Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat die AfD zum „Prüffall“ erklärt. Was wie eine politische Sensation kommuniziert wird, ist an sich völlig unerheblich. Denn alles, was der Verfassungsschutz über die AfD zusammenträgt, ist frei zugänglich. Alles, was jetzt über Björn Höcke veröffentlicht wird, ist seit Jahren bekannt. Dass der Verfassungsschutz sich jetzt erst darum zu kümmern scheint, zeigt nur, wie getrübt der Blick dieser Institution seit ihrer Gründung auf den Rechtsradikalismus in Deutschland war und ist. Darum sollte der neuen Aktivität des Verfassungsschutzes nicht allzu viel Bedeutung beigemessen werden. Denn es gilt nach wie vor: Die Verfassung wird nicht geschützt durch eine Institution, die sich bisher nicht durch demokratische Zuverlässigkeit ausgezeichnet hat. Die Verfassung kann in einer Demokratie nur geschützt, verteidigt und weiterentwickelt werden durch die Bürgerinnen und Bürger selbst, durch ihre aktive Beteiligung an der Demokratie. Sie haben es in der Hand, den Rechtsnationalismus a la Pegida/AfD zurückzudrängen. Darum ist es so wichtig, dass sich an allen Orten insbesondere in Ostdeutschland Menschen zu überparteilichen Initiativen zusammenschließen – wie dies in Leipzig durch den www.aufruf2019.de geschehen ist, um für das einzustehen, was Pegida/AfD offen infrage stellen: gesellschaftliche, kulturelle Vielfalt, die Grundwerte der Verfassung, die europäische Einigung.
Dass dafür jetzt der Zeitpunkt gegeben ist, legen auch die Ergebnisse der „Europawahlversammlung“ der AfD am vergangenen Wochenende im sächsischen Riesa nahe. Dort hat die AfD in zwei wichtigen Fragen für Klarheit gesorgt:
- Die AfD will das Europaparlament abschaffen. In der Begründung heißt es, dass das Parlament „mit seinen derzeit privilegierten 751 Abgeordneten“ undemokratisch sei. „Die Rechtsetzungskompetenz sehen wir ausschließlich bei den Nationalstaaten“. Auf Deutsch: Die AfD hält das in freien und geheimen Wahlen gewählte EU-Parlament für illegitim (was sie nicht daran hindert, dafür Kandidat/innen aufzustellen). Gleichzeitig will die AfD die EU ihres gesetzgebenden (was es derzeit noch nicht einmal ist; es wirkt nur mit) Organs berauben. Damit macht die AfD klar, dass sie die repräsentative parlamentarische Demokratie ablehnt. Wenn es ihr opportun erscheint, wird die AfD mit dieser Grundeinstellung auch auf nationaler Ebene die parlamentarische Demokratie aushebeln, um dem „Volk“ die Entscheidungskompetenz zu geben – wobei es dann nur noch ein kleiner Schritt dazu ist, dass natürlich ein „Volkstribun“ am besten in der Lage ist, den Volkswillen zu erkennen und zu vollstrecken.
- Die AfD will den „Dexit“. Mit aller Macht strebt sie die „Auflösung der europäischen Union“ an (wozu natürlich auch die Abschaffung des Euro gehört). Zwar hat die AfD aus rein opportunistischen Gründen den Zeitpunkt des „Dexit“ offen gelassen. Klar aber ist, dass sie ihn dann per Volksabstimmung durchsetzen will, wenn die EU sich nicht selbst auflöst. Damit lässt die AfD keinen Zweifel daran, dass sie das Friedensprojekt Europa zerstören und zu dem zurückkehren will, was im 19. und 20. Jahrhundert Voraussetzung, mehr noch: Initialzündung für Kriege gewesen ist: der Nationalstaat – insbesondere dann, wenn dieser von nationalistischen Autokraten regiert wird.
