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Legida/Pegida, Orbán und die CSU

„Legida trägt den Rechtsstaat zu Grabe.“ Wie wahr – denn Legida/Pegida und das rechtsradikale Netzwerk, das dahinter steht, sind Totengräber des Rechtsstaates. Sie wollen, sie müssen ihn tief verscharren und zur Unkenntlichkeit verwesen lassen. Insofern war es ein gruselig-gutes Zeichen, dass Legida heute Abend den symbolisch im Sarg eingeschlossenen Rechtsstaat durch die Straßen Leipzigs getragen hat. Damit wird deutlich: Legida/Pegida ist der dumpfbackige Widerspruch zum Rechtsstaat, zur Menschenwürde und zur Demokratie, zur Pluralität und Offenheit. Legida/Pegida sehen in den Flüchtlingen eine „Invasion“, eine „Flutung“ Europas, gegen die Armeen aufzufahren und Mauern und Stacheldraht zu bauen sind. Für Legida/Pegida sind die Menschen, die derzeit in Berlin Regierungsverantwortung tragen, „Verbrecher“, eine „Bande“, die es zu beseitigen gilt; und Angela Merkel ist eine Frau, die ihre „Kinderlosigkeit“ durch ihre Flüchtlingspolitik zu kompensieren sucht. (Dies sind alles Zitate von Pegida Dresden am 21.09.15). Der neue Held für Legida/Pegida ist Victor Orbán, der Ministerpräsident Ungarns und Totengräber der EU: ein Rassist, einer, der in seinem Land die Pressefreiheit und Demokratie aushebelt, einer, der die Menschenrechte mit Füßen tritt – und einer, dem man zutraut, wenn es darauf ankommt, nicht nur Zäune zu errichten, sondern auch Schießbefehl zu erteilen und KZs zu bauen.

Doch nun das Übelste: Dieser Orbán ist nicht nur Gallionsfigur der Rechtsradikalen und Neonazis von Legida/Pegida. Er ist auch neuer Freund und Weggenosse von Horst Seehofer und der CSU. An dieser Stelle wird es dann wirklich gefährlich. Denn mit dem heutigen Empfang von Viktor Orbán im Kloster (!) Banz hat Seehofer seine Präferenz zum Ausdruck gebracht: im Zweifelsfalls nicht für und mit Angela Merkel, im Zweifelsfall Schulterschluss mit dem Rassisten und Menschenrechtsverachter Orbán. Das ist der absolute Tiefpunkt einer Partei, die nicht nur das „christlich“ im Namen trägt, sondern sich mit dem heutigen Tag auf eine Stufe mit Legida/Pegida stellt. Wenn Angela Merkel könnte, wie sie eigentlich müsste, dann ist jetzt der Zeitpunkt, die Koalition mit der CSU aufzukündigen. Mit Leuten, die sich mit Legida/Pegida gemein machen, ist weder Staat zu machen, noch lässt sich eine menschenwürdige Politik für die Flüchtlinge umsetzen.

Umso wichtiger, dass wir in Leipzig keinen Moment nachlassen, Legida/Pegida und allen Rechtsradikalen entgegenzutreten und uns auch die Grundwerte des christlichen Glaubens nicht durch die beschädigen zu lassen, die sich auf das Christentum berufen, aber gleichzeitig die Grundwerte der biblischen Botschaft durch ihr Reden und Handeln besudeln.

Darum: Demonstration am Samstag, 26.09.2015, um 14.00 Uhr ab Nordplatz (Michaeliskirche) http://wolff-christian.de/nicht-nachlassen-warum-wir-am-21-09-und-am-26-09-2015-demonstrieren/

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2 Antworten

  1. „Ja, die Sprache, die Sie in Ihrem Beitrag kritisieren, kommt mir auch aus Ihren eigenen Beiträgen recht bekannt vor. Und Ihre Kritik an Seehofers unerfülltem C im Parteiennamen spiegelt sich in der Grösse des Wortes „Glauben“ in Ihrem eigenen Logo.“ [Andreas Schwerdtfeger]

    Leider geht es mir ebenso, und ich bedauere dies sehr.

