Keine Frage: Das Corona-Virus ist gefährlich und alles andere als vergleichbar mit einem Grippe-Virus. Keine Frage: Durch die rasant steigenden Infektionszahlen wird die Anzahl der Erkrankungen, auch die mit schwerem Verlauf, wachsen. Keine Frage: Es muss alles getan werden, um das Gesundheitswesen vor dem Kollaps zu bewahren. Keine Frage: Jeder Anflug von Verharmlosung des Coronavirus und Verschwörungsmythen verbieten sich. Aber gerade darum die Frage: Wer soll die Entscheidungen der Bundes- und aller Landesregierungen vom gestrigen Tag verstehen? Wer soll nachvollziehen können, dass Gottesdienste erlaubt sind, aber Theater, Konzerthäuser, Opern, Hotels, Restaurants für vier Wochen geschlossen bleiben müssen – obwohl diese Einrichtungen in den vergangenen Monaten Millionen Euros investiert haben, um die Auflagen der Gesundheitsämter zu erfüllen, und bis heute dort kein Corona-Hotspot entstanden ist?
Nun könnten sich die Kirche bequem zurücklehnen: Unsere Gottesdienste bleiben gewährleistet. Aber das wäre eine unverantwortlich bequeme Haltung – besser: es wäre überhaupt keine Haltung! Denn gerade jetzt müssten die Kirchen ihre Stimme erheben und klar und deutlich mahnen: Man darf nicht diejenigen bestrafen, die in den vergangenen Monaten ganz viel dazu beigetragen haben, dass der Kultur- und Tourismusbetrieb langsam wieder anläuft. Man darf nicht diejenigen bestrafen, die peinlich auf die A-H-A und L-Regeln achten – einmal ganz abgesehen davon, dass jetzt die Einrichtungen geschlossen werden, die vorbildlich agiert haben und auf deren kulturelle Beiträge unsere Gesellschaft angewiesen ist – während zum Beispiel alle Firmen der Tönnies und Wiesenhofs weiter uneingeschränkt ihren Beitrag dazu leisten, der Gesundheit der Bevölkerung zu schaden.
Noch einmal: Dass angesichts der erhöhten Infektionszahlen im gesellschaftlichen Zusammenleben verstärkt und konsequenter auf Abstand, Maskentragen, Hygiene, Lüften geachtet werden muss, ist aus meiner Sicht unstrittig. Dass es hier zu mehr Kontrollen kommen muss, leuchtet auch ein. Aber: Wieso wird bis zum heutigen Tag nichts, aber auch gar nichts getan, um das Leben mit dem Virus zu lernen, zu organisieren? Warum hat es seit März 2020 nicht einen Fernseh-, Kino-, Internet-Spot der Bundesregierung gegeben, um Menschen zu ermuntern: Ernährt euch gesund, esst weniger Fleisch, bewegt euch, geht an die frische Luft, stärkt euer Immunsystem! Warum dazu nicht den Anflug einer Kampagne? Stattdessen jeden Tag dasselbe: Zahlenalarmismus, mit dem der Weg zu den gestrigen Entscheidungen geebnet werden sollte. Damit wird der vorhandene gesellschaftliche Konsens mehr als gefährdet. Denn diese Beschlüsse werden zu einem großen Verdruss führen und leider auch zum Ruin nicht nur von Firmen, sondern auch von Menschen.
Noch einmal zu den Gottesdiensten: Kaum hatten Bundeskanzlerin Angela Merkel, der Regierende Bürgermeister von Berlin Michael Müller und der bayerische Ministerpräsident Markus Söder die beschlossenen Maßnahmen auf der gestrigen Pressekonferenz vorgestellt, richtete ein DPA-Journalist die erste Frage an Merkel: Gottesdienste hätten sich ja immer wieder als Corona-Hotspot erwiesen. Warum finden die aber in dem neuen Maßnahmekatalog keine Erwähnung? Merkel antwortet mit versteinertem Gesicht sinngemäß: Alle Bereiche, die keine Erwähnung finden, können so weiter machen wie bisher – so auch die Kirchen. Söder sekundiert: Man müsse ja schließlich die im Grundgesetz garantierte Religionsfreiheit beachten. Ja, das ist richtig. Doch wie geht das zusammen: Gottesdienste sind möglich, Konzerte und Theateraufführungen nicht? Dabei mussten alle drei Bereiche ab April 2020 umfangreiche Hygienekonzepte vorlegen und zum Teil auch bauliche Veränderungen vornehmen, um die Türen wieder öffnen zu können. Allein das zeigt, wie widersprüchlich die Maßnahmen sind. Man hat gestern alle Bereiche, die in den vergangenen Monaten in umfangreiche Schutzmaßnahmen getroffen haben, auf eine Stufe gestellt mit denen, die man als Hotspot lokalisieren kann wie Familienfeiern, Clubs, wilde Partys oder evangelikale Gottesdienste, in denen alle Vorsichtsmaßnahmen missachtet werden.* Das versteht kein Mensch!
Nun wird angeführt: Die Gesundheitsämter können inzwischen bei 75 % der Infizierten keine Nachverfolgung mehr anstellen. Deswegen müsse sehr restriktiv vorgegangen werden. Wenn das Argument zutreffen soll, dann ist die Frage: Warum bleiben Gottesdienste möglich? Warum wird weiter produziert? Polemisch gesagt: Konsequenterweise müsste man den Menschen das Atmen verbieten, damit keine Viren verbreitet werden. Nach dieser Lesart müsste man auch den Autoverkehr verbieten, um Tote zu verhindern. Doch so lässt sich die gefährliche Pandemie nicht bekämpfen. Es gibt nur einen Weg: Die wenigen wirkungsvollen Regeln konsequent und langfristig anwenden und gleichzeitig alles tun, das gesellschaftliche wie individuelle Immunsystem zu stärken. Das Virus stellt uns jeden Tag die Frage: Wie wollen wir in Zukunft zusammenleben? Darüber müssen wir debattieren und zu langfristigen Übereinstimmungen gelangen. Dazu müssen Kirchen ihren Beitrag leisten – und der sollte damit beginnen, mit all denen solidarisch zu sein, die jetzt trotz ihres Engagements zwangsweise stillgelegt und in den inneren und äußeren Ruin getrieben werden. Und schließlich müssen wir jeden Tag neu lernen, dass unser Leben endlich und begrenzt ist, um Maß und Ziel zu gewinnen. Schon allein das bewahrt vor jeder Art von Panik.
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* Ich hätte noch Verständnis gehabt, wenn gestern verfügt worden wäre, dass alle Restaurants und Sportstätten sofort geschlossen werden – und nur dann wieder öffnen dürfen, wenn sie nach Prüfung durch die Ämter wieder freigegeben werden.
