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Es liegt an uns! – Rede auf der Kundgebung „Zusammen gegen Rechts“

Am 21. Januar 2024 hatte ein breites Bündnis zu einer Kundgebung auf dem Marktplatz und Demonstration um den Ring unter dem Motto „Zusammen gegen Rechts!“ aufgerufen. Bis zu 70.000 Menschen nahmen daran teil. Auf Kundgebung habe ich die folgende Ansprache gehalten:

Wir sind hier auf dem Marktplatz nicht nur sehr viele, sondern auch sehr verschiedene Menschen mit sehr unterschiedlichen Meinungen und Überzeugungen. Aber eines verbindet uns heute: Niemals darf die AfD, niemals dürfen Rechtsnationalisten und Neonazis in Sachsen, Brandenburg und Thüringen das Sagen haben. Diese Einigkeit sollte uns ermöglichen, unsere unterschiedlichen Sichtweisen zu ertragen. Denn wir müssen Flagge zeigen, auf die Straße gehen und für die Demokratie und für ein offenes Miteinander eintreten.

Ich lebe seit 1992 in der wunderbaren Stadt Leipzig. Am Wochenende 19.- 21. April 1991 war ich das erste Mal in Leipzig. Am Abend des 20. April wurde ich durch ein Feuerwerk aufgeschreckt – ein Feuerwerk zu Hitlers Geburtstag? Wo bin ich gelandet! Ein Jahr später zogen am 21. März 1992 unter dem Fenster meines Arbeitszimmers im Dittrichring ca. 400 Neonazis in Springerstiefeln vom Hauptbahnhof zum Simsonplatz (heutiges Bundesverwaltungsgericht). Da zeichnete sich ab, was in den Folgejahren immer mehr Realität wurde: Die organisierte Neonazi-Szene Westdeutschlands hatte sich Ostdeutschland und insbesondere Sachsen zum Aufmarschgebiet erkoren. Doch davor verschlossen zu Viele systematisch die Augen. Dabei bestimmten schon in den 90er Jahren eine festgefügte rechte Szene und Neonazis in etlichen Ortschaften Sachsens das Geschehen. Da hatte dann die AfD leichtes Spiel. Sie brauchte sich gar nicht mehr zu radikalisieren. Diese Radikalisierung zum ganz alltäglichen Faschismus hatten andere wie die NPD schon längst besorgt.

Ja, viele von uns waren viel zu nachlässig im Kampf gegen den Rechtsextremismus. Zu viele haben sich beruhigt: Da wird schon nichts anbrennen. Hat sich wirklich in Leipzig jemand darüber aufgeregt, dass der AfD-Stadtrat Siegbert Droese jahrelang mit einem Mercedes Combi herumfuhr mit dem Kennzeichen L-AH 1818? Haben wir uns aufgeregt, dass in seiner Gastwirtschaft am Thomaskirchhof der Leipziger Stadtplan von 1937 hing – warum?, weil dort die Karli als „Adolf-Hitler-Straße“ ausgewiesen ist? Wie war das noch 2019 nach dem Attentat auf die Synagoge in Halle? Dieses bezeichnete der AfD-Stadtrat und Landtagsabgeordnete Roland Ulbrich ekelhaft-süffisant als „Sachbeschädigung“ und postete: „Was ist schlimmer, eine beschädigte Synagogentür oder zwei getötete Deutsche?“ Von solchen Nazi-Ganoven wollen die Sachsen regiert werden? Niemals, niemals. Aber dieses Niemals liegt in unserer Hand.

Deswegen müssen wir jetzt aufwachen – aufwachen und Klartext reden mit unseren Nachbarn, Berufskolleg:innen, Vereinskameraden. Überall. Sprecht mit ihnen auf Augenhöhe. Nehmt sie ernst – auch in der Absicht, AfD zu wählen. Bedenkt in allen Gesprächen eines: Ein Wahlsieg der AfD ist kein Selbstläufer. Deswegen muss Schluss sein mit diesen sich quasi selbst erfüllenden Prophezeiungen vor allem in Medien, die AfD würde die Wahlen in Sachsen, Brandenburg und Thüringen sowieso gewinnen. Wir haben es in der Hand, jede und jeder Einzelne von uns, dass am 9. Juni 2024 und am 1. September die Rechtsextremisten in die Schranken gewiesen werden.

Darum gilt bei allem, was wir an gegenwärtiger Politik, an der Ampelkoalition, an Bürokratie und Ungerechtigkeiten zu kritisieren haben: Beteiligt euch nicht an einer Panikmache, als stünde der Zusammenbruch unseres Landes kurz bevor. Das ist Schwachsinn! Wir leben auch hier in Leipzig in Verhältnissen, die uns Mitwirkung, Freiheit, Vielfalt ermöglichen. Um es etwas banal auszudrücken: Der Strom kommt aus der Steckdose; es ist warm in den Wohnungen; die Mülltonnen werden pünktlich entleert; für meine Sicherheit wird gesorgt; jede und jeder kann sich frei politisch betätigen; wir können teilhaben an einem vielfältigen kulturellen Leben.

Das wollen wir leichtfertigt aufs Spiel setzen? Wollen wir das denen überlassen, die nur eines im Sinn haben: Alles, was störend ist, mit Gewalt auszuschalten – seien es die Migrant:innen, Menschen mit Behinderungen, Menschen, deren Lebensentwürfe uns selbst fremd erscheinen? Wollen wir die Zukunft Europas denen überlassen, die dem Nationalismus frönen und damit den größten Kriegstreiber, nämlich einen Nationalismus mit imperialem Anspruch, befeuern? Wollen wir wirklich Arbeitnehmerrechte und soziale Sicherheit auf dem Altar völkischer Homogenität opfern?

Jeder, der mit dem Gedanken spielt, AfD zu wählen, soll sich klar machen, dass er sich damit den Metzgern ausliefert, die auf ihrem Hackbrett die demokratischen Rechte zerstückeln. Und jeder, der meint, wählen lohnt sich nicht, soll sich klar machen: Wenn Du nicht wählst, wählst du diejenigen, die Du garantiert nicht willst – und keiner kann wollen, dass die AfD auch nur eine Stimme erhält.

Also, liebe Leute: Nichts ist zufällig, nichts ist gleichgültig! Nehmt eure Verantwortung wahr! Sorgt dafür, dass die Höckes, Weidels, Urbans in die Schranken gewiesen werden. Stärkt unsere Demokratie und tretet ein für Vielfalt, Offenheit und Menschenwürde!

 

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