Fassen wir kurz zusammen: Die AfD profiliert sich in diesen Tagen als die Partei, in der Rechtsradikale, Neonazis, Rechtsnationalisten ein neues Zuhause gefunden haben und den Kurs der Partei bestimmen. Dieser Klärungsprozess geht nicht ganz reibungslos über die Bühne – aber dennoch sind die Konturen mehr als deutlich. Bis heute musste keiner derer, die man aus der AfD ausschließen wollte, tatsächlich die Partei verlassen: weder der Antisemit Wolfgang Gedeon, noch Doris von Sayn-Wittgenstein, noch Björn Höcke. Im Gegenteil: Ihre Macht und ihr Einfluss sind stetig gewachsen. Warum? Weil viele ihrer Gesinnungsfreunde an den Schalthebeln der Partei sitzen – wie Alexander Gauland, Beatrix von Storch oder die AfD-Landesvorsitzenden von Brandenburg und Sachsen, Andreas Kalbitz und Jörg Urban. Letztere sind eines Geistes mit Pegida. Die AfD droht nicht, von Rechtsradikalen „unterwandert“ zu werden, wie der derzeitige Parteivorsitzende Jörg Meuthen zu suggerieren versucht. Die AfD ist so, wie einige wenige Gutgläubige befürchten, dass sie werden könnte: eine faschistische Partei in der Tradition der NSDAP. Ihre Widerstands-Rhetorik ist darauf ausgerichtet, das derzeitige „System“ abzuschaffen: „Widerstand tut not in diesem Land, sonst werden wir dieses Land verlieren“, so Andreas Kalbitz auf dem Kyffhäusertreffen am 06. Juli 219 in Leinefelde. Damit soll vor allem in Ostdeutschland den Menschen vorgegaukelt werden: Eigentlich hat sich nach 1989 nichts geändert … Merkel ist schlimmer als Honnecker … ihr müsst jetzt wie 1989 „Widerstand“ leisten, damit ihr vom Joch der etablierten Institutionen befreit werdet. Tatsächlich aber verfolgen die Höckes, Urbans, Kalbitz das Ziel, eine völkisch-nationalistische Diktatur zu reaktivieren.
Das sind weder Vermutungen noch Unterstellungen. Das alles kann jetzt jeder wissen – auch die 25 % Wähler/innen, die laut Meinungsumfragen vorhaben, am 01. September 2019 in Sachsen der AfD ihre Stimme zu geben. Wenn das so käme, dann würden 25 % der sächsischen Wähler/innen
- für die jahrelange Hetze gegen Geflüchtete („abschieben“, „absaufen“), gegen gewählte Politiker/innen demokratischer Parteien („Volksverräter“), gegen die freie Presse („Lügenpresse“) durch Pegida/AfD,
- für Gesinnungsschnüffelei an den Schulen, insbesondere unter Lehrer/innen;
- für ganz viel Verständnis, dass der Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke wegen seiner christlich motivierten Flüchtlingspolitik ermordet wurde,
- für Landtagsabgeordnete, die sich weder um Recht und Gesetz scheren, sondern auf Staatskosten ihre persönlichen finanziellen Probleme zu lösen versuchen,
stimmen. Die AfD Sachsen ist eine Truppe von an sich armseligen Möchtegernpolitikern, Pleitiers, Rechtsradikalen, die die Chance wittern, am großen Rad drehen zu können und darin doch nur der Mittelmäßigkeit der SED-Nomenklatura gleichen:
- Siegbert Droese, Mitglied des Deutschen Bundestages und Vorsitzender der AfD Leipzig, befindet sich in Privatinsolvenz und fuhr über einen längere Zeitraum einen in AfD-blau gehaltenen Mercedes Combi mit dem aussagekräftigen Nummernschild L-AH 1818.
- Jörg Urban und Andreas Kalbitz waren wesentlich an der skandalösen Hetze auf der Aschermittwochskundgebung in Nenntmannsdorf im Februar 2018 beteiligt und hatten kein Problem, sich auf dem sog. Trauermarsch in Chemnitz im August 2018 mit Neonazis unterzuhaken.
