… denn „hinter dem Frieden gibt es keine Existenz mehr.“ (Gustav Heinemann 1969) Dieser bitteren Erfahrung sind seit dem 24. Februar 2022 wieder einmal Millionen Menschen in der Ukraine ausgesetzt: Flucht, Vertreibung, Zerstörung der Lebensgrundlagen. Am Freitag jährt sich der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine zum ersten Mal. Für viele Menschen in Europa ist dies Anlass, sich am Wochenende an Mahnwachen, Demonstrationen und Kundgebungen zu beteiligen. Diese werden sehr unterschiedlich ausfallen – allein schon deswegen, weil Bürger:innen aus der Ukraine, die hier leben bzw. nach Deutschland geflüchtet sind, andere Akzente setzen werden, als Menschen, die nicht unmittelbar vom Kriegsgeschehen, von den täglichen Bombardierungen Russlands auf Wohngebiete in den Städten und auf die Infrastruktur betroffen sind, die aber mit Schrecken einer möglichen Eskalation zu einem 3. Weltkrieg befürchten und voller Sorgen auf den ungeheuren Rüstungswettlauf blicken. So werden am Wochenende sehr unterschiedliche Forderungen erhoben. „Die Ukrainer im In- und Ausland sind in einem Ziel vereint − den Sieg der Ukraine so schnell wie möglich herbeizuführen. … Dieser verbrecherische Krieg muss so schnell wie möglich beendet werden! Und dafür brauchen die ukrainischen Soldaten schwere Waffen, die Deutschland liefern kann und vor allem muss, um die Vernichtung der Menschen in der Ukraine zu stoppen! Gemeinsam werden wir die Ukraine in ihrem Kampf gegen den russischen Faschismus unterstützen!“ So der Aufruf des „Freundeskreises der Ukraine in Leipzig“ zur Kundgebung auf dem Leipziger Augustusplatz. Auf der anderen Seite das „Manifest für den Frieden“, initiiert von Alice Schwarzer und Sahra Wagenknecht: „Verhandeln heißt nicht kapitulieren. Verhandeln heißt, Kompromisse machen, auf beiden Seiten. Mit dem Ziel, weitere Hunderttausende Tote und Schlimmeres zu verhindern. Das meinen auch wir, meint auch die Hälfte der deutschen Bevölkerung. Es ist Zeit, uns zuzuhören! … Wir fordern den Bundeskanzler auf, die Eskalation der Waffenlieferungen zu stoppen. Jetzt! Er sollte sich auf deutscher wie europäischer Ebene an die Spitze einer starken Allianz für einen Waffenstillstand und für Friedensverhandlungen setzen. Jetzt!“ (https://www.change.org/p/manifest-f%C3%BCr-frieden)
Beide Aufrufe offenbaren die schier unlösbar erscheinenden Schwierigkeiten, in die uns der Ukraine-Krieg gezogen hat. Denn weder scheinen ein „Sieg“ der Ukraine noch ein sofortiger Waffenstillstand und Verhandlungen eine realistische Perspektive zu haben. Dennoch werden sich viele Bürger:innen in Europa auf das verständigen können, was jenseits der Debatte um Waffenlieferungen unmittelbar nach Kriegsbeginn Motto vieler Kundgebungen war:
Ja, dieser Krieg muss eher heute als morgen gestoppt werden. Denn er ist wie jeder Krieg ein großes Verbrechen an den Menschen, die ihn ausführen müssen, und deren Opfer. Gleichzeitig und gleichwertig müssen die Bedingungen dafür geschaffen werden, dass die Menschen in der Ukraine in Frieden leben können und dass nicht nur in Europa Interessenskonflikte ohne Einsatz von militärischer Gewalt ausgetragen werden. Ohne den Anspruch zu erheben zu wissen, was jetzt der richtige Weg ist, möchte ich einige Aspekte zusammenzustellen:
- Dieser Krieg wurde von Russland begonnen und wird von Russland mit sich steigernder, rücksichtsloser Intensität und Brutalität geführt. Dabei ist es zunächst unerheblich, ob der Kriegsbeginn auf 2014 oder 2022 datiert wird. Tatsache ist, dass Russland völkerrechtswidrig die Ukraine mit Krieg überzogen hat. Dafür gibt es keine Rechtfertigung! Das gilt auch für das Narrativ Russlands, es müsse sich gegen ein aggressiv politisch-militärisches Agieren der NATO verteidigen bzw. sich vor einer von Neonazi regierten Ukraine schützen und diese befreien. Man kann die Politik der NATO-Staaten gegenüber Russland mit guten Gründen kritisieren – nur kann man daraus keine Rechtfertigung für die kriegerische Aggression Russlands ableiten. Das wäre so, wie wenn man den Angriffskrieg Deutschlands 1939ff damit zu erklären versucht, dass das „Diktat“ des Versailler Vertrages Hitler keine andere Möglichkeit gelassen hätte, als Polen zu überfallen und einen Vernichtungskrieg gegen die damalige Sowjetunion zu starten.
- Es ist nicht von der Hand zu weisen: Vor 20 Jahren haben die USA aufgrund eines Lügenkonstrukts den Irak völkerrechtswidrig angegriffen und danach ein verwüstetes Land sich selbst überlassen. Es ist auch richtig, dass die USA in den vergangenen Jahrzehnten in ihrem „Hinterhof“ (Mittel- und Südamerika) immer wieder militärisch eingegriffen haben – nicht zuletzt vor 50 Jahren beim Putsch gegen den demokratisch gewählten chilenischen Präsidenten Salvatore Allende und der Installierung des faschistischen Pinochet-Regimes. Aber auch diese fatale Politik der USA kann und darf nicht als Entschuldigung für den Angriffskrieg des Putin-Regimes herangezogen werden.
