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In der Sackgasse gefangen – oder: Wo bleiben in der Landeskirche Sachsens Gottvertrauen und reformatorischer Geist?

Am kommenden Wochenende (13.-15.04.2018) tagt die Synode der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens in Dresden. Dort soll ein „Kirchengesetz zur regionalen Zusammenarbeit von Kirchgemeinden, Kirchgemeindebünden, Kirchspielen und Schwesterkirchverhältnissen“ (https://engagiert.evlks.de/fileadmin/userfiles/EVLKS_engagiert/B._Landeskirche/Aktuelle_Debatten/KG_regionale_Zusammenarbeit_Entwurf_.pdf) beschlossen werden. Damit will die Landeskirche auf den dramatischen Mitgliederschwund reagieren. Tatsächlich wird aber mit dem Gesetz ein bürokratisches Monster geschaffen, das eher einer Bankrotterklärung gleichkommt, als dass Signale des Aufbruchs gesendet werden. Dabei soll – so die Vorgabe der Landessynode – das, was jetzt beschlossen wird, eine Haltbarkeit bis 2040 haben. Doch wer auf die vergangenen 20 Jahre zurückblickt, kann gewiss sein, dass dies ein ziemlich unfrommer Wunsch ist. Denn seit über zwei Jahrzehnten hangelt sich die Landeskirche von Strukturreform zur Strukturreform. Sie waren von Zahlen, Finanzen und Personalkürzungen bestimmt, nicht aber von der entscheidenden Frage: Wie können wir eine größtmögliche Menschennähe und missionarische Kraft erreichen – die tragenden Elemente des Wirkens Jesu? Darum konnte sich kein Erfolg einstellen. Wie auch, wenn kirchenleitendes Handeln jede biblisch-theologische Perspektive vermissen lässt und der Hybris erliegt, Entwicklungen für Jahrzehnte festschreiben zu können.

Eine Ursache für dieses Desaster ist schnell gefunden: die nach wie vor autoritären Leitungsstrukturen der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens. Alles wird von oben organisiert und bürokratisiert – wie zu Zeiten des landesherrlichen Kirchentums. Der Landesherr als „Summus Episkopus“ ist vor 100 Jahren abhandengekommen. Geblieben ist eine vom Landeskirchenamt noch immer gepflegte Gehorsamsideologie, die angesichts der faktischen Problemlage (Säkularisierung und Entchristianisierung der Gesellschaft) völlig unangemessen ist. Leitung wird nicht als Ermöglichung der Initiativen von unten, sondern als Machtausübung verstanden. Dienstleistung ist in sächsischen Kirchenbehörden eher ein Fremdwort denn eine Maxime demokratisch auszurichtender Verwaltung. Letztlich tritt das Landeskirchenamt einschließlich Landesbischof gouvernantenhaft gegenüber Pfarrer/innen, Mitarbeiter/innen und Kirchgemeinden nach dem Motto auf: Wir wissen, was für dich gut ist. Damit das funktioniert, werden schon sehr früh die sächsischen Theologiestudierenden (und auch die Gemeindepädagog/innen) entsprechend abgerichtet. Da kommt es ganz schlecht an, wenn eine/r wagt, sich eigenständig einen Gemeindepraktikumsplatz auszusuchen oder eine Präferenz für das Vikariat äußert. Und wehe, eine/r lebt in einer Partnerschaft ohne Trauschein oder in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung und hat dann noch die Vorstellung, in Sachsen sein Vikariat zu absolvieren und als Pfarrer/in übernommen zu werden. Wehe, wenn einer eigenständige Vorstellungen über seinen zukünftigen Wirkungsbereich entwickelt und vorträgt. Auf diese Weise hat die Landeskirche in den vergangenen Jahren mehrere ihrer besten Köpfe verloren. Was herangezüchtet wird? Funktionäre, aber keine kreativen und kritischen Geister, die in der Lage sind, selbst Führungsaufgaben zu übernehmen, Visionen zu entwickeln, Gemeinde zu gestalten. Das alles hat wenig mit dem Evangelium von Jesus Christus zu tun hat, eher mit einer schlechten Unternehmensführung: Inkompetenz wird mit Machtgehabe kompensiert. Im Markusevangelium legt Jesus dar, was er unter Führung versteht: „Ihr wisst, die als Herrscher gelten, halten ihre Völker nieder, und ihre Mächtigen tun ihnen Gewalt an. Aber so ist es unter euch nicht; sondern wer groß sein will unter euch, der soll euer Diener sein; und wer unter euch der Erste sein will, der soll aller Knecht sein.“ (Markus 10,42-44)

