Heute ist die Ampel-Koalition unter Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ein Jahr im Amt. Doch die Schlagzeilen werden aktuell von anderen Meldungen beherrscht – so wie das erste Jahr der Ampel-Koalition wenige Wochen nach Amtsantritt vom Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine und seine Folgen überschattet wurde. Da waren weniger Aufbruch und Fortschritt als vielmehr Krisenmanagement angesagt. Dringende Vorhaben der Ampelkoalition sind in den Hintergrund geraten. Das hat den Ampel-Parteien SPD, FDP, Bündnis 90/Die Grünen nicht unbedingt Sympathiepunkte eingebracht. Und nun heute das: Reichsbürger um Prinz Reuß Heinrich XIII. und der früheren Bundestagsabgeordneten der AfD und noch im Amt befindlichen Richterin am Landgericht Berlin Birgit Malsack-Winkemann planten zusammen mit ehemaligen und aktiven Angehörigen der Bundeswehr und der Polizei einen Umsturz. Das über ganz Deutschland ausgedehnte rechtsradikale Netzwerk wollte das in die Tat umsetzen, was seit zwei Jahren auf unzähligen Demonstrationen der Corona-Leugner und Verschwörungsideologen per Plakate und Reden gefordert wird: die Regierung zu verjagen, vor Gericht zu stellen („Nürnberg 2.0“), abzuurteilen, zu eliminieren.
Auch wenn man sich nur schwer vorstellen kann, dass ein solcher Umsturzversuch „erfolgreich“ sein kann – das Beunruhigende ist die Tatsache, dass in den militanten Verschwörungskreisen Mitglieder des Adels, einer im Bundestag vertretenen rechtsradikalen Partei (AfD), der Bundeswehr und der Polizei zusammenarbeiten. Es ist genau die Melange, die auch in der Weimarer Republik die Nationalsozialisten groß gemacht hat. Hinzu kommt, dass der Sturm aufs Capitol in Washington am 6. Januar 2021 durch Anhänger vom damals noch amtierenden Präsidenten Donald Trump in erschreckender Weise offengelegt hat, wie schnell eine Demokratie kippen kann – von den sechs Wochen ganz zu schweigen, in denen zwischen dem 30. Januar (Hitler kommt an die Macht) und dem 23. März 1933 (Verabschiedung der Ermächtigungsgesetze) die demokratischen Strukturen der Weimarer Republik zerstört und in Deutschland eine brutale Diktatur errichtet wurde.
Heute konnten die geplanten Umsturzabsichten des rechtsradikalen Netzwerkes um Reichsbürger, AfD u.a. durch einen vom Generalbundesanwalt veranlassten massiven Polizeieinsatz gestoppt und die bisher bekannten Hauptverantwortlichen verhaftet werden. Offensichtlich ist dies auch eine Folge davon, dass die Ampel-Koalition von Anfang an durch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) dem Rechtsradikalismus den Kampf angesagt hat. Allein deswegen sollten wir über das Wirken der Ampel-Koalition froh sein. Denn es ist endlich Schluss mit der Verharmlosung der Gefahren, die von rechtsnationalistischen Parteien und ihren Helfershelfern in den Sicherheitsorganen ausgehen. Über Jahrzehnte wurden die Augen verschlossen vor den Gefahren für die Demokratie, die von rechtsnationalistischen Kräften ausgehen. Auch die NSU-Morde und ihre skandalöse Vertuschung insbesondere durch den Verfassungsschutz hatten 2011ff nicht zu einer radikalen Umkehr geführt. Offensichtlich ist erst durch das entschlossene Agieren von Nancy Faeser eine andere Dynamik in die Ermittlungen gegen die rechtsradikalen Netzwerke gekommen. Es ist zu hoffen, dass das, was sich offensichtlich in den vergangenen drei Jahren an neuen rechtsnationalistischen Gruppen aufgebaut und in diesem Jahr neue Nahrung bekommen hat, durch die heutige Razzia entscheidend geschwächt wurde. Es bleibt aber die Aufgabe: Demokratie kann dauerhaft nur geschützt werden durch Bürgerinnen und Bürger, die die freiheitliche Demokratie und den Rechtsstaat bejahen und ihn mit Leidenschaft verteidigen.
