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Orientierungslos – wie lange noch?

Kein Tag ohne gewalttätige Übergriffe auf Asylunterkünfte – nicht nur in Sachsen. Mehr noch: In Freital wird das Auto eines für Flüchtlinge engagierten Stadtrates zerstört. In Dresden bauen sich Horden von Neonazis vor dem Zeltlager auf, in dem Hunderte Flüchtlinge untergebracht sind, skandieren ihre aggressiv-menschenverachtenden Parolen und greifen Helfer des Roten Kreuzes körperlich an. Und was ist die Antwort der Kirchen und Kirchgemeinden – speziell der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens? An demselben Wochenende, an dem die Gewalt gegen Flüchtlinge eskaliert, die mit Fug und Recht Terror genannt werden kann, sagt der scheidende sächsische Landesbischof Jochen Bohl laut dpa, dass „die Asylverfahren von Balkanflüchtlingen in Deutschland … dringend verkürzt und beschleunigt werden (müssen). Die Probleme in Montenegro, Serbien oder Bosnien-Herzegowina könnten nicht dadurch gelöst werden, dass ihre Bewohner nach Deutschland kommen.“ In ganz ähnlicher Weise äußert sich auch der hannoversche Landesbischof Ralf Meister. Ist das das Wort, auf das die Menschen innerhalb und außerhalb der Kirchen warten? Ist das der kirchliche Beitrag zur Frage, wie gehen wir mit Flüchtlingen menschenwürdig um, wie schützen wir das Asylrecht vor seiner Aushöhlung und wie schaffen wir eine Willkommenskultur in unseren Städten? Ist es Aufgabe der Kirche, sich als Meinungsverstärker derer zu gerieren, die seit Wochen vom „Asylmissbrauch“ reden und damit Asylbewerber/innen unter Generalverdacht stellen? Und vor allem: Wo ist an einem solchen Wochenende der Platz derer, die an verantwortlicher Stelle in den Kirchen arbeiten? Wäre es nicht angemessen gewesen, wenn kirchliche Vertreter am Wochenende das Zeltlager in Dresden besucht und den Flüchtlingen Beistand und Unterstützung zugesagt hätte? Wäre es nicht ein Zeichen der Solidarität gewesen, wenn am vergangenen Montag in Dresden diejenigen, die im Landeskirchenamt nicht in Urlaub sind, in der ersten Reihe der Demonstration „Für ein weltoffenes Dresden“ gestanden hätten? Wo bleibt die klare Abgrenzung zur rechtsradikalen Pegida-/Legida-Bewegung? Oder meint man Rücksicht nehmen zu müssen auf die AfD-Vorsitzende Frauke Petry, im Nebenberuf Frau eines sächsischen Pfarrers?

Das Bild, das die sächsische Landeskirche derzeit abgibt, ist mehr als belämmernd. Wer auf die Homepage www.evlks.de schaut, findet nichts zu den Gewalttätigkeiten gegen Flüchtlinge, nichts dazu, was viele Kirchgemeinden Gott sei Dank für Flüchtlinge tun – so als würde es keine Asylbewerber und keine Probleme mit rechtsradikalen Umtrieben geben. Ja, es fehlt an klarer Orientierung und Positionierung – und das schon seit Monaten. Statt dessen nun merkwürdige Argumentationen: Man könne nicht alle aufnehmen. Wer verlangt das? Es müsse schneller entschieden werden. Wer ist dafür zuständig? Flüchtlinge aus sog. sicheren Herkunftsländern müssen schneller „zurückgeführt“ werden können, denn die Probleme auf dem Balkan können nicht dadurch gelöst werden, dass die Menschen hierher kommen. Fragt sich nur: Werden die Probleme in Syrien gelöst, wenn die Menschen vor dem Krieg flüchten? Was sind das für Argumente? Und was ist mit dem Grundrecht auf Asyl als Individualrecht? Hat die Kirche nicht ganz anderes zu tun? Nämlich ihre internationalen Kanäle und Netzwerke dafür zu nutzen, dass Flüchtlinge nicht auf Schlepperbanden angewiesen sind, um in Freiheit zu gelangen; die Politiker zu mahnen, endlich den Begriff „Asylmissbrauch“ aus ihrem Vokabular zu streichen, zumal er nun auf den Bannern der NPD steht. Mit diesem Begriff sollen Flüchtlinge bewusst mit einer Straftat in Verbindung gebracht werden. Was soll dem anderes folgen als die Gewalt, die wir täglich erleben?