- Björn Höcke wärmte beim Kyffhäusertreffen in Leinefelde in einer grotesk anmutenden Choreographie den Führerkult auf und verstieg sich am Sonntag zu den beiden zentralen Aussagen: „Eine wirkliche Demokratie ist Deutschland heute für mich nicht mehr. Deutschland ist für mich heute eine Maulkorb-Demokratie, die leider auf dem besten Weg ist, zu einer Wohlfühl-Diktatur zu werden. … Klar ist auch …, dass die seit Jahrzehnten praktizierte Politik der offenen Grenzen – und sie wird eigentlich schon seit 1955 praktiziert – dass diese von den Altparteien zu verantwortende irrationale Zuwanderungspolitik uns finanziell hat bluten lassen, als hätten wir einen weiteren Krieg verloren.“
Was ist daraus zu schließen? Wer nach der völkisch-nationalistischen Propaganda auf dem Kyffhäuser-Treffen der AfD in Leinefelde, nach dem Landtagswahl-Listen-Debakel, das allein die AfD zu verantworten hat, nach der Verhöhnung des ermordeten Walter Lübcke durch Pegida/AfD meint, weiter Mitglied der AfD sein oder diese Partei wählen zu müssen, der ist kein Opfer, sondern wird zum Täter. Er beteiligt sich an dem entschlossenen Kampf der AfD gegen alles, was die freiheitliche Demokratie ausmacht und wofür Bürgerinnen und Bürger mit der Friedliche Revolution 1989/90 eingetreten sind. Es gibt viele Gründe, für eine andere Politik in Sachsen zu votieren. Es gibt aber keinen einzigen Grund, schon gar keine Zwangsläufigkeit, AfD zu wählen. Die AfD betreibt keine Politik, die den Bürger/innen Sachsens dient. Was diese Partei zum Klimawandel, zur Rente, zur Sozialpolitik zu sagen hat – es kommt über ein verlogenes Kauderwelsch nicht hinaus. Aber ihr Hauptziel ist auch ein anderes: Sie will die Zerstörung der Demokratie vorantreiben.
Bleibt die Frage: Sind die 25 % der Wähler/innen, die ihr Kreuz bei der AfD machen wollen, tatsächlich nur noch bescheuert? Nein, das sicher nicht. Nüchtern haben wir zu konstatieren: Es gibt ca. 15 % der Wahlberechtigten, die den demokratischen Rechtsstaat ablehnen und ein autokratisch-diktatorisches System befürworten – und das nicht erst, seit die AfD auf der politischen Bildfläche erschienen ist. Schon 2004 erhielt die NPD bei den Landtagswahlen 9,2 % der Stimmen. Deshalb muss nicht verwundern, dass jetzt die freiheitlich demokratische Grundordnung mit der SED-Diktatur gleichgesetzt wird. Denn damit werden die beiden Antworten auf das nationalsozialistische Terrorregime ideologisch gleichgesetzt und entsorgt. Übrig bleibt – richtig: der Nationalsozialismus.
Das alles ist kreuzgefährlich, aber nicht unumkehrbar. 25 % der Wähler/innen in Sachsen können gar nicht so dumm sein wie die sprichwörtlichen Kälber, die ihre Metzger selber wählen. Sie können sich für die Demokratie entscheiden und sich die Grundwerte der Verfassung neu aneignen. Darum kann es am 01. September 2019 nur eines geben: Wählen gehen – aber keine Stimme für die AfD, keine einzige!
15 Antworten
Nicht wählen ist ausweichen vor Verantwortung und deshalb eine feige Lösung, die überdies nun wirklich gar nichts bringt. Und wenn es genug Nichtwähler gibt, haben wir dann auch noch die Herrschaft der radikalen Minderheit. Diesem Rat sollte man also nicht folgen, auch wenn die Entscheidung heutzutage schwer fällt, aber wählen ist eben staatsbürgerliche Verantwortung.