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Dazu ist am 12.12.2022 in Leipzig Gelegenheit: Treffpunkt 19.00 Uhr Runde Ecke.
17 Antworten
Was soll das Treffen morgen um 18.00 Uhr vor der „Runden Ecke“ bei Minusgraden? Da laufen nur wenige Passanten vorbei, die agitiert werden könnten.
Die Kundgebung an der Runden Ecke heute unter dem Motto „22 ist nicht 89 – Wir leben in keiner Diktatur“ soll im Umfeld des Tages der Menschenrechte am 10.12.ein deutliches Zeichen setzen für Demokratie und Menschenrechte und gegen den Rechtsnationalismus und seine autokratischen Phantasien – eine von Witterungsverhältnissen völlig unabhängige Notwendigkeit. Denen, die nach wie vor mit Reichsbürgern und Rechtsradikalen ihren Verschwörungsideologien freien Lauf lassen, darf der Ring und der Montag nicht überlassen bleiben.
Ich komme soeben von der Protestkundgebung an der Runden Ecke zurück. Lieber Klaus Plätzsch, die Minusgrade waren nicht das Problem. Auch nicht, dass dort nur wenige Passanten vorbeigelaufen sind.
Für mich war das Problem, dass ca. 60 schwarz gekleidete Jugendliche („Siamo tutti Antifascisti“) ein großes Banner vor sich her trugen, auf dem stand: „Fight law and order“ und „Exekutive Zerschlagen“!
Es war das einzige Banner, das ich wahrgenommen habe. Und dann klagte auch noch der erste Redner – völlig zu Recht – ausgerechnet darüber, dass Reichsbürger die Gesetze unseres Landes nicht anerkennen und sich selbst über rote Ampeln hinwegsetzen würden…
Ich sagte der Versammlungsleiterin, dass ich mich hinter dieser Parole nicht einordnen kann. Sie entgegnete lediglich, das sei „Freie Meinungsäußerung“ und ob ich etwas gegen freie Meinungsäußerung hätte.
Das habe ich definitiv nicht. Dafür habe ich mittlerweile die Nase gestrichen voll von Kundgebungen, die von „Leipzig nimmt Platz“ verantwortlich geleitet werden!!!
Das ist das Dilemma, lieber Herr Käfer: Junge Aktivisten, die diese Veranstaltungen letztlich organisieren und am Laufen halten, schießen übers Ziel hinaus und ziehen Extremisten an.
Thomas Fischer hat in seiner aktuellen Kolumne bei Spiegel online („Reichsbürger“-Razzia) die mediale (und teilweise auch politische) Aufgeregtheit um Prinz Reuß und seine Rasselbande aus juristischer Sicht, wie ich finde, sehr gut eingeordnet; ich war zuvor auch schon der Meinung gewesen, dass die Gefahr eines „Putsches“ von rechts nicht ernsthaft bestand; unsere Demokratie ist mittlerweile gut eingeübt und (zumindest derzeit noch) sattelfest!
