Kann er noch überraschen – der Sprengstoffanschlag auf eine Moschee in Dresden? Wohl kaum. Wenn der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer die Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel als „Herrschaft des Unrechts“ denunziert, wenn die CDU-Bundestagsabgeordnete Bettina Kudla vor einer „Umvolkung Deutschlands“ warnt, die nach ihrer Ansicht schon im vollen Gange ist, wenn der CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer einen „Fußball spielenden, ministrierenden Senegalesen“ als Supergau der Integrationsbemühungen ansieht, weil man so einen nie mehr los wird – wenn also immer mehr Politiker/innen den menschenfeindlichen Jargon von Rechtsextremisten übernehmen, dann muss sich niemand mehr darüber wundern, dass Bürger/innen zur kriminellen Tat schreiten und das umsetzen, was die genannten Politiker/innen insinuieren: Es muss Schluss gemacht werden mit „Multikulti“, mit der Flüchtlingsflut, mit immer mehr Moslems in Deutschland. Was sich in der Nacht vom 26./27. September 2016 in Dresden ereignet hat, ist ja nicht überraschend. Aber es zeigt, in welchem Sumpf wir inzwischen gelandet sind: ein aggressiv terroristischer Kampf gegen die, die täglich verbal ausgegrenzt, als „Invasoren“ verunglimpft und auf eine zahlenmäßige Null reduziert werden sollen. Originalton Alexander Gauland von der AfD: „Wir wollen keine Flüchtlinge!“
Am Vorabend des Tages, an dem auf der zentralen Feier zum „Tag der Deutschen Einheit“ in Dresden der Friedlichen Revolution und der Vereinigung der beiden deutschen Staaten gedacht werden soll, zeigt sich Sachsen als Hochburg militanter Ausländerfeindlichkeit und Islamophobie. Doch nicht nur im Freistaat Sachsen breitet sich der Virus des Rechtsextremismus aus. Die eklatanten Wahlergebnisse der AfD führen leider dazu, aus dem neuen Sammelbecken für Rechtsextremisten, die natürlich „keine Nazis“ sind, eine ganz normale Partei zu machen. Da wird dem „besorgten Demokraten“ eingeredet: Alles nicht so schlimm. Sind doch alles ganz normale Menschen, die Wähler/innen der AfD. Habt euch doch nicht so. Gewöhnt euch einfach daran. Ja, ganz normale Menschen waren in der Nazizeit auch alle, die zugeschaut, mitgemacht haben und schließlich zu Verbrechern wurden. Sie waren so normal, dass sie nach 1945 gar nicht mehr auffielen. Ganz normale Menschen leben auch heute in all den Ortschaften, in denen der alltägliche Faschismus schon gar nicht mehr auffällt. Ganz normale Menschen versammeln sich auch montags bei Pegida in Dresden und klatschen frenetisch Beifall, wenn eine Tatjana Festerling giftet: „Ich scheiß auf Anstand“. Aber in ihrer Normalität sind sie rassistisch, haben Angst vor Geflüchteten, obwohl sie noch nie einem begegnet sind, pöbeln wie gerade in Berlin ein Kind als „Scheiß Ausländer“ an, betreiben Menschenverfeindung, legen die Lunte an Demokratie und Pluralität, zündeln – bis schließlich eine Asylunterkunft, eine Synagoge oder eine Moschee brennen. Besorgte Bürger? Nein, nein, nein! Das sind militante Egoisten, die sich darin gefallen, sich selbst eine nationale Überlegenheit einzureden oder einreden zu lassen, die von ihren eigenen Unzulänglichkeiten ablenkt, sie aber zu etwas Besonderem stilisiert.
