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Der Geist ist aus der Flasche

Es war vor 14 Tagen auf einer Tagung in Bad Alexanderbad. Der Leiter der Landeszentrale für Politische Bildung des Freistaates Sachsen, Frank Richter, zeigte zur Einstimmung auf seinen Vortrag einen 15-minütigen Imagefilm der Landeszentrale aus dem Jahr 2013. In diesem wurde deren Mediationstätigkeit in Riesa und Schneeberg dargestellt. Dort sollten Geflüchtete in überschaubarer Anzahl untergebracht werden. Die NPD in Schneeberg nutzte die Lage und rief zum „Lichtellauf“ auf. Zwischen 1.000 und 2.000 Bürgerinnen und Bürger konnten durch die NPD im November und Dezember 2013 Woche für Woche mobilisiert werden. Bevor in dem Film ein Ausschnitt aus der Kundgebungsrede eines NPD-Vertreters gezeigt wurde, wies der Kommentator fast entschuldigend darauf hin, dass das Folgende von einem Neonazi gesagt werde. Der rief dann Sätze wie: Deutschland könne nicht das Sozialamt Europas sein … die Asylbewerber hätten sich gefälligst unserer Kultur anzupassen … über den Platz. Weniger verwundert als erschrocken rieb ich mir Augen und Ohren: Äußerungen eines Neonazis? Solche Sätze hören wir im Jahr 2016 täglich aus dem Munde eines Seehofer, Scheuer oder Söder – von den Höckes und Gaulands ganz zu schweigen. In dieser Weise wird inzwischen landauf landab über die Flüchtlinge hergezogen. Letzter Höhepunkt: CSU Generalsekretär Andreas Scheuer. Vor einigen Tagen warnte er in Regensburg: „Das Schlimmste ist ein fußballspielender, ministrierender Senegalese. Der ist drei Jahre hier – als Wirtschaftsflüchtling. Den kriegen wir nie wieder los.“* Integration als Gefahr – was für eine verheerende Botschaft!

Kann es da noch überraschen, dass am vergangenen Sonntagabend bei Anne Will der Oberbürgermeister von Bautzen, Alexander Ahrens, sich selbst einen „Linken“ nennend, jeden Vorwurf zurückwies, als hätte Bautzen ein Problem mit Rechtsradikalen? Wenn dem so wäre, wäre er 2015 nicht zum Oberbürgermeister gewählt worden, war sein Argument. Auch seien es nur „sechs Passanten“ gewesen, die Bundespräsident Joachim Gauck bei seinem Bautzen-Besuch im April beschimpft hätten. Von einem feindlichen Klima Flüchtlingen gegenüber könne keine Rede sein. Da war dann der Weg für den sächsischen CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer frei, sich betont empörend zu echauffieren: Es sei ungeheuerlich, dem Freistaat Sachsen zu unterstellen, er würde nichts gegen den Rechtsextremismus tun. Seit 1990 seien der Freistaat und insbesondere die CDU gegen den Rechtsextremismus aktiv. Angesichts solcher Chuzpe verschlug es sogar Jakob Augstein die Sprache. Doch woher kommt dann das vergiftete Klima in Bautzen und vielen anderen sächsischen Kommunen? Woher kommen bei der Landtagswahl 2014 in Bautzen 10,8 Prozent für die NPD und 14,3 Prozent für die AfD – d.h. jeder vierte Wähler hat für eine rechtsradikale Partei votiert. Woher kommen die täglichen Übergriffe auf Flüchtlingsunterkünfte im Freistaat Sachsen? Woher kommt es, dass inzwischen der aggressiv menschenfeindliche Jargon gegen Geflüchtete konsensfähig geworden ist?

Solange wir weiter so tun, als handele es sich bei all denen, die sich – in welcher Form auch immer – an der Hetze gegen Flüchtlinge beteiligen, um „besorgte Bürger“, die nichts anderes als ihre Ängste zum Ausdruck bringen;

solange wir nicht müde werden – wie ein Jörg Schönenborn am Sonntagabend in seiner Wahlanalyse in der ARD – zu betonen, dass man aus der Tatsache, dass die AfD von ehemaligen CDU- und SPD-Anhängern gewählt wurde, schließen müsse, dass diese eben keine „Rechten“ seien;

solange uns gar nicht mehr auffällt, wie sehr die Hetze der Neonazis inzwischen Eingang gefunden hat in den alltäglichen politischen Diskurs;