    Seit Tagen geht mir ein Schreiben nicht aus dem Kopf, von dem ich Kenntnis erhielt.

    Es wurde hier veröffentlicht –

    http://www.michael-klonovsky.de/acta-diurna

    – und vielleicht, ich würde es mir sehr wünschen, regt es einige zum Nachdenken an und führt zu einem tieferen Verständnis der gegenwärtigen Situation.

    „Sehr geehrter Herr Klonovsky,

    es bleibt wohl auch nichts mehr, als, wie Sie schreiben, das Fatum stoisch anzunehmen. Ob es gelingt, den – aus meiner Sicht: ungünstigen – Ratschluss der Geschichte mit der heiteren Gelassenheit eines Philosophen zu ertragen? Ich hege Zweifel.

    Aber was rede ich, es kommt wie es kommt. Nur eines versetzt mich an der deutschen Gegenwart noch in Zorn, und zwar nicht das wahrscheinlich nahende Ende der säkularen, liberalen Ordnung: Die am meisten darunter leiden werden, die urbanen, akademischen Milieus, haben ihr Schicksal selbst gewählt. Frei nach Hamilton gilt für sie: Eine Nation, welche sich in die Würdelosigkeit schickt, ruft nach einem Herrn, und sie wird ihn bekommen. Es ist vielmehr der Verrat am mitteldeutschen (Bildungs-) Bürgertum, der mich die Gegenwart bisweilen verwünschen lässt. Diese Gruppe, dieses soziale Phänomen, welches anno 89 den vielleicht größten Anteil am Untergang des Arbeiter- und Bauerngefängnisses hatte, wurde in den gehegten Hoffnungen, den geträumten Träumen getäuscht. Nicht durch jene Millionen, die nun nach Deutschland drängen; natürlich nicht: Sie tun nichts Unrechtes. Sondern vom bildungsbürgerlichen Pendant – oder soll man sagen: Gegenspieler – in der alten BRD, welches der nunmehr rasenden Transformation seit einer Generation den Boden bereitet.

    Nicht ich, aber meine Eltern, die den gesamten Lauf der DDR-Geschichte mithecheln mussten, zählen sich zum mitteldeutschen, von mir aus: sächsischen Bürgertum. Das Gewandhaus ist für sie ein Ort, an dem man hin und wieder Gottesbeweise erfahren darf. Nicht weniger die Thomaskirche, wenn deren Chor das Schicksal des Nazareners beweint und auch bejubelt. Sie ehren die mitteldeutsche Kulturlandschaft, wie sie jede Kulturlandschaft mit Ehrfurcht erfahren. In unseren jüngsten Gesprächen, die nicht umhin kamen die Tagesereignisse zu streifen, konstatierten sie, diesen Staat gewiss nicht angestrebt zu haben, als sie 89 mit dem Trabbi nach Leipzig tuckerten. Was sie wollten, war (vielleicht) die Wiederherstellung, die Fortsetzung des Staates der Deutschen. Eines liberalen, von Ideologien möglichst freien Staates, unter den Nationen Europas friedlich und deren Freundschaft suchend. Was für Träumer sie doch waren.

    Sie hatten, wie die meisten Ossis, wohl nicht geahnt, dass die akademischen Deutungseliten der BRD mit Feuereifer an der Abschaffung der deutschen Nation arbeiteten. Und deren intellektuell wohlbegründeter Plan der „ethnischen Verdünnung“, durch das plötzliche Auftauchen von 15 Millionen deutschen DDR-Bürgern im nunmehr vergrößerten Staatsgebiet der BRD, um einige Stadien zurückgeworfen wurde. Wahrscheinlich sorgte man sich damals in so manchem Redaktionsraum und den meisten kulturwissenschaftlichen Instituten tatsächlich, und fürchtete die für eine Sekunde aufscheinende Möglichkeit, es könne sich tatsächlich wieder ein Staat der Deutschen bilden. Freilich, wir wissen: Die Furcht war unbegründet, der Triumph der guten Sache ist vollständig.