Es wird höchste Zeit, dass wir als Kirche uns klar und unmissverständlich auf die Seite der Flüchtlinge stellen, über deren Leid, Ängste, Traumata niemand eine wirkliche Vorstellung hat. Es wird höchste Zeit, dass wir einen klaren Schnitt vollziehen zu allen Gruppierungen und Parteien, die ganz gezielt Hass gegen Ausländer und Flüchtlinge schüren und dabei in Kauf nehmen, dass feindseligen Worten unselige Taten folgen. Es wird höchste Zeit, dass wir es in den Kirchen als unsere vornehmste Aufgabe ansehen, den Menschen in der Extremsituation Asyl beizustehen – unabhängig davon, woher sie kommen, ob und welcher Religion sie angehören. Nur so werden wir als Kirche den Menschen die Orientierung gegeben können, die wir Gott sei Dank jeden Tag neu aus der Botschaft Jesu empfangen.

Nachtrag 1: Seit dem späten Nachmittag (30.07.15) ist auf  www.evlks.de eine Pressemitteilung von Landesbischof Bohl zu Protesten gegen Flüchtlinge veröffentlicht …

Nachtrag 2: Seit heute Morgen (31.07.15) ist auf www.evlks.de ein Button „Flüchtlingshilfe in Sachsen“, der zu vielen Informationen führt. Offensichtlich tut sich was …

 

 

 

14 Antworten

  1. Ja, das ist ja alles sehr schön und ausführlich – aber eben alles „aus dem Bauch“! Art 16a GG sagt in Absatz 1: „Politisch Verfolgte geniessen Asylrecht“ – POLITISCH Verfolgte! „Zugang zu Bildung, medizinischer Versorgung, zu Arbeit und Wohnraum … “ sind ehrenwerte Motive, sein Land zu verlassen, aber sie fallen eben nicht unter politische Verfolgung. Ebensowenig ist eine mögliche zukünftige Mitgliedschaft eines Staates in der EU ein überzeugender Grund für vorauseilende Abweichung von der heutigen Rechtslage.
    Man kann versuchen, eine Gesetzeslage – auch eine grundgesetzlich festgelegte Lage – zu ändern. Aber man kann die, die das Gesetz erfüllen und ausführen – also die, die Chancenlose nicht ins System einschleusen (Auffangstationen), die Asylanträge aufgrund der gültigen Gesetzeslage ablehnen und die für die Durchführung der Zurückführung zuständig sind, ebenso wenig kritisieren wie diejenigen, die die heutige Gesetzeslage für angemessen und keine Änderung für notwendig halten.
    Andreas Schwerdtfeger

