Es ist eine gute Tradition, dass sich der Landesbischof der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens vor Weihnachten mit einem Brief an die Pfarrerinnen und Pfarrer und an die Haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter/innen wendet. Das diesjährige weihnachtsbrief-des-landesbischofs-2016 hat mich zu einer Antwort in Form des „Offenen Briefes“ veranlasst.
Sehr geehrter Herr Landesbischof, lieber Bruder Rentzing,
Sie haben sich mit einem Brief „im Advent 2016“ u.a. an alle Pfarrerinnen und Pfarrer unserer Landeskirche, auch die im Ruhestand, gewandt. Diesen habe ich auf Umwegen erhalten. Dafür danke ich Ihnen. Wie in jedem Jahr habe ich den Weihnachtsbrief des Landesbischofs mit besonderer Aufmerksamkeit gelesen: Wie schätzt er die Entwicklungen des vergangenen Jahres ein? Welche geistliche Orientierung gibt er für das neue? Welche Impulse kann ich dem Brief für die Verkündigung in der Weihnachtszeit entnehmen? Leider finde ich in Ihrem diesjährigen Brief keine Antwort auf diese Fragen. In einem merkwürdig steif-bürokratischen Nominalstil erzählen Sie von Ihrem Zugang zur erzgebirgischen Weihnacht – und kommen sehr schnell zu den Strukturfragen der Kirche, um dann zu schreiben, dass man mehr (als was?) von kirchlichen Mitarbeiter/innen nicht mehr verlangen könne und wir die Welt sowieso nicht retten könnten. Auch so kann man Stillstand und Ideenlosigkeit beschreiben. Doch dann schreiben Sie vom „Hoffnungsanker“: Das Kind in der Krippe. Christus der Herr. Der wird es richten. Deswegen stehen wir nicht hoffnungslos da.
Selten hat ein Schreiben des Landesbischofs bei mir ein solches Gefühl der Leere erzeugt wie dieses. Sie formulieren nichts Falsches oder etwas, worüber ich mich ärgern könnte oder dem ich widersprechen möchte. Nein, es ist viel schlimmer: Sie sagen nichts. Sie sagen nichts zu dem, wie wir im Licht der Weihnacht mit all dem umgehen sollen und können, was sich im vergangen Jahr ereignet und die Menschen bewegt hat. Sie sagen nichts zur Frage, wie wir in Sachsen der Menschenverfeindung durch den um sich greifenden, militanten Rechtsradikalismus begegnen. Sie sagen nichts dazu, wie wir uns im kommenden Jahr, in dem wir das Reformationsjubiläum feiern, positionieren. Sie sagen nichts dazu, wie wir als Pfarrerinnen und Pfarrer Menschen stärken und ihnen Orientierung geben können. Sie reden von der Strukturreform und erwähnen die Ängste, die sie auslöst. Aber ich kann nichts darüber lesen, welche Aufgaben Sie der Kirche in Sachsen zuweisen, warum es Kirche überhaupt geben soll? Denn nur wenn wir diese Fragen klar beantworten können, lassen sich Mitarbeiter/innen für eine Strukturreform gewinnen. Es reicht eben nicht, im Alltag bürokratisch eng Verwaltungshandeln an den Tag zu legen und es im Weihnachtsbrief inhaltlich bei frommen Plattitüden über die „Rückführung der Menschheit ins Paradies“ zu belassen. So kann kirchenleitendes Handeln keine Überzeugungskraft entwickeln, sondern zeugt eher von geistiger und geistlicher Dürftigkeit.
