Sie füllen die Straßen: Menschen, die wütend und verbittert sind über die Inflation und die hohen Energiekosten. Sie fürchten, dass sie all diese Belastungen nicht mehr stemmen können. In Ostdeutschland werden solche Demonstrationen zunehmend angeführt von Bürger-, Handwerkmeistern und Unternehmern. Tenor ihrer Auftritte: Einigt euch mit Putin über weitere Gaslieferungen und hört auf mit der Energiewende! Lasst die Atomkraftwerke unbegrenzt weiterlaufen, baut weiter Braunkohle ab! Alle, die so votieren, ernten großen Beifall. Die dem widersprechen, müssen mit heftigen Reaktionen rechnen: „Buh, Hau ab!“. So ist es auch dem sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU) am vergangenen Dienstag in Grimma ergangen. Nicht nur am Rande solcher Kundgebungen tummeln sich die Rechtsnationalisten von AfD und „Freie Sachsen“. Sie bestimmen die Atmosphäre und lachen sich ins Fäustchen: „Regierung entfernen“ ist ihre Parole. Sie meinen damit nicht den demokratischen Wechsel per Wahl. Sie träumen vom Umsturz, von der Abschaffung der Demokratie – und reklamieren für sich „‘89“. Widerspruch erfahren sie kaum. Im Gegenteil: Im Grimma störte sich niemand an Reichskriegsfahnen.
Wie 2014 im Angesicht der Migration und 2020ff während der Corona-Pandemie stehen wir vor der Frage: Wie umgehen mit denen, die jede gesellschaftspolitische Herausforderung dazu nutzen, die Errungenschaften, die mit der Friedlichen Revolution 1989/90 erkämpft wurden, zu zertrampeln, um einen nationalistischen Autokratismus durchzusetzen? Sich ihnen anbiedern, ihre Narrative übernehmen? Das ist ein Weg, der immer scheitert. Da fühlen sich die Rechtsnationalisten nur gestärkt. Also sollten sich die Bürger- und Handwerksmeister, die Unternehmer, ein Ministerpräsident drei Mal überlegen, auf wessen Mühlen sie das Wasser leiten, wenn sie ihr Heil weiter in russischem Gas, Atomkraft und Braunkohle sehen. Wie ignorant muss man sein, jetzt auf auslatschten Pfaden weiter zu wandeln? Da können wochenlang im Erzgebirge die Wälder brennen, Dürren Ernten vernichten, Fluten Dörfer wegspülen (von den globalen Überschwemmungskatastrophen wie jetzt in Bangladesch oder Nigeria ganz zu schweigen, wo Millionen Menschen dauerhaft ihres Zuhauses beraubt sind) – führende Persönlichkeiten entblöden sich in Sachsen und anderswo nicht, den Klimawandel als spinnete Idee von grünen Ideologen und Windräder für Kinderkram zu halten. Dann doch lieber weiter Braunkohle, auch wenn traditionsreiche Dörfer abgebaggert werden müssen, so ihr irrer Glaube. Dann doch lieber weiter Kumpanei mit einem Kriegsverbrecher wie Putin, so ihre Empfehlung. Diese Sehnsucht nach warmer Stube trieft nur so von kalter Gartenzaunmentalität. Die Industrie- und Handels- sowie die Handwerkskammern in Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt sowie Bürgermeister*innen müssen aufpassen, in welches Fahrwasser sie sich begeben. Über zwei Jahrzehnte die Energiewende verpennen, jetzt zu den Instrumenten zurückkehren wollen, die uns weiter in Klimakatastrophen treiben, und dann sich noch mit Rechtsnationalisten verbünden – das ist ein wirtschaftlich wie politisch verhängnisvolles Treiben.
Was dagegen hilft: nur Klarheit! Auch in der Kirche! Wer die Sorgen von Bürger*innen ernst nimmt, der muss eindeutig reagieren: 22 ist nicht 89. Wir leben in keiner Diktatur! Wir haben jetzt die Aufgabe, vor Ort und in globaler Verantwortung alles zu tun, damit wir der Schöpfung angemessen leben und wirtschaften. Diese Aufgabe ist jeder Hinsicht herausfordernd, aber sie ist unvereinbar damit, den Rechtsnationalisten auch noch einen Rahmen zu bieten, ihr schmutziges Spiel zu betreiben. Diese klare Trennlinie muss jetzt auch den Bürger- und Handwerksmeistern, den Untermehmer*innen und einem Ministerpräsidenten abverlangt werden.