  2. Die Debatte ist interessant und aufschlussreich in jeder Hinsicht und ein Jeder/Jede wird die eigenen Schlussfolgerungen ziehen! Nun melde ich mich auch noch zu Wort.
    Zum ersten: ich erwarte von meiner/unserer Kirche (die bin auch ich und Sie oder Du, dass sie eindeutig Stellung bezieht, wenn Benachteiligte/Schwache nicht die gleichen Rechte haben wie die Starken und Bevorteilten. Christsein im „stillen Kämmerlein“ war noch nie mein Ziel (weder vor 1989 noch danach), Wer, wenn nicht die Christ/innen und damit die „Kirche“ (oder insbesondere auch die Partei(en), die das große C gerne vor sich her tragen) sollten sich kümmern, um die, die Hilfe und Unterstützung brauchen (siehe Bergpredigt)? Dabei denke ich sowohl an die Natur, an Gottes gute Schöpfung als auch an Menschen in Not.
    Ich stimme Christian Wolff zu, dass sich unsere Evangelische Landeskirche in den letzten Jahren mit eindeutigen Positionierungen nicht gerade mit Ruhm bekleckert hat, auch wenn hier und da leise Töne vernehmbar waren (die echte Konfrontation mit der zu lange regierenden CDU in Sachsen konnte man leider nur bei direkter Betroffenheit- wie bei den Freien Schulen oder bei den verkaufsoffenen Sonntagen finden!).
    Meine spätere Reaktion gibt mir die Chance, dass ich auch die Nachträge auf der website der Landeskirche zur Kenntnis nehmen konnte- dennoch: die generelle Bewertung des „Asylmissbrauches“ von Menschen aus den „Balkanländern“ bringt mich in Rage. Ich war von 2000 bis 2003 als Mitarbeiterin der UN im Kosovo, habe in dieser Zeit und danach als Mitglied der Delegation des Europäischen Parlamentes für Südosteuropa die Länder des ehemaligen Jugoslawien immer wieder besucht und auch danach bis heute. Ich kann mich nur sehr wundern, wie viele Menschen glauben, heute die Situation in einer Region, die inmitten von EU-Mitgliedsländern und dennoch in einem „schwarzen Loch“ liegt (bitte mal die Landkarte ansehen!!) realistisch einschätzen zu können (bestimmt noch nie dort gewesen!!). Da will man sortieren, spezielle „Lager“ einrichten und nicht nur die neuen Ankömmlinge sondern auch noch gleich die, die schon lange bei uns mit einer Duldung leben, ganz schnell in ihre Herkunftsländer abschieben. ( Es ist anzuzweifeln, ob die neue Bleiberechts- Gesetzgebung für diese Menschen, die meist zum ersten Mal in ihren Familien die Chance auf Bildung bekommen haben, eine Veränderung bewirkt) . Kann das Abschieben die einzige Antwort sein: eindeutig NEIN. Zum ersten gibt es auch für die Menschen aus den Ländern des ehemaligen Jugoslawien das Individualrecht auf Prüfung ihrer speziellen Situation – ein sogenanntes „sicheres Herkunftsland“ garantiert nicht im Einzelfall die Sicherung elementarer Menschenrechte – wo fangen diese an? Ist der nicht garantierte Zugang zu Bildung, medizinischer Versorgung, zu Arbeit und Wohnraum ein ausreichender Grund, das Land zu verlassen mit der Hoffnung, sich in Westeuropa eine andere Existenz aufzubauen?
    Was haben die Westeuropäer im 19. Jahrhundert getan als sie sich auf den Weg nach Amerika, Australien, Südamerika gemacht haben? Was trieb abertausende DDR-Bürger an auf ihrem Weg nach Westdeutschland?
    Zum anderen sind die Länder des westlichen Balkans erklärtermaßen auf dem Weg zu einer Mitgliedschaft in der Europäischen Union – das wird gewiss noch dauern, dennoch eines Tages werden auch die Kosovaren, die Albaner oder die Serben frei entscheiden dürfen, wo sie ihren Wohnsitz nehmen. Welchen Sinn macht es, insbesondere, die Menschen, die schon länger hier leben und oft bestens integriert sind, heute zwangsweise abzuschieben?!
    Ich weiß von den Berichten z.B. aus dem Kosovo, dass die Diskussion um die Erklärung als sichere Herkunftsländer, zum einem skrupellose „Händler“ angetrieben hat, unlautere Versprechungen zu machen, nach dem Motto: letzte Chance, wer jetzt nicht geht, hat dann keine Möglichkeit mehr…..
    Oft wurde die letzte Habe verkauft, um die Händlern und Schleußer zu bezahlen; nach ihrer Abschiebung werden die meisten Menschen ärmer als zuvor sein, ein soziales Sicherungssystem existiert nicht – genug Sprengstoff für neue Unruhen – inmitten des Gebietes der Europäischen Union!! (üblicherweise gibt es leider keine Mehrheiten für verstärkte wirtschaftliche Förderung in solchen Gebieten, die Entsendung von Soldaten – wie im Kosovo seit 1999 – kostet in der Regel sehr viel mehr Geld – auch dem deutschen Steuerzahler!! – auch darf durchaus angefragt werden, warum die seit 2000 erfolgte Hilfe der UN und der EU bisher noch keine dauerhafte Entwicklung ermöglicht hat – das liegt keinesfalls nur an den Einheimischen!!))
    Erste politische Diskussionen gibt es für eine legale, vielleicht auch zeitlich begrenzte Einwanderung mit Chancen auf Bildung und Ausbildung. Entwicklungsminister Gerd Müller hat vor wenigen Monaten im Kosovo ein Informationsbüro eröffnet, geführt von der GIZ (Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit – für einen zweiten Weg neben einem Asylantrag – da wird geworben für „Mangelberufe“ (Krankenschwestern, Pfleger, Klempner, Installateure, Erntehelfer, …) Soweit so gut?!
    Nun können wir uns alle fragen: Lassen wir nur die zu uns ins Land, die uns „nützen“?! Holen wir uns diese Menschen aus den osteuropäischen Staaten, aus Asien, damit unsere Alten und Pflegebedürftigen satt und sauber sind, dass wir Erdbeeren, Spargel, Äpfel zu Niedrigpreisen kaufen können?
    50 bis 60 Millionen Menschen sind weltweit vor Kriegen, Verfolgung, Hunger, Dürre oder Überschwemmungen auf der Flucht; die in Deutschland ankommende Zahl hat sich von etwa 200 000 auf nunmehr wohl etwa 400 000 nahezu verdoppelt- das stellt Bund, Länder und Kommunen vor Probleme. Dennoch: es ist ein Jammern auf sehr hohem Niveau – auch angesichts der Lage in den Ländern des ehemaligen Jugoslawien – ganz zu Schweigen über die Situation in Syrien, in vielen Ländern Afrikas, in Afghanistan, in ……