Lieber Bruder Rentzing, ich selbst bin nicht mehr im aktiven Dienst. Darum könnte ich es mir leicht machen und sagen: Das geht mich nichts mehr an. Aber so verstehe ich mein „i.R.“ nicht, stelle aber fest, dass allzu viele unter den aktiven Mitarbeiter/innen sich innerlich schon verabschiedet haben und relativ erwartungslos ihren Dienst tun. Diese Haltung wird durch einen solchen Brief noch befördert. Darum schreibe ich Ihnen: Ich bin zutiefst beunruhigt darüber, dass Sie offensichtlich nichts von dem, was derzeit viele Menschen bewegt, wahrnehmen und aufgreifen. Sie flüchten sich in eine erzgebirgische Idylle, die es so nie gegeben hat. Denn gerade die erzgebirgische Weihnacht versuchte die mehr als finstere Welt des Bergarbeiters aufzuhellen und das Licht der Weihnacht Ausbeutung, Ungerechtigkeit, unmenschlichen Arbeitsbedingungen entgegenzustellen und das Gottvertrauen als subversive Kraft des Lebens zu stärken.
Genau das ist heute nötig, wenn wir der radikalen Infragestellung der christlichen Botschaft durch den fremdenfeindlichen, menschenverachtenden Rechtspopulismus entgegentreten wollen. Dazu erwarten viele Menschen, vor allem auch Mitarbeiter/innen unserer sächsischen Landeskirche, ein klares Wort von ihrem Landesbischof – ein Wort, das signalisiert: Ich teile eure Sorgen um die Grundwerte des christlichen Glaubens, um Demokratie, um die Pluralität, um unsere Glaubwürdigkeit als Kirche. Ich stehe auf der Seite derer, die sich einsetzen für die Schwachen in unserer Gesellschaft – das sind auch die Geflüchteten. Ich sehe unsere Kirche als Teil des Volkes Gottes und lehne darum jedes völkische Gedankengut als dem biblischen Glauben widersprechend ab.
Am Schluss Ihres Briefes schreiben Sie: „Lassen Sie uns gemeinsam die Blicke auf unseren Herrn richten und von ihm Hilfe erwarten. Denn dazu ist Er in diese Welt gekommen.“ Nein, Jesus Christus ist nicht in die Welt gekommen, damit wir unsere Blicke auf ihn richten und alles um uns herum so belassen, wie es ist. Diese Art von unheilvollem Dualismus wird durch die Geburt Jesu überwunden. Sie stellen die Choralstrophe „Heut schließt er wieder auf die Tür / zum schönen Paradeis …“ (EG 27,6) über Ihren Brief. Ja, Weihnachten bedeutet, dass die Trennung zwischen Himmel und Erde, zwischen Diesseits und Jenseits nur eine vorläufige ist. Darum: Jesus wurde als Mensch geboren, damit wir in dieser irdischen Welt vom Reich Gottes zeugen, also von der Welt, auf die wir zugehen. Für sie gilt es jetzt schon Zeichen zu setzen, von denen Hoffnung ausgeht – Hoffnung auf das, was mit Jesus Christus lebendig geworden ist: Gerechtigkeit, Gewaltlosigkeit, Barmherzigkeit, Ehrfurcht vor dem Leben. Diese Zeichen zu initiieren, diese Lichter in die Welt zu tragen, ist Auftrag der Kirche. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das nicht zur erzgebirgische Weihnacht gehört.
So gebe ich die Hoffnung nicht auf, dass Sie im Reformationsjahr 2017 ermutigende Zeichen setzen und davon in Ihrem nächsten Weihnachtsbrief berichten können – als Landesbischof oder als Pfarrer. Mit allen guten Wünschen für 2017
Christian Wolff
P.S. Mit diesem Brief möchte ich einen Beitrag zu der Diskussion leisten, die von der Initiative „frei und fromm“ in Gang gesetzt worden ist. Daher verstehe ich dieses Schreiben als einen „offenen Brief“.
21 Antworten
Zitate (aus dem Brief an den Bischoff):
„Dass Sie offensichtlich nichts von dem, was derzeit viele Menschen bewegt, wahrnehmen und aufgreifen;
Sie flüchten sich in eine erzgebirgische Idylle;
Auch so kann man Stillstand und Ideenlosigkeit beschreiben;
Sie sagen nichts.“
Kein „für blöd erklären?“ Wolff’sche Dialektik! Leider eben diente Ihr Brief mehr der eigenen Selbsterhöhung als einem wirklichen inhaltlichen Beitrag oder gar dem „demokratischen Diskurs“.
