Am kommenden Montag, 01. Februar 2016, will das fremdenfeindliche Bündnis Legida in Leipzig wieder aufmarschieren. Dafür will die Versammlungsbehörde der Stadt Leipzig den westlichen Ring vom Promenaden Hauptbahnhof bis zum Neuen Rathaus absperren, um so auch die Anreise der Teilnehmer an der Legida-Veranstaltung zu schützen. Gleichzeitig will die Versammlungsbehörde die Mahnwachen und Demonstrationen der Vereine und Initiativen, die sich für ein weltoffenes Leipzig einsetzen, einschränken und zeitlich in die Nachtstunden verlegen. Davon betroffen sind die Demonstration des Aktionsnetzwerkes „Leipzig nimmt Platz“ vom Augustusplatz zum Richard-Wagner-Platz, die Demonstration der Initiative „Weltoffenes Gohlis“ vom Nordplatz zum Richard-Wagner-Platz und die Mahnwache am Stolperstein für Familie Frankenthal am Dittrichring. Wenn es bei den Entscheidungen der Versammlungsbehörde bleibt, wird auch der freie Zugang zum Friedensgebet in der Thomaskirche und zum Gemeindehaus der Thomaskirche im Dittrichring 12 (Konfirmandenelternabend) versperrt sein. Damit wird nicht nur das Grundrecht auf freie Religionsausübung in erheblicher Weise verletzt. Die Versammlungsbehörde lässt eine Organisation an der Thomaskirche vorbeilaufen, deren Repräsentanten am 11. Januar 2016 offen zur Gewalt aufgerufen haben: „Wenn die Mehrheit der Bürger noch klar bei Verstand wäre, dann würden sie zu Mistgabeln greifen und diese volksverratenden, volksverhetzenden Eliten aus den Parlamenten, aus den Gerichten, aus den Kirchen und aus den Pressehäusern prügeln.“. Wir fordern die Versammlungsbehörde und die Repräsentanten der Stadt Leipzig auf, die Durchführung der von uns angemeldeten Veranstaltungen und den freien Zugang zur Thomaskirche zu gewährleisten. Die uns bis jetzt vorliegenden Auflagenbescheide sind inakzeptabel und entsprechen in keiner Weise den Ergebnissen in den Kooperationsgesprächen. Damit missachtet die Versammlungsbehörde die von uns immer gezeigte Kompromissbereitschaft.
Irena Rudolph-Kokot, Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ – Frank Kimmerle, Erich-Zeigner-Haus e.V. – Erik Wolf, DGB Region Leipzig-Nordsachsen – Bernd Günther, DGB Stadtverband Leipzig – Martin Klein, „Weltoffenes Gohlis“ – Christian Wolff, Initiative „Willkommen in Leipzig – eine weltoffene Stadt der Vielfalt“ – Britta Taddiken, Pfarrerin an der Thomaskirche
Und das ist vorgesehen:
- Demo vom Nordplatz zum Richard-Wagner -Platz, Start 18.00 Uhr ( Anmelder „Weltoffenes Gohlis“)
- Demo vom Augustusplatz über Ring – Naturkundemuseum (Zwischenkundgebung) – Thomaskirche – Oberer Dittrichring – Kl. Fleischergasse – Richard-Wagner-Platz, Start 18.00 Uhr ( Anmelder „Leipzig nimmt Platz“), ab ca. 19.00 Uhr Kundgebung
- Demo „Für ein Ende der Gewalt“ vom Südplatz Richtung Innenstadt, Start 17.30 Uhr (Veranstalter „Refugees Welcome“
- Kundgebung am Naturkundemuseum durch ESG ( Evangelische Studierendengemeinde) ab 18.oo Uhr
- Mahnwache an Stolpersteinen für Familie Frankenthal Dittrichring, ab 18.00 Uhr (Anmelder „Erich-Zeigner-Haus e.V.“)
- Friedensgebet in der Thomaskirche um 20.00 Uhr, ab 19.00 Uhr ist die Thomaskirche geöffnet, Zugang über das Mendelssohn-Portal
Offener Brief an die Versammlungsbehörde
Sehr geehrter Bürgermeister Rosenthal, sehr geehrter Herr Loris, sehr geehrter Herr Schmidt,