Es wäre am Tag der Deutschen Einheit, am 3. Oktober, viel gewonnen, wenn in Dresden nicht die dumm-dreisten Parolen von Pegida und AfD nachgeplappert, deren rassistische Sprüche mit der Aura einer verständnisvollen Würdigung versehen oder durch die ekelhafte Plagiierung durch Politiker/innen demokratischer Parteien noch verstärkt werden. Hoffentlich nimmt am 3. Oktober niemand das Wort vom „besorgten Bürger“ in den Mund. Denn das ist eine Verunglimpfung aller, die sich Sorgen machen um den Erhalt der Demokratie, um die kulturelle und religiöse Vielfalt, um ein friedliches Zusammenleben von uns so unterschiedlichen Menschen. Hoffentlich beziehen am 3. Oktober 2016 alle, die vor ein Mikrophon treten, eindeutig Position für all das, was im April 1989 ein Auslöser der Friedlichen Revolution war: die ökumenische Versammlung für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung und deren Abschlussdokument. Da heißt es im Kapitel „Leben in Solidarität mit Ausländerinnen und Ausländern“:
Wir bitten die Christen unseres Landes
- offen zu werden für „fremde“ Lebens- und Glaubenserfahrung und sich auch der eigenen Tradition in kultureller und gesellschaftlicher Hinsicht bewußt zu werden;
- sich Ausländerinnen und Ausländern mehr zu öffnen und Kontakte zu suchen;
- zu lernen, eigene Vorurteile und Wertvorstellungen anfragen zu lassen;
- bei Diskriminierung von Ausländerinnen und Ausländern sich offen auf ihre Seite zu stellen;
- ihr Hiersein im Kontext der Weltsituationen verstehen zu lernen …
Ja, es wäre gut, wenn am kommenden Montag in Dresden an ganz vielen Stellen dieses wunderbare Dokument vorgelesen wird. Denn dann wüssten wir, wofür wir dankbar sein können und welche Aufgaben jetzt wirklich anstehen: der Kampf für Pluralität, Freiheit und Demokratie, um der Verheißung von Gottes Schalom gerecht werden zu können.
Herzliche Einladung: Am Montag, 03. Oktober 2016, um 17.00 Uhr werde ich im Friedensgebet in der Kreuzkirche Dresden die Predigt halten.
7 Antworten
Sehr geehrter Herr Wolff,
warum diese hasserfüllte Ablehnung des Begriffs „besorgte Bürger“ und der Ablehnung der Zuwanderungspolitik der Bundesregierung? Man kann m. E. nicht alles für gelungen halten, was Kanzlerin Merkel zum Themenbereich „Asyl – Flüchtlinge – Zuwanderung“ im vergangenen Jahr und zuvor gemacht hat.
Dass wir ein gutes Asylrecht im deutschen Grundgesetz haben und Flüchtlinge aus Kriegsgebieten zeitlich begrenzt Schutz bieten, wird von der grossen Mehrheit auch der Konservativen nicht angefeindet, was von dort – oft leider berechtigt – kritisiert wird, ist sind die Fehlentwicklungen. Und dazu gehörte insbesondere in der Zeit Sept. 2015 bis Mai 2016 – der Hinweis auf eine grosse Zahl sehr problematischer Zuwanderungsfälle. Ich meine derjenigen, die ihre Ausweise weggeworfen haben, weil sie als Syrer nach dem Willen der Bundesregierung automatisch Asyl erhalten; es handelt sich um die grosse Zahl der aus den Maghreb-Länder stammenden jungen Männer – in dieser Gruppe ist auch die Kriminalität leider hoch.
Es handelt sich bei der Kritik der „besorgten Bürger“ (- ich bin auch besorgt) um die Fassungslosigkeit über den Kontrollverlust des Staates, als deutlich wurde, dass in Flüchtlingsheimen Terroristen untertauchen und diese dann noch sich unter mehrfachen Namen haben registrieren lassen und Hilfszahlungen kassiert haben. In der Zeit, als die Anschläge in Paris und Brüssel passierten, wurde noch jeder verlacht und als fremdenfeindlich beschimpft, der auf die Gefahren der unkontrollierten Zuwanderung hinwies; auch ich habe diese Reaktion erfahren.
Ich halte es nicht für vertretbar, ja sogar für extrem gefährlich für die Gesellschaft, die Grenzen für alle Zuwanderungswilligen zu öffnen. Asyl nach dem GG ja – aber keine unkontrollierte Zuwanderung unter dem irreführenden Begriff „Flüchtlinge“. Dass aus islamischen Gesellschaften mit hoher Geburtenrate, aus Nigeria und Afghanistan, die zweiten und dritten Söhne losgeschickt werden, um ihr Glück zu machen und möglichst bald Geld nachhause zu schicken bzw Familienangehörige nachholen sollen, ist aus dem 19. Jahrhundert, aus Hessen und aus Irland bekannt, sie zogen nach Amerika und Australien.
Aber unsere Situation ist anders: Hier geben sich die jungen Männer als Flüchtlinge aus (- obwohl sie ihre Frauen im angeblichen Bürgerkriegsgebiet zurück lassen), hier müssen sie nicht arbeiten um nicht zu hungern, sondern werden durchaus hoch alimentiert, und hier stellen sie Forderungen – assistiert von linken Gegnern unserer Gesellschaftsordnung, denen die „Flüchtlinge“ als Maipulations-Masse dienen. Und hier gibt es die hohe Wahrscheinlichkeit, dass aus den jungen Männern die radikalisierten und anti-westlichen Kämpfer werden, die in der Banlieue nach den soziologischen Erhebungen etwa die Hälfte der Migranten der zweiten und dritten Generation ausmachen. Nicht alle sind Terroristen, aber de Anteil an den dazu bereiten Männern ist erschreckend hoch.