32 Antworten
Hallo Herr Wolff,
im Land kann niemand erklären, warum Bibliotheken offen sind, Museen nicht! Friseure könnten besser auch geschlossen sein. Selbst die eher mundfaule Kanzlerin wurde nervös. Leider glaube ich weder, dass die Massnahmen reichen,- noch dass sie gerichtsfest beschlossen werden können
Warten wir es ab, sehe aber schwarz
Man kann ja auch dagegen vorgehen:
Boris Palmer will Corona-Lockdown verhindern
https://www.berliner-zeitung.de/news/boris-palmer-will-corona-lockerungen-erzwingen-li.115510
Die Kanzlerin hat es in ihrer gestrigen Pressekonferenz überzeugend erklärt.
Andreas Schwerdtfeger
Wenn es dem Hern Andreas langt, dann schön für ihn!
Jetzt warten wir mal ab, Gott schütze uns
Ich möchte Johannes Lerchners Beitrag mit einem Blick in die Welt ergänzen. Die Corona-Infektionen am 31.10.2020: Thailand 5, Singapur 12, China 24, Südkorea 124, Deutschland 19.059, USA 99.784. Doch wir sehen nur die im Lichte, die im Dunkeln sehn wir nicht. Dabei halten wir sonst viel auf „best practice“.
Unter dem Titel „Pandemie und Artenvielfalt nur zusammen beherrschbar“ kommentiert Jule Reimer den Bericht des Weltbiodiversitätsrats an die Bundesregierung in nur 3 Minuten (DLF). Weil 850.000 unerforschte Viren von Wildtieren auf Haustiere oder Menschen überspringen könnten, bleiben nur die Bekämpfung des Artenschwunds und der Erhalt der wichtigen Naturräume als einzig wirksame Therapie.
19,3 Milliarden Euro kostet der neue Lockdown, klagt das DIW, Einbußen von 7,9 Milliarden Euro entfallen auf Gastronomie, Kultur, Sport und Unterhaltung (Newsblog Corona, DLF, 1.11.). Warum fragt das DIW nicht, was der alljährliche Lockdown des gesamten Bildungswesens in den Sommerferien kostet? Mit der Antwort auf diese Frage würde die Debatte erst fruchtbar! Wir müssen uns entscheiden, welche Einrichtungen wir wirklich brauchen, welche für ein gelingendes und gutes Leben „systemrelevant“ sind. Diese können wir, Schulen gleich, mühelos erhalten, wenn wir es nur wollen! Wir müssen aber auch entscheiden, welche Einrichtungen wir nicht brauchen, und diese schließen.
Papst Franziskus widmet die Kapital 32 – 36 seiner Enzyklika „Fratelli tutti“ den „Pandemien und anderen Geißeln der Geschichte“. 4 Seiten Klartext reichen ihm! Seine Schlussfolgerung: „Dass ein so großer Schmerz nicht umsonst war, dass wir einen Sprung hin zu einer neuen Lebensweise machen und wir ein für alle Mal entdecken, dass wir einander brauchen und in gegenseitiger Schuld stehen. So wird die Menschheit mit all ihren Gesichtern, all ihren Händen und all ihren Stimmen wiedererstehen, über die von uns geschaffenen Grenzen hinaus. Wenn es uns nicht gelingt, diese gemeinsame Leidenschaft für eine zusammenstehende und solidarische Gemeinschaft wiederzuerlangen, der man Zeit, Einsatz und Güter widmet, wird die weltweite Illusion, die uns täuscht, verheerend zusammenbrechen und viele dem Überdruss und der Leere überlassen. Im Übrigen sollte man nicht naiv übersehen, dass »die Versessenheit auf einen konsumorientierten Lebensstil – vor allem, wenn nur einige wenige ihn pflegen können – nur Gewalt und gegenseitige Zerstörung auslösen kann«. Das „Rette sich wer kann“ wird schnell zu einem „Alle gegen alle“, und das wird schlimmer als eine Pandemie sein“.
Vielleicht bringt künftig die massenhafte Verfügbarkeit von Schnelltests die entscheidende Wende. So könnten Besucher von Theatern, Museen, Restaurants etc. solch einen Test machen, bevor sie eingelassen werden.
ARD-Studio in Schweden: Alle tot, es ist sooo schrecklich …
https://twitter.com/ARD_Stockholm/status/1322893311414292485
Die von Klaus Wirth aufgeworfenen Fragen (30.10., 18:54) finde ich gut und richtig. Erfreulicherweise werden Fragen dieser Art nun endlich auch öffentlich kontrovers diskutiert. Das war am Anfang der Pandemie nicht so. Damals wurden vom Mainstream abweichende Meinungen häufig ignoriert oder diskreditiert. Deren Exponenten sind mittlerweile leider zu Säulenheiligen der m. E. unsäglichen Corona-Leugner (sorry wegen der Vergröberung!) avanciert (z. B. Sucharit Bhakdi, John Ioannidis).
Immerhin findet man jetzt auch in Leitmedien Informationen über die „Great Barrington Declaration“ und man kann erstaunt die teilweise erheblich unterschiedlichen Ansichten von Streek, Drosten, Lauterbach, Kekulé und anderen wahrnehmen (guter Überblick in https://www.welt.de/politik/deutschland/plus218998994/Coronavirus-Und-wie-verhindern-wir-einen-dritten-Lockdown.html). Offensichtlich besteht keine Einigkeit darüber, ob die Einzelfallverfolgung eine Sackgasse darstellt und zugunsten der begrenzten Ressourcen der Gesundheitsämter der Fokus auf Quellcluster gerichtet werden soll. Strittig ist auch, inwieweit der Schutz von Risikogruppen in den Vordergrund treten sollte. Teilweise abgelehnt wird der Vorschlag, im Sinne einer besseren Transparenz staatlicher Maßnahmen zusätzliche Parameter wie Anzahl der durchgeführten Tests und der aktuell verfügbaren Behandlungskapazitäten in aller Breite zu veröffentlichen. Bemerkenswert finde ich zudem die Streek-Forderung, mehr Energie in die Förderung und Evaluierung von Hygienekonzepten und Teststrategien für Veranstaltungen zu stecken (vorbildlich die Restart-19-Studie der Uni Halle mit Tim Bendzko in Arena Leipzig).
Was den Laien allerdings erstaunt, ist die Tatsache, dass offensichtlich immer noch so viele Fragen offen sind. Wird die Pandemie in den Metropolen entschieden? Wieso dann die Hotspots auf dem Lande (Berchtesgaden)? Ist der private Bereich tatsächlich der Pandemietreiber? Passiert das meiste wirklich über Cluster und Superspreading-Events oder dominiert die sporadische Verbreitung? Die schon seit einiger Zeit hörbare Kritik, dass die führenden Einrichtungen im Lande (z. B. RKI) nicht mit letzter Konsequenz die Datenerhebung durch die Gesundheitsämter wissenschaftlich begleitet haben, scheint mir einleuchtend zu sein (s. https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/gerd-antes-im-interview-li.114445?lid=true). So bleibt eben leider bei dem aktuell exponentiellen Anstieg der Infiziertenzahlen wieder nur der Lockdown.