Themawechsel: Heute ist der 20. Juli und da Herr Wolff ihn nicht separat würdigt, verzeihe man mir den Exkurs:
Das 50. Jubiläum der Mondlandung konkurriert mit dem 75. Jahrestag des Attentats auf Hitler. Und in bestimmten (Medien- und Historiker-)Kreisen haben die beiden Ereignisse eines gemeinsam: Die Mondlandung wird klein gemacht, weil die Amerikaner deutsche Wissenschaftler beschäftigt haben, die vorher für die Nazis gearbeitet hatten; und die Widerstandskämpfer werden klein gemacht, weil sie vorher „stolz“ in Hitlers Armeen gekämpft hatten. Es sind dies die typischen deutschen nachträglichen Überlegenheitsüberlegungen, die unsere Lust an der Entschuldigung, an der Übertragung unserer heutigen (und in Wirklichkeit doch so häufig heuchlerischen) Maßstäbe auf frühere Zeiten bedienen und eine moralische Lauterkeit vorspiegeln, die in Wirklichkeit gar nicht vorhanden ist. Wer von den „Kritikern“ hätte denn in ähnlicher Lage wie die Menschen damals sein Leben und die seiner Familienmitglieder aufs Spiel gesetzt und unter Lebensgefahr wahren Widerstand geleistet? Heute haben sie den Begriff des „Widerstandes“ entwertet und darauf reduziert, daß sie in Demonstrationen mitmarschieren und aus der Sicherheit der Masse heraus und im berechtigten Vertrauen auf den Rechtsstaat ein Schild hochhalten, vielleicht sogar – welch‘ ein Mut – sich von zwei Polizisten wegtragen lassen und die Lächerlichkeit solchen Handelns nicht erkennen, sich aber als „im Widerstand befindlich“ selbst feiern und feiern lassen. Daß die Peinlichkeit derartigen Denkens und Handelns nicht erkannt und öffentlich gemacht wird, ist ein Armutszeichen für unsere Medien und für unseren Staat und die Gesellschaft, ganz zu schweigen von der Würdelosigkeit der daran (nämlich an diesem von ihnen erklärten „Widerstand“) beteiligten Menschen (die im übrigen auch noch Gewalt gegen die Polizei aus ihren Reihen in Kauf nehmen und so tun, als ginge sie das nichts an).
Andreas Schwerdtfeger
Sehr geehrter Herr Wolf,
Sie schreiben:
Können 25 % der Sachsen wirklich so bescheuert sein, AfD zu wählen?
Nein, sie sind nicht bescheuert, als Pfarrer wissen Sie, dass im Herz und Seele der Menschen eine Urkraft herrscht, die sich weder von Zeitgeist noch Propaganda blenden lässt. Wenn etwas nicht mehr verkraftbar ist und eine Grenze überschritten wird, dann sagt diese Urkraft „Schluss“, sie folgt keiner Lüge, keiner Propaganda mehr. War 1989 in der DDR so. Keiner hat daraus gelernt. Die Urkraft vieler Menschen sagt jetzt wieder „Schluss“, weil die Gehirnwäsche und die Lügen der im Rausch lebenden Elite nicht mehr wirkt und immer neue Verschlimmerungen den Menschen aufgedrückt werden. Es gibt als Hoffnung für die Menschen, die das „Schluss“ erreicht hat, wie 1989 keine „BRD“, es gibt gegenwärtig nur die AfD und keine andere Alternative.
Die CDU, SPD, Grüne, FDP und die Linke haben durch ihre Anpassung an die Machteliten abgewirtschaftet, sie sind durch ihre Unehrlichkeit und Lügen für viele unwählbar geworden.
Gäbe es eine ehrliche, soziale Partei, dann gäbe es die AfD nicht. Aber dies haben die Machteliten und deren Diener, die davon durch Ämter und Privilegien profitieren, bisher verhindert.
Am besten man geht nicht wählen. Es gibt keine Partei die ein Kreuz auf dem Stimmzettel verdient.
Ich verfolge mit großer Aufmerksamkeit diese Auseinandersetzung. Überzeugt bin ich von der Anmerkung, daß Mitglieder der AfD durch ein politisches Mandat ihre persönliche finanzielle Schieflage aufbessern wollen. Argumentativ überzeugt mich die AfD nicht! Die führenden Mitglieder sind neidisch und menschenfeindlich!
In seiner Einfalt und emotional gesteigerten Reaktionen übersieht AS die Realitäten – es muss leider immer wieder festgestellt werden, abgesehen von den unendlich langatmigen Erklärungsversuchen, u.a. auch Chr. Wolff und andere sehr kluge und vernünftige Kommentare abzukanzeln.