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Hier besteht die Möglichkeit, sich im demokratischen Diskurs über die zukünftige und nachhaltige Energiepolitik, eropäische Friedenspolitik und sozial gerechte Verteilung der Lasten auseinanderzusetzen:
14 Antworten
Guten Abend in die Runde.
Zu 99% stimme ich Herrn Wolff´s Worten und Einschätzungen zu.
Herrn Schwerdtfeger würde ich aber gern nach seiner harschen Kritik an Herrn Wolffs Worten noch einmal fragen: was war gleich nochmal IHR konkreter – umsetzbarer – Plan zur Lösung der aktuellen Krisen?
Meine Meinung ist, daran mangelt es, hier und generell.
Die Populisten hingegen werden nicht müde und – aus meiner Sicht – auch immer erfolgreicher – ihr billigen – aber nicht umsetzbaren Pläne zu preisen: – u.a. unsere Regierung abzusetzen (ohne zu nennen, was oder wer das dann bringen solle)
(Welcher Politiker hierzulande hat denn die Quali und die Erfahrung mit der Bewältigung der aktuellen Situation, noch dazu ohne jemanden zu benachteiligen? Welche Partei hat konkrete und funktionierende Aktionspläne für derartige Szenarien in der Schublade? Wer soll es also richten? Oder läuft es doch über Learning by Doing? Dann kann es auch die jetzige Regierung weiterhin versuchen. Obwohl Herrn Scholz anscheinend schon die Cum-Ex-Dynamitstange mit brennender Lunte im Hintern steckt, was evtl. sein sehr übervorsichtiges Agieren erklären könne…?)
– „Gespräche“ mit Putin und seinen Spießgesellen zur Beendigung des Krieges zu führen, (wobei die dann wohl von einem „Klein beigeben“ der Russen ausgehen, wenn wir denen dann zusichern, deren Rohstoffe (zu welchen Preis auch immer) wieder abzunehmen, was grober Unfung ist, usw
– Volksabstimmungen zu extrem komplexen Themen abzuhalten, Vorbild Schweiz, die nur ein Ergebnis haben werden: das, was den Rechten, den Populisten, Querdenkern etc. zu passe kommt, die Macht zu ergreifen.
Der „Kleine Mann“ wünscht sich so in etwa auf diese Art seine heile Welt von früher zurück, die es aber so nie mehr geben wird.
Die meisten Menschen weigern sich aber, das einzusehen, die alten Gewohnheiten ablegen zu müssen, das erfahre ich immer wieder, in zig Gesprächen.
Oft fehlt ihnen aber auch einfach nur die Vorstellungskraft für eine künftige Welt.
Meine Erfahrung ist, daß viele („einfache“) Menschen schlicht nicht in der Lage sind, so viel Phantasie aufzubringen, sich die Welt, ihr Leben 2 oder 3 oder gar noch mehr Jahre Jahre im Voraus auszumalen, wie es mal sein wird oder sein könnte.
Und dazu für sich selbst Pläne und Beschlüsse zu machen.
Ob ihnen die Vorstellungskraft oder der Wille zum Vorstellen fehlt, weiß ich nicht, aber es ist beides Fakt.
Vorsichtig geschätzt würde ich von 50% der Menschen ausgehen, denen es so geht, auf Basis meiner 25jährigen Berufspraxis als Wirtschafts- und Finanzberater und Makler.
Hier würde ich ansetzen und vorschlagen, dass wir alle Menschen mobilisieren, DIE das Vermögern der guten Vorstellungskraft haben (UND das auch in Gesprächen ausdrücken können), um den Leuten die Angst vor dem Morgen zu nehmen. Denn im Moment prägt zu großen Teilen die übergroße Angst das tägliche Leben fast aller Menschen.