Der Vorschlag, die Corona-Tracking-App effizienter zu nutzen (der öfters auf diesem Blog schreibende Herr von Heydebreck hat am 29.10. dazu einen schönen Leserbrief in der FAZ veröffentlichen lassen. Der würde gut hierher passen!), trifft allerdings auf ein tiefer liegendes Problem. Nämlich das in westlichen Gesellschaften spezifische Verständnis von Freiheit. Die Überbetonung von Individualismus, so manifestiert sich dieses, kann einmal als Kollateralschaden der Aufklärung angesehen werden, bei der es um Emanzipation von absolutistischer Herrschaft durch Adel und Klerus ging (wegen der unterschiedlichen Historie haben konfuzianische geprägte Gesellschaften möglicherweise deshalb diesbezüglich weniger Probleme). Die Abweisung effektiver staatlicher Eingriffe in die Gesellschaft wird aber auch durch die „ideologischen Setzungen des Kulturliberalismus“ (Paul Steinhardt, Makroskop 27.10.2020) bestimmt, einer Seite seit Jahrzehnten im Westen dominierenden Neoliberalismus.
Da Sie meinen Leserbrief in der FAZ vom Freitag zitieren, hier noch eine Ergänzung: M. E. wäre schon in der ersten noch relativ schwachen Welle der Pandemie eine geringe und noch dazu zeitlich eng befristete Freiheitsbeschränkung, wie sie in einer automatischen Meldung jeder Person, die mit einer positiv getesteten Person intensiveren Kontakt hatte, an die Gesundheitspolizei nicht nur rechtlich möglich, sondern sogar erforderlich gewesen, um die Gefahr für Leben und Gesundheit eines großen Teils der Bevölkerung effizient abzuwehren. Da schon seit längerem bekannt ist, dass die Infektiosität des Virus nur max. 14 Tage andauert, ist auch eine Kontrolle der Kontakte nur für diese verhältnismäßig kurze Zeit erforderlich und wird z. B. durch die jetzige APP danach automatisch gelöscht. Heute, wo wir nach den Erfahrungen in den USA und in vielen unserer Nachbarländer wissen, wie gefährlich und lebensbedrohlich COVID 19 ist und eine deutlich stärkere Infektionswelle auf uns zukommt würden die Gerichte m. E. eine derart geringe Freiheitsbeschränkung als absolut angemessen und verhältnismäßig ansehen. Das Schlimme ist aber – und das ist eine ganz grundsätzliche Kritik, die ich an der Merkel-Regierung habe – , dass der Gesundheitsminister diese Frage gar nicht geprüft hat, sondern der (vermeintlichen) allgemeinen Volksstimmung nachgegeben hat, die jegliche Einschränkung von Freiheitsrechten in Erinnerung an die Nazi- und Sowjet-Zeit angeblich ablehne.
Vielleicht ist das bei Predigern nun mal so: der Überschuß an Moral. Bei den Katholen kommt noch die Romhörigkeit hinzu und bei den Evangelen die Staatsgläubigkeit. Jetzt könnte man auch noch mutmaßen, daß es jahrhundertelang das Geschäftsmodell der Kirchen beiderlei Konfession war, mit der Angst die Leute bei der Stange zu halten – wie das jetzt die Politik mit Corona macht.
Dabei gibt es angstfreie und vernünftige Konzepte im Umgang mit Corona sowohl in Schweden und von besonnenen Experten:
https://www.rnd.de/gesundheit/virologe-streeck-lockdown-wird-das-virus-nicht-aufhalten-PCQZSKEUXFCFNIPOMJ22OGTWAU.html
Die Kommentare teilen sich auf in Unterstützer:innen der getroffenen Maßnahmen und in Gegner:innen. Die Anklage der Regierung bezüglich der getroffen Maßnahmen ist m.E. nicht gerechtfertigt. Ich möchte nicht in der Haut der Verantwortlichen stecken und diesbezüglich Entscheidungen treffen müssen. Sie reagiert außerdem nur auf einen Zustand, den wir alle in den letzten Wochen herbeigeführt haben. Die Virologen haben nach entsprechenden Partys im öffentlichen Raum rechtzeitig vor einer Zunahmen der Infektionen im Herbst gewarnt. Wer der Meinung ist, dass das Virus nicht gefährlich sei, kann seiner Krankenkasse gern eine Behandlungsverzichtserklärung für den Fall einer zu behandelnden Infektion zukommen lassen.
Hat denn jemand von den Beitragsschreiber:innen eine konkrete Idee für den Umgang mit der Pandemie irgendwo zwischen Ablehnung der getroffenen Maßnahmen und Leben ohne jegliche Einschränkung, die man vielleicht in diesem Forum diskutieren könnte? Sozusagen eine für die Zukunft? Welche Maßnahmen werden langfristig erforderlich sein, was nehmen wir inkauf? Mit anderen Worten: Welche Virusumgangsregeln stellen wir auf? Welche ethischen Maßstäbe liegen diesen zugrunde ? Welches intelligente System fällt uns dazu ein? Wo soll der notwendige breite gesellschaftliche Disput darüber stattfinden? Wäre das evtl. auch eine Aufgabe der Kirchen so etwas zu fordern bzw. zu organisieren?
Die Überschrift, sehr geehrter Herr Wolff, ist zu ergänzen:
Ohne Maß und Ziel und ohne jegliche Grundlage
wie aus dem folgenedn Artikel hervorgeht:
https://www.heise.de/tp/features/Corona-Lockdown-Droht-tatsaechlich-eine-akute-nationale-Gesundheitsnotlage-4942433.html
Mit freundlichen Grüßen
EBreuer
Soll uns in den nächsten Jahren das RKI vorschreiben wie wir angesichts „steigender“ Kurven (sprich: steigender TESTs) zu leben haben? Sind Abstand und „Solidarisches“ Verhalten jetzt unsere sändigen Begleiter? Was macht dann ein Leben noch aus? Und gehört nicht der Tod dazu? Wir reden hier von einem Virus, das für max. 1,5% der Bevölkerung lebensbedrohlich ist, und das bei einer durchschnittlichen Letalität von 84 Jahren. Deshalb soll sich der „Rest“ nun für unbestimmte Zeit hinter Masken verschanzen? Vor allem Kinder, die durch Masken und Dauerlüften erst recht krank gemacht werden. Jetzt lernen Kinder, daß es falsch ist zu singen, daß sie eigentlich immer nur die Hände waschen sollten, ein Blasinstrument zu lernen wird wahrscheinlich auch unmöglich, weil viel zu gefährlich?! Hier wird die Bevölkerung schikaniert, drangsaliert, gemaßregelt, um die „Schwächsten“ zu schützen. Die Schwächsten, das sind die Kinder, auf deren Rücken das jetzt zum zweiten Mal ausgetragen wrid. Wieder einmal werden nur noch „wichtige“ Unterrichsfächer unterrichtet, Sport, Musik, Kunst, etc. braucht ja eh keiner. Stimmt ja auch, denn Sportvereine und Orchester wird es ohnehin bald nicht mehr viele geben. Wessen Kind sonst in der Woche zum Schwimmen, Chor, und was ein Kind eben noch so macht, geht, der kann sich ja nächstes Jahr wieder darum bemühen. Von anderen Wirtschaftszweigen wie der Gastronomie, deren Weihnachtsgeschäft und damit womöglich gar die reine Existenz nun auch zunichte gemacht wird, ganz zu schweigen.