Jeder kann sich nun fragen, ob er unter den Bedingungen leben will, die sich schon jetzt in Polen, Ungarn, Tschechien, Italien deutlich abzeichnen: Nationalstaaten, regiert von rechtsnationalistischen Parteien, geführt von rechtsradikalen Autokraten, die Zug um Zug die Freiheitsrechte, die Gewaltenteilung, die Presse- und Meinungsfreiheit einschränken und die sich durch staatsorganisierten Hass gegen Fremde hervortun. Kein Wunder, dass Salvini, Strache, Orbán, Kaczyński für die AfD die „natürlichen Partner“ sind. Schon längst aber würden die genannten Länder dem wirtschaftlichen Ruin entgegengehen, wären sie nicht in die EU eingebunden und würden sie nicht von der Wirtschaftskraft der EU profitieren. Was aber all diesen Ländern gleich ist: Ihr Problem ist nicht die Zuwanderung, gegen deren Angeblichkeit sie sich durch Grenzsicherungen schützen wollen. Sie leiden vor allem unter der Abwanderung von jungen, gut ausgebildeten Menschen und hochqualifizierten Arbeitnehmern und Wissenschaftlern.
Gerade diejenigen, die die DDR-Zeit bewusst erlebt haben, müssten eigentlich wissen, woran die DDR auch zugrunde gegangen ist: an dem 40-jährigen Exodus von vielen gut ausgebildeten Menschen und hochqualifizierten Arbeitskräften aus einem durch Mauer und Stacheldraht abgesicherten Land. Dadurch wurde die Führungsschicht der ostdeutschen Gesellschaft dramatisch ausgedünnt. Profitiert hat davon vor allem Westdeutschland – und das in einem kaum zu beziffernden Maße. Ebenso sollte sich jeder im Jahr 30 nach der Friedlichen Revolution bewusst sein, dass die Grundvoraussetzung der deutschen Einheit die Einbindung Deutschlands in die Europäische Union war. Niemals hätten die europäischen Staaten einer deutschen Einheit zugestimmt, wenn es um die Wiederherstellung eines in sich abgegrenzten deutschen Nationalstaates gegangen wäre. Die AfD will das Rad der Geschichte zurückdrehen. Zu viele Mitglieder der AfD wollen an die Zeiten anknüpfen, in denen die Zerstörung Deutschlands von innen begonnen hat: der Aufstieg der Nationalsozialisten vor 90 Jahren. Dass dies nun sehr klar geworden ist, ist das Gute im Schlechten. Es gibt es null Grund, Gruppierungen wie Pegida/AfD auch nur den Hauch einer Chance zu geben. Niemand sollte mit dem Feuer spielen.
10 Antworten
Danke, lieber Verfassungsschutz, die AfD darf wieder triumphieren.
zur Gerichtsentscheidung, wonach die AfD vom Verfassungsschutz nicht mehr als „Prüffall“ bezeichnet werden darf ein Kommentar in der F.A.Z. von heuite:
https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/prueffall-entscheid-ein-erfolg-fuer-die-afd-und-den-rechtsstaat-16061903.html
Danke, Herr A.S. für Ihre freundlichen Grüße und Ihrer erneut heftig voluminösen, ansatzweisen nicht uninteressanten Reaktion auf meine Reaktion. Dass Sie bis zum nächsten Jahr warten wollen, weitere Ihrer Ansichten zum politischen Geschäft mit gegenüber darzulegen, ist insofern bemerkenswert, als Sie dann davon ausgehen müssen, dass es uns beide noch gibt…
Ein Detail Ihrer Analyse vom 21.01.19 und versuchsweisen Korrektur aus Ihrer Sicht fehlgeleiteter Ansichten Andersdenkender gibt mir allerdings sehr zu denken / Zitat: „…unsere Politiker (Parlament, Regierung aller Ebenen) sind Menschen mit eigenen Interessen, individuellen Fähigkeiten und Kenntnissen, vielleicht auch unbekannten Motiven.“ Natürlich haben Sie den Nagel auf den Kopf getroffen – und weil es so ist, wie Sie erstaunlich ehrlich den Politiker beschreiben, gibt es Probleme in unserem Land.
Dank für Ihre Darlegungen – ich sehe vieles anders und das sollten Sie respektieren.
Allerdings ziehe ich es vor, in persönlichen Debatten meine Haltungen zu offenbaren – aber da kneifen Sie ja ewiglich!
Ob Sie mich intellektuell als wenig erbaulich empfinden oder nicht, dass tut hier nichts zur Sache. Selbstüberhöhung ist u.U. pathologisch bedingt.