Es erfordert natürlich eine große Überwindung, sich von den derzeitigen allgegenwärtigen Ängsten zu lösen und Pläne für die weiter entfernte Zukunft zu fassen. Es erfordert ein Informieren, kein Resignieren. Investieren, statt Intervenieren.
Aber viele andere Menschen (wie wir?) wiederum können das tun und tun das auch. Und die brauchen wir. Visionäre in die positive Richtung.
„das Volk braucht einen „Führer“- Quatsch!!! Es braucht viele Führer, und Visionäre, und Leute die das gut verständlich und begreifbar rüberbringen. Sowohl in Gesprächen, als auch an allen anderen Orten. Auch in den Medien. Und zwar zur Primetime, nicht nur nachts ab halb 2 bei ZDF Info und Co… Daran sollten wir mitwirken. Ein „weiter so“ ist Vergangenheit.
Die Kräfte von Rechts wollen die Menschen quasi ins dunkle Mittelalter zurückführen – mit all seinen für sie vorteilhaften Regelungen: Demokratie u Meinungsfreiheit abschaffen, einen „Führer“, Alleinherrscher installieren, die Männergesellschaft etablieren. Und dabei hoffen sie, einen einträglichen – oder wenigstens machtvollen- Posten abzubekommen, den sie jetzt in einer liberalen, toleranten, demokratischen Welt nie erreichen werden.
„Reformen wünschen immer nur die, die bisher zu kurz gekommen sind“.
Das gilt es zu verhindern. Ich sehe mit Entsetzen auf die Rückschritte in allen demokratischen Errungenschaften z.B. in Polen, Ungarn, Slowakei, Kroatien, Dänemark, Österreich, Russland, China und jetzt auch noch Italien, wo es den rückschrittlichen Kräften gelungen ist, an die Macht zu kommen. Und was die dort Herrschenden alles unternehmen, um an der Macht zu bleiben, um jeden Preis. Manchmal bekommt man den EINDRUCK, DAS SOGAR DIE KATHOLISCHE KIRCHE DARAN EINEN NICHT GERINGEN ANTEIL HAT UND NUTZEN DARAUS ZIEHT? Das Weltbild des Vatican ist doch ähnlich, oder?
Mir zerreißt es das Herz, wenn ich an die Bevölkerungen dieser Länder denke, die (wieder) für viele Jahre mit furchtbarem Unrecht kämpfen müssen, vielleicht ihr ganzes Leben lang. Und vielleicht umsonst. Wir haben das hier gottseidank schon hinter uns. Bis jetzt. Es soll so bleiben. So viele Opfer wären sonst umsonst.
Da fällt auch mein Blick auf einen Herrn Kretzschmer, der sich teilweise Parolen und Sichtweisen der Rechten aneigenet oder wenigstens von sich gibt, um anscheinend Wähler aus dieser Ecke zu sich rüber zu ziehen? Um an der Macht zu bleiben? Für mich ein Unding. Keinen Millimeter sollte er zurückweichen! Wer nicht kämpft, hat schon verloren. Mit den rechten Wölfen heulen, nur um „dazu“ (zu denen) zu gehören? Das haben wir hier im Osten viel zulange gemacht und zugelassen. Es hat sich nicht bewährt und deshalb haben wir jetzt die Misere.
Vielleicht wäre der unbequeme(?) Herr Wanderwitz eine Alternative für die CDU?
Oder eine Petra Köpping (SPD)? Ich wäre dafür.
„Warum das Böse sich so weit ausgebreitet hat? Weil das Gute (Liberale, Tolerante, Progressive) offensichtlich zu wenig dagegen getan hat.“
Helfen wir den „geblendeten“ Leuten dabei, das Licht in der Zukunft zu sehen, geben ihnen Bilder, Visionen, werden wir nicht müde, die Vorteile einens Lebens mit weniger Fleisch, Autoabgasen, Kohlenqualm, mit Meinungs- und Nationenvielfalt usw. vorzuführen, zu erläutern. Mit guten Bildern, fundiertem Wissen, glaubwürdigen Argumenten.
