Sie, lieber Herr Wolff, verstehen nichts und hetzen weiter: Wer nicht Ihrer Meinung ist, der ist „intellektuell ziemlich unterirdisch“, er „verleugnet“ und wendet „Verharmlosungsstrategien“ an, er „übergeht Tatsachen“ – und so kommt es dann, daß Sie dem Gegenüber „nur wünschen können“, daß er zur „besseren Einsicht“ kommt, die natürlich zufällig die Ihre ist. Hätte ich das alles geschrieben, Sie hätten es in Ihrer unnachahmlichen Art als „unter der Gürtellinie“ wegzensiert.
Ihr Geschichtchen ist eigentlich keines wirklichen Kommentars wert, so albern ist es, aber Herr Tellkamp hat Ihre Persönlichkeit durchaus richtig kommentiert. Man wartet schon auf das, was Sie uns in Zukunft alles als ernsthafte Diskussionsgrundlage anbieten werden. Mögen diejenigen, denen es die Sprache verschlägt, dann nicht 30 Zeilen brauchen, um dies zu sagen.
Ich wünsche ein frohes Fest.
Andreas Schwerdtfeger
Was Peter über Paul sagt, sagt mehr über Peter als über Paul.
Wahrscheinlich ist für Sie dann auch die Weihnachtsgeschichte aus Lukas 2 ein albernes Geschichtchen.
Lieber Herr Wolff, es fällt mir schwer, Ihnen das gerade zu Weihnachten schreiben zu müssen. Aber ganz ehrlich: der Kommentar von Uwe Tellkamp ist der treffendste, den ich bisher zu Ihren Artikeln in Ihrem Blog gelesen habe. Auch wenn ich Ihren Zorn verstehe, als Demagoge bezeichnet zu werden, und Mitleid mit Ihnen habe, als Pfarrer und Politiker an Hofprediger Stöcker gemessen zu werden, so kann ich Ihnen nur raten, sich Uwe Tellkamps Worte für das Neue Jahr zu Herzen zu nehmen. Wir wissen doch alle, dass wir in Deutschland ohne die hilfreichen, fleißigen und gut integrierten Ausländer – welcher Religion auch immer – gar nicht so gut und friedlich leben könnten wie Sie und ich heute und dass wir dringend weitereo Fachleute aus dem Ausland suchen. Aber wir wissen auch, dass zig Millionen nicht oder schlecht ausgebildete Menschen – vor allem aus dem Nahen Osten, Afrika und Lateinamerika – zu uns drängen, deren unbegrenzte Aufnahme unsere Wirtschaft und vor allem unsere Sozialsysteme schnell überfordern würde. Wie dies Problem möglichst gerecht und sozialverträglich – auch christlich – gelöst werden kann, darum geht es in den nächsten Jahren in Deutschland, Europa und allen modernen Industrieländern. Und da helfen kein Populismus, keine Demagogie und keine fast 30 Jahre alten simplifizierenden Weihnachtsmärchen! Auch mit dem jetzt von Ihnen wieder schuldbewusst ins Gedäctnis gerufenen deutschen Antisemitismus hat die Lösung dieses Problems nichts zu tun. Nehmen Sie doch deshalb die Kritik des Schriftstellers ernst, und konzentrieren sich auf die wichtigste Weihnachtsbotschaft: Friede auf Erden!
In diesem Sinne Frohe Weihnachten!
Lieber Herr von Heydebreck, weder hege ich Zorn gegenüber Herrn Tellkamp, noch muss man mich bemitleiden. Das, was Tellkamp geschrieben hat, liegt genau auf dem Niveau, das er auch im Diskurs mit Durs Grünbein an den Tag gelegt hat: intellektuell ziemlich unterirdisch. Offensichtlich leben etliche, die sich zur Bildungselite Dresdens zählen, weiter in einem dicken Turm und können es sich leisten, die Wirklichkeit mit Hingabe zu verleugnen bzw. wenden die im rechten Diskurs populär gewordene Verharmlosungsstrategie an: Wir haben natürlich nur etwas gegen die Ausländer, die nicht mit „unserer Kultur“ kompatibel sind. Aber allein die Tatsache, dass Tellkamp und offensichtlich auch Sie von „unbegrenzter Aufnahme“ sprechen, zeigt, dass Sie die Tatsachen einfach übergehen – nämlich dass derzeit so wenig Migranten nach Deutschland kommen, wie seit Jahren nicht. Aber was noch viel gravierender ist: Tellkamp schreibt dies in einem Moment, in dem an einer Schule in Sachsen Eltern versuchen, die Lektüre des Tagebuch von Anne Frank im Unterricht zu unterbinden (https://www.deutschlandfunkkultur.de/der-tag-mit-jenni-zylka-gegen-geschichtsrevisionismus-das.2950.de.html?dram:article_id=466128). Dazu kein Wort, auch kein Wort zu den Empfindungen, zur realen Angst, die Ausländer/innen gerade in Dresden haben, die jeden Tag Rassismus erfahren. Nein, lieber Herr Heydebreck, wenn Sie Tellkamps (wenn er es denn tatsächlich ist) „Kritik“ als den „treffendsten Kommentar“ ansehen, dann kann ich nur hoffen, dass Sie am Heiligen Abend, wo immer Sie ihn zubringen, einer besseren Einsicht überführt werden – allein schon durch die Lektüre von Lukas 2,1-20. Eine gesegnete Weihnacht Ihr Christian Wolff
Den Döner kauft man selbstverständlich bei mir.