Ihnen, Herr Käfer, meinen vollsten Respekt – Ihnen und Wolff (auch wenn es AS anödet) kann ich vollinhaltlich nur zustimmen.
Die Dinge sind viel zu ernst, als dass man sich derartig banale und unreale Interpretationen zumuten sollte.
Übrigens weiß ich sehr wohl, wer Herr Orban ist; mitunter sollte man genauer lesen, ehe man losbrüllt und sich in Unredlichkeiten ergeht; es gibt, wie Wolff kontert, eben auch andere, z.B. „Urbane“, die versuchen, die Demokratie auszuhebeln
Die Sachlichkeit Herrn Pätzschs gefällt mir, allein die Argumentation ist wäre genauer zu beleuchten. Ich bleibe dran!
Sie haben Recht, Herr Wolff: Herrn „Urban“ hatte ich vergessen – ich entschuldige mich!
Aber wen meinen Sie wohl mit einem der „nicht in der politischen Auseinandersetzung steht“?
Und schliesslich: Man hat wohl die Erreichbarkeit eines Zieles dann aufgegeben, wenn man keinerlei wirkliche Wege zu dieser Erreichbarkeit aufzeigt sondern sich mit hilflosen, von Angst geprägten, mantrahaften Appellen begnügt und gleichzeitig den Gegnern dieser Ziele eine Plattform für ihre Aussagen bietet. Aber das – ich gebe es zu – ist Ansichtssache.
Im übrigen hoffe ich auch, daß die AfD in Sachsen, etc, nicht das erreicht, was man angstvoll erwartet.
Kämpfen Sie weiter (und glauben Sie von mir aus auch weiter, daß Leute, die anderer Meinung sind, an der Auseinandersetzung nicht beteiligt seien – demokratischer Diskurs?).
Andreas Schwerdtfeger
Zunächst:
Volle inhaltliche Übereinstimmung mit allem, was Christian Wolff in seinem Beitrag ausführt!
Ja, jede einzelne Stimme für die AfD am 1.9. ist hochgefährlich,
☆ weil sie die Bedrohung unliebsamer Politiker, Journalisten, Lehrer und sonstiger Funktionsträger nicht nur billigt, sondern fördert – bis hin zur Gewaltanwendung („ein politisch begründeter Mord alle 2-3 Jahre ist normal“, „im Zweifelsfall darf/ muss an der Grenze auf Immigranten geschossen werden“)
☆ weil sie eine weitergehende europäische Integration verhindern will, obwohl unser Wohlstand in Deutschland in erster Linie auf dem europäischen Binnenmarkt und dem Euro beruht
☆ weil die klar rechtsradikalen, nationalsozialistischen Funktionsträger wie Höcke und Konsorten den Kurs der Partei immer stärker bestimmen zu Lasten der „Gemäßigten“
Ob die Wähler der AfD „bescheuert“ sind, weiss ich nicht; als „apolitisch“ und „ignorant“ würde ich Sie dagegen schon bezeichnen,
☆ wenn ich mir z.B. die Redebeiträge der AfD-Fraktion im Leipziger Stadtrat anschaue, die eher rar und inhaltlich dünn sind (zumindest bei den diversen Sitzungen, an denen ich in den letzten Monaten teilgenommen habe)
☆ oder mir das Opfer-/Verschwörungsgefasel der AfD angesichts der aus ureigenster Dummheit vergeigten Landesliste anschaue
☆ oder die ignorante Wahlaussage der „Diesellüge“, statt die wahren Übeltäter zu benennen – Automobilindustrie und ihnen willfährige Politiker
☆ oder die unsinnige Anfrage im Parlament, wie viele deutsche Mitarbeiter in einem Theater- oder Orchesterensemble unter Vertrag stehen ……..
Wie beschämend für uns alle in Sachsen wäre es, wenn die AfD am 1.9. zur stärksten politischen Kraft im Lande würde!
Welch hoffnungsvolles Signal dagegen, bliebe sie deutlich unter 20 % (wobei trotzdem jede einzelne Stimme für die AfD schmerzte)!
Unternehmen wir gemeinsam alle Anstrengungen, im täglichen Gespräch, bei Wahlveranstaltungen und Demonstrationen, um diese Partei so unbedeutend zu machen, wie sie es aufgrund ihrer Positionen verdient!!!