  3. Warum lieben eigentlich alle die (Wirtschafts)Asylanten so? Warum nicht auch die Armen in Deutschland? Weil manche im Kern einen irrationalen Hass auf Deutschland und das deutsche Volk haben. – Es gibt in dieser Debatte unglaublich viel ideologische Verlogenheit! Wieviel Asylanten Japan seit 1982 aufgenommen hat, können Sie übrigens hier nachlesen! Bestimmt Ethnofaschisten, die die japanische Rasse reinhalten wollen oder, Herr Wolff? Nein, nur Menschen, die nur ihre kompliziert-komplexe Kultur bewahren wollen:

    Mit einer Anerkennungsquote von 0,16 Prozent ist kein anderes Industrieland so restriktiv, wenn es um die Aufnahme von Flüchtlingen geht. Auf die Bevölkerung des Landes gerechnet scheint Japans Hilfsbereitschaft noch bescheidener. Etwas über 127 Millionen Menschen leben hier. Seit Japan 1982 ein System für die Aufnahme von Flüchtlingen eingeführt hat, haben insgesamt nur 622 Menschen den Asylstatus erhalten. In Deutschland, wo 82 Millionen leben, wurden 2013 bei 80.978 Entscheidungen durch die Behörden 38,5 Prozent der Asylanträge abgelehnt, zwei Drittel aller Entscheidungen fielen zugunsten der Antragsteller aus.