Leider ist an keiner Stelle zu spüren, dass die Landeskirche in diesem Geist ihre Arbeit gestaltet und das aufgreift, was vor 500 Jahren die Reformation in Gang gesetzt hat: „Eine Organisationsvision der Kirche, die von der Gemeinde her gedacht und angelegt ist.“ (Thomas Kaufmann) oder wie der Wittenberger Pfarrer Alexander Garth in seinem Buch „Gottloser Westen?“ festhält: „Institutionen, die sich in einer Krise befinden, müssen sich fragen: Was war der ursprüngliche Traum, … die treibende Idee am Anfang, die zur Entstehung und zum Erfolg führte? … Eine Kirche, die in eine segensreiche Zukunft aufbrechen möchte, braucht die Rückkehr zum Eigentlichen.“ (Seite 131) Wer einen solchen Ansatz verfolgt, muss ganz viel Vertrauen in die biblische Botschaft haben. Dann kann er Verantwortung nach unten abgeben – und innovatives Handeln von unten einfordern.

Darum noch einmal: Das entscheidende Kriterium für jede Strukturreform in der Kirche muss sein, wie Menschennähe in der Seelsorge, Bildungsarbeit, Diakonie erreicht werden kann – in den Städten wie im ländlichen Raum. Das sollte auch aus wirtschaftlichen, finanziellen Gründen Priorität haben. Denn wenn Menschen vor Ort keine personale Präsenz der Kirche erleben und nur Zeit- und Kraft-raubende Selbstbeschäftigung im Dschungel der Kirchenbürokratie wahrnehmen, werden sie der Kirche den Rücken zukehren; werden – statt mit dem Anrufbeantworter eines „geviertelten“ Pfarrers zu sprechen – beim Beerdigungsinstitut sofort den Prediger bestellen. Darum können Planungen und Vorgaben von Strukturveränderungen nur von unten nach oben vollzogen werden. Das bedeutet aber: Jede Kirchgemeinde muss sich befreien von institutioneller Bevormundung, von selbstverschuldeter Unmündigkeit, von Obrigkeitshörigkeit und sich fragen:

  • Welche Ziele wollen wir in den kommenden Jahren verfolgen?
  • Wen brauchen wir dafür?
  • Was wollen/können wir dafür einsetzen?

oder noch grundsätzlicher:

  • Warum muss es unsere Kirchgemeinde am Ort X geben?

Auf diese Fragen Antworten zu suchen, kann und darf keiner Kirchgemeinde, so klein oder groß sie sein mag, erspart bleiben. Für einen solchen Prozess sollte man sich viel Zeit nehmen, sich von allen Vorgaben von oben befreien, aber die politische Kommune, Schulen, Vereine, Betriebe vor Ort einbeziehen – und sich dabei verbieten, zu früh über Geld zu reden. Die Frage der Finanzierbarkeit und des Personals steht am Ende und nicht am Anfang eines Reformprozesses. Am Anfang muss unser Kerngeschäft stehen: das Evangelium, das niemandem vorenthalten werden darf und uns an alle Menschen weist. Doch davon hört und liest man in Sachsen erschreckend wenig. Stattdessen ein Gesetz, das den Niedergang in Paragraphen fasst, aber keinen Impuls setzt für einen neuen Aufbruch; und eine Personalpolitik, die das gemeindliche Leben austrocknet. Wie aber soll Kirche im ländlichen Raum zum Motor, Motivator, Moderator lebendiger Ortschaften werden, wenn sie nur noch Frustrationen produzierend um sich selbst kreist? Wie soll Kirche in der säkularen Stadtgesellschaft und im interreligiösen und -kulturellen Zusammenleben eine prägende Kraft entfalten, wenn sie sich selbst bis zur Unkenntlichkeit ausdünnt? Wie soll Kirche die Grundwerte des Glaubens gegen die nationalistisch-völkischen Umwerter aller Werte, gegen das rechts-abendländische Neuheidentum a la Pegida/AfD verteidigen, wenn sie sich selbst kampfunfähig macht?