Wer glaubt, daß es sich tatsächlich um viele Tausende „Infizierte“ handelt, auch wenn die Kurve hoch geht, der solle mal auf die Anzahl der Tests schauen. Und dann noch die vielen Falsch-Positiven abziehen, dann sieht die Welt ganz anders aus. Macht das!!!!
Nein, versteht mich nicht falsch, ich habe durchaus Verständnis und Respekt, wenn jemand Angst vor einer Krankheit hat, aber nicht, wenn es sich wie hier um gewollte Panikmache handelt, die schamlos die Tatsachen verzerrt und ganz gezielt jeglichen Zweifel im Keim erstickt.
Die Kirche lehnt sich, so wie ich das wahrnehme, seit Beginn der „Pandemie“ zurück. Ge- oder entschlossen gegen diesen Schwachsinn geht sie jedenfalls nach wie vor nicht vor. Warum? Ist denn nicht vor allem die Kirche Ort zahlloser Konzerte, die seit dem Sommer nur eingeschränkt und nun, kurz vor Weihnachten, wahrscheinlich gar nicht mehr statfinden sollen? Wo ist die Nächstenliebe, wo bleibt der Aufschrei: „Bis hierher, aber nicht weiter!“ Ist es denn der Kirche so egal, wenn keine Hochzeiten stattfinden, kaum Taufen, Beerdigungen und Sterbebegelitung unter unwürdigen Bedingungen abgehalten werden? Die Bilder von den Konfirmanden, wie sie da mit Mundschutz in der Kirche sitzen, waren für mich ein Schlag ins Gesicht. Wie kommt die Kirche dazu, den Jugendlichen, auf dem Übertritt ins Erwachsenenalter, diesen unsäglichen Lappen ins Gesicht zu hängen?! Das ist eine Schande! Wenn die in einigen Jahren mal ihre Familienalben rausholen werden die Eltern wohl einige Fragen zu beantworten haben.
Wir können uns nicht mit irgendwelchen Regeln gegen ein Virus schützen! Der einzige Schutz wäre, endlich mit der Panikmache aufzuhören, die Menschen zur Ruhe kommen zu lassen, damit sie weider ihren innerern Frieden finden, Kinder in den Schulen gesundes Essen vorzusetzen, alle zu einer gesunder Lebensweise zu animieren; also das Immunsystem zu stärken. Das, und nur das, schützt vor Viren und anderen Krankheiten, die es nach wie vor auch gibt. (Krebst, Diabetes, etc.pp). Und schlußendlich steht an jedem Lebensende der Tod, wie auch immer er kommt. Da helfen keine Masken, kein Abstand und auch keine Impfung. Man kann nur froh sein, wenn man in Würde sterben kann. Unter den jetzigen Bedingungen ist das leider nicht möglich, so wie auch Geburten mit Masken(!!!) die reinste Schikane sind. Von der Kirche ist aber wenig Widerspruch zu den nunmehr geltenden Verordnungen zu hören.
Dies ist ein Grund, aus diesem Verein auszutreten, denn hier erlebe ich bisher nur Enttäuschung und Duckmäusertum auf der ganzen Linie.
Ich wünsche allen trotzdem oder gerade deshalb alles Gute!
Liebe Caroline,
ein paar Anmerkungen:
1. Die steigende Anzahl der an Covid 19 erkrankten Menschen, die im Krankenhaus und auf Intensivstationen behandelt werden müssen sind weder in Deutschland, noch in Belgien, Frankreich, Spanien ein Fake. Das ist Wirklichkeit und sollte von niemandem verharmlost werden. Diese Erkrankten sind die „Schwächsten“!
2. Niemand ist daran gehindert, ein Blasinstrument zu erlernen oder zu spielen. Am Sonntag spielen wir mit dem Posaunenchor im Gottesdienst.
3. Ich kann nicht erkennen, dass die Handlungsmaxime der Bundes- und Landesregierungen „gewollte Panikmache“ ist. Auch wenn ich selbst gerade die jetzt getroffenen Entscheidungen sehr kritisch sehe – das Coronavirus ist leider sehr viel mehr als „gewollte Panikmache“.
4. Ich kann nicht nachvollziehen, im Mund-Nasen-Schutz eine geradezu panische Bedrohung zu sehen.
5. Ja, am Ende des Lebens steht das Sterben. Aber vor dem Sterben ist das Leben – und zu diesem gehört natürlich auch, lebensbedrohliche Krankheiten zu bekämpfen oder zumindest einen Weg zu finden, mit der Krankheit zu leben. Dazu hilft viel – Medikamente, Infusionen, Impfungen, Operationen, Reha-Maßnahmen, Ernährung, Mund-Nasen-Schutz, menschliche Nähe und, und, und …
Zum Schluss: Wenn man sich über Panikmache anderer aufregt, wäre es hilfreich, wenn man selbst den Eindruck vermittelt, nicht panisch zu reagieren. Beste Grüße Christian
Trump hätte es nicht besser schreiben können als Sie, Caroline, nur kürzer. Wo darf man Sie verorten, bei der AfD oder im Mittelalter? Danke, Herr Wolff, für die Wiederherstellung der Vernunft.
Andreas Schwerdtfeger
Vielleicht wurden die Kirchen von der Schließung ausgenommen, weil sie für die Menschen in unserem Lande, zT wenigstens und überwiegend die Älteren, eine ähnliche Rolle spielen wir KiTas und Schulen für die Jugend. Vielleicht auch sollten Vertreter der Kirche nicht „ohne Maß und Ziel“ wohlfeile Kritik an den Maßnahmen der Regierungen üben, sondern lieber den Menschen Mut machen, diese neue Zeit der notwendigen Einschränkungen gut zu überstehen.
Irgendwie, lieber Herr Wolff, paßt die Sprache nicht zu Ihrer so richtigen Forderung neulich, wir müßten „gemeinsam mehr Demokratie wagen. Das kann aber nur gelingen, wenn wir auch die gesellschaftspolitischen Ziele, für die wir eintreten benennen, über sie streiten und jeweils zu einem Konsens kommen“, denn Konsens scheinen Sie nicht wirklich zu suchen – Sie wissen es vielmehr besser! Aber ich sehe ja mit Freuden, daß Sie einlenken (heute 12.27h).