ABER es erschreckt mich zunehmend, wie weit Sorglosigkeit und Naivität schon um sich gegriffen haben:
• da meint ein damals vermutlich aufrichtiger Mitmarschierer der 89er Demonstrationen in Leipzig, dass heutige Träger von Reichsfahnen und solcher der „Freien Sachsen“, seinen Protest gegen aktuelle politische Entscheidungen nur „mit besuchen, keinesfalls beeinflussen“
• da liefert ein Ministerpräsident bereitwillig die Bühne für einen wortgewandten „Menschenfänger“, der sich immer mehr in dunkle Mythen verstrickt, Deutschland im Endstadium der Demokratie wähnt; und weder der MP noch der Journalist einer hochangesehenen Wochenzeitung fragen kritisch nach
• da gehen in allen möglichen Talk-Formaten, von Lanz bis Will, von LVZ bis Spiegel, selbsternannte Philosophen, Waffen-, Gesundheits- und Klimaexperten ein und aus, die allenfalls an ihrer medialen Präsenz und Click-Zahlen interessiert sind
Gleichzeitig nehmen Hass und Hetze, soziale Spaltung, Einkommens-, Vermögens- und Unterschiede bei Aufstiegschancen stetig zu:
• da wettert ein von sich und seinem beachtlichen Stammbaum Überzeugter seit Jahren immer dann besonders unanständig gegen Christian Wolff und seine „hirn- und würdelosen Papageien“, wenn diese fordern, man müsse sich von rechtem Gedankengut, der AfD im Besonderen, immer wieder konsequent, ggfs. auch lautstark abgrenzen. Und das auch noch, wo nach dem Ausscheiden von Lucke, Petri, oder Meuthen die AfD eindeutig rechtsextrem geworden ist
• da wird nicht nur auf rechten Demonstrationen, sondern auch im Bundestag ungestraft „wir werden sie jagen“ formuliert; da wird von einwandernden Kopftuchmädchen und von Asylanten als mit Messern bewaffneten Vergewaltigern geredet; oder dass man dem „Sozialtourismus“ von Kriegsflüchtlingen Einhalt gebieten müsse
• da wird immer mehr Stadt gegen Land ausgespielt, Auto gegen Fahrrad, „gesunder Menschenverstand“ gegen Genderwahn und Klima-RAF; da wird „Deutschland zuerst“ gefordert, wird linker gegen rechten Extremismus aufgewogen
• da soll „Leistung“ sich wieder lohnen; eine Leistung, die oft nur darin besteht, zufällig in die richtige Familie hineingeboren worden zu sein und reichlich geerbt zu haben; oder die richtigen Steuerschlupflöcher erkannt und genutzt zu haben, wenn einem die Möglichkeit dazu geboten wurde; oder zufällig die richtigen Leute („Vitamin B“) zu kennen
• da gilt es als „marktgerecht“ und „clever“, wenn man Tarifverträge aushebelt, den Mindestlohn umgeht, durch gezieltes Outsourcing menschenwürdige Arbeitsbedingungen hierzulande oder im Ausland ausser Kraft setzt
Wohl gemerkt: das ist eine kritische, persönliche Sicht auf die zurückliegenden Monate, kein Anlass zu anhaltendem Pessimismus oder gar Fatalismus!
Ich wünsche allen Lesern und Mit-Bloggern ein gesegnetes Weihnachtsfest und ein gesundes, gutes 2023!
Zum Thema Demokratie:
„In Zeiten unserer „aufgewühlten Gesellschaft“, in denen oft unversöhnliche Töne die Debatten bestimmen, ist es gut, sich an die versöhnende Kraft des Glaubens und das Wunder der Freiheit und Einheit zu erinnnern.
Es gilt das Wirken der mutigen Männer und Frauen nicht zu vergessen, die als Christen in der DDR-Diktatur Widerstand geleistet haben, zum Erfolg der Friedlichen Revolution von 1989 und zum Neuanfang im wiedervereinigten Deutschland beigetragen haben.
Das Bibelwort „Schwerter zu Pflugscharen“ hat die Diktatur ins Wanken gebracht.
Harald Bretschneider, Vorsitzender des Vereins „Glaube, Mut und Freiheit – in der DDR und danach“
https://www.glaube-mut-freiheit-ddr.de/
In der (rechtslastigen) „Jungen Freiheit“ erschien heute ein Interview mit dem ehemaligen sächsischen Landesjugendpfarrer und Vereinsgründer Harald Bretschneider und ein Artikel der Mitbegründerin der Sozialdemokratischen Partei der DDR, Angelika Barbe, zu diesem Thema, den ich hier verlinke:
https://www.directupload.net/file/d/6759/p5tjf2ju_pdf.htm
Werter Klaus, mal ein Satz von Ihnen ohne die bösen Russen
Respekt
„ … unter Ausnutzung ihrer diplomatischen Immunität“ möchte man Käfers letzten Satz ergänzen, was die Sache noch ein bißchen peinlicher macht.
Welche Dramatik Wolff doch wieder in seinen Aufruf legt und dabei sogar die Geschichte prophetisch bemüht! Das Positive will er nicht sehen, weil es nicht in sein Weltbild paßt und vernünftige Konsequenzen wären ihm sicherlich auch zuwider:
– Die Aufmerksamkeit und offensichtlich gute Zusammenarbeit zwischen Verfassungsschutzämtern, BKA, MAD, Justiz und Exekutivorganen, etc, sind positiv hervorzuheben und schützen uns alle.