solange werden wir niemanden von denen zurückgewinnen, die sich derzeit auf einem gefährlichen Trip in einen neuen autokratischen Nationalismus befinden. Im Gegenteil: Wir machen die stark, die die Demokratie nur benutzen, um die Macht zu erlangen, sie und den Pluralismus zu beseitigen. Es besteht ein merkwürdiger Widerspruch: Zum einen wird von der Mündigkeit des Wählers gesprochen, der sehr wohl weiß, wo er sein Kreuz setzt. Auf der anderen Seite wird er behandelt wie ein armseliger Dorftrottel, der eben, weil ihm die Politik nicht richtig erklärt wird, leider die AfD wählt, aber eigentlich nichts mit deren Propaganda zu tun haben will. Nein, es ist wohl anders, dramatischer: Die Wählerinnen und Wähler der AFD und NPD wissen sehr wohl, was sie wollen: keinen Pluralismus, keine Fremden, kein multikulturelles Zusammenleben, Ruhe und Deutschsein – und ansonsten alle materiellen Güter, die sie anderen verweigern, wohl aber als Import aus der Heimat der Geflüchteten gerne in Anspruch nehmen. Der Geist ist aus der Flasche: der Geist eines egomanisch-völkischen, antidemokratischen Rassismus. Von ihm ist eine Partei wie die AfD beseelt. Nicht von ungefähr plädiert Frauke Petry für eine Renaissance des Wortes „völkisch“. Was uns da blüht, hat der Pressesprecher von Frauke Petry, Markus Frohnmaier, unmissverständlich zum Ausdruck gebracht: „Wenn wir kommen, dann wird aufgeräumt, dann wird ausgemistet, dann wird wieder Politik für das Volk und nur für das Volk gemacht – denn wir sind das Volk.“ Es gehört nicht viel Phantasie dazu, sich auszumalen, wer sich zu diesem „Wir“ des Volkes zählen darf und wer nicht. Wenn wir nicht endlich entschlossen und unmissverständlich benennen, woraus sich Rechtsextremismus speist, wenn wir nicht endlich damit aufhören, den völkisch-nationalistischen Tonfall von NPD und AfD zu kopieren und zu rechtfertigen, dann wird der Virus des nationalistischen Rassismus weiter um sich greifen. Gegen diesen gibt es nur ein Mittel: Täglich für unsere plurale und demokratische Verfassung eintreten, das friedliche Zusammenleben mit allen Menschen, die am Ort leben, einüben und dem völkischen Un-Geist keinen Raum lassen.

* Angeblich wurde Scheuer falsch zitiert. Laut Tonmitschnitt soll er tatsächlich gesagt haben: „Entschuldigen Sie die Sprache: Das Schlimmste ist ein fußballspielender, ministrierender Senegalese, der über drei Jahre da ist. Weil den wirst Du nie wieder abschieben. Aber für den ist das Asylrecht nicht gemacht, sondern der ist Wirtschaftsflüchtling. (…)“ Ändert das etwas daran, dass diese Aussage so auch auf einer Pegida-Kundgebung hätte fallen können?

