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300 Jahre Johann Sebastian Bach in Leipzig

Mit dem 7. Februar 2023 jährt sich alles, was mit Bach in Leipzig zu tun hat, zum 300. Mal – und das bis zum Jahr 2050.

Blumengesteck zu Ehren Bachs in der St. Johanniskirche Halle/Westfalen

Denn am 7. Februar 1723 stellte sich Johann Sebastian Bach (1685-1750) mit zwei von ihm komponierten Kantaten für den Sonntag Estomihi in den Gottesdiensten vor: „Jesus rief zu sich die Zwölfe“ (BWV 22) und „Du wahrer Gott und Davids Sohn“ (BWV 23). Zwei musikalische Meisterwerke! Bach hatte die feste Absicht, Thomaskantor zu werden.

So bewarb er sich Mitte 1722 um die Stelle. Da hatte sich aber der Rat der Stadt Leipzig, seit Einführung der Reformation 1539 zuständig für den Thomanerchor und den Thomaskantor, schon auf Georg Philipp Telemann (1681-1767) festgelegt. Als dieser absagte, stiegen Bachs Chancen. Doch er hatte einen Mitbewerber: Christoph Graupner (1683-1760) aus Darmstadt. Das nun folgende Wahlverfahren stand unter einem für Bach ungünstigen Stern. Denn der Rat der Stadt Leipzig hatte sich im Dezember 1722 darauf verständigt, Graupner zum Thomaskantor zu berufen. Schon vor seinem Probeauftritt im Januar 1723 wurde Graupner die Stelle angetragen. Hinzu kam, dass Bach keine universitäre Ausbildung, geschweige denn einen akademischen Abschluss vorweisen konnte. Man traute ihm nicht die Unterrichtstätigkeit in der Schule zu. Bach hatte also schlechte Karten, als er Anfang Februar nach Leipzig kam. Daran konnte auch die Tatsache nichts ändern, dass Bach für seine Kantaten-Aufführungen beste Kritiken in der Presse erhielt, während die Kantoratsproben der anderen Kandidaten in den Zeitungen keine Erwähnung fanden. So reiste Bach nach dem 7. Februar 1723 unverrichteter Dinge wieder zurück nach Köthen.

Doch dann trat ein, was einige Ratsherren schon befürchtet hatten: Graupner wurde von seinem Landesherrn nicht freigegeben. Also wandte man sich wieder an Bach, um nicht auf einen „mittleren“, d.h. auf eine „zweite Wahl“ zurückgreifen zu müssen. Damit kann ein Missverständnis ausgeräumt werden: Nicht Bach war die zweite Wahl, sondern mit seiner Berufung sollte eine solche verhindert werden. Nach einigen Verhandlungen nahm Bach die Wahl zum Thomaskantor an. Ende Mai zog er mit seiner Familie von Köthen nach Leipzig und wirkte über 27 Jahre als Thomaskantor und Director musicae – ein Glücksfall für Leipzig, für die Kirche, für die europäische Musikkultur. Denn die Musik Bachs fasziniert bis zum heutigen Tag Menschen in aller Welt. Sie kommuniziert auf ganz besondere Weise die Grundlagen des christlichen Glaubens – und das in einer Sprache, die universal zu verstehen ist und die sich jeder religiöser, konfessioneller, ideologischer Verengung entzieht.

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P.S. Am vergangenen Sonntag war ich zu den „Haller Bachtagen“ in Halle/Westfalen eingeladen. Diese stehen unter dem Motto „1723.Leipzig.Halle.2023“. Im Festgottesdienst in der St. Johanniskirche wurde eine der beiden Probekantaten aufgeführt „Du wahrer Gott und Davids Sohn“. Darüber und über das Evangelium des Sonntags Estomihi aus Lukas 18,31-43 habe ich gepredigt.

5 Antworten

  1. Früher in Köln wohnend, hörte ich, wie Herr Sinofzik, die sonntägliche Bach-Kantate in der „Geistlichen Musik “ des WDR.
    Diese tiefgehenden Hör-Erlebnisse bewogen mich damals , wieder in die Kirche einzutreten.
    Ein Pendant zum WDR ist für mich hier „Die geistliche Musik“ des MDR.Klassik mit seiner sonntäglichen Bachkantate, erläutert von Bernhard Schrammek und Prof. Dr. Michael Maul.
    Nun, seit Jahren in Leipzig wegen des Thomanerchores und Bachscher Orgelmusik an Bachs Wirkungsstätte der Thomaskirche wohnend, empfinde ich des Öfteren ein Gottvertrauen, wie es Bach und auch AltThomaskantor Biller hatten. Ein Trost für mich in manch schwierigen Zeiten.
    Meine Freude auf das Bachfest im 300.Jahr des Dienstantritts von JSB in Leipzig ist daher sehr groß.
    Christa Tönshoff, Leipzig

  2. Danke Christian für diesen Beitrag. Ich lese auch gerade Angela Steideles Buch: Aufklärung. Ausgangspunkt ist das Zimmermannschae Kaffeehaus , das Dorothea und Anna Magdalena Bach besuchen. Dort wird gerade Bachs Kaffeekantate aufgeführt. Ja, Leipzig war ein musikalischer Mittelpunkt. Als badische Pfarrerin war ich in meiner aktiven Zeit oft sehr dankbar für Organisten und Kantoren/Innen aus Sachsen, die meine Gottesdienste begleitet und bereichert haben. Und das ist mein Fazit: Sachsen-Leipzig ist bis heute ein wunderbares Reservoir mit überdurchschnittlich vielen musikalischen Talenten.
    Danke , dass Du das mit der 2. Wahl richtig gestellt hast. So banausig war der die HERREN- Räte der Stadt dann doch nicht- obwohl sie lieber Telemann und Graupner gehabt hätten.

  3. Als eher kopflastiger Mensch und Protestant ist es allein Bach’sche Musik, die mich religiös emotionalisiert und „spiritualisiert“. WDR am Sonntagmorgen mit der obligatorischen Bach-Kantate ist für mich DIE Einstimmung auf Sonntag mit Gottesdienstbesuch oder Predigtdienst. Bach macht mich fromm :-), ich find‘ ihn himmlisch! 😉

  4. Allen Leser:innen dieses Blogs sei die Predigt, die Christian Wolff in Halle/Westfalen gehalten hat (im P.S. seines Beitrags verlinkt), wärmstens empfohlen! Ich nahm sie zum Anlass, mir die Kantate „Du wahrer Gott und Davids Sohn“ wieder einmal anzuhören. Und ganz schnell war Christians Satz „Bachs Musik … kommuniziert in einer Sprache, die universal zu verstehen ist …“ mit Leben erfüllt.
    Nach 7 Jahren in Leipzig betrachte ich es nach wie vor als Privileg, in der Thomaskirche seine Musik, seinen Chor, seine Orgel zu hören und zu erleben.

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