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Was heißt hier „nur“ ein Demokratiedenkmal?

Kaum ist der Aufruf der Stiftung Friedliche Revolution „Denk mal an die Demokratie – Freiheitsdenkmal in Leipzig jetzt!“ veröffentlicht, regt sich Kritik. Gunter Weißgerber sieht in dem von 30 Persönlichkeiten des öffentliche Lebens unterschriebenen Aufruf laut Leipziger Volkszeitung (LVZ) vom 13.11.2019 einen „unlauteren Versuch, in Leipzig um jeden Preis eine Mehrheit für das in der Stadt umstrittene Denkmal zu gewinnen.“ (Was an einem solchen Versuch „unlauter“ sein soll, erschließt sich freilich nicht). Er rät dem Bundestag, „die Mittel für ein einseitiges Leipziger Demokratiedenkmal nicht zu genehmigen.“ Das ist schon sehr merkwürdig: Denn was kann die Friedliche Revolution besser würdigen als ein lebendiges Denkmal, das zum einen an die Werte der Friedlichen Revolution erinnert: „Keine Gewalt“, „Demokratie“, „Schwerter zu Pflugscharen“, „Für ein offenes Land mit freien Menschen“, und zum andern das Engagement der Bürgerinnen und Bürger im vereinten, neuen Deutschland für die demokratische Entwicklung heute anmahnt, fördert, belebt. Das ist weder „einseitig“, noch steht es im Gegensatz zur gewonnen Einheit. Aber vor der Einheit 1990 fand der Kampf um die Freiheit und der Aufbruch zur Demokratie 1988/89 statt. Die Friedliche Revolution war eine ostdeutsche Bewegung, mit dem Ausgangs- und Höhepunkt des 8./9. Oktober in Leipzig, Plauen, Dresden. Die Einheit Deutschlands wurde dadurch ermöglicht, dass die Bürger/innen der DDR im März 1990 die ersten freien Wahlen zur Volkskammer erzwangen und eine demokratisch legitimierte Regierung der DDR gebildet werden konnte. Diese Regierung konnte mit der Bundesregierung der alten BRD einen Einigungsvertrag aushandeln. Die Einheit war also Ergebnis eines gesamtdeutschen Prozesses.

Zwei Dinge sollten wir nicht aus den Augen verlieren:

  1. Die Teilung Deutschlands war eine Folge der Zerstörung der ersten Demokratie durch die Nationalsozialisten, ihrer Terrorherrschaft und des von ihnen Vernichtungskrieges 1939-1945.
  2. Die Überwindung der Teilung war nur möglich, weil sich das Deutsche Volk schon 1949 in der Präambel des Grundgesetzes dazu verpflichtete, „als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen“.

Auf diesem Hintergrund ist es sehr begrüßen, dass Leipzig als die Stadt Ostdeutschlands, die sich schon jetzt als „gesamtdeutsche Stadt“ verstehen kann, den Schwerpunkt der Erinnerung auf den Aufbruch zur Demokratie richtet – zumal diese Erinnerung über die Würdigung der historische Leistung weit hinausgehen muss. Darum heißt es am Schluss des Aufrufs: „Eine Demokratie lebt von mündigen, freien, aufrichtigen und kritischen Menschen. Und von Zivilcourage! Wir wollen das Denkmal zu einem aktuellen Ort der produktiven Demokratie machen und alle auffordern, sich immer wieder aufs Neue für Freiheit, Frieden und Demokratie zu engagieren.“

Fragt sich nur: warum die angestrengt und kleinlich wirkende Kritik an dem Aufruf der Stiftung Friedliche Revolution? Könnte es sein, dass es einem Gunter Weißgerber und anderen nicht schmeckt, dass im Aufruf der Denkmalsprozess in den aktuellen politischen Kontext gestellt wird: „Die Zunahme an politischer Gewalt und der Aufstieg des Rechtspopulismus in Deutschland und Europa gefährden Demokratie und den sozialen Zusammenhalt in unserer Gesellschaft.“ Wenn das zutreffen sollte, dann ist ein auf Demokratie ausgerichtetes, lebendiges Freiheitsdenkmal umso so wichtiger.

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