Fazit: Das Gesetz zu beschließen, muss nicht sein. Niemand ist gezwungenes Opfer. Alle können auch anders, als Christen allemal. Es sind eigentlich nur etwas mehr Gottvertrauen und ein dem Evangelium innenwohnender reformatorisch-rebellischer Geist vonnöten: „Wer in der Finsternis geht und wem kein Lichtstrahl scheint, der vertraue auf den Namen des Herrn!“ (Jesaja 50,10 – Losungswort am 14. April 2018)

16 Antworten

  1. Gerade auf Deutschlandurlaub erlebe ich, wie sich die aufgezwungene Debatte um die Strukturreform in meiner Heimat durch die Kirchenvorstände frisst. Ich bin erschüttert welche Auswirkungen sie jetzt schon auf die vielen ehrenamtlichen Mitarbeiter hat und wie sie die Arbeit vor Ort lähmt. Sollte die Reform so weiter von der Kirchenleitung durchgedrückt werden, werden viele ehrenamtliche Mitarbeiter den Gemeinden den Rücken kehren und sich wahrscheinlich eher in Vereinen vor Ort engagieren. [ironie]Die aufgeblähten Gemeinden haben dann ja aber viel attraktivere Stellen mit denen sie diesen Verlust kompensieren können[/ironie]. Betrübt habe ich nach warnenden Stimmen gesucht und bin schließlich hier auf dem Blog und bei KircheBunt gelandet. Ich danke Ihnen für Ihre klare Analyse, auch wenn sie keinen Trost bietet.

    Ich frage mich, ob für eine Gemeinde rechtlich die Möglichkeit besteht, aus der Landeskirche auszutreten und trotzdem ihr Vermögen und ihre Gebäude zu behalten?

  2. Lieber Herr Linke (zu Ihrer Reaktion vom 12.04., was die Pfarrbesoldung betrifft):
    Es wird allerdings dann problematisch hinsichtlich der gängigen Besoldungshöhen, sollen Gemeindemitglieder mit teils niedrigen Renten auszugleichende Pfarrstellen-Prozente mit ihren Spenden dauerhaft kompensieren, wird vom LKA Sachsen nur eine 50%ige Pfarrstelle ausgeschrieben, jedoch die Gemeinde eine 75%igen Pfarrer*in benötigt, also die 25% finanziell über Jahre abgesichert sein müssen. Es ist eine simple Rechenprozedur, muss eine bestimmte Gemeindegliederanzahl pro Jahr soundso viel € spenden, um z.B. 6 Jahre 25 % eines Pfarrgehaltes zu garantieren (das x 4 ergibt das Jahreseinkommen).
    Ich beteilige mich an den mehr und mehr aufkommenden Besoldungsdebatten nicht, weil ich allzu gut von den tatsächlichen Betätigungen eines Seelsorgers in der gemeindlichen Realität weiß.
    Nur nehme ich zur Kenntnis, dass die Besoldungsproblematik auch viele Mitglieder Abschied nehmen lässt von Kirche. Dazu kommt dann noch die unsägliche Strukturdiskussion, die selbst Pfarrer und Pfarrerinnen auf die Palme bringen, angesichts der tatsächlichen Einnahmen, jedenfalls zur Zeit.
    Chr. Wolff legt genau seinen Finger in diese Wunde: Mit der Reduktion auf rein finanz-wirtschaftliche Themen innerhalb der Kirche und der spürbaren Entfremdung zwischen der Oberen Kirchenbehörde und den Basisgemeinden gerät Kirche schwere Fahrwasser. Der Realitätsentzug des Amtes ist bedenklich und auch ich frage mich, ob damit Zukunft möglich ist. Zweifel sind da wohl sehr verständlich.
    Und ich kenne einige Pfarrer, die sich ob ihres Rentenbezuges nach einem langen Pfarrleben schon „etwas unwohl“ fühlen (weil jeder aus der Gemeinde natürlich rasch auf das einstige Gehalt schließen kann). Wie aus diesem aufgezeigten Dilemma auszubrechen sein, darauf gibt es selbst von Sachkundigen wenig Einfallsreiches.
    Ich grüße Sie herzlich.