Ansonsten:
– Ja, der Disput über den diesjährigen Polizeieinsatz in Köln ist nicht nur skurril, sondern typisch linke Ideologie à la Peter (Grüne);
– Die Abschiebungen vor Weihnachten erfolgten auf der Basis von Recht und Gesetz, waren nicht „symbolisch“ und hatten mit dem Attentat nichts zu tun. Wenn Sie das erstmal anerkennen, wären wir schon weiter.
Gruß,
Andreas Schwerdtfeger
Dann einigen wir uns doch auf Folgendes: Ursprünglich bedeutet „Blödheit“ Schwäche, Kraftlosigkeit. Es gibt die Gesangbuchzeile „und wehr des Fleisches Blödigkeit“ (jetzt heißt es: des Fleisches Ängstlichkeit) – in diesem Sinne kann man dann auch meine Kritik so deuten, dass ich dem Landesbischof Schwäche, Ängstlichkeit, auch Stummheit vorwerfe. Ansonsten interessiert mich weniger, wie andere empfinden, was ich geschrieben habe, sondern vielmehr, wie in Zukunft der Landesbischof und die Kirchenleitung agieren. Ein erstes Anzeichen, dass die Kritik angekommen ist, zeigt sich daran, dass er sehr differenziert zum Kirchenasyl Stellung genommen hat. Christian Wolff
Adressat „offener Briefe“ ist das Publikum. Der Landesbischof setzte sich schon immer für Flüchtlinge ein und er predigt eine unpopuläre geistliche Haltung.
http://www.evlks.de/doc/Predigt_am_Reformationstag_31_2015.pdf
Mein „Offener Brief“ hat einen Adressaten: Landesbischof Carsten Rentzing und bezieht sich nicht auf sonstige Stellungnahmen oder Predigten, sondern auf den Weihnachtsbrief des Landesbischofs. Diesen hat er einem großen Adressatenkreis zugänglich gemacht. Ähnliches habe ich auch über meinen Blog getan. Das halte ich für legitim und angemessen. Offensichtlich findet mein „Offener Brief“ großes Interesse, denn er wurde inzwischen fast 2.000 Mal abgerufen. Dass der Inhalt meines Briefes kontrovers diskutiert wird, liegt in der Natur der Sache. Denn schließlich geht es darum, dass sich das kirchenleitende Handeln verändert. Dass da unterschiedliche Vorstellungen und Erwartungen vorhanden sind – wen kann es überraschen. Aber dass die Debatte darüber geführt wird, ist überfällig. Dazu wollte ich einen Beitrag leisten. Ich gehe davon aus, dass dies nicht ohne Wirkung bleibt – auch wenn ich nicht erwarte, dass der Landesbischof direkt auf den Brief antwortet. Christian Wolff
Und wieder, lieber Herr Wolff, zeigen Sie sich völlig uneinsichtig, wehren alles ab und verweisen auf das, was Sie „Streitkultur“ nennen und für sich in Anspruch nehmen, bei anderen aber als ungerechtfertigt ansehen. Auf ernsthafte Argumente dagegen, wie zB neulich meine Hinweise auf die krassen Widersprüche in Ihrer eigenen Argumentation gehen Sie nicht ein (zB Anwendung der Gesetze anstatt neuer Gesetze zu fordern, aber bei jeder korrekten Anwendung die Behörden als zu streng und unmenschlich zu kritisieren, siehe Beitrag „Danach“).
Ich kann beim besten Willen nichts Falsches an der Aussage erkennen, Sie hätten Ihren Bischof für „blöd“ erklärt. Wer einem Gespächspartner vorwirft, er habe in seiner Jahresbotschaft „nichts“ gesagt, tut genau das. Aber auch hierauf sind Sie ja bisher nicht eingegangen. Sie verschanzen sich mal wieder hinter Ihren Schlagworten von Streitkultur u.ä. anstatt in der Sache auf Argumente einzugehen und selbst welche zu bringen. Und genau das ist eben nicht „Diskurs“.