Der von mir sehr geschätzte Historiker Dr. Ilko-Sascha Kowalczuk hat einen bemerkenswerten Text über die Scheinheiligkeit deutscher Pazifisten, namentlich der Welzers, Augsteins, Prechts, Schwarzers, Wagenknechts, Gysis, veröffentlicht.
https://threadreaderapp.com/thread/1583343512065814528.html
Wer hindert manche Personen daran, ich bestimmt nicht, selber n den Krieg zu ziehen?
Hallo Herr Wolff,
ja, ich finde die Haltung, die in Ihrem Beitrag zum Ausdruck kommt sehr gut und notwendig, sie auszusprechen: Wider die Vermischung von 22 und 89. Man spürt, wie sehr Sie die unverschämte Instrumentalisierung von 89 bewegt, wie sehr Klarheit, in der Haltung und in der Argumentation, not tut.
Vielen Dank für Ihrer klare Haltung und allen, die diese klare Haltung teilen. Was Ihre Argumentation angeht, bin ich hingegen etwas anderer Meinung, auch in der Beschreibung derer, die sich die Montagsdemos 89 jetzt mit ihrem Ringlauf aneignen wollen.
Ich finde, man muß unterscheiden. Ein Teil ist sicher rechtsnational und verfolgt das Ziel die demokratische Gestalt unseres Landes zu zerstören, mit Gewalt, mit verfassungsfeindlichen Aktionen etc. Von außen betrachtet ist Sachsen ein richtiger Hotspot
Diese Herausforderung ist eine dringende Aufgabe für unsere Sicherheitsorgane. Hier muss genau hingesehen und gehandelt werden.
Ein zweiter Teil der Ringläufer, es ist sicher der weit überwiegende Teil, sind in meinen Augen Wichtigtuer, die unablässig darauf hinweisen wollen, dass sie und „die Deutschen“ , „die Sachsen“ zu kurz kommen.
Eigentlich sind es Jammerlappen. Man sollte sie auch Jammerlappen nennen, die armen.
An diesem lauten Männlichkeitsgetue, mit dem sie keinen Moment einem sachlichen Gespräch folgen wollen. muss man sich nicht abarbeiten. Es reicht die einfache Feststellung, dass es sich um Jammerlappen handeln muss, wenn dieser Teil der Gesellschaft ihr arges Schicksal mit der Zeit vor 89 vergleicht, offensichtlich unwillens eine offene demokratische Gesellschaft mitzugestalten.
Ein dritter Teil, der offensichtlich auf dem Sprung steht, die demokratische Verfassung und Gestalt unseres Landes zu diskreditieren, kocht darauf auch gerne mal ein Süppchen. Dann wird „Maskendiskriminierung“ mit der Diktatur eines Staates verglichen, der seine Bevölkerung eingesperrt und an der Grenze erschossen hat.
Entweder fehlt es denjenigen an intellektueller und an emotionaler Intelligenz, um den Unterschied zu erkennen. Oder sie wollen ihn nicht erkennen.
Wenn jemand, wie in Ihrem vorhergehenden Beitrag, ständig die Parallele zwischen 89 und 22 ziehen möchte, und dazu noch sein Branche mit der Wissenschaft zu erkennen gibt, dann muss man fragen, wann er seine Intelligenz auf der Strecke seiner Wissenschaftslaufbahn verloren hat. Oder hat er die Intelligenz noch und möchte aus der Deckung im Gebüsch aktueller Ereignisse ein paar Stinkbomben in die Demokratie werfen? Ich bin für klare Sprache und auch die hinterhältige Stinkbombenwerferei ist durchschaubar.
Man wundert sich, was da alles auftritt an Jammerlappen und demokratiefeindlichen Heckenschützen.
Warum ich so drastisch von Jammerlappen spreche?
Der westliche Teil der Bundesrepublik hat ab 1945 das große geschichtliche Glück gehabt, dass er in eine freiheitliche, demokratische Staatengemeinschaft aufgenommen worden ist, die es ihm erlaubt hat, sich rasch zu entwickeln und Wohlstand zu erreichen. Das ist ja nicht selbstverständlich, wenn dieses Volk zuvor Millionen Menschen ermordet und verheerendes Leid über die Völker gebracht hat.