https://www.flickr.com/photos/dierkschaefer/2910202094/in/album-72157607697145204/
Dass Schriftsteller Herr Tellkamp, der erklärter Weise unisono mit anderen Verfechtern des ungehemmten Liberalismus einem Pfarrer (in Unruhe) Demagogie anlastet ist schon deshalb problematisch, als er (Tellkamp) Andersdenkenden „Gesinnungskorridor“-haftes Denken und Sprechen vorwirft und damit Antitoleranz und ideologiehaft gelenkte Engstirnigkeit…
Mir scheint, dass er sich mit seinem Kontra zu Wolff und Gleichgesinnten dieses Denkschemas bedient und es selbst gar nicht registriert, einmal abgesehen vom Duktus seines Widerspruches – immerhin äußert sich hier einer mit dem Anspruch, Literat zu sein.
Kurz: es verwundert!
Es verwundert auch seine Affinität beispielsweise zur „Erklärung 2018“, initiiert von Vera Lengsfeld, der Aachener Friedenspreis-Trägerin (!), welche sich mit dieser Erklärung gegen „Masseneinwanderung“ positioniert. Da Tellkamp am Dresdner Elbhang lebt, und sich vor nicht allzu langer Zeit im aktuellen Format „70 Jahre DDR“ des in aller Munde stehenden Buch – und KULTUR-Hauses Loschwitz initiativreich engagiert und das permanent frequentierte Thema: Flüchtlingsproblematik bemüht, muss die Frage erlaubt sein, was ihn so sehr an Flüchtlingen stört, die es z.B. an diesem saturierten Elbhang so gut wie nicht gibt. Und die hier im Osten Dresdens temporär untergebrachten Migranten werden von humanistisch denkenden und handelnden Dresdnern hilfreich unterstützt – übrigens ein urchristliches Gebot. Die Erfahrungen mit diesen – aus welchen Gründen auch immer nach Deutschland geflohenen Menschen – sind einfach nur gut.
Etwas Gelassenheit, noch mehr Toleranz Andersdenkenden gegenüber, mehr Feingefühl für das Wort – als Gegenargumentation eines vielleicht nicht mehr so oft verlegten Schriftstellers auf einen Blogbeitrag hätte auch ich von Tellkamp mehr Substanz erwartet.
Eine Erkenntnis, die mich nachdenklich stimmt, und leider ein Neuaufguss dessen ist, was die Dresdner einst im Kulturpalast unter dem Motto „Streitbar“ erleben mussten im Podiumsstreit zwischen D. Grünbein und U. Tellkamp.
Damals verschlug es auch Grünbein die Sprache – wie jetzt mir!
Dass Dresden nach Außen offensichtlich nach wie vor ein Problemfall zu sein scheint, weil die innere Zerrissenheit der Gesellschaft (die G. Kubitschek auch noch vertieft haben möchte) Spuren hinterlässt, zeigt sich auch ggf. darin, dass die Bewerbung Dresdens zu einer der möglichen europäischen Kulturhauptstädte für 2025 von der Jury abgelehnt wurde – sehr schade!!
Schon heute eine Gesegnete Weihnacht 2019 – deren biblische Geschichte ist allemal lesenswert!
Nettes, wenn auch recht einfaches Geschichtchen, dass gut in die Vorweihnachtszeit passt.
Für den Rest des Jahres empfehle ich das realistischere „Märchen vom reichen Land“
von Daniel Stelter.
Werter Herr Wolff: Eins muß man Ihnen lassen, Sie sind ein begabter Demagoge, und viele Ihrer Leser auf diesem Blog folgen Ihnen ja auch weitgehend, auch wenn Ihre Wirklichkeitswahrnehmung gelinde gesagt lückenhaft zu sein scheint. Sie wissen ganz genau, daß bis auf ein paar Spinner niemand von denen, die Sie mit den Attributen „Rechtspopulisten“ oder gleich „Rechtsextremisten“ behängen, alle Ausländer aus Deutschland raus haben will. Das ist schlicht und ergreifend Unfug. Es geht nicht um den vietnamesischen Schnittblumenhändler, nicht um den Japaner, der hier IT oder Kalligraphie betreibt, nicht um den Dänen, der hier Sprachkurse gibt, den Iren mit seinem Pub, den Polen, Ukrainer oder Russen, die hier ihrer Arbeit nachgehen und sich weitgehend unserer Kultur — christlich, griechisch-römisch und jüdisch geprägt — kompatibel zeigen, sich ihren Lebensunterhalt selbst verdienen und das geltende Recht in den allermeisten Fällen zumindest grundsätzlich akzeptieren. Es geht um eine andere Klientel, und bei dieser genau genommen um diejenigen, die sich nicht an Recht und Gesetz, sondern an die Maßgaben ihrer Stammes- und Patriarchenkultur halten. Es geht nicht um an Leib und Leben bedrohte Flüchtlinge (ein gern geframter Begriff, denn Flüchtling ist ein anerkannter Asylsuchender oder ein Bürgerkriegsflüchtling), es geht um die vielen Migranten, die, aus nachvollziehbaren und an sich gar nicht zu verurteilenden Gründen, hier ein besseres Leben suchen. Und ob sie das dürfen, ob das zugelassen wird, darüber hat die aufnehmende Gesellschaft ein Wörtchen mitzureden. Immer größere Teile dieser Gesellschaft sehen, daß „wir schaffen das“ nicht so einfach ist, daß es teils erhebliche Probleme — Kriminalität, Schariadenken, islamischer Antisemitismus usw. — gibt. Aber all das muß man wahrzunehmen bereit und in der Lage sein. Wer solche — allzu billigen — Erzählungen wie die des Propstes Wöllenstein veröffentlicht, noch dazu so demagogisch unkritisch, wie Sie das tun, ist dazu offensichtlich nicht in der Lage.