Mit beste Wünschen,
Andreas Schwerdtfeger
Lieber Herr Schwerdtfeger, nach Ihrer Lesart ist dann jede Kritik ein „für blöd Erklären“. Das muss ich zur Kenntnis nehmen. Ansonsten habe ich in dem Brief meine Kritik an dem Weihnachtsbrief, der im Wortlaut auch zugänglich ist, wohl begründet und auch die theologischen Differenzen aufgezeigt. Über die lässt sich trefflich streiten – und das steht unserer Kirche gut an. Noch eine Bemerkung zur Anwendung der bestehenden Gesetze: Die derzeitige Debatte um den Polizeieinsatz in Köln in der Silvesternacht empfinde ich als skurril. Nun ist einmal – dank des Polizeieinsatzes – nichts passiert. Doch seit zwei Tagen wird eine absurde Diskussion über die Kontrollen geführt. Meine Bemerkung zu den Abschiebungen hat folgenden Hintergrund: Man hat vor dem Berliner Terroranschlag „symbolisch“ gut integrierte Geflüchtete aus Afghanistan abgeschoben, aber damit eben kein einziges Problem gelöst. Denn bei dem Attentäter hat das mit der Anwendung der bestehenden Gesetze eben nicht funktioniert. So viel für heute. Ihr Christian Wolff
Sorgt es für die Steigerung des Ansehens der ev. Landeskirche in Sachsen, wenn ein Pfarrer i.R. seinen eigenen Bischof öffentlich für zu blöd erklärt, um die Zeichen der Zeit zu erkennen ?
Zeugt es von genügender Demut vor Gott und der Welt und der Unzulänglichkeit der eigenen Erkenntnis ?
Eher nicht.
Warum muss in solcher Schärfe formuliert werden ? Wie verletzt muss man sein, um so auszuteilen ?
Ist das hier nun „confessio“ oder weltliches Bekenntnis ?
Ich frage mich immer wieder, warum es deutsche Christen nicht schaffen, sich zu ihren bedrängten Brüdern weltweit zu bekennen, während sie sich schon mal schreckliche Sorgen über den unglaublichen „Populismus“ in Sachsen machen.
Nehmen Sie eine Bibel in die Hand und missionieren Sie in Saudi-Arabien und im Iran und in der Türkei. So erwerben Sie sich Verdienste. Indem Sie Ihren Mitbruder verbal „anpinkeln“ eher nicht.
Dieser Kommentar ist ein Beispiel dafür, wie unterentwickelt die Streitkultur derzeit ist. Nach der Lesart von Herrn Fachtan ist öffentlich vorgetragene Kritik gleich bedeutend mit „für zu blöd“ erklären, „anpinkeln“ und Ausdruck mangelnder Demut bzw. von Verletzungen. Ich kann Herrn Fachtan beruhigen: Ich bin weder verletzt, noch halte ich den Landesbischof für „blöd“ noch mache ich mir Illusionen über meine eigene Unzulänglichkeit. Allerdings ist es vollkommen normal in einer Kirche der Reformation, dass immer neu um den richtigen Weg der Kirche gerungen wird. Das geht – wie wir bei Martin Luther und vielen anderen Reformatoren studieren können – nicht ohne öffentlich, auch scharf geführte Debatten, eben Streit. Luther war da bekanntlich nicht zimperlich. Dem sollte man nicht unbedingt nacheifern. Wenn Herr Fachtan meint, dass die Landeskirche sich zu wenig einsetzt für die verfolgten Kirchen in arabischen Ländern, dann kann er das anmahnen und entsprechend eine Diskussion anregen. Nur ist es immer verdächtig, dass einem diese Schwestern und Brüder dann einfallen, wenn man von hiesigen Missständen ablenken will. Christian Wolff
Schön, dass Sie sich der Sache so schnell und gründlich annehmen.