1989 hat dieses Land erneut ein riesiges historisches Glück gehabt. Und, lieber Herr Wolff, sind nicht nur die kirchlichen Friedensgebete, es ist nicht nur die sogenannte Friedliche Revolution, die zum Ende der DDR geführt haben, es war auch ein Herr Gorbatschow, es war auch die wirtschaftliche Ausweglosigkeit der UDSSR, es waren auch die Ausreisenden und die Ausreisewilligen, die das Regime verunsicherten. Und es war auch die glückliche Misskommunikation zwischen Stadtverantwortlichen und den Herren in Wandlitz am Abend des Durchbruchs am 09.Oktober. Eine Rieeeeeessenglück.
Andere Bevölkerungen haben nicht einmal ansatzweise, nicht 1%, dieses Glücks, sind bedroht und werden ermordet, haben in ihrer Geschichte keine Holocaustvergangenheit und sind doch unentwegt einem barbarischen Regime ausgesetzt.
Aber in allem gleiten diese Menschen nicht ab in Zynismus, in Ausweglosigkeit, sie tun einfach mit allen Kräften, was sie können.
Mein Mund geht vor Erstaunen garnicht mehr zu, so großartig erstaunlich ist dieses Land.
Es wird der EU so guttun
In dieser Woche hat das EU-Parlament der ukrainischen Bevölkerung den Sacharow-Preis zuerkannt. Das war für mich die schönste und allerbeste Nachricht der Woche.
Wir können in diesem Land ein unglaubliches doppeltes historisches Glück genießen, auch die Sachsen, unverdient angesichts unserer Geschichte. Und ich habe absolut keine Lust Jammerlappen Raum zu geben, denen zuzuhören, die aus aktuellen Befindlichkeiten demokratiefeindliche Suppen kochen.
Zu dem unangebrachten Jammern gehört auch die nicht versiegende Klage, dass Ost und West in diesem Land noch besser zusammenwachsen müssten, nach mehr als 30 Jahren endlich mal richtig zusammenwachsen :). Da kratzen sich viele außerhalb Deutschlands am Kopf
Es kommt einfach nur auf jeden Einzelnen an, auf jede Einzelne. Machen wir uns doch nicht lächerlich und sehen, welche Probleme Menschen in anderen Ländern zu bewältigen haben und sich weit mehr zutrauen voranzubringen, in wesentlich schlechterer Umgebung
Insofern danke ich Ihnen, Herr Wolff, für Ihren jüngsten Beitrag. Was Ihre Lösungsansätze angeht, sind sie mir indes weiterhin viel zu unsachlich und viel zu sehr ideologisch eingefärbt.
Es ist notwendig die positiven Kräfte, auch der Bürgermeister, der Unternehmer, Herr Wolff, der vielen, vielen in unserem Land in den Fokus zu rücken, anstatt immerwährend auf vermeintliche „Sünder“ einzuschlagen. Da könnte ich Ihnen in Ihrer Partei auch einige krasse Beispiele nennen, angefangen von ganz oben. Aber was soll das?
Wir brauchen die Mentalität der Ukraine, Freiheit und Demokratie tatkräftig zu gestalten.
Mit freundlichen Grüßen
Martin Haberland
Zitat M. Haberland: „Wir können in diesem Land ein unglaubliches doppeltes historisches Glück genießen, auch die Sachsen, unverdient angesichts unserer Geschichte.“
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Nun seien Sie mal nicht so masochistisch. Ganz unverdient ist das historische Glück der Deutschen nicht. Schließlich handelt es sich noch immer um eines der stabilsten demokratischen Systeme der Erde. Schauen Sie nur in solch alte Demokratien wie in die Vereinigten Staaten oder Großbritannien.
Wie viel in der öffentlichen Diskussion in Deutschland bereits aus dem Ruder gelaufen ist und weiter läuft, mache ich u.a. daran fest, dass rechtsextreme und rechtspopulistische Stimmen derzeit sogar in Leipzig mehr Zuspruch finden, als ich es in den letzten Jahren erlebt habe. Der in Leipzig eigentlich gut etablierte bürgerliche Widerstand gegen solche Proteste ist zahlenmäßig bislang eher gering und verzettelt sich in diffusen Parolen („wir frieren nicht für eure Profite“, „genug ist genug“ usw.)!