Bewegen Sie Ihre Worte einfach in Ihrem Herzen. Ich jedenfalls werde bis nächstes Jahr – was Sie betrifft – eine Sabbatjahr einlegen – und es wird mir wohl tun. Adieu – Jo.Flade
Man ist ja bemüht, den demokratischen Diskurs mit einiger Sachlichkeit zu führen, auch wenn ein bißchen Polemik natürlich das Salz in der Suppe ist. Und deshalb habe ich auf die faden Repliken des Claqueurs aus Dresden – jetzt schreibt er, daß er mit anderen „neben sich“ sitze und das glaubt man ihm gerne – länger nicht geantwortet und werde das künftig wieder tun, denn ein gewisses intellektuelles Niveau ist schon erforderlich und das ist dort eben nicht gegeben.
Ich fasse seine „Argumente“ in dieser Diskussion zusammen:
„Ausschütten vor Lachen, Ewigschreiber (hier vergisst Flade, daß er regelmäßig und inhaltslos reagiert, also genausoviel schreibt, nur halt ohne was auszusagen), Randfigur, Disqualifikation, verständnislose Wiederholung eines von mir gebrachten Zitats (er hat wohl Schwierigkeiten mit der englischen Sprache)“ – bemerkenswerte „Argumente“ in einer doch immerhin ernsten Diskussion über Fragen wie AfD, Nutzen von Demonstrationen, Kultur des „Zeichen-Setzens“.
Ich wiederhole meine Argumenmte:
– der Erhalt der Demokratie und ihr Funktionieren in unserem Lande ist wesentlich abhängig von der Bereitschaft zum Kompromiß, der durch Koalitionen im Parlament dargestellt wird, die in der Mitte des politischen Spektrums gebildet werden müssen, um die radikalen Ränder des Meinungsspektrums (LINKE, AfD) zu begrenzen;
– NGOs und die ungeheuer zahlreichen Bürgerinitiativen in unserem Lande bergen die Gefahr, daß sie einseitig ihre (ohne Zweifel häufig wichtigen, manchmal aber auch eher egoistischen) Einzel-Interessen propagieren ohne die Breite und Komplexität der heutigen politischen und gesellschaftlichen Probleme einzubeziehen. Sie suchen daher häufig nicht Kompromiß und Toleranz sondern Konfrontation und Dogmatismus, was der Demokratie schadet;
– die Bürger müssen erkennen, daß die Beschreibung von Problemen alleine nicht ausreicht. Vielmehr müssen (Teil-)Lösungen angeboten werden, die ALLE Bedürfnisse befriedigen oder wenigstens berücksichtigen. NGOs, etc, haben es da leicht: sie bieten Lösungen nur für IHR Interesse unter Vernachlässigung konkurrierender Interessen. Die Politiker dagegen müssen die ganze Breite berücksichtigen – sie immer nur zu kritisieren, ist deshalb nicht Ausdruck demokratischen Engagements sondern hinterherige Besserwisserei;
– unsere Medien unterstützen diese Haltung, da sie selbst auch so verfahren. Zusätzlich haben sie ihre Quoten im Blick und suchen deshalb eher die Sensationalisierung und Personalisierung von Problemen als den Beitrag zu einer sachlichen Lösung oder auch nur Analyse. Selbstverständlich ist Pressefreiheit Voraussetzung und Grundlage der Demokratie, aber sie bürdet der Presse eben auch Verantwortung auf;
– Demonstrationen von Menschen unter der Überschrift „Zeichen setzen“ für oder gegen etwas sind ein legitimes Mittel der politischen Äußerung. Daß sie die staatlichen Organe (Polizei, Justiz, etc) belasten, muß natürlich hingenommen, darf aber auch durch die Veranstalter berücksichtigt werden. Die Veranstalter müssen aber wissen, daß „Zeichen setzen“ alleine kein wirklich wesentlicher Beitrag ist zur Problemlösung, wenn alle Seiten zu allen Themen in ständig zunehmender Zahl ihre Meinung „demonstrativ“ wiederholen, ohne dabei sich auszutauschen, den anderen anzuhören, argumentativ auf ihn einzugehen, ihn prinzipiell als Demokraten anzuerkennen. Unsere Jugend soll und muß sich engagieren – wir Alte aber haben die Verantwortung, sie nicht durch Lob an der falschen Stelle, auf dem Irrweg zu unterstützen, zu demonstrieren sei die Lösung auch nur eines einzigen Problems;
– unsere Politiker (Parlament, Regierung aller Ebenen) sind Menschen mit eigenen Interessen, individuellen Fähigkeiten und Kenntnissen, vielleicht auch unbekannten Motiven. Sie stellen sich zur Verfügung, um in der auch von Herrn Wolff ja offensichtlich unterstützten repräsentativen parlamentarischen Demokratie das Volk zu repräsentieren und in seinem Auftrag Entscheidungen mehrheitlich zu fällen. Sie sind von uns allen gewählt. Sich sofort nach der Wahl von ihnen zu distanzieren und unter eigener Besserwisserei, meistens erst post faktum, „die Politik“ sozusagen losgelöst vom Volk zu kritisieren, ist sowohl unehrlich als auch undemokratisch;
– Meinungen anderer – zB die Forderung nach einem deutschen EU- oder NATO-Austritt – sind auch bei eigener Opposition zu diesen Meinungen in der Demokratie Diskussionsfälle und nicht Anlaß zu – jedenfalls ausschließlicher – Verunglimpfung des Meinungsgegners. Hier biete ich Flade wieder ein „Zitat“ aus meiner „Suada“. Er erkennt nur nicht, daß ich neben der Polemik im Gegensatz zu ihm, siehe oben, auch Argumente liefere.