– Deren Arbeit würde erleichtert und sicherlich qualitativ noch gesteigert, wenn Datenschutzbestimmungen dahingehend in Richtung mehr Vernunft angepasst würden, daß diese Zusammenarbeit grundsätzlich den umfassenden Datenaustausch erlaubt.
Eine Gruppe wie die hier aufgeflogene muß ernst genommen werden, nicht ihrer Erfolgsaussichten wegen, sondern schlicht, weil sie existiert – und leider ja auch auf beiden Seiten des politischen Spektrums. Aber sie beschreibt traurigerweise nur das Dilemma, in dem unsere gesamte Demokratie (und auch die benachbarten: USA, UK, Frankreich, Italien, Israel) steckt: Daß nämlich der Konsens der Mitte zunehmend zusammenbricht (wofür Wolffs Petita ein starkes Beispiel sind), daß die Rechthaberei und Ausschließlichkeit rasant zunimmt (und hier ist Käfers Beitrag eine dankenswerte Ausnahme), daß Beschimpfung und Aggressivität Argumente ersetzen (was wir sicher noch in einer Antwort erwarten dürfen).
Ich stimme zu, wenn bedauernd festgestellt wird, daß „unter den 50 Verdächtigen sich auch Angehörige von Justiz, Militär und Polizei befinden“ (Plätzsch). Es ist aber immerhin anmerkenswert, daß diese drei Säulen des demokratischen Staates nicht ganz zufällig die bei uns am meisten belasteten Institutionen in der Auseinandersetzung um die Sicherheit im inneren und äußeren und den Rechtsstaat sind – und leider auch diejenigen, die von den Medien, der Gesellschaft und einigen unserer Parlamentarier (abgesehen von Lippenbekenntnissen), insbesondere auch von denen, die sich selbst als die einzigen und besten Interpreten des Grundgesetzes ansehen, am häufigsten und am krassesten im Stich gelassen werden, wenn es um Ausstattung, Ausrüstung, Befugnisse und insbesondere Vertrauen geht.
Andreas Schwerdtfeger
Zum ersten Jahrestag der Ampelkoalition kann/sollte man schon einmal innehalten und kritisch hinterfragen, wie dieses Jahr gelaufen/zu bewerten ist…
Ganz so wohlwollend/optimistisch sehe ich die Arbeit der Ampel (insgesamt) nicht! Natürlich hatte sie es von Anfang an ungemein schwer; jahrelange Versäumnisse und fehlende Zukunftsperspektiven der Vorgängerregierungen, das Managen der ersten handfesten Pandemie (nicht zu vergessen die kriminellen Machenschaften einer Reihe von Politikern, wie Masken-Deals, Vetternwirtschaft, Lobby-Verstrickungen usw.) und eine zunehmende Radikalisierung/Spaltung der Gesellschaft sind hier anzuführen.
Nach erstaunlich unaufgeregten und offensichtlich weitgehend harmonischen Koalitionsverhandlungen, gingen Hauen und Stechen aber ziemlich schnell los; erinnert sei an (die Nicht-Einführung eines) Tempolimit, das Festhalten am Primat der Schuldenbremse (in einer Null-Zins-Phase!), oder die überzogene Grundrechtsdiskussion im Zusammenhang mit den Einschränkungen durch Corona.
Wer da Führung (vom Kanzler) erhoffte, wurde (bis zum 27.2.22) eher enttäuscht. Schmerzliche Niederlagen bei Landtagswahlen ließen den kleinsten Koalitionspartner zunehmend nervös werden, regierungs-interne Konflikte wurden zunehmend an die Öffentlichkeit durchgesteckt und dort z.T. vehement ausgetragen. Personelle Fehlbesetzungen (aus meiner Sicht) erhöhten die Spannungen – ich denke an Anne Spiegel, Volker Wissing, Christine Lambrecht.