    Bald wird dieses Bürgertum im Osten, das Ideale von Bildung und kultureller Verbundenheit konservierte, welche in der BRD längst als reaktionär erkannt worden waren, nur noch in Andeutungen vorhanden sein. Und es wird nur noch wenige geben, denen der Besuch des Naumburger Doms, des Bachhauses oder eines Kirchenkonzertes in Schwarzenberg eine innere Saite anschlägt. Was jetzt kommt, wird vor dieser Kultur bestenfalls stehen, wie einst Goten vor einem Ceresheiligtum standen – vielleicht anerkennend, aber ohne innere Beziehung dazu, und nach einer kurzen Phase der Scheu und Verwunderung in den Säulen und Mauern nur noch Baumaterial erkennend.

    Am Bahnhof in *** verabschiede ich mich von Mutter und Vater, winke ihnen zu. Sehe, wie sie, nun schon grau und etwas gebückt, durch den großen Mittelbogen gehen. Ich weiß, dass sie und ihresgleichen die letzten einer Art sein werden. Ihre Kultur vergeht, wie die eines Stammes von Prärieindianern. Und ich steige in den Zug nach Berlin, die Wunderkammer und Vorhölle des Zeitgeistes.

    Mit freundlichen Grüßen
    ***“

  2. Ja, die Sprache, die Sie in Ihrem Beitrag kritisieren, kommt mir auch aus Ihren eigenen Beiträgen recht bekannt vor. Und Ihre Kritik an Seehofers unerfülltem C im Parteiennamen spiegelt sich in der Grösse des Wortes „Glauben“ in Ihrem eigenen Logo.
    Aber Spaß beiseite und zur Sache: Orban ist kein vorbildlicher Demokrat – da stimmen wir überein. Und Seehofers „Freundschaft“ mit ihm ist sicher ebenso ungewöhnlich wie Schröders mit Putin. Aber dass Orbans Politik in Sachen Migranten prinzipiell auf der Linie des Schengen-Abkommens liegt, ist kaum bestreitbar – und dies schliesst Einsatz von Polizeimitteln gegen gewalttätige Grenzverletzer mit ein. Dass die EU, die sich von der Flüchtlings- und Migrationswelle die politische Initiative hat entreissen lassen und diese wiedergewinnen muss, um Ordnung und Übersicht in dieses grosse Problemfeld als zwingende Voraussetzung zu seiner Lösung zurückzubringen, ist ebenso unbestreitbar. Es ist ja richtig, dass Politik auch mit Herz zu tun haben muss (was übrigens eine sozialdemokratische Regierung wie die in der Slovakei auch nicht ganz berücksichtigt), dass Zäune und Stacheldraht keine dauerhaften politischen Mittel sind. Aber ebenso richtig ist eben auch, dass das Merkel-Zitat „wir schaffen das“ voraussetzt, dass man praktikable, finanzierbare und gesellschaftlich vertretbare und überzeugende Lösungen finden muss. Es ist ja ähnlich, wie mit Ihrem sehr bewundernswerten Einsatz vor Ort in Leipzig: er ist großartig, aber nicht grundsätzlich problemlösend. Genauso verhält es sich mit den ehrenamtlichen Helfern jetzt: sie sind großartig und erleichtern den Flüchtlingen vor Ort ihr Los – aber sie lösen nicht die langfristigen politischen Probleme der Unterbringung, sozialen und arbeitsmarktlichen Integration, der Vermeidung des Imports von Terrorismus, vor allem auch der Finanzierung, etc.
    Und da schliesslich mehr als 50% der Bayern die CSU wählen und also angenommen werden muss, dass Viele der Helfer in Bayern auch CSU-Unterstützer sein müssen, ist wohl der Tiefpunkt der Partei in dem Land, das die Hauptlast der „Welle“ trägt, noch lange nicht erreicht. Es sollte nicht vergessen werden, dass das Land Bayern und die CSU-Regierung dort (wieder einmal) besser und schneller den Kommunen auch finanziell und organisatorisch hilft als alle anderen Länder, insbesondere auch die SPD-regierten!
    Ich grüsse Sie wie immer herzlch,
    Andreas Schwerdtfeger

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