Immerhin freue ich mich auch, daß Sie nun plötzlich meiner Meinung sind bezüglich der Notwendigkeit im politischen Raum, manchmal die schwere Abwägung zwischen Lebensschutz und anderen Zielen treffen zu müssen (wir hatten das Thema in anderem Zusammenhang), oder – da ist man eher verwundert – sogar mit Herrn Gauland einig sind und den Autoverkehr und das Virus in einem Satz nennen.
Mir scheint, wir haben derzeit drei Probleme im Umgang mit der Pandemie:
1. Einige Menschen überbieten sich in Superlativen, deren Wert im umgekehrten Verhältnis zu ihrer Nützlichkeit in dieser Diskussion stehen. Frau Scarbata war in diesem Bereich herausragend (19.10. 22.22h): „Menschenrechte (werden) mit Füssen getreten“, „der allergrößte Teil der Bevölkerung … wird entmündigt“, „Gesundheitsdikatatur“ – das alles ist unsinnige Polemik. Andere, und unsere Medien schießen sich diesen verbalen Entgleisungen gerne an, finden Totschlagvokabeln, die
populistsich sind und also irreführend: :
– „Beherbergungsverbot“, wo es sich in Wirklichkeit nicht um ein Verbot sondern um einschränkende Regeln für Beherbergung handelte;
– „Berufsverbot“ (Dehoga) für eine zeitlich begrenzte und teilweise finanzielle ausgeglichene Schließungsverordnung, die der Allgemeinheit dient;
– „An den Parlamenten vorbei“ – wo es seit Beginn der Pandemie allein im Bundestag über 70 Debatten zum Thema gegeben hat; wo im übrigen die Parlamente bekanntlich die allein Zuständigen für ihre Tagesordnung sind und dies also jederzeit eigenständig ändern können; wo schließlich der Bundestag im März durch ein Gesetz die Exekutive genau zu dem Verhalten ermächtigt hat, das sie jetzt zeigt – ein besonders unsinniger Vorwurf also, den nur Opportunistenparteien à la Lindner machen.
2. Wir werden unentwegt mit Beispielen aus einzelnen Bereichen versorgt, die in der Tat die schlimmen Auswirkungen auf bestimmte Berufsgruppen schildern und die uns allen die dramatischen Folgen des Virus – nicht der Regierungsentscheidungen – darstellen. Ja, die Einschränkungen sind pauschal – und in der Pauschalität liegt auch immer Ungerechtigkeit. Aber es ist ja abwegig, Regeln zu fordern, die auf jeden Einzelfall zutreffen. Wenn man ein Problem lösen will, dann ist es zudem nie ratsam, die unmittelbar Betroffenen zu fragen, deren Befangenheit logischerweise eine Lösung verhindern würde. Insofern ist der Beitrag von Herrn Fritzsch sehr berührend – aber eben wenig zielführend.
3. Es ist erstaunlich – und Ihr Beitrag, Herr Wolff, macht dies deutlich – wie viele Experten wir auf dem Gebiet dieser Pandemie haben, die alle genau wissen, was man früher hätte tun müssen, was man jetzt tun muß (alles außer den eigenen Bereich anfassen), wie wir die Zukunft organisieren müssen. Dabei bringt jeder seine eigenen Experten. In Wirklichkeit ist es doch so, daß niemand weiß, woher die Ansteckungen kommen: Von privaten Feiern – ja; aus den Theatern und Opernhäusern, Restaurants und Bars – nicht? Der Virus wird erst nach Tagen virulent und erkennbar – woher wohl diese Sicherheit? Und die Betriebe haben alle Regeln befolgt und viel investiert, man dürfe sie also jetzt nicht „bestrafen“ und sie schließen? Ja, es hat ja wohl nichts genützt, denn die Zahlen steigen trotz aller löblichen Hygienekonzepte, und also ist eine zeitlich befristete, teilweise entschädigte Schließung jedenfalls eine überzeugende Maßnahme – ganz abgesehen davon, daß eben die überwiegende Zahl der wirklichen Experten auf genau solche Maßnahmen drängen und in diesem Sinne die Regierung beraten.
Ich freue mich sehr, lieber Herr Wolff, daß Sie in den letzten Beiträgen moderat waren, vermittelt haben, den von Ihnen gesuchten Konsens befördert haben (der uns übrigens zeigt, daß es parteienübergreifende Argumente selbst in den Bereich der Extreme gibt). Ich weiß nicht, ob Ihr einziger Vorschlag zur Pandemieeindämmung JETZT, nämlich daß wir unsere Ernährung anpassen sollten, wirklich hilft. Aber er ist Teil einer wohl zu entwickelnden Strategie zur Umstellung unserer Lebensformen im Hinblick auf nicht nur ein aktuelles sondern mehrere langfristige Probleme, die wir lösen müssen. Und dazu – in der Tat – brauchen wir Konsens / = Kompromiß (wie ich ihn seit langem fordere und wie er hier von einigen abgelehnt wurde), brauchen wir sachliche Diskussion, brauchen wir keine besserwissende Rechthaberei oder Totschlagvokabeln, keine Einzelbeispiele, sondern – aus Ihrer Sicht, nehme ich an – seelsorgerisches Mutmachen und Vorschläge, die sich der Kritik enthalten und insofern konstruktiv sind. Eine Erkenntnis wie „Es käme aber darauf an, ein langsames, aber nachhaltiges Absinken der Infektionszahlen und der damit verbundenen tatsächlichen Erkrankungen zu erreichen“ ist ein ziemlicher Nullsatz – mit der Ausnahme, daß so ein bißchen mitschwingt, man sei der Meinung, dies sei NICHT Regierungsziel. Aber das will ich Ihnen natürlich nicht unterstellen.
Ich wünsche ein gutes Wochenende mit eher positiven Beiträgen als unfruchtbarer Kritik,
Andreas Schwerdtfeger
Gibt es eigentlich einen größeren Besserwisser als diesen kleinen Gardeoffizier, der Angst vor der freien Wirtschaft hatte?
Mit Maß und Ziel der jetzt beschlossenen Corona-Maßnahmen habe ich weniger ein Problem als mit Sinn und Verstand bei deren Umsetzung. Soweit ich das verstehe, kommt es derzeit auf eine deutliche Reduzierung unserer gesellschaftlichen Kontakte an, um die Gesundheitsämter wieder bzw. weiterhin in die Lage zu versetzen, Infektionsketten nachzuverfolgen.
