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Der „Internationale Tag des Friedens“ in einer Welt voller Kriege

Diesen Blog-Beitrag widme ich Friedrich Schorlemmer. Er hat am 24. September 1983, also vor 40 Jahren, mit Mut, Weitsicht und geistesgegenwärtig eine wesentliche biblische Vision zeichenhaft Wirklichkeit werden lassen.

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Am 21. September 1981 hat die Vollversammlung der Vereinten Nationen (UNO) beschlossen, in Zukunft dieses Datum als „Internationalen Tag des Friedens“ zu begehen: „Dieser Tag soll offiziell benannt und gefeiert werden als Weltfriedenstag (International Day of Peace) und soll genützt werden, um die Idee des Friedens sowohl innerhalb der Länder und Völker als auch zwischen ihnen zu beobachten und zu stärken.“ Er soll als ein Tag des Waffenstillstands und der Gewaltlosigkeit begangen werden. 2004 rief der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) alle Kirchen dazu auf, jedes Jahr den 21. September zu einem Internationalen Tag des Gebets für den Frieden zu machen.

Das ist Anlass genug, die politischen Verantwortungsträger:innen, Parteien, Medien, Zivilgesellschaft in unserem Land und in Europa zu mahnen, alles zu tun, um aktuelle Kriege (nicht nur in der Ukraine) so schnell wie möglich zu beenden, das Wettrüsten als eine wesentliche Bedingung für den nächsten Krieg einzustellen und sich mit aller Kraft dafür einzusetzen, die unterschiedlichen Interessenskonflikte innerhalb und zwischen Gesellschaften und Völkern nichtmilitärisch auszutragen. Die Vergangenheit lehrt: Politik ohne einen solchen Vorsatz ermöglicht den nächsten Krieg. Darum gilt heute: Gerade weil die Kriegswirklichkeit durch die militärische Aggression des Putin-Regimes gegen die Ukraine so nah an uns herangerückt ist, muss das politische, gesellschaftliche Engagement für ein Ende des Mordens und Zerstörens im Zentrum alles Handelns stehen. Es ist ein mehr als bedenklicher Zustand, dass im öffentlichen Diskurs eine erhebliche Schieflage eingetreten ist zwischen Kriegsrhetorik und Friedensverantwortung. Es kann nicht sein, dass in der aktuellen Auseinandersetzung um den Ukrainekrieg, um Waffenlieferungen und Sanktionen, das Pochen auf die Beendigung der Kriegshandlungen, das Pochen auf sog. diplomatische Lösungen permanent als Unterwerfung unter ein Diktat Putins gebrandmarkt oder verdächtigt wird bzw. im öffentlichen Diskurs kaum vorkommt. Dass eine solche Eindimensionalität auf Dauer Politik in die Sackgasse sog. Logik des Krieges führt, an deren Ende eine katastrophale Niederlage und verbrannte Erde stehen, zeigt nicht zuletzt der Afghanistan-Krieg. Soll ein solches Desaster der Ukraine bereitet werden? Diese Frage müssen sich alle gefallen lassen, die derzeit allein auf militärische Beteiligung am Ukraine-Krieg setzen. Darum gilt: Wer derzeit für weitere Waffenlieferungen in die Ukraine votiert, damit diese sich gegen den Aggressor Russland wehren kann, steht in einer besonderen Pflicht, Friedenslösungen im Sinne von „Waffenstillstand und Gewaltlosigkeit“ zu befördern.

Der Kunstschmied Stefan Nau am 24. September 1983 bei der Arbeit

Also sollten wir uns daran erinnern, dass die wesentlichen Beiträge zum Frieden dort entstehen, wo zunächst alles für die Ausweglosigkeit Gewalt minimierender Aktivitäten spricht. Am 24. September 1983, mitten im Kalten Krieg und in einer Zeit enthemmter Hochrüstung, setzten Christ:innen im Rahmen des Kirchentages in Lutherstadt Wittenberg das symbolisch um, was eine biblische Vision prophezeit (Micha 4,3): Schwerter zu Pflugscharen. Auf Initiative von Friedrich Schorlemmer formte der Kunstschmied Stefan Nau auf dem Lutherhof im Beisein von ca. 2000 Menschen ein Schwert in eine Pflugschar um – und das zu einem Zeitpunkt, wo in der DDR der Aufnäher „Schwerter zu Pflugscharen“ schon verboten war. Natürlich führte diese Aktion nicht zu einer Entmilitarisierung der Volksarmee. Auch wurde die Aktion eher als hinderlich für den mühsamen Verständigungsprozess zwischen Ost und West angesehen. Aber in der Rückschau wird klar: Solche Aktionen haben ganz wesentlich dazu beigetragen, dass es sechs Jahre später zur Friedlichen Revolution kam. Diese Erfahrungen dürfen wir nicht vergessen. Sie müssen heute in den Diskurs eingebracht werden – gerade an einem Tag, an dem die Idee des Friedens innerhalb und zwischen Gesellschaften und Völkern zu stärken ist, anstatt sich mit der Wirklichkeit des Krieges abzufinden bzw. diese als unausweichlich anzusehen.

Zugegeben: Damit wird Wladimir Putin morgen nicht von seinem grausamen Aggressionskrieg ablassen. Damit wird weltweit weiter in Waffensysteme investiert. Aber die dienen nur einem Zweck: all das zu zerstören, was uns Menschen eigentlich heilig sein müsste. Willy Brandt sagte 1985 in New York: „In den 1.000 Milliarden, die in diesem Jahr weltweit für Rüstung ausgegeben werden, steckt das Todesurteil für Millionen unserer Mitmenschen.“* Diese Einsicht wird auch durch keinen noch so gerechtfertigt erscheinenden militärischen Einsatz falsch. Allein diese Erkenntnis muss uns dazu veranlassen, alle Anstrengungen darauf auszurichten, Kriege zu beenden. Den christlichen Kirchen und anderen Religionsgemeinschaften fällt dabei die zentrale Aufgabe zu, unbeirrbar und abseits aller politischen Opportunitätsüberlegungen an die prophetischen Friedensvisionen zu erinnern und anzuknüpfen. In diese Visionen sind alle Völker und nicht nur irgendeine bestimmte Nation einbezogen. Sich von diesen Visionen leiten zu lassen, wird das möglich machen, was seit Monaten in aller Munde ist, aber bis jetzt nicht eingelöst werden konnte: die Zeitenwende. Denn derzeit bewegen wir uns weitgehend auf den ausgetretenen Pfaden kriegerischer Machtpolitik. Zeitenwenden kommen aber nur dann zustande, wenn sich Vision und Wirklichkeit verbinden.  Es wird höchste Zeit für die Pflugscharen!

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* Rede von Willy Brandt anlässlich der Verleihung des „Dritte-Welt-Preis“ durch die Vereinten Nationen am 25. April 1985, in: Willy Brandt, Der organisierte Wahnsinn. Wettrüsten und Welthunger, Köln 1985, S. 223ff

 

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