Andere Personalien scheinen mir eher Talkshow- denn Regierungs-geeignet (Stark-Watzinger, Roth, aber auch Lauterbach und Faeser)…
Das Prädikat „Fortschritts-Koaltion“ hat sich die Ampel im ersten Jahr wahrlich nicht verdient; eine Alternative mit Armin Laschet als Kanzler und wem auch immer als Koalitionspartner wäre angesichts der aktuellen weltpolitischen Krisen aber für mich die reine Katastrophe – wissend, dass viele das grundlegend anders sehen werden.
Die Razzia gestern gegen umstürzlerische „Reichsbürger“ um den Spinner Prinz Reuß ist zwar nett, vielleicht überfällig, beendet die Gefahr des schleichenden Wachstums der „Rechten“ aber keineswegs! Jedenfalls nicht, solange Bürger aus der vermeintlichen Mitte der Gesellschaft zu deren Demonstrationen strömen und eine rechte Unterwanderung nicht sehen (wollen), sondern meinen, die Rechten würden diese Demonstrationen nur „mit besuchen“ und „zumindest bisher keinesfalls prägen“….
Und dass wir weiter unaufhaltsam auf die endgültige Vernichtung unserer Lebensgrundlagen zusteuern, kann man ja auch ganz leicht überblenden mit der Warnung vor der Gefahr einer „Klima-RAF“!
Nein, große Fortschritte kann ich nach einem Jahr Ampel nicht erkennen. Symptomatisch scheinen mir da eher die groß aufgeblasene Umbenennung von Hartz IV in Bürgergeld, die substantiell am Ende so gut wie nichts gebracht hat, oder mit Bezug zur Fußball-WM in Katar die lächerliche Symboldebatte um „One Love“, mit der es Frau Faeser Herrn Infantino mal so richtig gezeigt hat…
Lieber Michael, da sehe ich einiges anders:
1. Ich bin mir ziemlich sicher, dass in ein bis zwei Jahren sehr viele Menschen froh sein werden über die unaufgeregte Regierungsarbeit gerade von Olaf Scholz.
2. Mag Prinz Reuß eine verrückte Persönlichkeit sein – das Netzwerk, das er mit aufgebaut hat ist alles andere als eine Versammlung von Spinnern. Insofern ist gestern offenbar geworden, was etlich schon lange vermuten: ein schlagkräftiges rechtsradikales Netzwerk. Es ist aber sicher nicht das einzige. Insofern ist gestern nur eine Spitze von vielen eines gewachsenen Eisberges sichtbar geworden.
3. Angesichts der Altlasten der vorhergehenden Bundesregierungen und des Ukrainekrieges konnte es nicht viel Fortschritte innerhalb von 12 Monaten geben. Dennoch beinhaltet das (von der CDU verwässerte) Bürgergeld mehr als eine neue Etikette.
4. Die Arbeit von Bundesinnenministerin Nancy Faeser bewerte ich sehr viel positiver – nicht nur, weil sie den Kampf gegen den Rechtsradikalismus tatsächlich führt. Auch in der Flüchtlingspolitik läuft vieles unaufgeregter. Was die Debatte um Katar und „One Love“ angeht: das ist ein Totalversagen des DFB. Er hat keinen Mumm gehabt, um die überfällige Auseinandersetzung mit der korrupten FIFA zu führen. Sie sind für alles verantwortlich, was im Umfeld der WM in Katar geschieht – und weniger die Scheichs. So habe ich auch das Auftreten von Nancy Faeser verstanden.
5. Insgesamt erleben wir derzeit leider, dass viele Menschen an den Positionen, in denen sie tätig sind, überfordert sind. Das erleben wir in der Gastronomie, in Verwaltungen, im Sport und auch auf politischer Ebene. hier bedarf es einer umfassenden Qualitätsoffensive.
Beste Grüße, Christian
Lieber Christian, vielen Dank für Dein Feed-Back.
Vielleicht wäre mein Beitrag etwas konzilianter ausgefallen, hätte ich nicht gerade gestern den LVZ-Talk mit MP Kretschmer und die Sendung „Maischberger“ mit Nancy Faeser verfolgt! „Eher Talkshow- denn Regierungs-geeignet“ als Attributierung einzelner Politiker:innen rührt sicherlich mit daher.