Aber schauen Sie sich Ihren Brief ruhig selber noch einmal an.
„So kann kirchenleitendes Handeln keine Überzeugungskraft entwickeln, sondern zeugt eher von geistiger und geistlicher Dürftigkeit.“
Geistige und geistliche Dürftigkeit ? Das ist aus meiner Sicht die Stelle, wo Sie Ihren Landesbischof für blöd erklären. Er ist aus Ihrer Perspektiv sowohl geistig dürftig (also intellektuell minderbemittelt) als auch geistlich dürftig (d.h. nicht in der Lage seinen Beruf und seine Berufung zur Nachfolge Jesu Christi sachgerecht wahrzunehmen). Mit Außenperspektive lässt sich dies ohne bösen Willen so deuten, dass Sie ihn für blöd erklären. Denn er hat nach Ihrer eigenen Darstellung nicht die intellektuellen und nicht die geistlichen Fähigkeiten, die für sein Amt erforderlich sind.
Wie ist er dann eigentlich in sein Amt gekommen ? Wer hat ihn wann warum empfohlen und gewählt ?
Die evangelische Kirche hat an Substanz verloren – nicht nur in Sachsen.
Die Frage ist nun aber, ob das nicht etwa auch an einer Politisierung liegt, die geistige und geistliche Substanz nicht mehr genügend pflegt und vermittelt.
Eine ev. Kirche, die sich (nur noch oder hauptsächlich) als weltliche Vorhut im „Kampf gegen rechts“ versteht, ist zum Scheitern verurteilt, weil sie sowohl ihre geistige als auch ihre geistliche Substanz aufgibt und verleugnet.
Ist Ihnen schon einmal aufgefallen, mit welcher Inbrunst Israel auch auf religiöser Grundlage sich selbst und die jüdische Zivilgesellschaft verteidigt ? Ihnen wird nicht entgangen sein, dass unsere christliche Tradition auf jüdischer Überlieferung aufbaut und wir einem jüdischen Rabbi (Jesus) folgen.
Wo ist nun – in Ansehung des Anschlags in Berlin und anderer ungünstiger Veränderungen der mitteleuropäischen Zivilgesellschaft – der Beitrag der ev. Landeskirche zum Schutz der Christen und der Mitteleuropäer insgesamt ?
Macht es Ihnen tatsächlich Sorgen, dass Sachsen ja so schrecklich rechtspopulistisch sei ? Macht es Ihnen nicht mehr Sorgen, demnächst von einem tollkühnen Tunesier auf einem Weihnachtsmarkt über den Haufen gefahren zu werden. Einem Menschen, der glaubt, Gott habe ihm befohlen, die gottlosen Christen zu „schlachten“. Christen leben in einer besonderen Bedrohungssituation angesichts der Entwicklungen, die eine andere Weltreligion nimmt.
Sich dieses bewußt zu machen ist keine „verdächtige Ablenkung von hiesigen Verhältnisssen“, wie Sie meinen, sondern ein Hinweis auf die grauenhafte Intoleranz mancher islamischer Subkulturen, die auch in unserem Lande blutige Wunden schlägt.
Lieber Herr Wolff,
aus des Bischofs und Ihrem Brief lese ich zwei unterschiedliche Verständnisse von Glaube und Erlösung heraus. Sie stimmen darin überein, dass der Glaube, dass wir erlöst sind, dass das Kind in der Krippe das Symbol dafür ist, die Grundlage unseres Lebens als Christen ist. Sie unterscheiden sich völlig darin, was sie als notwendige Konsequenz daraus erachten.