    1. Dieser Kommentar bedient sich genau der zynischen Sprache und der kalten „Argumente“, die mit verantwortlich sind für das Gift, das in die Debatte um die Flüchtlinge gekommen ist, und für die Gewalt, die gegenüber Asylbewerbern fast täglich ausgeübt wird. In Zukunft werde ich solche Kommentare auf meiner Seite nicht mehr veröffentlichen.

  4. Auf die erstaunlich intelligente Reaktion von A.S. (31. Juli 2015; 13.34 h) meine letzte Bemerkung für Herrn A.S. betreffend: klassifizieren Sie andere als „Dumme unter uns“, disqualifizieren Sie sich erheblich. Ansatzweise dachte ich, in Ihnen einen mutwilligen Gesprächspartner am Rande der nach wie vor exzellenten Wolffschen Blogs zu haben. Schade – ein gewaltiger Irrtum!. Jo.Flade

  5. „Man sollte nicht das auseinanderdividieren, was zusammengehört.“
    [Chr. Wolff]

    Nein, das sollte man nicht.

    Sie aber machen es.
    Immer wieder.
    Leider.

  6. Lieber Herr Wolff,

    warum berichten Sie immer nur über „gewalttätige Übergriffe auf Asylunterkünfte – nicht nur in Sachsen“ und machen dadurch – sicher ungewollt – auch noch Reklame dafür? Warum schreiben Sie nicht auch mal über den sicher in Zehnerpotenzen häufigeren Einsatz so vieler freiwilliger wie beruflicher Helfer in Deutschland, die trotz aller sprachlicher, kultureller und wohnungsmäßiger Anfangsschwierigkeiten den Flüchtlingen ganz konkret persönlich helfen, sich hier so zurecht zu finden, dass unser Land auch in Zukunft das attraktivste Aufnahmeland in Europa bleiben und weiterhin die meisten Flüchtlinge aufnehmen kann. Durch Demonstrationen und Gegendemonstrationen und publizistische Angriffe helfen Sie nämlich den Flüchtlingen gar nicht, sondern heizen nur die gegenseitigen Emotionen an. Als Anregung empfehle ich, mal die heutige Morgenpost der Krautreporter anzuclicken und dort den dritten Teil von Viktoria Schneider über die Kouries, eine Flüchtlingsfamilie aus Syrien, die gerade in einem kleinen Ort am Chiemsee angekommen ist. [morgenpost=krautreporter.de@mail174.atl101.mcdlv.net]

    Viele Grüße Ihr Hans v. Heydebreck

    1. Lieber Herr von Heydebreck, alles zu seiner Zeit und an seinem Ort. Mein Blog ist keine Berichterstattung, sondern ein Medium, mit dem ich Debatten anregen und führen will. Es ist Gott sei Dank so, wie sie schreiben: viele Menschen beteiligen sich sehr konkret und engagiert an der Flüchtlingshilfe. Ich weiß von diesen, dass sie sich sehr darüber freuen, wenn sie auch dadurch Unterstützung finden, dass eine deutliche Trennlinie gezogen wird zu allen, die Fremdenphobie und Ausländerhass schüren. Man sollte nicht das auseinanderdividieren, was zusammengehört. Beste Grüße Ihr Christian Wolff

  7. Für die Dummen unter uns: Ich hätte schreiben müssen: „… den von Herrn Wolff genannten evangelischen Kirchenführern …“. Es lohnt ja nicht, aber ich schreibe Ihnen das, lieber Herr Flade, damit Ihre Spannung Sie nicht umbringt.
    Gruß,
    A.S.

  8. Zitat Schwerdtfeger: Es ist den evangelischen Kirchenführern zu danken, dass sie das erkannt haben.
    Frage an ihn: von welchen Kirchenführern sprechen Sie eigentlich ?
    Jetzt bin ich aber sehr gespannt, was da kommt.
    Und Chr. Wolff – wo er recht hat, hat er recht !!!