4 Antworten

  1. Ihre Antwort, lieber Herr Wolff, ist sicher nur sehr dialektisch so zu interpretieren, daß man in Ihrer Welt zu den Bösen gehört, wenn man „kritisiert“ und zu den Guten, wenn man nur „ergänzt“.
    Aber Spaß beiseite. Was ich nicht verstehe, ist daß Sie immer, wenn’s ums „Konkrete“ geht, auf Ihre Tätigkeit vor Ort verweisen – die wohlgemerkt nichts anders als bewundernswert ist. Aber Sie schreiben eben auch einen blog, in dem Sie Politik kommentieren – nicht vor Ort ihre Auswirkungen tätig begleiten. Und diese zwei Ebenen des Handelns – Taten vor Ort und intellektuelle Begleitung der Politik in schriftlicher oder mündlicher Form – sind eben doch unterschiedlich, wenn auch vielleicht zwei Seiten derselben Medaille.
    Und meine Kritik richtet sich eben häufig gegen Ihre Verfahrensweise auf der intellektuellen Ebene in Ihrem blog. Ich halte es für unakzeptabel, wenn Sie Seehofer und Söder beispielsweise im gleichen Atemzug nennen wie die AfD-Spitze: Die CSU ist eine demokratische Partei in unserem Lande, die (in Ihrem Gebiet) mit über 50% gewählt wird – da kann man nicht über sie und also auch ihre Wähler hinwegschreiben, als wären sie alle dumm bis Verbrecher. Und was die AfD angeht, so stimme ich Ihrem Urteil über deren Spitze ja zu – aber ich glaube nicht, daß man deswegen deren Wähler ebenfalls in Bausch und Bogen verdammen sollte, denn daß es dort nicht nur „Überzeugte“ sondern eben auch viele Mitläufer (schlimm) und noch mehr „Protestwähler“ (noch schlimmer) gibt, ist doch offensichtlich. Nur: Bisher wurde in unserem Lande der „Protestwähler“ medial und sozial immer als besonders toll dargestellt – und es ist eine wenig überzeugende Kehrtwendung, wenn das jetzt, wo es einem politisch nicht passt, plötzlich umgekehrt ist. Formal gesehen sind die hierzulande sogenannten „Aktivisten“ – Leute, die anderer Leute Grundstücke, Gebäude, etc mit Transparenten betreten – Gesetzesbrecher – aber sie sind ganz und gar „positiv besetzt“. Und wenn das so ist, kann man „Aktivisten“ der anderen Seite eben schlecht verdammen. Deshalb bin ich auch jeden Aktivisten.
    Mein Appell also: Gehen Sie mit den von Ihnen ungeliebten Seehofers dieser Welt demokratisch um, d.h. setzen Sie sich sachlich mit ihren Aussagen und Meinungen auseinander – und dies nicht nur, wenn sie „ergänzend“ sind.
    Ich grüße Sie,
    Andreas Schwerdtfeger

  2. Heute ist der Kommentar kurz: Auf dem folgenden Link kann man recht gut sehen um welche „Minderjährigen“ es in dieser Diskussion geht. Dieser auf den Foto ist schon mal 20 Jahre alt und trägt eine Kalaschnikow. Wollen wir solche Menschen hier? Meinen wir, dass sie sich integrieren ? Wenn sie schon nach ein paar Monaten hier regelmäßig durch Gewalt auffallen? Die Bundesregierung gibt heute zu, dass sich 550.000 letztinstanzlich abegelehnte Migranten immer noch illegel bei uns aufhalten, davon 400.000 schon mehr als sechs Jahre. Dies sind keine Flüchtlinge! Und sie werden hier niemals eine Bleibe haben können. Und trotzdem sind sie da, kosten Geld und verursachen Probleme. Wozu gibt es einen Rechtsstaat wenn er nicht für die Durchsetzung des Rechts sorgt?
    Immer mehr Bürger haben davor kein Verständnis!

    http://www.bild.de/bild-plus/news/inland/gewalt/anfuehrer-der-jungen-fluechtlinge-47937336,view=conversionToLogin.bild.html

  3. …und täglich grüßt das Murmeltier, lieber Herr Wolff. In kaum unterschiedlicher Form schreiben Sie seit Monaten dasselbe. Aber es ist nur eine mehr oder minder einseitige Zustandsdarstellung. Was fehlt, ist jeder kreative Lösungsansatz und hierzu empfehle ich Ihnen die Lektüre, bzw das Anhören der Rede unseres hervorragenden Innenministers de Maizière gestern zur Eröffnung des Zukunftskongresses Migration und Integration. Seine 7 Punkte dort geben wirklich den Rahmen vor. https://www.youtube.com/user/phoenix/videos Es kommt eben drauf an, nicht nur zu kritisieren (und auch noch übertrieben und einseitig) sondern die Dinge voranzubringen.

    Sie haben sich neulich die Frage gestellt:
    „Was kann Kirche tun zur Bewahrung und Stärkung der Demokratie“, wie muß sie also im politischen (im Gegensatz zum geistigen) Raum agieren? Beantwortet haben Sie sie eigentlich nicht, jedenfalls nicht in concreto. Hier also meine Antwort:

    Kirche sollte
    – langfristig gültige und also entsprechend abstrakte Grundsätze formulieren und vertreten, die zeitloser sind als die Tagespolitik. Und sie sollte sich dementsprechend mit konkreten Äusserungen zur Tagespolitik zurückhalten. Dies gebietet schon ihr eigener Anspruch, alle Menschen ihres Glaubens zu vertreten und zu umarmen, also auch alle politischen Meinungen ihrer Mitglieder innerhalb unseres demokratischen Spektrums zu respektieren und zu tolerieren.
    – dabei einen Diskussionsstil pflegen, der ihren Grundsatz „alle Menschen sind Gottes Geschöpfe mit eigener Würde“ widerspiegelt. Diesem Grundsatz widersprechen aggressive Polemik, oberflächliche Zurückweisung anderer Meinungen mit anderen als sachlichen Argumenten – also zB „Generalverdacht“, „Scheindebatte“, „Vertrauen zurükgewinnen“ und was es weiter an Platitüden gibt – oder generelle Infragestellung der Motivation aller Andersdenkenden („nicht Besorgnis, sondern perfider Krawall“).
    – erkennen, daß andersdenkende und -handelnde Menschen nicht Gegner sind, sondern zT gleiche Ziele auf anderen Wegen, zT andere Ziele mit derselben Legitimation erreichen wollen, und sie muß bereit sein, dies durch ihr Handeln und Reden zu vermitteln.

    Kirche muß darüber hinaus
    – ihre geistlichen Grundsätze als bindend einfordern und darf sich nicht dem Verdacht der Beliebigkeit aussetzen. Der Schluß, daß Tausende, gerade auch Jugendliche, zum Kirchentag oder zur Papstmesse kommen und also religiös sind und die Werte der Kirche leben, ist – vorsichtig formuliert – gewagt. Richtig ist wohl eher, daß die Leute sowohl die Gemeinsamkeit als auch das fröhliche Happening suchen und ansonsten ihr Leben nach ihren sehr eigenen Grundsätzen individuell weitergestalten.
    – Demokratie dadurch stärken, daß sie – im christlichen Sinne – die unauflösliche Verknüpfung von Freiheit mit Verantwortung vorlebt und einfordert. Und dazu reicht nicht (obwohl sehr ehrend), daß man sich vor Ort einsetzt zur Lösung von aktuellen Problemen; dazu reicht nicht, daß man mit der übermäßigen Inanspruchnahme einzelner Rechte schlechte Beispiele setzt; dazu reicht auch nicht, daß man überall kritisiert und fordert; vielmehr ist dazu auch nötig, daß man die Bedingungen real möglichen Handelns in den Grenzen gegebener Umstände – gesellschaftliche Akzeptanz, finanzielle Möglichkeiten, allgemeine Ressourcen, rechtsstaatliche und, ja, auch bürokratische Abläufe, Handlungsspielraum von Politikern in einer komplizierten Welt, etc – nicht verächtlich macht sondern erklärt und unterstützt. Und dies ist nicht die Ablehnung von Kritik sondern der Appell, diese so zu formulieren, daß sie konstruktiv, mitverantwortlich und stilistisch gemäßigt ist. Schlagworte wie „Demokratie stärken“, „Pluralismus leben“, „offener Diskurs“ sind dann wertlos, wenn sie nicht real gelebt und inhaltlich mit Verantwortung ausgefüllt werden.
    – erkennen, daß der Rechtsstaat keine rechtsfreien Räume dulden kann: „Kirchenasyl“ ist rechtswidrig, nichts anderes. Die Burka ist zwar nicht rechts- aber (bei uns) werte-widrig. Übertriebener Exhibitionismus und die Würde Anderer stark beschädigende öffentliche Äußerung unter dem Deckmantel der Freiheit von Kunst und Meinung unterminieren den Rechtsstaat (und auch den sozialen Frieden) und sollten von der Kirche klar und eindeutig abgelehnt anstatt mißbräuchlich als Vielfalt (Pluralismus) unterstützt werden. Maßstab dabei muß für die Kirche ihr eigenes Gewissen sein, daß sich ja aber anlehnt an ihr aus der Bibel abgeleitetes Menschenbild.

    Luther hatte schon Recht, als er zwischen den „zwei Reichen“ unterschied und als er damit das „weltliche Reich“ als unvollständig im christlichen Sinne akzeptierte, dabei aber nicht verdammte sondern als Realität anerkannte. Wenn er dabei zB so weit ging zu schreiben: „Denn was ist Krieg führen anderes, als Verbrecher bestrafen und den Frieden bewahren? Wenn man einen Dieb, Mörder oder Ehebrecher bestraft, so ist das eine Strafe an einem einzelnen Verbrecher. Wenn man aber einen gerechten Krieg führt, so bestraft man eine große Menge von Verbrechern auf einmal, die einen so großen Schaden anrichten, wie groß ihre Zahl ist“ (in: „Ob Kriegsleute in seligem Stande sein können“, 1526) – eine Beobachtung, die ja in erstaunlicher Weise auf die Krisenregionen dieser Welt, vor allem im Nahen und Mittleren Osten, zutrifft, aber zB auch die Region des (Süd-)Sudan oder Somalias beschreiben könnte –, dann muß das nicht jedem passen, aber es muß wohl jeder Wohlmeinende die traurige Richtigkeit dieser Aussage anerkennen.