Inhaltlich bin ich voll bei der Argumentation von R. Fersterra und T. Fritzsch. Es werden jetzt wieder Bereiche „bestraft“, die sich z.T. vorbildlich um die Umsetzung wirksamer Hygiene-Konzepte gekümmert haben! Ich selbst gehe gerne in Konzerte, Theater, Museen , Restaurants und Kneipen. Aber nach Oper, Schauspiel oder Vernissage gehört für mich auch der intensive Austausch über das soeben Erlebte – im privaten oder öffentlichen Raum mit Gleichgesinnten oder Andersdenkenden dazu. Das dient dann ganz sicher nicht der Reduzierung meiner Kontakte, weshalb ich einem befristeten „Shutdown“ dieses Bereiches (schweren Herzens) zustimmen kann. Wenig Verständnis habe ich dagegen dafür, dass z.B. der Weihnachtsmarkt und Fußballspiele in dieser Zeit trotzdem stattfinden sollen (so zumindest mein aktueller Kenntnisstand).
Wenn denn die Nachverfolgung von Kontakten so wichtig ist, warum nutzen wir dann aber vorhandene technische Möglichkeiten so wenig, bzw. ineffizient? Beispiel – Anschluss der Gesundheitsämter an die Corona-App, oder Nutzung anderer elektronischer Identifikationsmöglichkeiten für die Erfassung von Kontakten (z.B. ec-Karte, ÖPNV-Monatskarten, Bibliotheksausweise, Vorab-Anmeldung über Internet in Restaurants und Kultureinrichtungen). Stattdessen sollen wir jetzt wieder vermehrt Zettel ausfüllen, was das Problem der Falschangaben und das nachträgliche, zeit- und ressourcenintensive Übertragen dieser Papierinformationen in Datenbanken beinhaltet.
Abschließend sollten wir uns alle unserer Vorbildfunktion bewusst sein, indem wir konsequent die Maske tragen und auf Abstand achten. Im Nachhinein ärgere ich mich, den Polizisten, der gestern (ohne Mundschutz) auf dem Leipziger Marktplatz mit einem Passanten (mit Mund-/Nasenschutz) ein „Schwätzchen“ hielt, nicht darauf angesprochen zu haben.
Bei landeskirchlichen Gottesdiensten gab es bisher keine Infektionen. Kirchen treten oft auch Künstler auf. In Gaststätten hingegen ist nicht das gepflegte Essen ein Problem, sondern der oft gemeinschaftliche alkoholselige Schluss.
Ich finde, Pfarrer sollten zur Immunität beitragen, indem sie zu geistlichen Übungen anleiten, die die Menschen befähigen ihre Wohnung gewissermaßen zur Kirche zu machen. Wer meditiert, wird stärker – und steckt andere nicht an.
Lieber Herr Wolff,
ich kann Ihre Kritik nur zum Teil verstehen. M.E. liegt die Schwäche Ihrer Argumentation darin, dass Sie es versäumen, das Ganze in den Blick zu nehmen.
Leider haben wir zurzeit sehr viele absolut gesetzte Partikularblickwinkel und -interessen. Gestern kam auf WDR 5 die Sendung „Tagesgespräch“. Dort können Zuhörer anrufen und ihre Meinung sagen. Gestern ging es um die beschlossenen Maßnahmen der Regierung. Da gab es viel Zustimmung. Und dann kamen die Vertreter der verschiedenen Gruppen zu Wort: aus dem Bereich Unterhaltung, aus dem Bereich Sport, aus dem Bereich Vereine, aus dem Bereich Kultur, aus dem Bereich Gastronomie, aus dem Bereich Jugend. Jeder verwies darauf, wie wichtig sein Bereich für alle ist. Jeder verwies darauf, dass in seinem Bereich alles Mögliche investiert und gemacht worden sei, um die Infektionsgefahr zu verringern. Und ich vermute, dass sie alle recht hatten! Einige sagten sogar explizit, sie verstünden, dass die anderen Bereiche von Einschränkungen betroffen seien, ihr eigener sei aber doch wohl unverzichtbar. Tatsächlich ist es doch so, dass alle in unserer Gesellschaft, die Verantwortungsgefühl haben, in den letzten Monaten viel unternommen und sich krummgelegt haben, um ihren Bereich sicher zu machen. Wenn man also nur die Bereiche in Maßnahmen einbeziehen würde, die das nicht getan haben, bliebe vermutlich nichts übrig, wo die Regierung die Kontakte verringern könnte.
Anders als Sie bin ich auch der Meinung, dass die beschlossenen Maßnahmen durchaus „Maß und Ziel“ haben. Das Ziel ist jedenfalls klar definiert: Verringerung der Kontakte (um 75 %). M.E. kann man kaum bestreiten, dass das mit den Maßnahmen auch erreicht werden kann. Das „Maß“ sehe ich darin, dass alle die Bereiche jetzt beschränkt werden, auf die Bürgerinnen und Bürger vier Wochen lang (schmerzlich) verzichten können, ohne allzu großen Schaden zu nehmen. Das betrifft ja nun leider Gottes vor allem den Bereich der Unterhaltung des Sports und der öffentlichen Kultur. (Dass nun ausgerechnet die Gottesdienste nicht betroffen sind, finde ich auch ambivalent in der Wirkung. Immerhin sind damit keine kommerziellen Interessen verbunden. Außerdem ist der Eindruck, die Kirche stünde nun außerhalb der beschlossenen Einschränkungen falsch und klarstellungswürdig: Denn fast alle anderen Veranstaltungen der Kirche fallen jetzt schon wieder aus, in unserer Kirchengemeinde die meisten, weil sich die Besucher aus Sicherheitsgründen selber zurückziehen. Die Engführung auf den Gottesdienst zeigt also nicht das ganze Bild.)
Ich habe übrigens mehrere Interviews gehört und beobachte das beim Gang durch die Stadt auch so, dass der Lockdown schon längst begonnen hatte, weil viele Bürgerinnen und Bürger jetzt schon nicht mehr zum Essen gehen, ins Kino oder ins Theater. Die Einnahmen gehen dort deswegen jetzt schon seit einiger Zeit steil nach unten. Wenn die in diesem Bereich Tätigen tatsächlich 75 % des Vorjahres bekommen, könnten Sie vielleicht sogar finanziell besser dastehen, als wenn nichts gemacht würde.
Ich bin überzeugt: in der jetzigen Situation wird niemand Maßnahmen vorschlagen können, die keine Schwächen haben, die in manchen Bereichen auch krass ungerecht sind oder inkonsequent wirken oder dies auch tatsächlich sind und die rechtlich auf wackeligen Boden stehen. Das auszuhalten, dass wir in einer nicht perfekten Welt leben und im Augenblick keiner genau weiß, was definitiv zu tun ist, fällt wirklich schwer. Deswegen wünsche ich mir vor allem, dass die Maßnahmen tatsächlich zu einem Abflachen der Kurve führen.