Meine persönliche Meinung: Wenn unser Glaube und die Botschaft daraus darin besteht, dass wir das Kind in der Krippe vor uns her tragen, vielleicht noch unter Absingen frommer Lieder, wenn wir unseren Glauben und seine Botschaft nicht in unsere heutige Lebenssituation übersetzen, daraus kein konkretes Handeln im Hier und Jetzt ableiten, dann ist die Botschaft nur eine leere Worthülse, ist das Kind in der Krippe nur eine leere Hülle, ist tot. Übersetzung ins Heute heißt für mich, Antworten auf die Fragen unserer heutigen Existenz zu suchen und diese Antworten den Menschen heute zu geben – mögen sie noch so unvollkommen und stammelnd sein, mögen sie auch manchmal falsch sein.
Wenn jemand in einer Leitungs- und Verkündigungposition diese Antworten nicht gibt, oder geben kann, ist das tragisch, insbesondere vor der immer wieder gestellten Frage, warum so viele Menschen keinen Bezug zu den Kirchen mehr haben. Und es enthebt mich nicht meiner Verantwortung als Christenmensch, selbst zu verkündigen, so gut ich es kann. Sonst wird aus Luthers „sola fide“ („nur durch den Glauben“) ein „fides sola“ („nur Glaube“)
Ich wünsche Ihnen ein segensreiches Jahr 2017.
Lieber Herr Denk, ja, das ist die Differenz – neben einer sehr unterschiedlichen Auffassung über die Aufgabe eines Landesbischofs. Aber darauf gehen Sie in Ihrem dritten Absatz ein. Vielen Dank, dass Sie in wenigen Sätzen so viel Klarheit erzeugen können. Ihnen alles Gute für 2017. Christian Wolff
Lieber Herr Wolff,
Ihren Standpunkt (29.12. 17.44) kann ich nachvollziehen und verstehen. Es ist in der Tat leichter, „von außen“ aber mit Binnenkenntnis Kritik zu üben als wenn man in das System eingebunden ist. Und doch: Ist es nicht eben „intolerant“ und „niedermachend“, wenn man dem Kritisierten unterstellt, er habe zu einem wichtigen Thema „nichts“ gesagt“, sich sozusagen weggeduckt, Verantwortung von sich gewiesen? Das sind doch – oder nicht – Ihre Unterstellungen? Können Sie wirklich nicht verstehen, daß manche Kritik wirksamer ist, wenn man sie in der Stille äußert? Und daß eben die „Außen-Stellung“ auch die Gerfahr birgt, man spreche nur zur Selbsterhöhung?
Wir teilen ja viele Standpunkte und Ziele, auch wenn wir unterschiedlicher Meinung sind über die Wege und Mittel dorthin. Aber gerade deshalb halte ich es für so fatal, daß Sie diese Ziele mit polemischer und teilweise populistischer Unbeugsamkeit, mit ideologischer Rethorik, mit Ausschließlichkeitsanspruch vertreten und verkünden.
Es ist genau das, was Frau Gauglitz schreibt, daß Sie „immer“ Recht haben – eine Strategie, die nicht zielführend, nicht überzeugend, nicht friedenstiftend ist – und also den Gegner stärkt.
Das ist das Fatale and Ihrem blog und Ihren Aktivitäten im Felde der Politik.
Mit den besten Neujahrswünschen,
Andreas Schwerdtfeger
Sehr geehrter Herr Pfarrer Wolff, als ich Ihren offenen Brief las, dachte ich: Was für ein Affront!
Es ist unnötig, den Landesbischof derart zu brüskieren. Er schrieb einen WEIHNACHTSBRIEF an die unterschiedlichsten Mitchristen.
Wenn Ihre Fragen für Sie derart brennend sind, hätten Sie diese doch stellen können, ohne den Bischof für seinen Weihnachtsbrief zu kritisieren, denn: sie gehören natürlich diskutiert zu werden in Interviews, Foren oder sonst wo.
Sie kritisieren Herrn Rentzings Schreibstil. Nur weil es Mode ist, renommierte Personen öffentlich anzupinkeln? Sogar über die Weihnacht im Erzgebirge müssen Sie ihn belehren. Er wurde aber 1967 geboren, nicht 1800.