Ja, ich bin einer von den „besorgten Bürgern“, die Sie beschimpfen. Dass Sie zwischen denjenigen differenzieren, die Flüchtlingsheime anzünden und denjenigen, die gegen Merkels Flüchtlingspolitik sind aber für Asyl – das wäre meine Hoffnung.
Mit freundlichen Grüssen
Rudolf Petersen (zZt Berlin)
Sehr geehrter Herr Petersen, meine Kritik an dem Ausdruck „besorgte Bürger“ ist nicht „hasserfüllt“, sondern sachlich begründet. Denn so wie es für sich in Anspruch nehmen, „besorgt“ zu sein, gilt dies auch für mich. Der Begriff „besorgter Bürger“ ist inzwischen zu einem Kampf- bzw. Abwiegelungsbegriff geworden: gemeint sind nicht die, die zu bestimmten Fragen kontroverse Haltungen einnehmen oder etwa die Politik Angela Merkels kritisieren. Vielmehr sind „besorgte Bürger“ die, die sich der Auseinandersetzung gar nicht mehr stellen, sondern ihre Position dadurch bestimmen, dass sie Bevölkerungsgruppen ausgrenzen.
Ich weiß nicht, ob sie in der Arbeit mit Geflüchteten aktiv sind. Ich kann aus den Leipziger Erfahrungen nur sagen, dass ein großer Teil der Geflüchteten nichts sehnlicher erwarten als arbeiten zu können. Es handelt sich nicht um „Scheinflüchtlinge“, sondern um Menschen, die nach schrecklichen Erfahrungen, eine neue Perspektive suchen. Es liegt nicht nur an uns, aber ganz wesentlich an unserer Gesellschaft, dass Integration gelingt und Radikalisierungen verhindert werden. Dabei mache ich mir keine Illusionen über die Größe dieser Herausforderung. Meine persönlichen Erfahrungen allerdings stimmen mich durchaus hoffnungsvoll. Es besteht kein Anlass zu Pauschalurteilen. Allerdimngs besteht aller Anlass zu höchster Wachsamkeit allen Bestrebungen gegenüber, die das Heil in Ab- und Ausgrenzung sehen. Der zunehmenden Gewalt gegen Ausländer, Geflüchteten und nun auch gegen Menschen, die sich für Geflüchtete einsetzen, und die damit einhergehende verbale Hetze von Pegida und AfD muss entschieden Einhalt geboten werden. Mit freundlichen Grüßen Christian Wolff
Dialogunfähig von Seiten der Rechten, von Seiten der Linken, von Seiten der Zuwanderungsbegrenzung und von Seiten der “ Willkommenskultur“,von Seiten der politischen Parteien, die ich fast alle für wenig umsichtig und immer noch für viel zu sorglos im Angesicht der Zuwanderung halte. Ein Land zerrissen- wie nie zuvor in der Geschichte nach dem 2. Weltkrieg. Und die Kanzlerin – unfähig dem zu begegnen.Ein Statement mit keinerlei neuen Lösungsansätzen- nach der Berlin- Wahl genügt da nicht. Die weltweite Migration ist mit dem mehr als zwielichtigen Türkeiabkommen noch lange nicht beendet. Was sollen wir tun- wie sollen wir die Menschen mitnehmen, wenn wir doch in Europa so ziemlich allein dastehen? Sind da nicht ganz neue Einsichten und Lösungsansätze gefragt? Das wird immer dringlicher und ist nicht mit Durchhalteparolen , noch mit dem Singen des Kindes im dunklen Wald, noch mit unrealistischen Mutmachreden, noch Beschimpfungen der einen gegen die andere Partei zu lösen.Und so vertieft sich der Riss durch eine gespaltene Gesellschaft zu unser aller Schaden.