- Gerade die Erinnerung an die Golfkriege 1991 und 2003, aber auch an die interventionistische Militärpolitik des sog. Westens in den vergangenen Jahrzehnten in Afghanistan und Libyen zeigen: Am Ende dieser Kriege steht kein Verhandlungsfrieden, sondern nur noch verbrannte Erde. Länder und Regionen versinken in die Unregierbarkeit. Das droht, wenn nicht endlich nichtmilitärische Handlungsalternativen greifen, weniger für die Ukraine, aber vor allem für Russland. Das bedeutet: Wer jetzt Friedensperspektiven für die Ukraine entwickeln will, muss sich vor allem an den Erfahrungen des europäischen Friedensprozesses zwischen 1945 und 1990 orientieren. Dieser Friedensprozess zeichnete sich dadurch aus, dass alle Seiten auf militärische Aktionen in Europa verzichtet bzw. auf begrenzte militärische Eingriffe nicht-kriegerisch geantwortet haben. Nur eine Politik, die sich an der Notwendigkeit einer dauerhaften Friedensordnung orientiert, wird langfristig auf Glaubwürdigkeit in den Ländern stoßen, die aufgrund gemachter Erfahrungen „dem Westen“ nicht blindlings trauen. Darum ist das Gerede von einem „friedensverwöhnten“ Deutschland (so Joachim Gauck in der Wochenzeitung DIE ZEIT) so fatal. Wir sind nicht friedensverwöhnt, sondern eher friedensvergessen! Der Ukraine-Krieg ist auch die Quittung für 30 Jahre Abwesenheit von europäischer Friedenspolitik! Eine solche müsste vor allem die Unterstützung der Zivilgesellschaften in Autokratien im Blick haben.
- Der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine ist der kriegerische Höhepunkt des Generalangriffs des nationalistischen Autokratismus mit imperialem Anspruch auf demokratisch verfasste Staaten und freiheitlich-plurale Gesellschaften. Das ist die Ursache dafür, dass die Politik Putins gerade bei europäischen Rechtsnationalisten Unterstützung findet. Man lese nur die Rede von Björn Höcke am 3. Oktober 2022 in Gera (https://www.youtube.com/watch?v=QVdwdw2gB5Y). Wenn das richtig ist, dann besteht die erste und vornehmste Anti-Krieg-Aufgabe von Bürger:innen in Deutschland darin, die Demokratie und die gesellschaftliche Vielfalt hier zu stärken und gegen die Rechtsnationalisten zu verteidigen. Denn Demokratie, Vielfalt, Solidarität sind keine Selbstläufer. Sie müssen jeden Tag neu von den Bürger:innen erkämpft, geschützt, entwickelt werden. Wir müssen es immer und immer wiederholen: Nationalismus und Autokratismus tragen den Keim des nächsten Krieges in sich. Es wundert mich sehr, dass darüber im Manifest von Schwarzer/Wagenknecht kein Wort verloren wird. Allein deswegen kann ich dieses nicht unterschreiben. Denn damit fehlt eine klare Abgrenzung zu den Rechtsnationalisten, die scheinheilig Parolen der Friedensbewegung okkupieren, sich aber vom Putin-Regime aushalten lassen.
- Natürlich hat erste Priorität, dass die kriegerischen Gewalthandlungen, die ungeheure Zerstörung von Menschen, Natur, moralischen Werten und die damit einhergehende Menschenverfeindung so schnell wie möglich beendet werden. Aber dieses Ziel kann und darf nicht dadurch erkauft werden, dass die staatliche Souveränität und Integrität der Ukraine aufs Spiel gesetzt werden. Unabhängig von innergesellschaftlichen Auseinandersetzungen in der Ukraine: Die Ukraine hat Russland zu keinem Zeitpunkt bedroht.
- Dieser Krieg bestätigt in seinem Verlauf alles, was für einen pragmatischen Pazifismus, also für eine Gewalt minimierende Strategie nichtmilitärischer Konfliktlösungen spricht. Nicht von ungefähr erlebt(e) der Pazifismus nach dem Desaster eines Krieges Zulauf – und zwar durch die, die das Grauen des Krieges erlitten haben: „Nie wieder Krieg!“. Deswegen ist es ziemlich absurd, dass der pazifistische Ansatz, der in der Verbrechensbekämpfung in einem Rechtsstaat eine hohe Bedeutung hat, in der gegenwärtigen politischen Debatte kaum vorkommt. Wohlgemerkt: Es geht dabei nicht um eine Gewaltlosigkeit um jeden Preis. Es geht um das Prinzip der Gewaltminimierung und die Abwehr der Menschenverfeindung. Vor allem geht es darum, dem Aufbau einer Friedensordnung die unbedingte Priorität vor militärischen Interventionen zu geben. Frieden schaffen ist ungleich schwerer als Kriege anzetteln. Es erfordert Kraft, Phantasie, eine moralische Orientierung, Menschenwürde, Demokratie, während Krieg und seine Vorbereitung dies alles zerstört.
- Schließlich noch ein Wort zur Kirche. Sie, die Kirche in ihrer Gesamtheit, hat bis jetzt kläglich versagt. Bis heute hat sie nicht vermocht, jenseits der politischen Debatte ein klares Zeichen des Friedens zu setzen. Stattdessen gießt der Patriarch der russisch-orthodoxen Kirche Kyrill I. weiter seine religiöse Schokoladensauce über die Kriegsverbrechen Putins und bedient in seinen Reden die drei Narrative des internationalen Autokratismus „Gott, Nation, Familie“ – und die Ökumene einschließlich der katholischen Kirche sieht dem taten- und sprachlos zu. Auch ist es ein Armutszeugnis für die Kirche, wenn zwei Theologinnen wie Petra Bahr und Margot Käßmann in der Wochenzeitung DIE ZEIT (09/2023) über Waffenlieferungen und Pazifismus streiten – und kein Wort darüber verlieren, was jetzt Aufgabe der weltweiten Ökumene sein muss: weltweit für eine am 1. Gebot ausgerichtete, konsequente Entideologisierung des christlichen Glaubens zu sorgen, damit dieser nicht mehr missbraucht werden kann zur Rechtfertigung von Krieg, Autokratismus und Menschenverfeindung.
Aus den Überlegungen kann ich nur einen Schluss ziehen: Es ist unsere Aufgabe, bleibend den Frieden zu sichern – nicht durch das Anhäufen ungeheurer Waffenarsenale. Damit wird nur die Startrampe für die nächsten kriegerischen Auseinandersetzungen gebaut. Vielmehr muss in allen Staaten eine entschlossene Abkehr von militärischer Interventionspolitik vollzogen und eine neue Friedenspolitik initiiert werden. Denn: hinter dem Frieden gibt es keine Existenz mehr!