  3. Ein interessantes Statement, das unserem Anliegen sehr nahe kommt. In der EKiR haben hierarchisierende Umstrukturierungen gepaart mit einem neoliberalen Wirtschaftlichkeitsansatz zu erheblichen Problemen und Frustrationen geführt. Auch deshalb gibt es den Verein „KirchenBunt im Rheinland e.V.“ und andere Gemeindebünde, die versuchen, diesem Trend entgegenzuwirken. Vielleicht wäre das ja auch ein Weg in Sachsen? Wer weiß. Es braucht jedenfalls mehr Widerstand von unten. In diesem Sinne: Viel Erfolg und Gottes Segen!

  4. Sehr geehrter Herr Wolff,
    als langjähriges Kirchenvorstandsmitglied danke ich Ihnen für die klaren kämpferischen Worte. Es ist für uns im Ehrenamt unfassbar, was die Landeskirche für Pläne hat. Die Frage ist, welche Beratungsgesellschaft da Einfluss genommen hat und ob BWLer und Erbsenzähler dabei wahrscheinlich noch verdienen …

    1. So dumm kann eine Beratungsgesellschaft gar nicht sein. Nein, es die eigene Unfähigkeit der Kirchenleitung gepaart mit einer ziemlichen Überheblichkeit, die so etwas zustande bringt. Denn selbst wenn ich wirtschaftlich denke (und das tue ich durchaus), muss ich dieses Machwerk an Gesetz zurückweisen. Es kostet Geld und Kraft und bewirkt nur eines: Frust. Damit aber wird die Abwärtsbewegung der Kirche nur beschleunigt. Das alles ist katastrophal, aber eben nicht unabänderlich. Beste Grüße und vielen Dank Ihr Christian Wolff

    2. Sehr geehrter Herr Pfarrer Wolff,

      da bleibt mir als einem der (Mit)verfasser des Gesetzes nur übrig, darauf hinzuweisen, dass sich so mancher das Gesetz gern sehr viel weniger komplex/bürokratisch vorgestellt hätte – mich eingeschlossen. Und das sah sogar die knappe Mehrheit der Landessynode nach der ersten Lesung so, ohne dass man sie überzeugen musste. Aber es gibt natürlich auch andere Stimmen:

      Zitat: „Die Synode diskutiert weiter über Gemeindestrukturen der Zukunft. Rolle rückwärts: Jetzt bringt ein vom Leipziger Superintendent Martin Henker eingebrachter Antrag die neue Möglichkeit der Gemeindebünde wieder ins Spiel – für einen ersten Schritt dazu gab es nur 10 Nein-Stimmen.“

      Quelle: http://www.sonntag-sachsen.de/2018/synode-diskutiert-strukturen

      Mit freundlichen Grüßen

      Klaus Schurig

  5. Lieber Herr Dr. Wolff,
    ich bedaure, dass Ihre meinungsstarken Anmerkungen durch eine Wortwahl getrübt werden, die Gelegenheit bietet, Menschen mit Hunden zu vergleichen. Als Mann des Worts wissen Sie, welche Bilder damit evoziert werden können.

    1. Lieber Herr Krause, den „Dr.“ habe ich nie gemacht und vermisse ihn auch nicht. Wenn ein Bild erzeugt werden sollte, dann das des funktionierenden, angepassten, meinungsschwachen Kirchenbeamten. Um sich den vorzustellen, muss ich eigentlich nicht in die Tierwelt ausweichen. Beste Grüße Christian Wolff

      1. Lieber Herr Wolff,
        wenn Sie darauf nicht ausweichen müssen, könnten Sie ja auf Vokabeln wie „herangezüchtet“ und „abgerichtet“ verzichten, genau wie ich hier in der Anrede auf den überflüssigen „Dr“. – geschenkt und beste Grüße