Zusammenfassend: Es ist schön, daß Flade immer wartet, bis mein Kommentar vorliegt, um dann überhaupt etwas schreiben zu können. Der demokratische Diskurs allerdings fordert mehr – nämlich die sachliche Antwort auf meine o.a. Thesen, die man dann sachlich diskutieren kann. Dazu braucht es Grips; mit Gegnern, die nicht ebenbürtig sind, lohnt die Diskussion nur begrenzt und dazu gehört für mich – na eben! Also, lieber Herr Flade, bis nächstes Jahr – es sei denn, sie bringen mal was zur Sache und dies in sachlichem Stil (gerne dann auch mit dem Ausdruck Ihre Antipathie für mich); und bis dahin wünsche ich Ihnen ein glückliches, gesundes Jahr.
Andreas Schwerdtfeger
Nicht nur ich, sondern ein paar andere sitzen neben mir und lasen u.a. die unsägliche und in unserem Team nur noch zum Ausschütten vor Lachen angetane Suada – über solch unsägliche Randnotizen des EWIGSCHREIBERS könnte einem natürlich auch die Luft ausgehen; Gott sei Dank bleiben wir hellwach, schütteln den Kopf und stellen fest, dass genau das auf den nur noch zur Randfigur sich selbst disqualifizierte A.S. zutrifft, was er Chr. Wolff anträgt / Zitat:
Wie schon der alte Bush 43 bei seiner Inauguration 1993 sagte: schädlich sind „… statements in which not each other’s ideas are challenged but each other’s motives“.
Gruß, Andreas Schwerdtfeger.
Großartig dieses Aufbegehren der Schüler, welches selbst eine Schuldirektorin für richtig, gut, und vor allem nötig erachtet.
Es fallen so unendlich viele Schulstunden aus, die mit billigen Erklärungen versucht werden, irgendwie zu echtfertigen. Da ist es doch toll, dass diese herrlichen jungen Menschen was draus machen!
Und noch etwas anderes, die AfD betreffend (die die EU abschaffen möchte, um ihren Nationalismus zu propagieren): In der jüngsten DIE ZEIT – Ausgabe wird das Buch von Bernd Höcke besprochen unter dem bemerk „Der Messias im Volkskörper“, was er mit dem Titel: „Nie zweimal in denselben Fluss“ jüngst publizierte.
Mit Verlaub – da sind Aufbegehren und Engagement mit Klartext und legitimen Forderungen nach dem Erhalt zur Bewahrung der Schöpfung Gerechtigkeit und Frieden eine Wohltat.
Eine Wohltat auch, dass es noch genug gibt, die nicht aus ihrer Schreibhöhle heraus schwätzen oder palavern, sondern einfach mal in die Hand nehmen, was in die Hand zu nehmen ist. Wenn es schon die Alten nicht mehr tun, dann doch endlich die Jungen !!!
Jo.Flade (ich habe übrigens 8 Enkel; zum Glück gehören auch sie zu denen, die sich einbringen)
Ich beziehe mich auf einen Kommentar von Dietrich Murswiek, emeritierter Professor für Öffentliches Recht an der Universität Freiburg.- https://www.tichyseinblick.de/gastbeitrag/afd-als-prueffall-des-verfassungsschutzes-ein-juristischer-kommentar/
„Die Einstufung einer Organisation als Prüffall ist gesetzlich nicht geregelt (außer in Niedersachsen). Es handelt sich um eine interne Entscheidung der Verfassungsschutzbehörden, die – bevor sie eine Organisation beobachten – natürlich zunächst prüfen müssen, ob die Voraussetzungen für die Beobachtung gegeben sind.“
Und diese Prüfung bleibt üblicherweise behördenintern.