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Gerne verweise ich auf den ausgezeichneten Artikel „Vermächtnis einer Pazifistin“ von Antje Vollmer in der Berliner Zeitung. Er ist hier zu finden.
47 Antworten
Ich lese in der „Frieden-schaffen“ Botschaft von Peter Brandt u.a.
https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/frieden-fuer-die-ukraine-ein-friedensappell-aus-der-mitte-der-gesellschaft-li.332707
Sätze wie „Statt der Dominanz des Militärs brauchen wir die Sprache der Diplomatie und des Friedens.“ und „Frieden kann nur auf der Grundlage des Völkerrechts geschaffen werden“ … und zugleich richtet sich der Appell an den Bundeskanzler und nicht an Herrn Putin?!
Ich verstehe ja – und spüre selbst – die Verzweiflung der Initiatoren darüber, dass ein territorial-imperialistischer Putin in Osteuropa wütet, der ein Großrussland wiedererrichten will – koste es was es wolle. Aber warum bleibt nicht einmal mehr genug politische Klugheit und Nüchternheit, die richtigen Adressaten für die eigenen Botschaften zu finden und nicht unberücksichtigt zu lassen, wer Täter und Opfer ist in dem in der Ukraine tobenden Krieg?
Der einzige Friedensappell, der die Fakten des Überfalls auf die Ukraine tatsachengemäß berücksichtigen würde, wäre an Russland zu richten (und dieser Appell wird seit dem 24.2.22 permanent von Scholz und anderen Staatenlenkern ausgesprochen): „Schaffen sie Frieden, schaffen Sie im ersten Schritt einen Waffenstillstand noch heute, indem sie ihre täglichen Angriffe auf die Menschen auf fremdem Territorium einstellen.“
Es ist anmaßend ohne Ende, wie Peter Brandt die Friedenspolitik seines Vaters für seine Sichtweisen vereinnahmt. Ich wäre mal sehr sehr vorsichtig in der Annahme, dass Willy Brandt im Angesicht eines Terrorstaates, der andere Länder überfällt, von einem „Konzept der gemeinsamen Sicherheit“ und „Gegenseitigkeit“ reden würde und jedes politische und militärische Handeln dem Primat eines „schnellen Waffenstillstands“ unterordnen würde. Ich bin überzeugt, Willy Brandt würde nichts tun, was dem Überfallenen Solidarität und Selbstverteidigungsfähigkeit nehmen würde. Er würde vielmehr mit all seiner Kraft dem Aggressor zur Rückkehr zum Völkerrecht, zur Rückkehr zum Prinzip der Gegenseitigkeit ins Gewissen reden. Er würde anders als sein Sohn in jedem Falle wissen, an wen welche „Frieden-schaffen“ Appelle zu richten wären.
Lieber Herr Brüggenwirth, zunächst Danke, dass Sie auf den neuen Aufruf hinweisen. Ihre Kritik daran kann ich nur schwerlich nachvollziehen. Diejenigen, die den Aufruf unterzeichnet haben und werden, sind Bürer:innen der Bundesrepublik Deutschland. Es ist doch völlig klar, dass man sich zuerst an die eigene Regierung wendet, wenn es darum geht, dass politische Defizite aufgezeigt und Änderungen angemahnt werden. Ich kann mich noch sehr genau an die Zeiten der Ostpolitik vor über 50 Jahren erinnern. Da wurde teilweise genauso argumentiert wie Sie es tun: Die UdSSR muss ihre Politik zuerst ändern; alles andere bedeutet Unterwerfung. Dies wurde Willy Brandt immer unterstellt („Fünfte Kolonne Moskaus“, „wenn die Ostverträge unterschrieben werden, steht der Iwan bald in Bonn“). Also: Der Aufruf von Peter Brandt u.a. besagtn nichts anderes als: Jetzt müssen Initiativen ergriffen werden, damit das Töten und Morden, das Zerstören und Verheeren zu einem Ende kommen. Mit keinem Wort wird in dem Aufruf dafür plädiert, der Ukraine „Solidarität und Selbstverteidigungsfähigkeit“ zu entziehen. Auch wird kein Zweifel daran gelassen, wer die Verantwortung für diesen Angriffskrieg trägt. Aber als wichtiges Land in der NATO und der EU steht Deutschland in der Verantwortung, alles zu tun, was dem Frieden dient – so schwer das auch ist. Darum ist esd aus meiner Sicht völlig richtig, sich für Friedensinitiativen einzusetzen. Beste Grüße Christian Wolff
Lieber Pfarrer Wolff!
Ihre Argumentation „Diejenigen, die den Aufruf unterzeichnet haben und werden, sind Bürger:innen der Bundesrepublik Deutschland. Es ist doch völlig klar, dass man sich zuerst an die eigene Regierung wendet, wenn es darum geht, dass politische Defizite aufgezeigt und Änderungen angemahnt werden.“ mag Ihnen „völlig klar“ erscheinen. Mir hingegen ist vollkommen unklar, dass Friedensappelle an denjenigen gerichtet werden, der (spät, aber nun doch mit einem geradlinigen Verteidigungsminister überzeugend) einem Überfallenen und vom Tode Bedrohten zur Seite steht, nicht aber an den Mörder.
Es bleibt für mich anmaßend ohne Ende, wie Peter Brandt die Friedenspolitik seines Vaters für seine Sichtweisen vereinnahmt. Ich wäre mal sehr sehr vorsichtig in der Annahme, dass Willy Brandt im Angesicht eines Terrorstaates, der andere Länder überfällt, von einem „Konzept der gemeinsamen Sicherheit“ und „Gegenseitigkeit“ reden würde und jedes politische und militärische Handeln dem Primat eines „schnellen Waffenstillstands“ unterordnen würde.
Wir sollten einen toten Willy Brandt, der nicht die Chance hat, sich gegen eine Vereinnahmung zu verwehren, mal außen vor lassen als Kronzeugen für das, was heute dem einen oder anderen richtig oder falsch erscheinen mag im Umgang mit einem mörderischen Diktator.