  6. Haben Sie Dank, Thomas Linke, für Ihre Verweise mit relevanten Infos – ich gehe davon aus, dass dies Ihre Reaktion auf meinen Kommentar ist
    Selektiv habe ich freilich Kenntnis über die Finanzsituation der Landeskirche Sachsens., aber nur, weil es für diverse Debatten zu Einsparzwängen (hier a priori an der Basiskirche, den gemeinden !) nötig ist, um en Detail gegenargumentieren zu können. Und dass die allzu leichtfertige Übernahme des Pfarrbesoldungsgesetztes Anfang der 90iger Jahre genau die Probleme zeitigen wird, von denen wir heute reden müssen, vielschichtige Probleme provoziert und bereits damals viele weitsichtige Pfarrer auf den Plan rief mit ihren, wie wir heute wissen, zutreffenden Warnungen vor dem, was eben heute die diskutierten Probleme ausmacht, umkleidet mit dem Terminus Technicus: Struktur“reform“, zeigt doch auf, wie komplex alles zu betrachten ist. Das Dilemma: Das Finanzthema wird so exorbitant zelebriert, dass eben der von Chr. Wolff reklamierte Geist abhanden kommt. Vielleicht etwas plakativ in diesem Zusammenhang, aber zuletzt die Frage: Was würde Jesus dazu sagen ??? (von Luther ganz zu schweigen…). Aber wem sage ich das. Nach Leipzig viele Grüße – Jo.Flade

    1. Lieber Herr Flade,
      vielen Dank für Ihre Konkretisierung nach meiner Wortmeldung. Ich war nämlich von dem pauschalen Anwurf (es gäbe keine Informationen) irritiert. Aber jetzt glaube ich Sie verstanden zu haben.
      Ich selbst bin bei der Frage der Besoldung von Pfarrern sehr zwiegespalten, zumal ich bei den Lehrern in Sachsen sehe, was eine geringere Bezahlung als im restlichen Bundesgebiet „bewirken“ kann.
      Mit freundlichen Grüßen
      Thomas Linke

  7. Im Internetportal der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsen ist nachzulesen:
    „Synode (griech.: Zusammenkunft) bezeichnet eine Versammlung zur Beratung kirchlicher Angelegenheiten. Seit Gründung der ersten christlichen Gemeinden gehören solche Zusammenkünfte zur Struktur der christlichen Kirchen. In der Landeskirche vertritt die Landessynode die Kirchgemeinden.“
    Reflektiert der Interessierte den letzten Satz, kommt nach allen bisher gemachten Erfahrungen Unmut und Zweifel auf, spätestens nach dem Strukturpapier: „Kirche MIT Hoffnung in Sachsen“ od. „Kirche in der Großstadt“, einmal ganz abgesehen davon, dass der Terminus „Parlament“ nach allgemeiner Lesart für die Synode gar nicht zutreffen kann, was jedoch erst dann anders wäre, würde die Landessynode die Kirch(Basis)gemeinde in ihrer personellen Struktur vertreten.
    In der Landessynode sitzen eben neben den gewählten Kirchgemeinde-Vertretern Angestellte der Obersten Kirchenbehörde, was de facto elementaren Gepflogenheiten eines unabhängigen Parlaments widerspricht.
    Bereits hier liegen Widersprüche vor.
    Während der allein auf öffentlichen, kirchgemeindlichen Druck seitens der Kirchenleitung (LKA Sachsen) durchgeführten Debatten zu o.g. Struktur“reformen“ in Leipzig, Dresden etc. entlud sich die zunehmende Empörung genau zu den von Chr. Wolff (und nicht nur von ihm) aufgezeigten Problemen, von lfd. Gesetzgebungsverfahren zu den sogenannten Kirchen“reformen“ soll hier gar nicht länger die Rede sein – es würde den Rahmen sprengen; Insider wissen, wovon die Rede ist!
    Auf eine der während der Podiumsdiskussion klar formulierten Frage aus dem Auditorium an das Podium, was denn die wahren, tatsächlichen Gründe für die erschreckend erkennbare Abwendung von Kirche seien, kam lediglich von einem der OLKR die erschütternd unemotionale, banale Reaktion, man könne sicher sein, dass sich das Landeskirchenamt darüber Gedanken mache…
    Die an den Basiskirchgemeinden enorm engagierten Ehrenamtlichen sind fassungslos ob dieser inhaltlichen Verarmung und erschreckend zunehmender Abwendung demokratischer Umgangsformen innerhalb dieser Kirche.
    Die ständig bemühte Reduktion auf verwaltungsbürokratische Formalismen, auf das undurchsichtige Sparsamkeitsdiktat ohne Offenlegung von Bilanzen (Einnahmen, Ausgaben, Besoldungen etc.pp.) und die fatale Entmündigung der Kirchgemeinden vor Ort – das sind wahrlich keine Hoffnungszeichen, derer diese unsere Kirche in dieser unserer Zeit und für die Zukunft dringendst bedarf!
    Nicht nur ich erhoffe mir endlich das Erwachen auch und vor allem innerhalb der Landessynode.
    Wenn nicht jetzt rasch die Basiskirche gestärkt wird, der Verwaltungsüberbau begreift, dass er ohne die Gemeinde vor Ort keine Daseinsberechtigung haben dürfte, dann sind alle Sorgen mehr als berechtigt.