    Jo.Flade

  9. Ist es nicht ein Segen, dass auch in der Evangelischen Kirche Meinungspluralität herrscht? Endlich einmal gibt es hochrangige Kirchenvertreter, die neben dem allgemeinen Gefühlsschmus auch mal versuchen, ein Problem realpolitisch zu lösen, indem sie auf Mißbrauchsmöglichkeiten und Übertreibungen in der Asylpraxis hinweisen. Dass dann die emotionale Gegenseite mit Totschlagargumenten wie „Generalverdacht“ kommt, ist zu erwarten, ändert aber nichts daran, dass die Tatsachen eben so sind.
    Das Flüchtings- und Asylproblem ist ein zu grosser Brocken, als dass man mit ein paar Schlagworten wie dem unseligen „Multikulti“ oder mit dem schwammigen Begriff der „Willkommenskultur“ eine Lösung schafft. Richtig ist vielmehr, dass es bestimmte Gebiete gibt, in denen reale Bedrohungen für die Menschen existieren (hier insbesondere der Nahe Osten) und diesen Menschen muss man helfen, allerdings nicht unbedingt durch Aysl, denn es kann (oder müsste) ja davon ausgegangen werden, dass sie nach Beendigung des Krieges wieder nach Hause wollen. Zeitlich begrenzte Aufenthaltsgenehmigungen würden also auch ausreichen. Dann gibt es eine erhebliche Migration, die wirtschaftsbedingt ist (insbesondere aus dem Balkan), und sie fällt überhaupt nicht unter das Asylrecht und kann es insofern auch nicht „aushöhlen“. Und schliesslich gibt es die erhebliche Abwanderung aus afrikanischen Staaten, die zT wegen realer Bedrohungen und zT aus wirtschaftlichen Gründen erfolgt – hier gilt es, dem afrikanischen Kontinent klar zu machen, dass er selbst zunächst in der Verantwortung steht, Flüchtlinge aufzunehmen und zu verteilen und andere Kontinente erst in zweiter Linie infrage kommen.
    Jetzt werden mir die ewig Guten nicht nur Herzlosigkeit sondern auch Ausländerfeindlichkeit unterstellen – neue Totschlagargumente, die fehlende Sachargumente ersetzen sollen. Sie erkennen nicht, dass jedes Problem dann (fast) unlösbar wird, wenn es eine bestimmte kritische Masse übersteigt und dass es also das Ziel einer vernünftigen Politik sein muß, Probleme in beherrschbarer Dimension zu halten. Die beste Flüchtlings- und Asylpolitik, die wir machen können – und die Andere deshalb auch machen – ist die, die wirklich Schützenswerten zeitlich oder auch für immer zu schützen und die Anderen um so schneller zurück zu schicken und ihnen dann, so weit es geht, vor Ort zu helfen (natürlich nicht individuell sondern auf staatlicher Ebene). Es ist den evangelischen Kirchenführern zu danken, dass sie das erkannt haben. Und Sie, lieber Herr Wolff, müssten sich bei eigener gegenteiliger Meinung eigentlich doch freuen anstatt so zu schimpfen – denn Sie haben Pluralität im eigenen Laden: Wunderbar!
    Mit fröhlichem Gruss,
    Andreas Schwerdtfeger

  10. Klasse Blog, der mir aus dem Herzen spricht. Es zeigt sich (wieder einmal): protestantische Kirche lebt von der Basis und orientiert sich am Evangelium und nicht an Kirchenleitung bzw. deren Funktionsträgern.

  11. Lieber Christian Wolff,
    danke für diesen Text, den ich bis auf ein einziges Wort unterschreibe: das Bild der Landeskirche ist nicht belämmert, sondern zutiefst beschämend! Leider passt es zu dem Bild, das ich vom scheidenden Bischof gewonnen habe. (Und in die Zukunft schaue ich nur mit Bangen)

    Gruß
    Wolfgang Denk

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