Weitaus gefährlicher erscheint mir aber, wenn Menschen, die „die Wissenschaft“ als „ihren Bereich“ ansehen, ganz bewusst und wiederholt behaupten, unsere aktuelle Situation entspreche dem diktatorischen Umfeld von 1989, sei vielleicht sogar schlimmer, „legale“ Demonstrationen würden im großen Stil verboten (was ja zwangsläufig impliziert, unser Justizsystem funktioniere nicht mehr!). Oder andere, die sich nach Selbstauskunft in höchsten staatlichen Funktionen um unser Land verdient gemacht haben, uns glauben machen wollen, es gäbe in Deutschland keine Rüstungs- oder Atomlobby. Richtig ärgerlich ist für mich allerdings das wütende Geblubbere eines Prof. Dr. Löschke (angeblich Mitglied des Hochschulrates der Uni Leipzig, Aufsichtsrat des UK Leipzig und in verantwortlicher Funktion bei vielen anderen wohlklingenden Organisationen), der im Internet zitiert wird mit: „ich habe es satt (bzw.) ich habe die Schnauze voll vom permanenten und immer religiöser werdenden Klima-Geschwafel, von Energie-Wende-Phantasien, von Elektroauto-Anbetungen, von Gruselgeschichten über Weltuntergangs-Szenarien von Corona über Feuersbrünste bis Wetterkatastrophen“; weiter: „Ich leide darunter miterleben zu müssen, wie aus der Naturwissenschaft eine Hure der Politik gemacht wird. Ich habe es satt, mir von missbrauchten, pubertierenden Kindern vorschreiben zu lassen, wofür ich mich zu schämen habe“. Diesen Schwachsinn habe ich mittlerweile zum dritten Mal von verschiedenen Leuten zugeschickt bekommen, die wissen, dass und warum ich mich im letzten Bundestagswahlkampf für B90/Grüne engagiert habe; ich habe mir bislang jeweils die Mühe gemacht, halbwegs sachlich darauf zu antworten… Aber ich glaube, ich setze mich künftig lieber dem Vorwurf aus, der „Cancel Culture“ das Wort zu reden – dieser Professor gehört sämtlicher Ämter enthoben, sofern er sie je innehatte oder noch hat!
In meinem ganz privaten Umfeld musste ich in den letzten Monaten vermehrt Diskussionen führen nach dem Motto:
ich bin ja nicht gegen Ausländer*innen (Migrant*innen, Andersgläubige), aber….
ich finde ja auch, man soll die Ukraine unterstützen, aber….
sollten wir uns nicht mit Putin arrangieren? Aber China, Saudi-Arabien, Fracking-Gas aus den USA ….
ich bin ja auch für den Atom-Ausstieg, aber…
Das dahinter liegende, grundsätzliche Problem scheint mir: Die Welt bzw. die Lebensentwürfe, wie wir sie in den letzten 75 Jahren erlebt und uns an sie gewöhnt haben, gibt es (spätestens) seit dem 24.2.2022 nicht mehr!
Unsere Kinder und Enkel*innen werden ganz andere Herausforderungen meistern müssen als meine Generation! SIE haben zu Recht Zukunftsängste, denen ich mich als Ü70-Jähriger mit halbwegs sicherer Rente nicht mehr stellen muss.
Wenn wir nicht endlich anfangen, uns mit gerechtem Sozialausgleich zu befassen statt mit Impf- oder Maskenpflicht, korrektem Gendern, Meinungsdiktatur, Fake-News und Hass-Tiraden für alle außerhalb der jeweils eigenen Meinungsblase, werden wir „die Vereinigten Staaten von Europa“, die stabile Demokratie in Deutschland, den sozialen Frieden verlieren!
Es wird dann nur noch spannend, ob das vor oder nach Erreichen des Kipp-Punkts des Klimawandels passiert.