Mit freundlichem Gruß
Jost Brüggenwirth
Lieber Herr Brüggenwirth, noch einmal: Ich kann nichts Anstößiges daran finden, die Regierung der Bundesrepublik Deutschland dazu aufzufordern, sich – neben der militärischen Unterstützung der Ukraine – für dringend erforderliche Friedensinitiativen einzusetzen. Das Morden und Töten muss ein Ende finden! Die Reaktionen von Melnyck und dem ukrainischen Botschafter auf den Aufruf von Peter Brandt u.a. halte ich für völlig unangemessen und übergriffig. Es muss doch auch im Interesse der Ukraine liegen, dass es zu Friedensverhandlungen kommt. Die bedeuten doch nicht, dass die Ukraine sich Russland zu unterwerfen hat! Gerade weil das Putin-Regime sich derzeit taub stellt gegenüber allen Aufrufen, sich aus der Ukraine zurückzuziehen, sind Friedensinitiativen durch Dritte dringend erforderlich. Beste Grüße Christian Wolff
Lieber Pfarrer Wolff!
Die Taubheit Putins ist also ein Grund,
die „Frieden schaffen“-Appelle an einen „Ersatzhörenden“ zu senden, der die Botschaft aber ebenso an den Tauben senden wollte und ebenso an dessen Taubheit scheitert?
Eine seltsame Ersatzhandlung wie ich finde!
Mit freundlichem Gruß
Ihr Jost Brüggenwirth
In der Thomaskirche in Leipzig habe ich heute Vormittag eine beeindruckende und sehr bedenkenswerte Predigt zur Passionszeit gehört mit starkem Bezug zu vielen drängenden und kontrovers diskutierten Fragen unserer Zeit, vor allem auch zum Ukraine-Krieg. Manch eigene Überzeugung musste ich dabei relativieren und kritisch hinterfragen…
Der Predigttext sei auch allen Mitdiskutanten in diesem Blog (wird spätestens in ca. einer Woche auf der Homepage der Thomaskirche nachzulesen sein) wärmstens empfohlen – auch, oder gerade weil er keine „Patentlösungen“ bietet, sondern Dilemmata (z.B. Recht auf Selbstverteidigung vs. Pazifismus) aufzeigt und zum Perspektivwechsel anregt. Ich habe viele konzentriert Zuhörende und einige offene Münder während der Predigt wahrgenommen
Nur zur Klarstellung, lieber Joh. Lerchner – mein Hinweis auf das Zeit-Interview mit Joachim Gauck (DIE ZEIT) sollte lediglich die Blogkommentare erweitern; ich halte von diesen seinen Haltungen gar nichts! Und als einstiger Bundespräsident war er bekanntermaßen ziemlich lau und zaghaft. Dass sich die Kirche zum Krieg (hier konzentriere ich mich auf die Ev.-Luth. Kirche so gut wie nicht positioniert / ich rede von Sachsen), erschüttert nicht nur mich. Ich blei8be bei meiner pazifistischen Grundhaltung und erwarte endlich konkrete Ansagen zu tatsächlichen Verhandlungen mit RUS + UKR. Es wird enorm vile polemisiert, konkret passiert erfahrbar nichts. Das ist die Katastrophe!
Gruß – Jo.Flade
Zur Kenntnisnahme ein Interview mit dem Soziologen W. Streeck (s.u.).
Und zuvor noch eines zu Herrn Schwertfeger: Lassen Sie doch endlich Ihre polemischen und weit unter der Gürtellinie liegenden Angriffe auf Andersdenkende, wie z.B. M. Käfer etc.pp.. Wenn im Kleinsten Frieden nicht möglich ist, ja wie soll es denn dann im Großen ermöglicht werden?
https://www.fr.de/kultur/gesellschaft/soziologe-wolfgang-streeck-die-amerikaner-meinen-es-bitterernst-
92108110.html
Einen guten Wochenstart – Jo.Flade
Ich wundere mich, dass die gewerkschaftsnahe, aber grundsätzlich seriöse „Frankfurter Rundschau“ einem Verschwörungstheoretiker wie Prof. Wolfgang Streeck eine Tribüne bietet.
Hier der funktionierene Link: https://ogy.de/hzq2
Zitat: „Abgesehen davon möchte ich wissen, ob es irgendjemanden gibt, der sich, um im Kommiss-Jargon zu sprechen, nicht die Hose mit der Kneifzange anzieht, der nicht glaubt, dass die Pipeline vom US-amerikanischen Militär auf Befehl Bidens gesprengt wurde.“
Ich halte mich lieber an die Ausführungen des früheren NATO-Generals Erhard Bühler in seinem MDR-Podcast ab Minute 40 – https://ogy.de/2xj9
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Zitate aus Wikipedia – https://ogy.de/axvo:
„Die FAZ kommentierte das von Streeck verwendete Bild eines „unerbittlichen Ringkampfs am Rande des Abgrunds, in dem schließlich beide Seiten von der Klippe stürzen“ als für den Leser abstoßende, skandalöse Relativierung des von Russland begonnenen Krieges“
In einem „Spiegel“-Interview erklärte er, dass die EU „zum Scheitern verurteilt“ sei und spricht sich für die Rückkehr zu souveränen Nationalstaaten aus. In diesem Zusammenhang lobt er den Brexit und zeigt Verständnis für Viktor Orbáns Verhalten.Günther Nonnenmacher, der Rezensent seines Buches Zwischen Globalismus und Demokratie (2021), bescheinigt ihm, dass für einen solchen Wurf Mut, „allerdings auch eine Portion Größenwahn“ gehört. Nonnenmacher konstatiert bei ihm „eine bis zum Hass gesteigerte Abneigung“ gegen die EU.In einer Rezension in der Süddeutschen Zeitung merkt Nils Minkmar kritisch an, dass sich Streeck in seiner EU-Kritik „verrennt“. Ein „ganzes Kapitel lang“ mühe er sich tapfer ab, „die EU als scheiterndes Imperium darzustellen“, und „alles, was die EU so macht“, beschreibe er „als imperiale Geste“. Ein Imperium, so Minkmar, verfüge über eine Armee, einen Repressionsapparat und einen Herrscher an der Spitze und verstehe sich auch als solches. Daher sei die EU, „wie man es dreht und wendet, einfach kein Imperium“.