soeben lese ich den Bescheid der Versammlungsbehörde der Stadt Leipzig, der am heutigen Tag an den Erich-Zeigner-Haus e.V. ergangen ist. Danach soll die Mahnwache am Stolperstein für die Familie Frankenthal am Dittrichring am 01.02.2016 nur im Zeitraum zwischen 21.00 bis 23.30 Uhr (sic!) stattfinden können. Begründet wird dies damit, dass ein „Störerpotential“ bei der Mahnwache vermutet wird. Sie versuchen, diese Vermutung mit einer seitenlangen Aufzählung von Demonstrationen zu belegen, aus denen heraus es angeblich oder tatsächlich zu Störungen etc. gekommen sein soll. Aufgeführt werden auch solche Vorgänge, die im Nachhinein in langen Gesprächen mit der Versammlungsbehörde geklärt wurden. Damit suggerieren Sie, dass der Veranstalter der Mahnwache für Gewalttätigkeiten verantwortlich ist bzw. diese geradezu provoziert. Diese bösartige Unterstellung, die durch nichts belegt werden kann, kann nur mit Entschiedenheit zurückgewiesen werden. Es ist unerträglich, dass diejenigen, die sich seit Monaten für ein friedliches, gewaltfreies, demokratisches Zusammenleben in unserer Stadt einsetzen und darum immer wieder selbst Bedrohungen ausgesetzt sind, nunmehr von Ihnen mit einem Generalverdacht überzogen werden. Mehr noch: Nach dieser Lesart müssten Sie auch am kommenden Montag den freien Zugang zur Thomaskirche verhindern, weil es ja sein könnte, dass irgendwelche Gewalttäter das Friedensgebet in der Thomaskirche nutzen, um „Legida“ zu „stören“. Merkwürdig nur, dass die Übergriffe auf Journalisten oder der Aufruf zur Gewalt gegen Politiker, Richter, Journalisten, Pfarrer/innen durch Tatjana Festerling am 11.01.16 bei der Legida-Veranstaltung bei Ihnen überhaupt keine Rolle spielen. Mit diesem Bescheid hat sich die Versammlungsbehörde in jeder Hinsicht disqualifiziert. Kooperationsgespräche, die ich bisher als eine Konsenssuche empfunden habe, sollen offensichtlich nicht mehr einer demokratischen Verständigungskultur dienen, sondern erweisen sich im Nachhinein als Hinhaltetaktik, Verschleierung und schließlich auch Zeitvergeudung. Angesichts dieses Desasters kann ich Sie nur auffordern, diesen und die anderen Bescheide im Blick auf den 01.02.16 umgehend zurückzuziehen. Nur so lässt sich verloren gegangenes Vertrauen zurückgewinnen.
Mit freundlichen Grüßen
Christian Wolff
5 Antworten
Ja, ja, der politische Diskurs! Auch Ihr letzter Beitrag zeigt eben wieder, daß Sie darunter verstehen, daß es Ihre Meinung einerseits und Pöbeleien (und Rechtsradikale) andererseits gibt. Es ist erstaunlich, wie sehr Sie Andersdenkende unermüdlich unter der Gürtellinie angreifen („Pöbeleien“) – und selbst empfindlich auf Gegenwind reagieren.
Schildern Sie mal eine „Seehofer-Pöbelei“! Ich sehe bisher, dass aus dem von der Flüchtlingswelle am meisten betroffenen Bundesland eine Menge Vorschläge gekommen sind, die zuerst vehement von Ideologen wie Stegner und Gutmenschen wie Göring-Eckardt angegriffen wurden, die nach kurzer Diskussion von der Bundesregierung (einschl Gabriel) und von den Ländern/Kommunen übernommen worden sind und denen die Vernünftigen in der Opposition, zB Kretschmann, zugestimmt haben. Und ich sehe, daß das Bundesland Bayern die Bundesregierung schriftlich aufgefordert hat, Zustände an seiner Außen-, zuglech der Bundes-Außengrenze zu beenden, die offensichtlich dem deutschen Recht nicht entsprechen – das ist der im GG festgelegte Föderalismus. Daß unsere Medien diese Selbstverständlichkeit durch bewußte Verwechslung von Seehofer und Bayern zum Skandal hochspielen und so kräftig manipulieren, ist eben (leider) typisch für dieselben.
Ich erwarte mit Freuden Ihre Widerlegung und grüße Sie,
Andreas Schwerdtfeger
Ja, wenn Sie das so sagen, sind wir einer Meinung! Wenn Sie, wie immer wieder, die CSU – eine demokratische Partei mit hoher demokratischer Zustimmung – mit reinrechnen, gehören Sie zu den Brandstiftern! Und daß sich „kaum jemand“ über die Handgranate aufregt, ist doch Unsinn und zeigt, wie sehr Sie sich die Welt schlecht reden, um dann in heiligen Zorn zu verfallen. Ich jedenfalls kenne niemanden, der sich nicht über die HG aufregt.