Ich hoffe sehr (und schließe keineswegs aus), dass Du mit Deinem Punkt 1 Recht behältst.
Als seit langem bekannten Spinner verstehe ich nur die Person Prinz Reuß, nicht das auch in meinen Augen durchaus gefährliche rechte Netzwerk dahinter, das mittlerweile beängstigende Verästelungen (Richter:innen, Ärzt:innen, Soldat:innen, Lehrer:innen usw.) aufweist und Prinz Reuß lediglich als „Gallionsfigur“ vor und für sich aufgestellt hat. Insofern denke ich, wir stimmen in Deinem Punkt 2 durchaus überein.
Anders dagegen bei Punkt 3. Hier hat Merz m.E. leider mit seinen populistischen Kritikpunkten fast alle substantiellen Verbesserungen einkassiert, oder verwässert.
Bei der Beurteilung von Frau Faeser (Dein Punkt 4) fällt auch mir, insbesondere im Vergleich zu ihren Vorgängern von der Union, Positives ein („rechte Aktivitäten“ sind keine „Einzelfälle“ mehr, Einwanderung wird nicht primär als Bedrohung, sondern eher als Chance gesehen), ich kann aber nicht ausblenden, sie immer mit einem Auge als potenzielle hessische Ministerpräsidentin und damit nicht mit vollem Engagement als Innenministerin zu sehen… Und der Wechsel von Maaßen zu Haldenwang hat wohl auch erheblichen Anteil an der realistischeren Beurteilung der Gefahren von rechts. Zu Deiner Einschätzung des Totalversagens des DFB und der korrupten FIFA wirst Du von mir keine Silbe Widerspruch hören; trotzdem fand ich das Bild von Faeser/Infantino mit „One Love Binde“ beim Spiel Deutschland gegen Japan nur peinlich!
Deinem Wunsch einer Qualitätsoffensive (Punkt 5) stimme ich ebenfalls zu – allein die Forderungen nach immer mehr und häufigeren Subventionen sind halt viel bequemer…
Noch gar nicht angesprochen wurde bei der Zwischenbilanz unsere derzeitige aussenpolitische Situation, insbesondere in Europa! Die zunehmende Entfremdung speziell mit Frankreich (da sind sowohl Scholz aber auch Macron gefordert!!!), und die Wahrnehmung der Bundesrepublik als primär von Eigeninteressen geleitet, scheint mir da fatal!
Und wenn ich an den Wahlkampfauftritt von Scholz in Leipzig denke (er beeindruckte mich damals mit einer kämpferischen Rede; sein zentrales Versprechen war neben Mindestlohn und dem Bürgergeld das von 400.000 Sozialwohnungen pro Jahr in Deutschland!??!), wird meine private Bewertung des ersten Ampel-Jahres mit „Drei minus“ trotz aller unverschuldeten Widrigkeiten nicht besser…
„hätte ich nicht gerade gestern den LVZ-Talk mit MP Kretschmer … verfolgt“
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Waren Sie dabei, Herr Käfer, oder wurde die Veranstaltung im Internet übertragen? Der heutigen LVZ entnehme ich, dass Hr. Kretschmer sich über Markus Lanz beschwert hat als er dort eingeladen war und lt. LVZ „von fast der gesamten Runde in die Mangel genommen wurde“. https://www.rnd.de/medien/michael-kretschmer-kritisiert-markus-lanz-ist-das-qualitaetsjournalismus-HS3MJKWO3ZECZOMKCJEGVJDIWM.html
Der Herr Ministerpräsident soll mal nicht so weinerlich sein und einen Blick nach Angelsachsen werfen. Da werden Politiker ganz anders gegrillt.
https://www.youtube.com/watch?v=8Zx0f1VB9bE
„Insgesamt erleben wir derzeit leider, dass viele Menschen an den Positionen, in denen sie tätig sind, überfordert sind.“
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Es ist nicht neu, dass das Peter-Prinzip vorherrscht: “ „Nach einer gewissen Zeit wird jede Position von einem Mitarbeiter besetzt, der unfähig ist, seine Aufgabe zu erfüllen.“
https://de.wikipedia.org/wiki/Peter-Prinzip
Zu Pkt 5 von Hr. Wolff:
„5. Insgesamt erleben wir derzeit leider, dass viele Menschen an den Positionen, in denen sie tätig sind, überfordert sind. Das erleben wir in der Gastronomie, in Verwaltungen, im Sport und auch auf politischer Ebene. hier bedarf es einer umfassenden Qualitätsoffensive.“
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Schön, dass Sie alles so gut überblicken, dass Sie qualitätskritischen Einblick nehmen in Gastronomien, Verwaltungen, in Sport und politische Ebenen.