Was sollte man machen, wenn man kenntlich wird, dass ein Lehrer innerhalb des Unterrichts offen und unmißverständlich für die Politik der AfD und gegen die Politik der Linkspartei wirbt?
Herzliche Grüße
Michael
Entscheidend ist, wer „man“ ist:
1. Als Lehrer/in würde ich als erstes den/die Kolleg/in zur Rede stellen. Wenn das nichts bringt, würde ich die Sache auf der nächsten Lehrer/innenkonferenz zur Sprache bringen. Wichtig ist: die offene Debatte. Die fürchten die AfD-Anhänger.
2. Als Eltern würde ich die Sprechstunde des/der Lehrer/in gehen und ihn/sie zur Rede stellen. Wenn das nichts bringt, würde ich mich an den Elternrat wenden. Auch hier gilt: die offene Debatte führen.
3. Als Schüler/in würde ich das im Klassenverbund zur Sprache bringen und Mitstreiter/innen suchen. Unter Umständen würde ich auch den/die Lehrer/in meines Vertrauens ansprechen.
Es gibt also viele Möglichkeiten. Wie gesagt: Wichtig ist, dass die offene Debatte geführt wird. Und was die Ängste angeht: Man kann nicht früh genug lernen, dass ich 1., wenn ich eine Position beziehe, ich damit rechnen muss, dass andere das ganz anders sehen, und 2. davon ausgehen kann, dass man aufgrund einer klaren Haltung eher Vorteile hat als Nachteile inkauf nehmen muss.
In diesem Sinn beste Grüße Christian
„Jede Stimme für die AfD am 1.9. schadet nachhaltig …“ schrieb Herr Käfer unter „Klare Kante“.
„Keine Stimme für die Rechtsnationalisten der AfD. Keine einzige!“ wiederholte Herr Wolff im nächsten Beitrag zu diesem Thema.
Jetzt also die nochmalige wörtliche Wiederholung dieses ewigen Mantras im neuesten Beitrag – eine wahre erstklassige Argumentationsleistung!
Das alles natürlich begeistert gefeiert von ein paar Echos (oder heißt es „Echi“?), denen üblicherweise nur noch der Hinweis auf die Weisheit Herrn Wolffs einfällt.
Aber ist es weise, in seiner Hilflosigkeit gegenüber einem politischen Phänomen, dessen man offensichtlich nicht Herr wird und vor dem man die Angst nicht verbergen kann, die ganzen unsympathischen Thesen dieses Haufens auch noch zu wiederholen und ihnen damit eine neue und eher unerwartete Plattform zu bieten? Ist es weise, das Wort „bescheuert“ als neue politische Kategorie in den demokratischen Diskurs einzuführen? Oder teilen wir die Ansicht Herrn Käfers, der eine kontroverse Diskussion mit dem Konzept verwechselt, „eine CDU-Plattform auf das Konzept der Grünen einschwören zu wollen“?
Zunächst einmal: Es wird in Sachsen nach der Wahl keine AfD-beherrschte Regierung geben. Die anderen Parteien werden nach dem von der SPD ja geschätzten Muster (Bremen, Timmermans) den zweitstärksten – falls die AfD überhaupt stärkste Fraktion wird – zum MP wählen. Es gibt dann also eine Atempause für eine Legislaturperiode. Diese allerdings müssten die Parteien – und ihre jeweiligen Unterstützer – dann nutzen, um gemeinsam die beiden Ränder und nicht so sehr sich gegenseitig zu bekämpfen. Das wird Herrn Wolff nicht leicht fallen.
Und weiter: „Keine Stimme der Partei X“ ist ein richtig begeisternder Slogan! Er überzeugt die, die schon überzeugt sind, und bestärkt die, die anders denken im Sinne von „jetzt erst recht“. Man wird sich also was intelligenteres einfallen lassen müssen – eine politische Argumentation zum Beispiel. Und diese – dubium initium sapientiae – kann nicht im rechthaberischen Dogmatismus der eigenen Meinung bestehen, sondern sie muß zumindest die Gegenposition im Auge haben und vielleicht alle Positionen hinterfragen und nach Kompromißlösungen suchen. Herrn Orban – manchmal auch „Urban“ genannt (man weiß nicht mal, wie er heißt, schimpft aber auf ihn) – wird es nicht überzeugen, wenn man beisserisch darauf besteht, daß er im Unrecht ist, auch wenn er es nach der eigenen Meinung tatächlich ist. Vielleicht aber könnte man ihn bis zu einem gewissen Grad überzeugen, wenn man diplomatisch auf ihn zuginge (was ja deswegen unsere Politiker auch eher machen).