Nochmals Gruß,
Andreas Schwerdtfeger
Weder rede ich die Welt schlecht, noch bin ich vom „heiligen Zorn“ befallen. Ich stelle nur nüchtern fest, dass sich Erregung über die täglichen Übergriffe auf Flüchtlinge und ihre Unterkünfte und über die geistigen Brandstifter sehr in Grenzen halten (z.B. im Vergleich zu einer läppischen und dennoch völlig unnötigen Vereinbarung zwischen Staatsanwaltschaft und Polizeidirektion in Kiel oder im Vergleich zu der absurden Seehofer-Pöbelei gegen die Bundesregierung, die nichts, aber auch gar nichts mit der Lösung der Probleme zu tun hat). Darum: Ich möchte gar nicht mit Ihnen einer Meinung sein. In diesem Sinn herzliche Grüße Christian Wolff
Da ist er wieder, unser Heiliger Mann, der sich in blindem Eifer ins Gefecht stürzt und gegen die Bösartigen dieser Welt den Harnisch überstülpt und das Schwert ergreift und uns immer mehr erinnert an Stefan Zweigs Feststellung (in „Maria Stuart“): „Immer sind, die für Gott zu streiten vorgeben, die unfriedlichsten Menschen auf Erden“. Aber hier streitet er ja nicht für Gott, sondern nur für Gerechtigkeit und gegen Behördenwillkür. Daß die Behörden überwiegend sehr gegenwärtig vor Augen haben, daß in unserem Lande jede, aber auch jede solche Entscheidung vor Gericht angefochten und also überprüft wird, daß sie also sicherlich schon deswegen mit Vorsicht und Rücksicht entscheiden, daß sie zwar vielleicht nicht immer richtig liegen, aber jedenfalls nicht aus der Hüfte schiessen oder eine der beiden Demonstrationsseiten nach eigenem Gusto benachteiligen – das alles ficht unserem Heligen Mann nicht an. Stattdessen fühlt er sich und seine wackeren Mitstreiter unter „Generalverdacht“ gestellt – natürlich ein übler (und unberechtigter) Vorwurf, der nur dann anzuwenden ist, wenn man CSU und AfD in EINEM Satz und mit dem gleichen Vorwurf als die Bösewichter unserer Politik identifiziert und damit gleich 50% der bayrischen Bevölkerung zu Rechtsradikalen stempelt. Aber das ist ja kein Generalverdacht sondern eine Generalgewissheit!
Sie schreiben, lieber Herr Wolff (im Beitrag zur Lage der SPD), „im Gegensatz zu manchem, der sich zum Thema Flüchtlinge äußert, kann ich mir ein Urteil aufgrund eigener Anschauung erlauben“ – und sehen dabei nicht (verzeihen Sie den Vergleich), daß wer bis zum Bauchnabel im Teich steht, vielleicht nicht die ideale Besetzung ist, um über die Trockenlegung des Teiches zu entscheiden. Es steht außer Frage, daß Sie vor Ort sicherlich Großartiges leisten (wenn Sie nicht gerade demonstrieren müssen), aber nochmal: die Dimension des Flüchtlingsproblems ebenso wie die Dimension des Legida-Problems (Vertrauenskrise und dessen populistische Ausnutzung!) geht über die Hilfsbereitschaft vor Ort hinaus und muß politisch (über das gesamte demokratische Spektrum), finanziell, gesellschaftlich (auch über das gesamte Spektrum), aus den vorhandenen Ressourcen heraus gelöst werden. Und dabei könnte Ihr Beitrag der sein, daß Sie mithelfen, das Vertrauen in Behörden zu stärken, demokratische Parteien mit anderen als Ihren Lösungsansätzen trotzdem zu respektieren, realitätsnahe Lösungsvorschläge auch dann nicht in Bausch und Bogen zu verwerfen, wenn sie dem unerreichbaren Idealtypus nur nahekommen. Sie schrieben einst gegen die „Biedermänner und Brandstifter“ an – und immer häufiger sind Sie in deren Kreis zu finden. Schade!
Ich grüße Sie,
Andreas Schwerdtfeger
Den Vergleich „verzeihe“ ich, dass Sie Menschen wie mich zu den „Biedermännern und Brandstiftern“ zählen, ist eigentlich unverzeihlich. Denn diese Brandstifter sind die Leute, die das Klima dafür bereiten, dass über 1.000 Gewaltakte gegen Asylunterkünfte und Flüchtlinge allein 2015 verübt wurden und dass es inzwischen kaum noch jemanden groß aufregt, wenn eine entsicherte Handgranate in eine bewohnte Flüchtlingsunterkunft geworfen wird (und Gott sei Dank nicht explodiert). Es gibt einen sehr klaren Gradmesser für „Biedermann und die Brandstifter“: das sind die Leute, die andere gegen bestimmte Menschengruppen aufwiegeln und sich dann mit Unschuldsmine vor jeder Verantwortung drücken. Genau diese Leute sitzen in den rechtsradikalen Parteien und insbesondere in der Führungsriege der AfD. Das zu benennen, gebietet die Ratio und der Anstand.