„Wenn nämlich, wie jetzt im Fall der AfD, die Einstufung als Prüffall öffentlich verkündet wird, dann bleibt sie keine Entscheidung im Innenleben des Geheimdienstes, sondern dann entfaltet sie öffentliche Wirkung, nämlich Stigmatisierungswirkung: Die Partei wird vom Verfassungsschutz geprüft. Das ist es, was in der Öffentlichkeit ankommt. Dass sie nur zum dem Zweck geprüft wird, festzustellen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Beobachtung gegeben sind, wird kaum wahrgenommen. Bereits die Verkündung des Prüffalls hängt der Partei das Odium des Extremis-musverdachts an, obwohl es ja nur der Verdacht ist, dass ein die Beobachtung rechtfertigender Verdacht gegeben sein könnte. Das ist ein schwerwiegender Eingriff in die Rechte der Partei.“
1. Ich bleibe dabei: Es ist für die Demokratieentwicklung ziemlich unerheblich, was der Verfassungsschutz in Sachen AfD macht, „prüfen“ oder „beobachten“. Wichtig ist, dass der Rechtsnationalismus a la Pegida/AfD nur auf der politischen Ebene bekämpft werden kann. 2. Die AfD liefert täglich Belege dafür, dass sie die Pluralität in der Gesellschaft, die kulturelle Vielfalt, die Gewaltenteilung, die europäische Einigung, die parlamentarische Demokratie, die Meinungs- und Pressefreiheit einschränken oder abschaffen will. Da bedarf es keiner „Aufklärung“ durch den Verfassungsschutz. 3. Dietrich Murswiek ist ein mehr als zweifelhafter Kronzeuge in Sachen AfD. Selbst sich immer schon in der rechten Szene tummelnd, kehrt er zu seinen Wurzeln zurück. Christian Wolff
In den Punkten 1. und 2. stimme ich Ihnen zu, Herr Wolff. Zu Herrn Murswiek mag man stehen wie man will (So war er z. B. im Jahr 1970 im Alter von 21 Jahren beim Besuch des DDR-Ministerpräsidenten Stoph in Kassel daran beteiligt, die „Spalterflagge“ herunterzureißen, was mir imponiert. – http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-45197132.html),
Jedenfalls war er mehr als zwei Jahrzehnte auf dem Gebiet des Staatsrechts eine allseits anerkannte Koryphäe – https://www.zeit.de/politik/deutschland/2018-11/afd-gutachten-dietrich-murswiek-parteispenden/komplettansicht
Ja, es ist eben genau das Problem, daß man diesen Schülern – in der Tat unsere zukünftigen Demokraten – einredet, das Klima würde sich bessern, wenn sie dieses „Zeichen setzen“, sie dann aber trotzdem mit ihren Eltern nach Mallorca düsen, mit dem Auto zu Sportveranstaltungen oder an die Ostsee fahren oder was auch immer. Für das Klimaproblem braucht es wohl kaum weiterer „Zeichen“ – es braucht konkrete Politik, d.h. seitens der Schüler: wählen gehen, sich engagieren und eigene Kandidaten aufstellen, sobald sie können und nicht NGOs hinterherlaufen, sich in der Schule bilden und nicht schwänzen; d.h. für Erwachsene: wählen und den Kompromiß suchen in der politischen Mitte, der ALLE Probleme berücksichtigt und zwischen ihnen Ausgleich erzielt und nicht einseitig und populistisch auf „die Politik“ schimpfen und sich selbst dadurch zu exkulpieren.
Es würde mich freuen, wenn unsere Leser den Beitrag richtig einordnen – nämlich als legitime andere Meinung als die ihre, versehen mit Argumenten und auch ein wenig polemisch. Sie, lieber Herr Wolff, müssen weiterhin der Versuchung widerstehen, ausschließlich anstelle von Argumenten die Person des Mitdisputanten anzugreifen – der Ohrensessel, das angeblich Abseits-stehen, das Alter – alles nicht wirklich ausschlaggebend. Wie schon der alte Bush 43 bei seiner Inauguration 1993 sagte: schädlich sind „… statements in which not each other’s ideas are challenged but each other’s motives“.