Wie konnte Ihnen das als Pfarrer und Seelsorger passieren? Ist Ihnen schon mal aufgefallen, dass Sie in letzter Zeit IMMER Recht haben? Ich habe Sie einmal sehr geschätzt. Nicht allein dieses Schreibens wegen habe ich meine Ansicht geändert.
Ihren Brief schrieben Sie in der Weihnachtszeit. Ich frage mich, was aus diesem Umgang miteinander Gutes wachsen soll?
Mit freundlichen Grüßen
Andrea Gauglitz
Populistisch finde ich Ihren Brief.
Wer nach den Erfahrungen von Verstrickung des Staates z.B. nur in dem NSU-Verfahren immer noch in das Horn blasen will, welches alle blasen, der ist oder will kurzsichtig sein.
Und Fremdenfeinde sind für mich zuerst die Mitglieder der Bundesregierung. Schließlich sind sie es, die einen völkerrechtwidrigen Krieg gegen Syrien vom Zaun brachen, den syrischen Binnenflüchtlingen auch noch die Hilfe vor Ort strichen und die Menschen so erst zur Flucht zwangen. Der barmherzige Samariter war nicht einer der Räuber.
Gottes Segen!
Alles ein bisschen wirr – aber vielleicht gibt es jemanden, der das versteht. Christian Wolff
Na klar, was man nicht verstehen will, das ist „wirr“. Manch einer nennt das Heben von Fakten auf emotionale Ebenen auch post-faktisch. Setzen Sie doch einfach einmal mit den Fakten zum Syrien-Krieg auseinander. Wo ist die UN-Resolution, die diesen Krieg rechtfertigen würde. Wer bezahlt und fördert den IS? Schauen Sie, wie auch die Kirchen keine Kritik üben und nur den Steigbügelhalter für die herrschende völkerrechtwidrige Politik spielen. Nach dem zweiten Weltkrieg gab es das Stuttgarter Schuldbekenntnis. Die heutigen Landeskirchen sind meilenwrit davon entfernt. Übrigens werden Sie auch von der „rechtpopulitischen“ AfD keine Kritik am Syrien-Krieg hören – und das sollte für Christen das eigentliche Alarmzeichen sein.
Wenn man Ihr Schreiben einmal objektiv analysiert, lieber Herr Wolff, so stellt man fest, daß Sie inhaltlich gegenüber Ihren bisherigen Äußerungen absolut nichts Neues sagen. Schade also, daß Sie diese Botschaft nicht nicht ohne eine überflüssige Attacke gegen einen Mitbruder (wie Sie es ja so schön formulieren) in die Welt bringen konnten. Ja, ich weiß, der „demokratische Diskurs“! Aber ist es wirklich so demokratisch, wenn man seinem – in diesem Falle auch noch unfreiwilligen – Gesprächspartner vorhält, er habe „nichts“ zu sagen?
Da kommt der Verdacht auf, daß Ihre öffentliche Kritik am Bischof nicht der Sache dienen soll – in der Sie ja nichts Neues sagen – sondern der Selbst-Beförderung und -Darstellung. Ginge es Ihnen um die Sache, Sie hätten den Brief wohl nicht „offen“ geschrieben. Und da sind wir wieder bei der Frage: Wie befördert man seine Ziele am besten? Indem man sie mit der Fähigkeit zum Zuhören, manchmal besser in der Stille und mit Zurückhaltung im Stil vertritt – oder indem man laut und intolerant den Partner öffentlich niedermacht und das Ganze als „demokratischen Diskurs“ tarnt?
Ihr öffentlicher Brief, so muß dem Leser scheinen, ist „promotion“ für Wolff und nicht Einsatz für die Sache – schade!