Den französischen Präsidentschaftskandidaten Macron apostrophierte er 2017 als „Schaufensterpuppe der Finanzwirtschaft“
Ende 2017 prognostizierte er das Ende der Ära Merkel:
„Die Ära Merkel geht zu Ende. Zum Glück, denn sie steht für den sinnentleerten Machterhalt einer Monarchin.“
– Frankfurter Allgemeine Zeitung, 16. November 2017″
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Was für eine Knalltüte!
Ach Herr Plätzsch! Prof. Wolfgang Streek ist emeritierter Direktor am Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung in Köln und Mitglied zahlreicher Wissenschaftlervereinigungen. Möglicherweise können Sie damit nichts anfangen. Wenn Sie aber sein Buch „Zwischen Globalismus und Demokratie“ (Suhrkamp 2021) lesen würden, bekämen Sie vielleicht eine dunkle Ahnung davon, wer hier die Knalltüte ist. Beste Grüße, Johannes Lerchner
Ach, H. Lerchner! Ich erinnere mich noch gut an (oft fundierte) Argumente Ihrerseits. Sind Ihnen diese mittlerweile ausgegangen? H. Plätzsch als „Knalltüte“ zu bezeichnen, bloß weil der nicht bedingungslos alle Ansichten eines (i.d.T.) renommierten früheren Institutsdirektors teilen mag?
Mir scheint, Ihre Adjektive und Empfehlungen für Vertreter anderer als Ihrer eigenen, festgezurrten Meinung, bewegen sich mit „niveaulos“, „Sie verstehen nicht…“, „lesen Sie doch mal…“ langsam auf ein Niveau zu, das ich bislang nur aus EINER Ecke in diesem Blog wahrgenommen hatte.
Noch ein Wort zu Gauck, der ja hier einige Fans hat. Als militärisch geschultem DDR-Bürger ging mir das Wort „Der Friede muss bewaffnet sein“ flott über die Lippen. Der These, dass eine ausgeglichene militärische Stärke generischer Mächte Voraussetzung für eine stabile Friedensordnung ist, bei all den Risiken die eine Hochrüstung mit sich bringt, habe ich hier auf diesem Block auch immer zugestimmt. Diese Ordnung funktioniert bei militärisch ebenbürtigen Kontrahenten. Sie ist jedoch mit dem Zusammenbruch des Ostblocks obsolet geworden. Die Charta von Paris hätte Grundlage für eine neue Friedensordnung sein können. Die Sieger der Geschichte waren aber nicht mehr willens, die Interessen der Gegenseite zu berücksichtigen. Erinnern Sie sich an die veröffentlichten Telefonate Bill Clintons mit seinem Freund Boris Jelzin? Seit dem ging und geht es um die Besetzung und Absicherung neuer Räume, was etwas völlig anderes ist als die Stabilisierung des Status quo. Harmel-Bericht, NATO-Doppelbeschluss und Helmut Schmidt sind für die aktuellen Probleme deshalb nicht relevant.
Warum haben Leute wie George F. Kennan und John J. Mearsheimer davor gewarnt, den Russen mit der NATO-Infrastruktur zu sehr auf den Pelz zu rücken? Russenfreunde waren bzw. sind sie beide nicht. Kennan war einer der Architekten des kalten Krieges. Vielleicht haben sie geahnt, dass die NATO es nicht schaffen wird, rechtzeitig das nötige militärisches Potenzial vor Ort zu haben, um der zu erwartenden Gegenreaktion der Russen effizient begegnen zu können? Offensichtlich waren ihre Warnungen begründet. Das Jammern, auch von Gauck, der Westen würde zu wenig für die militärische Ertüchtigung der Ukraine tun, halte ich für naiv. Es hat eben einige Zeit gebraucht, um eine NATO-freundliche Regierung in Kiew zu installieren. Dann, den ersten Gegenreaktionen der Russen folgend (Donbass, Krim), begann ja sofort die Hochrüstung der Ukraine. Mit den Minsk-Abkommen wurde noch Zeit geschunden (dass Gauck so tut als wäre das unklar, ist nicht redlich), diese hat aber nicht gereicht, Voraussetzungen dafür zu schaffen, dem Angriffskrieg Russlands Einhalt bieten zu können. Die zu geringe Berücksichtigung des Kräfteverhältnisses vor Ort (nicht nur militärisch, auch ökonomisch) und natürlich auch die Unterschätzung des Aggressionswillens der Russen hat zu dem gegenwärtigen Dilemma geführt: Ein Sieg des Westens kann, wenn überhaupt, nur unter enormen Kosten errungen werden. Manche Leute wollen nun mit dem Kopf durch die Wand, koste es was es wolle. Zu diesen gehört leider auch Gauck. Es gäbe noch sehr viel mehr an Gauck und dem ZEIT-Interview zu kritisieren. Ich will es aber hiermit bewenden lassen.
Bei der Wiedergabe solcher DDR-Floskeln wird gern vergessen, was der Wunsch der DDR-Bevölkerung war: der Einmarsch der Deutschen Bundeswehr auf das Territorium der DDR.
So dumm waren nur sehr wenige DDR Bürger: Dem Normalbürger war bewußt, dass der Einmarsch der Bundeswehr auf das DDR Gebiet den 3. Weltkrieg bedeutet hätte.