    Kirche kann, ja muß also viel tun – nicht nur im geistlichen Felde des Glaubens sondern auch in praktischer und politischer Lebenshilfe und -orientierung. Aber das kann sie nur glaubwürdig tun, wenn sie sich nicht dem Verdacht einseitiger Parteinahme aussetzt, wenn sie nicht die Grundsätze der aus dem Christlichen kommenden Menschenwürde selbst in die Beliebigkeit von Gelegenheitsinterpretationen überführt, wenn sie nicht den vulgären Streit der sachlichen, langfristig gültigen und ethisch gebundenen Aussage vorzieht, wenn sie schließlich nicht die Verantwortung des Menschen für sein Handeln seiner Freiheit grenzenlos unterordnet.
    John Milton – ein gläubiger Mensch – schrieb („Paradise Lost“, Buch V, Zeilen 524 – 527):
    „God made thee perfect, not immutable,
    and good he made thee, but to persevere
    he left it in thy power, ordained thy will
    by nature free, not overruled by fate …“
    und betonte so die Eigenverantwortung des christlichen Menschen.
    Albert Camus – ein eher ungläubiger Mensch – schrieb in seinen „Carnets“:
    „L’homme n’est rien en lui-même. Il n’est qu’une chance infinie. Mais il est le responsable infini de cette chance“.
    Schöner als in der Übereinstimmung dieser beiden Zitate aus ganz unterschiedlichen Blickwinkeln kann man eigentlich das Verhältnis von Freiheit und Verantwortung nicht beschreiben. Hier kann Kirche lernen (Helmut Schmidt hatte schon Recht!), denn die Würde des Menschen liegt nicht allein in seiner Freiheit – sie liegt mindestens ebenso gewichtig in seiner Verantwortung. Und nur das ist „Demokratie“, nur das kann christliche Botschaft im politischen Sinne sein, nur unter dieser Maxime kann Ihr Satz richtig sein, daß die Demokratie die der Kirche angemessene politische Organistaionsform sei!

    Ich grüße Sie (und hoffe, daß ich mit diesem Beitrag auch die Standards von Frau Binder zum Thema Sachlichkeit erreicht habe).
    Andreas Schwerdtfeger

    1. Lieber Herr Schwerdtfeger, ja, dieser Kommentar unterscheidet sich sehr von anderen – zumal Sie meinen Blogbeitrag damit weniger kritisieren, sondern eher ergänzen. Den Spannungsbogen von Freiheit und Bindung/Verantwortung hat Martin Luther in seiner Schrift „Von der Freiheit eines Christenmenschen“ deutlich aufgezeigt mit der Doppelthese: Ein Christenmensch ist ein freier Herr aller Dinge und niemandem untertan; und: Ein Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht aller Dinge und jedermann untertan. Nur: Das ist keine statische Angelegenheit, sondern ein immerwährender Abwägungsprozess. Darum kann so etwas nur gelingen unter den Bedingungen der Demokratie, also der gleichberechtigten Teilhabe an Einkommen, Bildung, Arbeit. Sie klagen wieder einmal das Konkrete ein. Das Konkrete geschieht im Alltag: sich nicht beteiligen an der Menschenverfeindung und sich der Menschen anzunehmen, die jetzt Unterstützung benötigen. Damit bin ich jeden Tag beschäftigt. Wenn da ganz viele sich jeweils um einen Geflüchteten kümmern, dann wird die Integration gelingen. Gott sei Dank geschieht auf diesem Gebiet ganz viel. Was die Höckes, Söders, Gaulands, Seehofers, Petrys, Scheuers, und wie sie alle heißen, treiben, ist schlichte Destruktion der Grundwerte und Zerstörung des ehrenamtlichen Engagements. Das muss unseren Protest und unsere Kritik herausfordern. Beste Grüße Christian Wolff

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