Gruß, Andreas Schwerdtfeger
In der einfachen Welt unseres bloggers gibt es stets von Neuem die Beschreibung seiner Weltsicht und dann … nichts! Man darf das nicht kleinreden, denn eine gute Lagefeststellung dient ja schließlich als Grundlage für die Emtwicklung eigener Strategien. Wer aber nach der Lagefeststellung stehen bleibt, der ist eher unproduktiv.
Herr Wolff wiederholt zu Beginn sein albernes Vorurteil gegen den Verfassungsschutz – da dieser aber nun auf die richtige Flanke schaut, muß er nicht mehr abgeschafft werden, sondern wir brauchen ihm nur keine allzu große Aufmerksamkeit schenken. Das ist Fortschritt in die richtige Richtung!
Als nächstes lesen wir die Erkenntnis: „Die Verfassung kann in einer Demokratie nur geschützt, verteidigt und weiterentwickelt werden durch die Bürgerinnen und Bürger selbst, durch ihre aktive Beteiligung an der Demokratie“ – und dies tut der gute Bürger in „überparteilichen Initiativen“. Diese letzteren sind aber wohlgemerkt nicht Koalitionen zur Regierungsbildung aufgrund von Wahlergebnissen sondern das Herumturnen auf der Strasse – man könnte auch sagen das „Setzen von Zeichen“, wie es jetzt fehlgeleitete Schüler tun, die einem überbewerteten und zur „Heldin“ von Medien und anderen Interessierten hochstilisierten unreifen Mädchen folgen. Dabei wird übersehen, daß das Setzen von Zeichen den deutschen Hang zur Hysterie fördert, aber kein Beitrag zur inhaltlichen Lösung unter Anerkennung der komplexen Breite aller heutigen Probleme ist.
Sodann kommen ein paar Beschreibungen der Bösartigkeit der AfD, die zwar wahrscheinlich auf viel Zustimmung stoßen – auch weitgehend meine –, die aber diffus und polemisch genug sind, um nicht so ganz zuzutreffen und deshalb niemanden ins eigene Lager zurückzuholen geeignet sind, der argumentativ rückholbar wäre. Denn eine Ablehnung des EU-Parlaments gleichzusetzen mit einer allgemeinen Zurückweisung der repräsentativen parlamentarischen Demokratie ist natürlich Unsinn. Die legitime Frage, ob nicht die Forderung nach Volksabstimmungen, die Überbetonung der Bedeutung von einseitig und schmalspurig denkenden und handelnden NGOs und Bürgerinitiativen, die ständige Nutzung der Straße für Einzelziele ohne Rücksichtnahme auf parallele aber entgegenstehende andere Ziele (zB Hambacher Forst) ebenso die repräsentative parlamentarische Demokratie aushebeln, wird zur Sicherheit nicht gestellt – sie würde ja auch das Weltbild unseres guten Herrn Wolff erschüttern.
Ja und dann die Frage des deutschen EU-Ausstiegs (man könnte die Frage erweitern auf die NATO und dann ähnlich bezüglich der „LINKE“ argumentieren). Natürlich wäre dieser eine Katastrophe; natürlich sind EU und NATO das entscheidende große europäisch-atlantische Friedens- und Wohlstandsprojekt; natürlich sind wir Deutsche in diesen Gemeinschaften gut aufgehoben, gut eingehegt, gut integriert und gut abgesichert ohne – leider – zumindest im Falle der NATO genügend Eigenleistung einzubringen. Aber das alles macht die Frage des Ausstiegs nicht illegitim sondern erklärt sie nur zum politischen Diskussionsgegenstand, den man sachlich und argumentativ aber nicht mit emotionalen Parolen führen muß.
Und schließlich die tolle Erkenntnis: „Was aber all diesen Ländern (Herrn Wolffs gesammelte Diktaturen-Anwärter) gleich ist: Ihr Problem ist nicht die Zuwanderung, gegen deren Angeblichkeit sie sich durch Grenzsicherungen schützen wollen. Sie leiden vor allem unter der Abwanderung von jungen, gut ausgebildeten Menschen und hochqualifizierten Arbeitnehmern und Wissenschaftlern“. Das mag sein – trifft aber dann eben auch auf die Länder Afrikas zu, deren Bürger sich als Wirtschaftsflüchtlinge zu uns aufmachen, und man sollte also hier wie dort einen Riegel vorschieben. Und umgekehrt stimmt eben diese Aussage nicht so ganz, denn ein größerer Teil dieser Flüchtlinge sind eben doch Menschen, deren Integration in sozialer, beruflicher, materieller und insbesondere kultureller Hinsicht erhebliche Kosten verursacht wie der Anstieg bestimmter Delikte ebenso zeigt wie die Probleme kommunaler Haushalte.