Ich halte die These „Es hat eben einige Zeit gebraucht, um eine NATO-freundliche Regierung in Kiew zu installieren.“ für unhaltbar und arrogant gegenüber der Bevölkerung der Ukraine! Die Regierungen in der Ukraine sind nach 2004 aufgrund von freien Wahlen zustandegekommen. Seriöse Umfragen in der Ukraine belegen, dass ein großer Teil der Bevölkerung einen EU- und NATO-Beitritt wünscht. Für mich läuft die Trennlinie derzeit dort, wo die Bevölkerung der Ukraine einfach übergangen wird. Das war übrigens auch in der in meinen Augen skandalösen Rede von Sahra Wagenknecht in Berlin am vergangenen Samstag der Fall. Christian Wolff
Dass der gewaltsame, verfassungswidrige und, wie sich sehr schnell gezeigt hatte, auch antirussische Umsturz in Kiew im Februar 2014 (auf diesen beziehe ich mich) von außen orchestriert worden war, lässt sich nicht ernsthaft bestreiten. Details dazu findet man z. B. in einem Beitrag des Ukraino-Kanadiers Ivan Katchanovski für den Kongress der American Political Science Association in Montreal im September 2022 (https://www.directupload.net/file/d/6769/qdurt8oe_pdf.htm). Auch die Mühen, seinerzeit in der Ukraine eine NATO-freundliche Stimmung zu erzeugen, sind belegt. Obwohl 2006 das Quorum für ein Referendum zugunsten eines NATO-Beitritts erreicht war, machte Juschtschenko davon keinen Gebrauch, weil der erwartete Zustimmungswert bei nur 25 % lag. Erst im Februar 2014 sprachen sich 54 % der Bevölkerung für einen NATO-Beitritt aus. Glaubt wirklich jemand, dass die 5 Nuland-Milliarden keinen Einfluss auf die Haltung der ukrainischen Bevölkerung hatten?
PS: An der Stelle auch ein Dank an Herrn Flade für den Link zum Interview mit Wolfgang Streeck. Das ist für mich Analyse! Bemerkenswert, dass so ein Mann gemeinsame Sache mit Sahra Wagenknecht macht. Und wie ermutigend!
Die massiven Milliardenhilfen Putins im Jahr 2013 haben Janukowitsch dazu gebracht, sich von einer Annäherung an den Westen zu entfernen.
https://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/russland-bewilligt-ukraine-kredit-ueber-15-milliarden-dollar-a-939646.html
Es wäre naiv zu behaupten, die Regierungen der USA und etlicher euopäischer Staaten hätten keinen Einfluss gehabt auf die sog. Maidan-Revolution 2013/14. Diese revolutionären Vorgänge aber als einen „gewaltsamen, verfassungswidrigen und, wie sich sehr schnell gezeigt hatte, auch antirussischen Umsturz in Kiew im Februar 2014“ zu bezeichnen, der „von außen orchestriert worden war“ ist gleiche ziemlich arrogante Verachtung dessen, was damals in der Bevölkerung der Ukraine vor sich gegangen ist, wie sie auch auf der Schwarzer/Wagenknecht-Kundgebung am vergangenen Samstag zum Ausdruck kam. Ebenso ist nicht zu bestreiten, dass bei der Maidan-Revolution auch rechtsradikale Gruppierungen aktiv waren (Swoboda und Rechter Sektor). Aber diese Parteien erhielten bei den folgenden Wahlen lediglich 3,5 % bzw. 1,8 % der Stimmen. Es ist mE unredlich, die Maidan-Revolution immer wieder eines rechten, russlandfeindlichen Umsturzversuches zu bezichtigen. Vielmehr wurde mit ihr deutlich, dass eine große Mehrheit der Bevölkerung die Ukraine als Teil des demokratischen Europas versteht.
Gern auch wird „übersehen“, daß NATO-Staaten nur zu relativ wenigen Kiolometern (ganze 1%?) an die doch ansonsten recht lange Grenze Russlands grenzen. Sehr schön farbig dargestellt in einer der Sendungen „Die Anstalt“ vom ZDF vor einigen Monaten.
Insofern ständig die Mär von einer „Bedrohung“ Russlands durch die NATO zu bemühen zeugt von sturer (bewußter?) Ignoranz der wahren putinschern Absichten bestimmter hiesiger Kräfte.
Die rechten Kräfte, die sich mal wieder liebend gern dem unnötigen – weil utopistischen – Aufruf von Wagenknecht (=Putinknecht?) und Schwarzer anschließen, nennen sich anscheinen zur Tarnung jetzt „Patriotische National-Pazifisten“. Erschreckende rabulistische Bezeichnung für „Wölfe in Schaftspelzen“.
Gern schließe ich mich den Argumenten und Ansichten der Pro-C-Wolff-Gruppe an.
In den Meinungskaufhäusern des Westens lese ich heute überwiegend panische Reaktionen auf die sich beschleunigende Debatte über einen Waffenstillstand.
Antje Vollmer schreibt dagegen: “ Wenn mich nicht alles täuscht, steht Europa kurz vor der Phase einer großen Ernüchterung, die das eigene Selbstbild tief erschüttern wird. Für mich ist das aber ein Grund zu Hoffnung. Der so selbstgewisse Westen muss einfach lernen, dass die übrige Welt unser Selbstbild nicht teilt und uns nicht beistehen wird“.
Der indische Außenminister Jaishankar erklärt, dass „Europa aus der Denkweise herauswachsen muss, dass Europas Probleme die Probleme der Welt sind, aber die Probleme der Welt sind nicht Europas Probleme“.
Der Westen scheine eine Strategie des vollständigen Sieges und der Demütigung Russlands zu verfolgen, schreibt Kishore Mahbubani (South China Morning Post, 18.2.23). „Dieses Ergebnis wäre nicht im Interesse des globalen Südens. Sie bevorzugen eine multipolare Welt mit Russland als unabhängigem Pol, um ihnen geostrategische Optionen zu geben“. Deshalb wachse im globalen Süden mit zunehmender Kriegsdauer die Sympathie für Russland.
Das Interview Richard David Prechts mit Frank Sieren (ZDF,12.2.23) ist eine ideale Ergänzung zu Antje Vollmers nüchtern – realistischer Sicht auf diesen Nord-Süd-Konflikt.