  8. Hallo, lieber Herr Wolff…ich lese Ihre Beiträge sehr gern. Sie haben mir hier wieder einmal aus dem Herzen gesprochen: Das ist wirklich so…seit Jahren denke ich unsere Kirche ist „auf dem Holzweg…“ oder „sie säumt das Pferd vom Schwanz her auf…“ Das sind nur Bilder…aber ich denke die Perspektive von unten nach oben ist die wichtigere, und die wurde bei vier Strukturreformen die ich mitmachen musste und mit durchsetzen absolut an den Rand gedrückt.Vorgaben kamen ausschließlich von oben in Form von Zahlen. Ersparnis wurde nach meiner Kenntinis aber nie postiv nachgewiesen. Und es handelt sich hier um eine Ökonomisierung der Kirche wie alle Lebensbereiche zunehmend diesem Prinziup untergeordnet werden.“Es muss sich eben rechnen“. Doch das Evangelium, das Eigentliche daran entzieht sich dieser Behandlung: Denn neben dem Gesetz gibt es eben auch die Gnade welche befreiende Wirkung hat. Menschen die sich befreit fühlen und zu sich selbst finden können sind auch zur Mitarbeit bereit in den Kirchgemeinden, und es wächst etwas von unten. Das hat mit Wertschätzung etwas zutun und nicht mit Bewertung und Einschätzung der Ressourcen die man dann kaputtsparen muss. Damit wird dem Heiligen Geist die Mitwirkung abgeschnitten. Mut zum Risiko war das Prinzip der ersten Christen…was ist daraus geworden? Wer wagt, der gewinnt…wer sollte denn Hoffnung haben – wenn nicht wir Christen?

  9. Lieber Christian,
    man kann von dem Gesetz halten was man mag, aber zwei Sachen werden in einem Gesetz sicher nicht zu finden sein: eine biblische Fundierung und eine konkrete Vision für Gemeinde vor Ort. Was ein Gesetz machen sollte: Freiraum für die Gemeinden vor Ort schaffen und Verlässlichkeit für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen herstellen.
    Du misst hier etwas mit völlig falschem Maß und daran leidet die Debatte meiner Meinung nach von Anbegin. Vielleicht solltest du deine Kritikpunkte mal von dem Gesetz trennen, denn sie scheinen mir nicht in dem Gesetz zu stecken.
    Mit besten Grüßen
    Thomas Linke

    1. Lieber Thomas, vom Grundsatz her stimme ich Deinen ersten beiden Sätzen zu – mit einer Ergänzung: einem Gesetz sollte man abspüren können, dass ihm eine biblische Orientierung zugrunde liegt und dass es „evangelisch“ geprägt ist. Denn nur dann wird es Freiraum schaffen, Verlässlichkeit herstellen und Motivation erzeugen. Im Übrigen ist meine Hauptkritik, dass die kirchenleitenden Gremien eigentlich nur in Gesetzen und Verordnungen denken. Insofern fällt es mir nicht schwer, meine Kritikpunkte davon zu trennen. Beste Grüße Christian

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