Das Geseiere des Herrn Löschke ist ein alter Hut, schon über ein Jahr alt:.
https://www.facebook.com/knut.loschke/posts/4788253547906585
Ein typischer Wolff wieder mal:
– ein langes Lamenti über die derzeitigen Zustände, mündend in einer durchaus richtigen, wenn auch zu kurz gefassten Frage („Wie umgehen mit denen, die jede gesellschaftspolitische Herausforderung dazu nutzen, … die Errungenschaften, zu zertrampeln, um einen nationalistischen Autokratismus durchzusetzen?“) – denn die eigentliche Frage wäre ja die nach Lösungsansätzen im gesamtpolitischen Rahmen – und anschließend der Diffamierung derjenigen, die im Gegensatz zu Wolff die Probleme lösen müssen und zwar jetzt und heute und nicht in der Zukunft („Wie ignorant muss man sein … “; „führende Persönlichkeiten entblöden sich nicht …, „ weiter Kumpanei mit einem Kriegsverbrecher …“).
– Dann der markige Ausspruch: „Was dagegen hilft: nur Klarheit!“ ; „Diese Aufgabe ist (in) jeder Hinsicht herausfordernd“. Man erwartet nun, ja was? Klarheit eben; eine Aussage wie die ignoranten und entblödeten Politiker es machen sollten. Stattdessen — NICHTS mehr! Außer natürlich den schon bekannten, sich stets wiederholenden Wolff’schen Leerformeln: „ … sich im demokratischen Diskurs über die zukünftige und nachhaltige Energiepolitik, europäische Friedenspolitik und sozial gerechte Verteilung der Lasten“ auseinandersetzen.
Tut man dies aber – sich auseinandersetzen – wird man hier beleidigt, es wird um „Verschonung“ gebeten, es gibt ein paar eher simple Slogans oder infantile Briefe an den Papst und es werden Phrasen wie die von mir zitierten zum Glaubensgrundsatz erklärt (von Leuten jedenfalls mit einfachem Weltbild).
Inhaltlich, lieber Herr Wolff, ist die Welt etwas anders:
– Die von Ihnen so geschmähten Politiker in ihrer Ignoranz und Entblödetheit haben ein Problem, das Sie nicht haben: Sie müssen das Wünschenswerte mit dem Möglichen verbinden – und zwar jetzt. Ihnen zu unterstellen, sie hätten nichts getan, täten nichts und „spinneten“, ist unwahr, infam, eines Pfarrers nicht würdig und unsägliche polemische Hetze. Und Sie wissen das. Und die Leichtfertigkeit, mit der Sie auch Politiker verunglimpfen, die ja schließlich Ihrer politischen Richtung angehören und die aus staatspolitischer Vernunft und Notwendigkeit gegen ihre eigenen Überzeugungen handeln, ist zusätzlich von unglaublicher Arroganz gekennzeichnet.
– Wenn Sie nun wenigstens in Ihren so fachkundig diskutierten Gebieten der Energie-, Friedens- und Sozialpolitik uns (Teil-)Lösungen anbieten würden, wenn Sie die großen Dilemmata unserer Zeit nicht nur mit Ideologie, sondern auch mit praktischen Vorschlägen zu lösen bemüht wären, wenn Sie nicht nur rechthaberisch die ganzen vermeintlichen Fehler der Vergangenheit genüsslich aufzählten, sondern uns sagen würden, was Ihrer Ansicht nach die Politiker heute tun sollen, dann wären Ihre Beiträge auf dem Niveau, das man von Ihnen eigentlich erwarten müßte. So aber – kein demokratischer Diskurs, sondern eher Mülltonne.