Mit allen guten Wünschen für 2017,
Andreas Schwerdtfeger
Lieber Herr Schwerdtfeger, dass mein Brief an den Landesbischof Gedanken enthält, die ich auch an anderer Stelle geäußert habe, ist weder überraschend noch sollte es Anlass zur Kritik sein. Wenn ich den Brief öffentlich mache, dann hat das vor allem den Hintergrund, dass ich aus vielen Gesprächen weiß, wie unzufrieden viele Mitarbeiter/innen mit dem Agieren der derzeitigen Kirchenleitung sind. Da ich nun selbst in einer relativ unabhängigen Position bin, habe das zum Ausdruck gebracht, was mancher denkt. Gleichzeitig wollte ich einen Beitrag leisten zu dem kritischen Diskurs, den die Initiative „frei und fromm“ in der sächsischen Landeskirche initiiert hat. Ich kann niemanden daran hindern, dies als „Promotion“ in eigener Sache zu bezeichnen. Komisch ist allerdings immer wieder, wenn eine kritische Meinung sofort mit dem Verdikt „intolerant“ oder „niedermachen“ belegt wird. Beste Grüße Christian Wolff
Sehr geehrter Herr Pfr. Wolf,
ihr offener Brief enthält gute und wichtige Anliegen. Die Kirche ist ein sozialpolitischer Player, der auch von säkularen Partnern als Stütze der Demokratie wahrgenommen wird. Dass das so bleibt, dafür sollte sich ein Bischof einsetzen. Die Kirche könnte, von ihrer basisdemokratischen Tradition und der weltweiten ökumenischen Verbundenheit ausgehend, sicher noch mehr tun als bisher. Dennoch möchte ich 2 Dinge bemerken:
1. Ihr Schreiben zeigt deutlich die Spannung zwischen christlicher Weltverantwortung und der Botschaft der Erlösung, die von Gott her kommt. Die Suche nach verantworteten Lösungen im Vorletzten gegen die erlösende Weihnachtsbotschaft auszuspielen, wäre indes fatal. Im Weihnachtsbrief des Landesbischofs wird sehr deutlich, dass er die Welt nicht als erzgebirgisches Wohlfühlparadies betrachtet (s.S.2.). Die Warnung „Wir müssen uns gerade auch als Kirche davor hüten, diese Welt aus eigenen Kräften retten zu wollen.“ ist als Begrenzung menschlicher Hybris dabei nicht unangemessen.
2. Es handelt sich um ein innerkirchliches Schreiben. Wenn die Mitarbeiterinnen der Kirche die Situation an ihrem Arbeitsplatz als eine Notlage wahrnehmen, dann ist es gut, dies anzusprechen.
Ja, es mag zu wenig sein, dass der LB die Zukunft der Kirche nur in Frageform anspricht. Aber eine immer unscheinbarer werdende Verkündigung wird in der Rolle der Verstärkerin des Säkularen, so gut es auch sein mag, nicht profilierter. Ich wünsche mir, dass die Unterscheidung zwischen der Verkündigung der Erlösung und unserem Beitrag für eine bessere Welt nicht zur Entzweiung der Kirche missbraucht wird. Den Blick auf Christus als Ursache für einen unheilvollen Dualismus zu brandmarken, ist eine unnötige Konstruktion von Parteiungen. Christus ist ja die Quelle von Gerechtigkeit, Gewaltlosigkeit, Barmherzigkeit und Ehrfurcht vor dem Leben. Dies dürfen wir auch dann genau so verstehen, wenn es nicht explizit gesagt wird. Wie sollen wir denn glaubwürdig werden, wenn wir uns selbst nicht verstehen wollen?
A. Siegemund
Vielen Dank für die Worte!! Ich teile diese Gedanken und bin über die Trost- und Mutlosigkeit dieses Bischofs einfach nur entsetzt. Immer das gleiche Jammern über die Strukturreform, anstatt tatkräftig anzupacken, Kirche plausibel zu machen, die Mitarbeiter der kirche für ihr Engagement ehrlich zu danken und zu motivieren,….
Lieber Christian, ein sehr guter Offener Brief, dem ich voll zustimmen kann. Das Agieren und die Äußerungen des Bischofs machen einen einfach nur ratlos.