Dann muß er sich aber über die Wahlergebnisse der Partei, der er angehört und deren Agenda er auf seinem Blog offensiv vertritt, nicht wundern.
Sie erinnern mich an den Hofprediger Stöcker, über den Bismarck sagte: Zu sehr Politiker, um ein guter Prediger zu sein, und zu sehr Prediger, um ein guter Politiker zu sein.
Sehr geehrter Herr Tellkamp, ich gehe einmal davon aus, dass dieser Kommentar von dem Schriftsteller Tellkamp geschrieben wurde. Offensichtlich ist Ihnen entgangen, dass diese Erzählung 1991 (!) geschrieben wurde – Monate vor den rassistischen Anschlägen von Solingen, Mölln und Rostock-Lichtenhage und fast 25 Jahre vor der sog. „Flüchtlingskrise“. Da sollten Sie Ihr Diktum „demagogisch“ noch einmal überdenken.
Ebenso scheinen Sie – obwohl in Dresden lebend – überhaupt nicht zu ahnen, was die Menschen, die erkennbar als „Ausländer“ ausgemacht werden können (obwohl sie manchmal deutsche Staatsbürger sind), an Alltagsdiskriminierung und offenem Rassismus erleben und erfahren. Da passt es dann, dass in Ihrer Aufzählung der „guten“ Ausländer der türkische Döner-Laden-Betreiber nicht vorkommt. Offensichtlich fällt er nach Ihrer Lesart aus „unserer Kultur“ heraus, weil islamischen Glaubens. Ebenso ist es mehr als verräterisch, wenn Sie unter „unsere Kultur“ „christlich, griechisch-römisch, jüdisch“ verstehen – ohne auch nur einen kritischen Gedanken darauf zu verschwenden, dass das „Jüdische“ vor 1945 als „undeutsch“ vernichtet werden sollte und wurde, geschweige denn, dass Sie darauf eingehen, dass im Kulturland Sachsen heute Eltern versuchen, die Lektüre von Anne Franks Tagebuch im Schulunterricht zu verhindern. Verräterisch ist auch, dass Sie zwischen den Zeilen unterstellen, als seien die „vielen Migranten“ potentiell kriminell, verachten das geltende Recht und sind dem „Schariadenken“ und dem „islamischen Antisemitismus“ verhaftet. Merkwürdig und aufschlussreich zugleich ist, dass Sie all das, was in einer offenen Gesellschaft von allen Bürgerinnen und Bürgern erwartet werden muss, nämlich dass sie das geltende Recht achten und die Grundwerte der Verfassung anerkennen, unbesehen den Deutschen zubilligen, aber bestimmten Migranten pauschal absprechen. Genau das aber ist das Problem: Natürlich müssen Straftaten verfolgt und das geltende Recht anerkannt werden – aber eben unabhängig von der Herkunft, Weltanschauung oder Religion des mutmaßlichen Täters. Ergebnis: Dass Sie als Schriftsteller so auf eine Erzählung, die zusätzlich an die biblische Weihnachtsgeschichte anknüpft, reagieren, zeigt nur, wie aktuell diese ist. Dass Sie darüberhinaus Bismarck als Kronzeugen für Ihre „Klerikerschelte“ anfügen, zeigt nur, wie sehr Sie weiter im Turm eines beschaulichen Rechtskonservativismus gefangen sind. Da Weihnachten ja ein Fest der Aufklärung und der versöhnten Schöpfung ist, wünsche ich Ihnen frohe und gesegnete Feiertage. Treten Sie ruhig einmal an die Krippe und schauen sich um, wer da alles versammelt ist …
Ich kannte die Geschichte schon. Wenn die Migrannten dazu noch gehen: wo kauf ich meien gewohnten Döner? Wer holt mir montags immer meinen Müll ab? Wie sehen die großen Geschäfte aus, wenn niemand mehr putzt? Wo lasse ich mein Auto geschwind reparieren, wenn es nicht läuft? Die Schlangen an den Kassen im Kaufhaus nehmen eine solche Länge ein, dass ich nicht mehr einkaufen mag….etc.