Die politische Diskussion sollte wohl besser aus mehr Fragen bestehen als aus festgemauerten Apodigmata. Nur wer den Standpunkt seines Gegenübers versteht, wird wohl in der Lage sein, diesen argumentativ zu bekämpfen. Keine Stimme der AfD ist als Ziel nachvollziehbar und gut – es auszusprechen zeigt schon, daß man die Sache als verloren aufgibt.
Ich grüße Sie,
Andreas Schwerdtfeger
Nur ganz kurz: ein Ziel auszusprechen, bedeutet, dieses als nicht erreichbar anzusehen? Was ist denn das für ein Logik? Nein: Gerade weil ganz viel im Fluss ist, müssen Ziele klar benannt werden, damit sie erreicht werden können. Aber das, lieber Herr Schwerdtfeger, ist für denjenigen, der nicht in der politischen Auseinandersetzung steht, offensichtlich nur schwer zu vermitteln. Und noch eines: Jörg Urban ist der Vorsitzende der AfD Sachsen, sehr geistesverwandt mit Victor Orbán. Beste Grüße Christian Wolff
Könnte die, in der Tat häufig wiederholte Forderung, „keine einzige Stimme für die AfD“, vielleicht doch nicht so unintelligent sein, weil es den ein oder anderen potenziellen AfD Wähler geben mag, der in seiner Wahlentscheidung noch nicht endgültig festgelegt ist und der sich von diesen Wiederholungen (ein beliebtes Instrument in der Werbung) dahingehend beeinflussen lässt, im demokratischen Parteienspektrum zu bleiben?
Ist eine Partei, die sich selbst als „Alternative für Deutschland“ bezeichnet, nicht eher eine „Katastrophe für Deutschland“, weil sie weder ein erkennbares Klima-, Steuer-, Renten-, Bildungs- oder europapolitisches Konzept hat?
Ist es wirklich eine „kontroverse Diskussion“, die immer selben, häufig beleidigenden Einwürfe gegen den Blog-Initiatoren vorzubringen, oder Mit-Diskutanten im Blog als „Echos“ von Christian Wolff zu verhöhnen?
Ist es müßig, von einem alt-philologisch gebildeten Weltenversteher zu erwarten, dass er einfache Aussagen eines „Normalos“ liest, ohne sinnentstellende Verdrehung derselben?
Dies beispielhaft nur vier mich bewegende Fragen und keinesfalls festgemauerte Apodigmata.
@Jo Flade, ich bin erklärter Gegner der AfD und „preise“ sie keinesfalls als „alternativ wählbar“ an. Allerdings verfolge ich eine andere Strategie als Herr Wolff, der sie „eine faschistische Partei in der Tradition der NSDAP“ nennt. Abgesehen davon, dass die Anwendung des Begriffs „Faschismus“, der ursprünglich aus Italien stammt, auf die NSDAP bei Historikern umstritten ist, ist die Gleichsetzung der gesamten AfD mit den „Traditionen der NSDAP“ falsch, wenn sie auch für den Höcke-„Flügel“ zutrifft.
So existieren beispielsweise in der sächsischen AfD basisdemokratische Elemente: Man hatte sich entschlossen, jeden Bewerber für ein Landtagsmandat auf dem Parteitag im Februar 2019 einzeln zu wählen. Dieses Verfahren war sehr zeitaufwendig, so dass nur 18 Kandidaten von den Parteitagsdelegierten gewählt werden konnten und deshalb ein zweiter Parteitag erforderlich wurde, der im März 2019 stattfand. Hier wandte man das Blockwahlverfahren an. Diese unterschiedlliche Verfahrensweise rügte der sächsische Landeswahlausschuss und ließ nur die auf dem ersten Parteitag gewählten 18 Kandidaten zur Wahl zu. Da die etablierten Parteien einen Solidarisierungseffekt der potentiellen AfD-Wähler mit dieser Partei und eines vermehrten Votums für die Erststimmen der AfD befürchten, wollen sie in einigen Wahlkreisen sich absprechen, evtl. auf die Aufstellung eigener Kandidaten zugunsten eines aussichtsreichen Kandidaten zu verzichten, um die Wahl eines AfD-Direktmandats zu verhindern.