Die strategische Frage heute – und damit die Zieldefinition für deutsche, europäische, amerikanische Politik – ist die, ob und wie Rußland in eine künftige westliche Politik eingebunden werden kann und soll. Diese Frage ist in den letzten Jahrhunderten unterschiedlich beantwortet worden und stellt sich jetzt wieder, aber erstmalig in einer globalen Welt. An der Antwort auf diese Frage hängen die Antworten auf unsere wirtschaftlichen, energetischen, sicherheitspolitischen und teilweise auch sozialen Probleme, denn der größere Teil unserer augenblicklichen innenpolitischen Querelen ist ja außenpolitisch ausgelöst. Und in dieser Frage – Rußland einbinden oder nicht – stehe ich auf dem Standpunkt: Rußland muß aus unterschiedlichen essentiellen Gründen in europäische Politik so eng wie möglich eingebunden sein und ein solcher Zustand muß (wieder-)hergestellt werden. Ich akzeptiere den Gegenstandpunkt: Rußland ist auszugrenzen. Aber er muß begründet sein, und nicht mit emotionaler Hetze verfochten werden.
Ich grüße Sie,
Andreas Schwerdtfeger
„stehe ich auf dem Standpunkt: Rußland muß aus unterschiedlichen essentiellen Gründen in europäische Politik so eng wie möglich eingebunden sein und ein solcher Zustand muß (wieder-)hergestellt werden.“
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Voraussetzung dafür ist aber Vertrauen. Mit Putin an der Spitze ist das nicht möglich. Und wer weiß, wer nach ihm kommt.
Vertrauen ist eine Zweibahnstrasse (denken Sie zB an den KSE-Vertrag, wo Putin Vertrauen in uns hatte). Und hatten wir wirklich mehr Vertrauen in Breshnev, als er Tschechien oder Afghanistan überfiel? Wir haben trotzdem mit ihm Politik gemacht. Haben wir Vertrauen in Bolsonaro, Chavez, hatten wir es in Honecker, Mubarak oder Fidel Castro? Ist Vertrauen eine Kategorie in unseren Beziehungen mit China?
Fest steht, daß Europa und Rußland zu eng verbunden und gegenseitig abhängig sind, als daß man dies aufs Spiel setzen dürfte. Die Ukraine dagegen wird in EU und NATO ein toxischer Staat werden und beide Bündnisse überfordern und zerstören – die EU wohlgemerkt zuerst!
Ich habe dazu ein etwas längeres Papier an Wolf geschickt. Vielleicht können Sie es dort anfordern.
Lieber Herr Schwerdfeger, besten Dank für den Kommentar
Es wird in Europa keine verlässliche und dauerhafte Ordnung für Freiheit, Wohlstand. Sicherheit und Frieden ohne Russland geben. Muss nicht jedem gefallen! Ich finde, dass Ydeutsche, Italiener usw. den Ukrainern eben nichts schulden. Wir können uns weder für die Ukraine ruinieren noch für diese sterben!
Toller Kommentar. Danke dafür! Sehe ich genauso, trotzdem machen mir gerade die „Freien Sachsen“ und die AfD-Demos zuweilen Angst. Gerade weil auch MP Kretschmer nicht dagegen hält, sondern sich als Putin-Versteher gibt.
Mir macht die aktuell Entwicklung auch große Sorgen, ich denke, dass wir das alle nicht hinnehmen dürfen.
Es stimmt, dass Nationalismus in keiner Weise weiterführt, und deshalb ist es so erschreckend, dass die Bundesregierung keinerlei Versuche macht, ihre nationale Krisen-Politik mit den EU-Partnern abzusprechen. Der engste Partner Frankreich ist inzwischen so verärgert über Berlins nationale Alleingänge, dass gerade die traditionellen deutsch-französischen Regierungskonsultationen abgesagt wurden. Auch in den anderen EU-Ländern ist man sehr schlecht auf Deutschland zu sprechen. Machen Scholz und Habeck nicht „nationale Politik“? Jahrzehntelang galt die Regel der internationalen Zusammenarbeit und der Entspannungspolitik, dass man mit allen ständig das Gespräch suchen soll, gerade auch mit seinen Gegnern (z.B. mit den Taliban in Afghanistan, was die USA leider erst nach 17 Jahren Krieg gemacht haben). War die Friedenspolitik von Willy Brandt und Egon Bahr ein großer Fehler? Sollten wir uns deshalb lieber auf die Stärke unserer eigenen Nation verlassen, statt es (wie früher) mit Diplomatie und Kompromiss zu versuchen? Oder wäre das vielleicht nationalistische Politik, wie man sie eher von Rechtspopulisten erwarten würde?