Es ist ja das Problem unseres Benimm-Ayatollas (ehrenwerter Richter), daß sein Bemühen, mich zu treffen, seinen Verstand insgesamt vernebelt, was man immer wieder seinen wenig durchdachten Aufzählungen anmerkt. Nehmen wir zB sein Postulat einer „roten Linie“, dass Deutschland nicht Kriegspartei werden darf“. Er hat nicht begriffen, daß die Frage „Kriegspartei ja oder nein“ gar nicht von uns abhängt. Putin betrachtet den Westen längst als Kriegspartei (seine Rede machte das doch überdeutlich). Wenn er darauf nicht militärisch reagiert, sondern sich auf diplomatische Maßnahmen wie den engeren Anschluß an China oder Einflußnahme über BRICS beschränkt, so doch nur deswegen, weil die amerikanische Sicherheitsgarantie an Europa über den NATO-Vertrag ihn eben abschreckt. Ebenso ist es in der Frage des Einsatzes nuklearer Mittel. Im DLF-Interview heute früh hat Klaus v. Dohnanyi zu Recht auf die vollständige Abhängigkeit Europas von den USA hingewiesen. Und Käfers These in der großen Politik, daß wir uns doch bitteschön selbst ruinieren möchten („MEHR weh tun“), nur um Rußland zu treffen, spiegelt eben seine Don Quichotterie im einsamen Kampf gegen mich mehr wider als eine wirklich überzeugende Politik-Alternative. Es wird bei uns immer kritisch über die einseitige Abhängigkeit von russischer Energie geschwafelt, die unsere Politik eingeengt habe – und jetzt sind wir (unabhängig von allen anderen Abhängigkeiten, die wir bekanntermaßen haben) gerade dabei, uns vollständig von EINEM einzigen Energieträger abhängig zu machen: Dem Strom. Ein bißchen Bio-Gas vielleicht noch; eine Zukunftshoffnung auf Wasserstoff. Aber keine CO2-freien Verbrennungsstoffe, keine Atomfusion – NUR noch Strom. Deutsche Widersprüche! Die nächste Generation wird, wenn sie auf ihrem Tretroller Slalom zwischen Windrädern fährt oder im Schatten unter Strompaneelen ihren Urlaub verbringt, vielleicht auch ein bißchen verwundert sein. Dies ist der Versuch einer Ironie, sicherlich aus Ihrer Sicht mißlungen, mein lieber Ayatolla!
Auch seine anderen Thesen zeigen kein großes Politikverständnis:
– Lerchner weist zu Recht auf den Widerspruch hin zwischen dem Status quo ante 24.02.22 und dem dann also wieder ausbrechenden Donbas-Problem – und die Krim?
– Stärkung der UNO? Nochmal: Der SR ist blockiert durch Russlands (und wenns hart auf hart kommt) Chinas Veto und die Vollversammlung hat die Moral, aber nicht die Macht. Stärkung der UNO geht also nur MIT Russland.
Das Problem mit dem Wagenknecht-Aufruf ist in der Tat seine Unausgewogenheit und Einseitigkeit. Wagenknecht ist eine der wenigen im Deutschen Bundestag und in den Medien strategisch denkende Instanz. Die Forderung nach Waffenstillstand entlang der jetzigen Linien in einem Krieg, der zunehmend zum Stellungskrieg zu verkommen droht, ist nur dann vertretbar, wenn man für die anschließenden Verhandlungen konkrete Forderungen UND Angebote macht. Voraussetzung für Waffenstillstand wäre ja wohl, daß beide Seiten ihn nicht für neue Kräfteansammlungen für den Fall seines Scheiterns nutzen. Der Westen müßte Rußland also zunächst davon überzeugen, daß in einem solchen Fall die Ukraine dann in den Stand einer noch überzeugenderen Rückeroberungsfähigkeit gesetzt werden würde.
Und nun zu „Forderungen und Angeboten“: In unserem Zeitalter ist die Alternative der Vergangenheit – in extremis: Appeasement oder unconditional surrender – im politischen Arsenal mindestens dann nicht mehr enthalten, wenn eine Atommacht involviert ist. Deshalb ist auch hier in concreto nur die Kompromißlösung möglich. In EINEM nämlich hat Wagenknecht Recht: Wenn sie nämlich behauptet, daß es Putin darum geht, daß die Ukraine eben nicht der Vorposten der westlichen Welt gegen Rußland werden soll (und dies ist überdeutlich Folge augenblicklichen westlichen Handelns). Die Forderungen dabei sind also klar: Rückzug Rußlands, Einstellung militärischer Handlungen, Rückführung entführter Personen und insbesondere von Kindern, möglicherweise Reparationen, etc. Und was sind die Angebote? Demokratisierung der Ukraine in Fragen der Minderheitenpolitik (im Donbas also), Assoziierung der Ukraine mit EU und NATO anstelle von Mitgliedschaft (und damit der Quasi-Einladung an andere Staaten wie Georgien und weitere – ein verständliches Angstthema für Rußland), wirtschaftliche Zusammenarbeit im trilateralen Rahmen zwischen Rußland, der EU und der Ukraine, Garantie der russischen Marinebasis in Sevastopol und Auslotung der Möglichkeiten zu Rüstungskontroolle, begrenzter militärischer Zusammenarbeit und Vertrauensbildung, etc. Für den Westen, für Europa zumal, kommt es darauf an, Rußland politisch auf dem europäischen Kontinent zu halten und nicht in den asiatischen – in die Arme der Chinesen – zu treiben. Schon jetzt sind die autokratischen Staaten dieser Welt zunehmend genervt von den moralischen Belehrungen der westlichen Demokratien und neigen sich immer mehr den Chinesen zu, die mit Zuckerbrot und Peitsche erfolgreich um sie werben. Wir sollten diesen Block nicht um Putins Rußland verstärken – nur weil wir die bessere Moral haben.
Voraussetzung für dieses alles ist zwingend, daß wir erkennen, daß UNSERE politischen Ziele nicht identisch sind mit denen der Ukraine und daß eine Unterordnung unter die (ausschließlich militärischen) Forderungen der Ukraine schleunigst beendet werden muß. Insofern ist eben auch die Forderung nicht zwingend, daß „zukünftige Friedensverhandlungen … die Ukraine und Russland gleichberechtigt einbeziehen (müssen)“. Es ist ja nicht undenkbar, daß die NATO oder die USA oder die EU parallel zu möglichen UKR-RUS-Verhandlungen SEPARAT verhandelt.
Andreas Schwerdtfeger
Nur eine kurze Anmerkung:
In meinem Beitrag „Anstands-Ayatolla“ hatte ich zunächst ein „h“ bei Ayatollah stehen, war mir aber unsicher.
Also habe ich auf die Schnelle beim Rechtschreib-, Grammatik- und auch ansonsten All-Wissenden abgeschrieben und erst danach nachgeschlagen.