Sowas kommt beim Wähler nicht gut an und könnte zu Trotzreaktionen führen.
Die offensichtliche Affinität des Blog-Kommentators Klaus Plätzsch deutet auf wiederholte Erklärungsversuche, die AfD zu bagatellisieren bzw. als alternativ wählbar anzupreisen. Jedenfalls spricht seine Reaktionen auf die Woilff`schen Interpretationen der gesellschaftspolitischen Realitäten und Aufrufe für dieses höchst bedeutende Wahljahr 2019 hin.
Eine Simplifizierung der Gegenwart, wenige Wochen vor den Landtagswahlen in den drei „neuen“ Bundesländern (wobei hier „Neuen“ nun wirklich reinster Sarkasmus ist und von bestimmten Altbundesländer-Vertretern noch immer gern so identifiziert werden), sollte endlich ein Ende haben.
Wenn Herr Gauland kürzlich beim AfD_“Flügel“ (siehe Kyffhäuser-Treffen mit Höcke etc.pp.) die elendigen rechtsnationalen Auswürfe mit seinem banalen Hinweis abtut, man solle sich doch mal auf die Lippen beißen, ja dann kann man nur entsetzt feststellen, dass Herr Meuthen, wie im DLF von heute morgen zu vernehmen war, mit seiner realitätsfernen Haltung heftig irrt, seine AfD, die er ja seit 6 Jahren kenne, eine bürgerlich-konservative Partei sei und gewisse parteistrategische Streitereien lediglich temporär seien.
Und dieser Mann sitzt im EU-Parlament und flirtet heftig mit Salvini, Le Pen, Urban…
Es stockt einem der Atem und die Hoffnung, die AfD könnte sich demnächst zerspalten, ist irgendwie auch eine Ohnmachtshaltung vieler, die immer noch davon ausgehen, dass sich diese sogenannte Alternative für Deutschland eines Tages von selbst erledigt. Auch diese Banalisierung ist gefährlich, weil sie ein Indiz für Abwendung ist und zivilen Ungehorsam, der im ganzen Land (und nicht nur in Leipzig) endlich aktiv werden müsste, ausklammert.
In Dresden meinen Pegida-Demonstranten, auf Fragen eines Medien-Teams reagierend, dass es relativ normal sei, würden aller zwei Jahre ein Mord geschehen und damit den Todesschuss an einen Beamten dieser Republik volkstümlich legalisiert, die ihre Grundlage im Grundgesetz als Verfassungsgarantie findet – ja Leute: was ist hier nur los? Chr. Wolff und andere beschreiben es tagein, tagaus und Aufstände unserer Zivilgesellschaft an „Donners“.Tagen, wie der Außenminister Maas reklamiert, finden so gut wie nicht statt.
Also es muss wiederholt werden:
Am 01. September 2019 kann es nur eines geben: Wählen gehen – aber keine Stimme für die AfD, keine einzige!
Es gibt eine Alternative – Die Grünen. Oder die SPD, die wahrlich basisdemokratisch gestärkt werden muss.
Es ist nicht nur klimatisch heiß im Lande.
Und es ist sehr zu wünschen und – ja – zu fordern, dass beim Wahlgang im September ein Jeder seinen kühlen, klaren Kopf bewahrt!!
Häufig bekennen sich potentielle Wähler der Rechtsextremen in Umfragen nicht zu Ihrer Präferenz. Die AfD könnte daher noch mehr als 25 % bei den Landtagswahlen erhalten. Allerdings ist die Zahl ihrer zu errreichenden Landtagsmandate infolge eigenen Verschuldens auf 18 gedeckelt. Sie wird daher mit dem Märtyrerstatus werben und eine Erststimmenkampagne fahren, um möglichst viele Direktmandate zu erzielen. Überraschungen sind möglich.
Ja, wir sollten alles tun, damit die AfD überraschend wenig Stimmen bekommt. Christian Wolff