Ich stimme Ihnen zu, Herr Wolff: Die Zerstörung Deutschlands von innen muß bekämpft werden. Dazu bedarf es starker Parteien in der Mitte des gesellschaftlichen Spektrums, die koalitionswillig sein müssen (anstatt, wie die SPD im Falle Maaßen zB, eine unnütze Kampagne gegen die Demokratie zu führen), um den Rändern – LINKE, AfD – und den oszillierenden Spinnern aller Art – teilweise Grüne, überwiegend Bürgerinitiativen – argumentativ und inhaltlich Paroli zu bieten. Dazu bedarf es des Aufrufs 2019, sich wieder hinter unsere Abgeordneten und Regierungspolitiker zu stellen anstatt sie niederzumachen und nicht-verantwortlichen NGOs hinterher zu rennen oder gar Schüler zu loben, die den Unterricht schwänzen, aber nichts zur Sache beitragen. Dazu bedarf es der Eigenverantwortung des Bürgers anstatt alles vom Staat zu fordern und anonym „die Politik“ für alles verantwortlich zu machen und zu glauben, damit leiste man „Widerstand“ und sei superdemokratisch. Dazu bedarf es des konsensualen Kompromisses und der argumentativen Auseinandersetzung anstelle von möglichst forsch formulierten parolenhaften Wiederholungen zur Unfähigkeit von denen da oben, zur einseitigen Bedrohung von denen da rechts, zur Heiligkeit von denen da draussen und zur ausschließlichen Richtigkeit der eigenen Überzeugungen als Ausdruck demokratischen Diskurses.
Unsere Demokratie leidet nicht unter den populistischen politischen Vorstellungen der Flankenparteien LINKE und AfD, die im Falle der Verwirklichung katastrophal wären, die aber in einer lebendigen Demokratie als radikale Ränder normal sind – sie leidet darunter, daß zu viele Bürger sich durch ihre egoistischen Kleinvorstellungen in die Arme von politisch nicht verantwortlichen NGOs (die deutsche Umwelthilfe ist derzeit ein Paradebeispiel), Bürgerinitiativen, Demonstrationsveranstaltern, usw, treiben lassen und dann glauben, sie seien engagiert und sogar zT im „Widerstand“ tätig, anstatt ihre legitimen und sich redlich mühenden Repräsentanten in Parlament und Regierung und in den Parteien der Mitte zu stärken und sie zum Kompromiß anzuhalten anstatt sie medienunterstützt in immer ruppigere Polemik zu zwingen.
Mit herzlichem Gruß zum Jahresbeginn,
Andreas Schwerdtfeger
Vielen Dank für diese Replik, die der/die Leser/in gut einzuordnen vermag. Ich möchte nur auf kleine Bemerkung eingehen: Sie kritisieren, dass Schüler gelobt werden, „die den Unterricht schwänzen, aber nichts zur Sache beitragen.“ Damit gehen Sie auf die gestrigen europaweiten Aktionen von Schüler/innen ein, die mit ihrem Streik unter dem Motto „Fridays for Future“ für mehr Klimaschutz geworben haben. Nur eine Frage: Haben Sie einmal mit ein paar Schüler/innen gesprochen, warum sie das machen? Ich finde diese Aktion großartig und kann nur begrüßen, dass die Schüler/innen dabei auch die Strategie der begrenzten Regelverletzung (Verlassen des Schulunterrichtes) angewandt haben. Sie kümmern sich um ein zentrales politisches Thema. Sie lassen sich nicht vor irgendeinen Karren spannen, sondern haben das selbst organisiert. So habe ich das in Leipzig mitbekommen. Diese Schüler/innen werden die entscheidenden Träger der Demokratie in den nächsten Jahrzehnten sein. Das lässt hoffen – und manchen, der das nur vom Straßenrand aus bekrittelt – unabhängig vom Alter ziemlich alt aussehen.