Das selbstgerechte Geifern und die Häme, mit der ein Gauland und ein Christian Lindner gestern im Bundestag die Maßnahmen der Regierung kommentierten (ohne übrigens einen einzigen Gegenvorschlag zu machen), finde ich in Anbetracht dieser Tatsache inakzeptabel. Man sollte deshalb wirklich aufpassen, dass man bei aller berechtigten Kritik nicht in die Nähe eines solchen Haltung kommt.
LG
„Deswegen wünsche ich mir vor allem, dass die Maßnahmen tatsächlich zu einem Abflachen der Kurve führen.“
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@Rolf Festerra, ich bin davon überzeugt, dass dies eintreffen wird. Aber was kommt danach? Sicherlich ein Wiederanstieg der Infektionszahlen bis in den Frühling hinein. Bis dahin wird weder ein Impfstoff noch ein wirksames Medikament großflächig zur Verfügung stehen. Immer neue „Teillockdowns“?
Lieber Herr Fersterra, vielen Dank für den Kommentar. Immer deutlicher wird mir nach vielen Diskussionen und kritischen Reaktionen auf meinen Blog-Beitrag: Wir stehen vor der Aufgabe, jetzt nachhaltige und langfristig wirkende neue Verhaltensweisen zu entwickeln, die vereinbar sind mit gesellschaftlichem, wirtschaftlichem, kulturellem Leben und die jenseits eines Impfstoffes die Wirkung des Virus nachhaltig und langfristig begrenzen. Die AHAL-Regeln und die Hygienekonzepte sind ein erster, wichtiger Schritt. Meine Kritik an den jetzt zusätzlich beschlossenen Maßnahmen richtet vor allem dagegen, dass man die Bereiche, in denen solche Konzepte schon umgesetzt worden sind und praktiziert werden, jetzt schließt, ohne wissen zu können, dass die Infektionszahlen in wenigen Wochen nach diesem Lockdown wieder in die Höhe schnellen. Es käme aber darauf an, ein langsames, aber nachhaltiges Absinken der Infektionszahlen und der damit verbundenen tatsächlichen Erkrankungen zu erreichen. Beste Grüße Christian Wolff
Als Musiker – Viola-da-gamba-Solist und „Soloselbständiger“ – gehöre ich zur Bevölkerungsgruppe der Kulturschaffenden, denen am 28. November 2020 durch die Bundeskanzlerin und die Ministerpräsidenten der Länder zum zweiten Mal rechtswidrig unter Umgehung des Bundestages und der Länderparlamente die Gewährleistung der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG aberkannt wurde. Das GG regelt: „Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.“ Zur Verabschiedung eines entsprechenden Gesetzes aber hätte es des parlamentarischen Weges bedurft. Auch als Nichtjurist weiß ich, daß eine Verordnung – zumal von einem außerparlamentarischen Gremium erlassen – nicht die im GG verlangte Regelung per Gesetz ersetzen kann.
Seit dem Sommer 2020 haben wir Musiker, Künstler, Konzertveranstalter, Veranstaltungstechniker und zahlreiche weitere Berufsgruppen der sogenannten Kulturschaffenden aufwendige Hygienekonzepte erarbeitet und auf bis zu 80% der normalen Publikumsauslastung verzichtet (während jeder Zug und jede S-Bahn auch bis zur Überfüllung ausgelastet werden durften). Wir haben diese Hygienekonzepte penibel, mitunter absurd buchstabengetreu befolgt, um ja nicht den vereinbarten Konsens und den damit verbundenen gesellschaftlichen Frieden zu gefährden. Wir haben in Kauf genommen, daß sich unsere Arbeitszeiten ohne zusätzliche Bezahlung absurd ausdehnten, daß Proben wegen der jedes Maß überschreitenden Lüftungszeiten unsinnig verlängert wurden; wir haben in Kauf genommen, für das Honorar eines Konzertes dieses dreimal hintereinander zu spielen, damit mehr Zuhörer partizipieren können. Wir haben uns für Nachverfolgungszwecke in Listen eingetragen, und wir haben unser Publikum penibel in Listen erfaßt. Für all diese Konzepte, die zuvor von Gesundheitsämtern bestätigt wurden, und für deren konsequente Umsetzung wurden wir gelobt. Folgerichtig entstanden bei diesen Veranstaltungen weder Infektionsketten noch kam es zu Hotspots oder Superspreader Events.
Für die Akzeptanz der Corona-Regeln haben wir bis zur Existenzbedrohung auf Einkommen verzichtet, für das wir keine Kompensation erfahren haben. Viel schlimmer, wir haben uns inhaltsleere Versprechen der Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) angehört, der es an ausreichender Kenntnis der Strukturen des Kulturbetriebes mangelt und die sich die intellektuelle Blöße gibt, persönliche Anschreiben mit 7 Monaten Verzögerung durch Textbausteine beantworten zu lassen, deren Vervielfältigungsgrad sich bereits mit einer Google-Suche nachvollziehen läßt. Wir haben ungezählte Male das Mantra der Bundeskanzlerin gehört, daß politische Entscheidungen und politisches Handeln den Erkenntnissen der Wissenschaft und den Erkenntnissen der Gesundheitsämter über Infektionsherde folgen müssen. Ohne ein einziges Sachargument anzuführen, ohne auf einen einzigen nachgewiesenen Infektionsherd bei Konzertveranstaltungen verweisen zu können, wurde uns Kulturschaffenden die Berufsausübung ab dem 2. November 2020 durch die Bundeskanzlerin und die Ministerpräsidenten der Länder verboten – lediglich basierend auf Mutmaßungen über den Einfluß auf das Infektionsgeschehen und als „alternativlos“ bezeichnet, um eine sachliche Abwägung von unterschiedlichen Standpunkten zu ersticken.
Dies ist ein Schlag ins Gesicht aller Kulturschaffenden und eine Verhöhnung all ihrer Bemühungen, all ihrer Konzepte und ihrer Bereitschaft zum Verzicht und zur Solidarität. Es beweist uns Kulturschaffenden, daß Akzeptanz oder Nichtakzeptanz der Hygieneregeln keinerlei Unterschied für Gewährung oder Versagung unserer Berufsausübung bedeuten. Die Entscheidung der Bundeskanzlerin und der Ministerpräsidenten der Länder ist für mich und für viele Kulturschaffende nicht mehr sachlich nachvoll. Der letzte Rest an Vertrauen, den ich immer noch in diese Bundesregierung und in die Regierungsparteien CDU, CSU und SPD hatte, wurde mit dieser Entscheidung verspielt. Und um es noch schlimmer zu machen, fordert Karl Lauterbach (SPD) gegenüber der Düsseldorfer „Rheinischen Post“: „Die Unverletzbarkeit der Wohnung darf kein Argument mehr für ausbleibende Kontrollen sein.“ Wer eine solche Forderung aufstellt, steht nicht mehr auf dem Boden des Grundgesetzes. Für mich steht in Erwartung einer Landtags- und einer Bundestagswahl im kommenden Jahr fest: Ich werde weder Unions- noch SPD-Kandidaten eine Wahlstimme geben. Sie haben – um im Sprachgebrauch meiner Berufsgruppe zu bleiben – es gründlich vergeigt.