Mit dieser Gabe müsste Ihnen das Naheliegende nicht entgangen sein: Am Allermeisten fehlt es der Kirche an Qualität. Sie redet überall mit aber so oft ohne Tiefe und tut so als wisse sie alles viel besser. Aber im Kern ihrer Verkündigung ist sie jetzt wieder sehr voraufklärerisch und extrem widersprüchlich: Z.B. seit R. Bultmann u.a. keine Theologie die Gottes Allmacht und weltliche Ungerechtigkeit/Gottesferne glaubwürdig in Beziehung setzt.
Oder: Kirche will die Demokratie hochhalten und solidaririsiert sich mit den Klebekindern, die das genau nicht tun. Kirche meint, es sei damit getan zu Moralisieren, will Beispiel sein im Tempolimit, aber „gönnt“ sich 20 landeskirchliche Strukturen, Unmengen von Synoden in UEK, VELKD, EKD , in Dekanaten, Sprengeln, usw. usw. Was könnte hier an Fahrten eingespart werden?
Das ist dann sowieso nur was für verbeamtete Laien, keine wirklich im beruflichen Leben Eingebundene und für ihre beruflichen Aufgaben Qualifizierte, Herr Wolff, können und wollen sich das leisten. Die Kirche ist ein Sammelbecken von, sagen wir, nicht unbedingt besonders hoch Qualifizierten, die entweder im Rentenalter sind oder deren hauptberufliche Existenz eine solchen zeitlichen Aufwand ermöglichen kann.
Denken Sie, dass wirklich Hochqualifizierte sich das neben ihrer beruflichen Verantwortung leisten können?
Gehen Sie in dem für Sie so naheliegenden Kontext der kirchlichen Qualitätsanalyse ruhig etwas mehr in die Tiefe und initiieren gerne eine Qualitätsinitiative.
Ich finde ihre qualifizierten Urteile ja sehr amüsant, wie Sie sich mit Verve über andere erheben, auch dass wir nach ein paar Jahren sehen werden, welch großartiger Kanzler Herr Scholz gewesen sei… 🙂
Martin Haberland
Ja, auch die Kirche benötigt im Blick auf ihr Personal eine Qualitätsoffensive. Da haben Sie völlig Recht, lieber Herr Haberland.
„Kirche meint, es sei damit getan zu Moralisieren, will Beispiel sein im Tempolimit…“
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Immerhin empfiehlt die Synode der EKD ein Tempolimit für kirchliche Mitarbeiter von 100 km/ auf Autobahnen und 80 km/h auf Landstraßen. Also wenn vor Ihnen mal wieder auf der Landstraße jemand schleicht, denken Sie daran, es könnte ein Kirchenmitarbeiter sein.
https://www.ekd.de/beschluss-tempolimit-in-der-evangelischen-kirche-76252.htm
Das erinnert mich an einen alten Witz: Der KP Chinas ist der Rechtsverkehr ein Dorn im Auge, schließlich ist man links. Doch gibt es Gegenstimmen. Man einigt sich salomonisch auf eine Testphase: erstmal Linksverkehr nur für Taxis.
Na ja, wer einen solchen Wirrkopf wie Heinrich XIII. Prinz Reuß zum Führer einer Gruppe macht, die einen Staatsstreich plant… Bedenklich, dass unter den 50 Verdächtigen sich auch Angehörige von Justiz, Militär und Polizei befinden.
Die bei der Razzia gefundenen Waffen können aber durchaus Anzeichen für geplante Terrorakte sein. Der Verweis auf die schwache Weimarer Republik ist weit hergeholt.
Da halte ich die AfD für die Demokratie in Deutschland für gefährlicher.