Liebe Adelheid, zum einen: zur Demokratie gehört der Streit, auch die zugespitzte Auseinandersetzung. Erinnere Dich bitte an die aufgewühlten Debatten zu Zeiten der Ostpolitik von Willy Brandt. Das hat der Republik nicht geschadet. Also sehe ich die gegenwärtigen Auseinandersetzungen relativ entspannt, aber dennoch als notwendig an. Das derzeit Gute ist: Viele Menschen engagieren sich sehr konkret, Tag für Tag für ein friedliches Miteinander. Darum mir der larmoyante Grundton Deines Kommentars unverständlich. Was sind „unrealistische Mutmachreden“? Ich habe jeden Tag mit Geflüchteten zu tun. Da helfen Anerkennung, Ermutigung schon sehr. Und: Wird nicht viel zu schnell Kritik mit „Beschimpfung“ gleichgesetzt? Also: Ich sehe allen Anlass gegeben, sehr wach und sehr klar dem gefährlichen Rechtsextremismus entgegenzutreten, der schon jetzt viel zu viel Unheil angerichtet hat. Ich sehe keinen Anlass, in irgendeiner Weise frustriert zu sein, was das Zusammenleben mit Geflüchteten angeht. Da stehen uns noch große Herausforderungen bevor, aber diese sind zu bewältigen. Beste Grüße Christian
Danke, wieder einmal Herr Wolff, für das klare Benennen der Geschehnisse in unserem Land.
Es ist gut zu wissen, dass auch Sie die Zusammenhänge in dieser Klarheit wahrnehmen.
Ihnen die besten Wünsche!
herzliche Grüße
Jona Gold
Eine Ergänzung:
Für den 3.Oktober hat inzwischen Sachsens Innenminister Markus Ulbig die Anti-Terror-Einheiten GSG 9 und die BFE+ des Bundes angefordert. Insgesamt 2600 Polizisten, darunter auch die Spezialeinheiten der Länder (SEK) werden nach Dresden beordert.
Vgl.: http://www.bild.de/regional/dresden/tag-der-deutschen-einheit/gsg-9-soll-einheitsfest-schuetzen-48025404.bild.html
Man erinnere sich: 1989 hatte die SED-Führung einige Tage vor der angekündigten Montagsdemonstration, mehrere hundert Fallschirmjäger ihrer Spezialeinheit LstR-40, in Leipzig, „in einer für diesen Einsatz zur Verfügung gestellten Kaserne, untergebracht. Dies erfolgte nachts und unter strengster Geheimhaltung. Hier wurden zusätzlich Taktiken und Techniken des Auflösens einer Demonstration, unter Anleitung der sonst hierfür zuständigen Organe, ausgiebig trainiert. Der Verband sollte Polizei und bereitgestellte MfS-Sondereinheiten der Hauptabteilung XXII (Antiterror) verstärken und den Widerstand der Bevölkerung niederkämpfen. Der Einsatzbefehl wurde jedoch nicht erteilt.“
Siehe: https://de.wikipedia.org/wiki/Luftsturmregiment_40
Im Vorfeld der diesjährigen Einheitsfeier wurde in einem Schaufenster der Partei DIE LINKE, der SED-Nachfolgepartei, offen und gänzlich unverhüllt dazu aufgerufen, die „Einheitsfeier zum Desaster [zu] machen“.
Siehe: https://mopo24.de/nachrichten/dresden-gewalt-plakate-an-linken-bueros-einheitsfeier-zum-desaster-machen-164319
Was damit gemeint ist, wissen nicht nur Leipzigerinnen und Leipziger, deren Stadt regelmäßig von Gewalt aus diesem politischen Lager heimgesucht wird, nur allzugut.
Vorbereitungen der „linken Szene“ laufen bundesweit unter dem Motto „Sachsen lädt ein: Let’s crash their party!“ auf Hochtouren.
Auch in Leipzig, der Stadt, die einst den Ruf „Keine Gewalt“ in die Welt trug … !
Vgl.: http://www.mz-web.de/leipzig/tag-der-deutschen-einheit-in-dresden-leipziger-linke-sorgen-fuer-politischen-aerger-24780550
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Aus gegebenem Anlaß kann es deshalb für Dresden am 3. Oktober 2016 nur eine alle Befürchtungen (und Hoffnungen) zusammenfassende Losung geben: KEINE GEWALT !
Zur Erinnerung:
Manche unserer Gegner können es sich nicht verkneifen, uns in der Zuwanderungsdiskussion in die rechtsextreme Ecke zu rücken, nur weil wir im Zusammenhang mit der Zuwanderung auf die Gefahr von Parallelgesellschaften aufmerksam machen. Das, liebe Freunde, ist der Gipfel der Verlogenheit, und eine solche Scheinheiligkeit wird vor den Menschen wie ein Kartenhaus in sich zusammenbrechen. Deshalb werden wir auch weiter eine geregelte Steuerung und Begrenzung von Zuwanderung fordern“.
Das sagte die heutige Bundeskanzlerin Angela Merkel auf dem CDU Parteitag 2003
Das Kartenhaus fällt gerade zusammen…