Leider nicht erstmals veröffentlichen Sie Ihren eigentlich wichtigen Blog in einem Ton, der nur neuen Zorn aufwirbeln kann, kaum aber die verlangten vernünftigen Maßnahmen fördert. Als Gastwirtssohn sage ich, so ist uns nicht zu helfen. Ein Mann der Kirche hat doch andere friedfertige Arten des Zuspruchs gelernt, womit auch Politiker.zu erreichen wären. Trotzdem um Verständnis bemüht grüßt Hanns Börner
Lieber Christian Wolff,
regelmäßig lese ich Ihren Blog.
Dieser heute hat mich geradezu begeistert – wenn das angesichts dessen, was Sie schreiben vielleicht nicht der richtige Ausdruck ist. Ich bin sehr gespannt, was unsere Kirchenleitung (ELKB) sich wieder einfallen lässt. Bereits am Dienstag fiel unsere Chorprobe aus. (Wurde angeordnet – von wem? Sicher ist sicher! Eine sehr fragwürdige Sicherheit
Ich engagiere mich für die Friedensdekade vom 8. – 18.11. mit täglichen Veranstaltungen. Und fühle mich verbunden mit den 1000en, die unter unerträglichen Einschränkungen leben und leiden müssen.
Vielen Dank, Herr Wolff, Sie sprechen mir mal wieder aus der Seele. Es ist so wichtig, dass der Regierung auch mal von der Seite der Vernünftigen widersprochen wird. Bodo Ramelow ist ja ein anderer linker Christ, der sich getraut hat, Merkel und Söder zu widersprechen und die Rechte des Souveräns in einer Demokratie an die erste Stelle gestellt hat (also die Rechte der gewählten Volksvertretung, des Thüringer Landtags). Leider ist es wohl so, dass sich das Virus ohnehin ausbreitet, auch mit den strengsten Hygieneauflagen. Aber wie das KBV-Positionspapier vom 28.10. betont, müssen wir nachhaltig vorgehen, so wie es ja auch in der Umweltpolitik immer wieder angemahnt wird: Das Virus wird uns noch viele Jahre oder Jahrzehnte begleiten, und wir können nicht das Gemeinschaftsleben der Menschen auf Jahre oder Jahrzehnte hin beschränken. Wir brauchen Weihnachtsmärkte und Weihnachtsfeiern, Theater und Popkonzerte, und wir brauchen auch Fans im Fußballstadion. Unsere Gesellschaft muss umkehren und den Ärzten zuhören (das KBV-Positionspapier wurde von Dutzenden von Ärzteverbänden unterschieben). Die politische Führung unter Merkel und Söder hat kein anderes Konzept, als den Menschen Angst zu machen und sie in die triste Vereinzelung zu drängen.
Herr Ramelow hatte vollmundig angekündigt, einen Sonderweg gehen zu wollen. Davon blieb nur eine Fußnote übrig.
So ist das!
Es geht m.E. nicht darum, jemanden mit diesen Maßnahmen zu „bestrafen“ und ich hoffe, dass das bei niemandem so ankommt. Vielmehr geht es darum, und da sind wir uns sicher einig, den rasant steigenden Infektionszahlen zu unser aller Schutz etwas entgegen zu setzen. Wenn in 75 % der Fälle nicht mehr nachvollzogen werden kann, wo die Infektion herkommt UND niemand weiß, welche Anzahl von Viren welchem Status von Empfänger-Immunsystem schadet, dann genügt u.U. eine kleinste Menge, jemanden in Lebensgefahr zu bringen. Und das kann, da haben Sie recht, auch in Gottesdiensten passieren, also überall und, ich denke, sogar unabhängig von dem jeweiligen Hygienekonzept und den aufwendigen Vorkehrungen. Die eventuell ausgestoßene Virusmenge läßt sich wissenschaftlich nicht messen bzw. im Einzelfall voraussagen. Dasselbe gilt für die Qualität des mehr oder weniger empfindliche Ziels des viralen Angriffs, also das Immunsystem des Empfängers. Ein zielgerichtetes Vorgehen halte ich unter diesem Umstände für nicht bestimmbar. Und das wäre doch Voraussetzung für ein erfolgreiches Eindämmen des Infektionsgeschehens mittels weniger belastenden Maßnahmen. Die Erhaltung von Leben und Gesundheit steht für mich an erster Stelle. Unter diesen Umständen muss man, finde ich, flächen- und bereichsumfassende Einschränkungen anordnen. NB: Als zielgerichtetes Vorgehen wurde bisher nur vorgeschlagen, die Menschen in höherem Alter (60+) zu isolieren, bis es „den“ Impfstoff gibt. Wollen wir das? Gibt es andere konstruktive Vorschläge?
Liebe Frau Benner, wenn es so ist, wie Sie beschreiben – und Vieles spricht dafür – dann wäre es doch das Richtige, sich voll auf die A-H-A und L-Regeln zu konzentrieren, diese auch zu kontrollieren und durchzusetzen (dazu gehören Hygienekonzepte von Veranstaltern). Was die Risikogruppen angeht (60 +), gilt letztlich dasselbe. Von Isolierung halte ich gar nichts. Gerade wir gehören jeden Tag an die frische Luft, gerade unter uns sollte geworben werden für gesunde Ernährung und Lebensweise. Das andere, die gegenseitige Rücksichtnahme, ist auch enorm wichtig – gilt aber für Menschen jeden Alters. Beste Grüße Christian Wolff
Nein, Frau Benner, wir sind uns nicht einig, dass wir „den steigenden Infektionszahlen etwas entgegensetzen müssen“, denn es gibt keine nachhaltige Methode dafür – und in erster Linie müssen wir weiter eine lebenswerte Welt und lebenswerte Gesellschaft bewahren. Die A-H-A-L-Regeln reichen offenbar längst nicht aus, um die Infektionen niedrig zu halten, und Lockdowns sind nicht nachhaltig. Wir können nicht auf Dauer Konzerte und Cafés verbieten, oder auf Dauer unseren Kindern sagen, dass sie ihre Großeltern nicht umarmen dürfen, oder dass sie in die 14-Tage-Quarantäne (eine Art Hausarrest) kommen, wenn ein Lehrer infiziert ist. Deshalb müssen wir radikal umdenken und den Menschen, die es möchten, ein angstfreies Leben ermöglichen.
@Martin Haspelmath, Sie schreiben:
„Deshalb müssen wir radikal umdenken und den Menschen, die es möchten, ein angstfreies Leben ermöglichen.“
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Frage: Kennen Sie auch nur einen einzigen Menschen, der kein „angstfreies Leben“ leben möchte (was schon per se unmöglich ist)? Was heißt „radikal umdenken“ konkret?