Wir sollten uns beide auf die korrekte Schreibweise AYATOLLAH einigen!
Ich hielte es ja auch für denkbar und möglich, daß wir insbesondere auf die Bewertung von anderer Leute Umgangsformen verzichteten, uns stattdessen auf deren Argumente konzentrierten und diese – gerne auch robust, humorvoll und, warum nicht?, polemisch in der SACHE (ich habe nichts gegen Papageien und Möpse, schon gar nichts gegen den so sympathischen Don Quichotte) – zu widerlegen suchten. Ich habe das immer wieder angemahnt und vorgeschlagen. Dann müßten wir uns um die Schreibweise von Ehrenwerten Richtern (übrigens nicht nur mit „h“, sondern auch mit “j“) nicht kümmern, Herr Flade müßte nicht dauernd hervorheben, ob und wo er mir zustimmt oder in größerem Kreis über mich lachen muß, und Herr Wolff müßte nicht einseitige Schubladenkategorisierungen vornehmen und könnte wieder BEIDE Augen öffnen. Wir würden weniger Stilfragen, weniger subjektive Charakterdarstellung, weniger Mimosenhaftigkeit, weniger Überflüssiges haben und mehr der Sache – dem engagierten und argumentativen, aber durchaus auch „harten“ – Meinungsaustausch dienen.
Ich hätte dann zB in meinem obigen Kommentar (sehr gerne) begonnen und formuliert: „Herr Käfer scheint mir zu übersehen, daß die Frage „Kriegspartei ja oder nein“ gar nicht von uns abhängt. Putin betrachtet den Westen längst als Kriegspartei …“.
Andreas Schwerdtfeger
Auch aus den vielfältigen Kommentaren nach dem aktuellen Blog von Chr. Wolff erkennt man unschwer, wie hochkomplex und vor allem teils sehr ambivalent das Thema: Ukraine-Krieg beurteilt, verurteilt, wahrgenommen, interpretiert wird. Ein Ende der unsäglichen Eskalation, dem Kontra zwischen Russland, den USA, China, der EU sehe ich derzeit nicht und die Generalfrage bleibt nach wie vor unbeantwortet: Wie kann endlich FRIEDEN werden.
Ich verweise gern auf Äußerungen folgender Personen: Heute früh im DLF das Interview mit Klaus v. Dohnany (Findet Scholz den Weg aus der Eskalationsspirale? s.a. Potcast), die aktuelle Ausgabe der DIE ZEIT; Interview mit Joachim Gauck bzw. das Streitgespräch zwischen zwei Theologinnen (Bahr und Käsmann). Aus allem geht hervor, wie ohnmächtig wir allesamt sind und uns mehr an Analytischem festklammern, auch und vor allem aus sehr subjektiven Kenntnisgewinnen eben nur selektive Vorstellungen entwickeln, wie es endlich zum Frieden kommen könnte – oder auch nicht. Wer geht den ersten Schritt? Ja wer nur???, um es zu den Verhandlungen kommen zu lassen. Und eines noch: Dem letzten Satz von A. Schwertfeger stimme ich voll zu: DIE UN ist als moralische Instanz wichtig, Handlungsfähigkeit besitzt sie nicht. Wäre hier nicht längst eine Reform dieses Gremiums angesagt???
In einer schlichten, kleinen Gedenkstunde hat die Stadt Leipzig heute vor dem Neuen Rathaus des traurigen Jahrestages des Überfalls Russlands auf die Ukraine gedacht. U.a. kam dabei eine junge Frau aus Kiew mit ihrer Tochter und ihrem Sohn zu Wort (ihr Sohn hat seinen 6. Geburtstag in Leipzig gefeiert und das Fahrradfahren gelernt; viele seiner Freund:innen in Kiew erleben diesen Geburtstag nicht, werden niemals Fahrradfahren). Ich habe mich gefragt, wie die Unterzeichner des „Wagenknecht-Schwarzer-Manifests“ dieser Frau klarmachen wollen, dass ihr Heimatland doch bitteschön um des lieben Friedens willen auf Waffenlieferungen und Gebietsansprüche verzichten solle.
Haben die Verfasser und Unterzeichner des Manifests die Rede Putins gestern anlässlich des Jahrestags gehört (wonach die Ukraine und der Westen Russland überfallen haben)? Oder waren sie zu sehr damit beschäftigt, sich der massiven Hetze, des maßlosen Hasses und der unsagbaren Infamie, die die Medien über sie verbreitet haben, zu erwehren?
Ist ein Kriegsziel – Status quo ante 24.2.22 – schon als „Maximalforderung der Ukraine“ zu verstehen, von der man sie abbringen muss? Begehen nur die Ukrainer:innen und politische Akteure wie Gauck, Scholz, Selenskyj, Biden ein Verbrechen und Abenteurertum, heizen den Krieg weiter an, oder gilt das auch für Putins Russland?
Als humor-, hirn- und niveaulose Kratzbürste (aus Dresden???) erlaube ich mir, solche Fragen zu stellen.
Als M. Käfer, wohnhaft in Leipzig, habe ich meinen persönlichen Standpunkt früh und wiederholt klar gemacht:
• Waffenlieferungen so weit und so viel, wie von der ukrainischen Regierung benötigt, allerdings unter Beachtung der „roten Linie“, dass Deutschland nicht Kriegspartei werden darf (hier hat Bundeskanzler Scholz bislang sehr umsichtig agiert, allerdings mit einigen Kommunikationsdefiziten, nach meinem Eindruck!).
• Echte wirtschaftliche Sanktionen gegen Russland, auch um den Preis, dass uns diese z.T. mehr weh tun könnten als Russland selbst; wirksame Durchsetzung der Sanktionen.
• Ziel der Kampfhandlungen ist das Erreichen des Status quo ante 24.2.
• Zukünftige Friedensverhandlungen müssen die Ukraine und Russland gleichberechtigt einbeziehen.
• Die Rolle der UNO muss deutlich gestärkt werden. Sie wird zur Befriedung internationaler Konflikte und zur Überwachung der Garantien von Friedensverträgen mit einem starken Mandat benötigt.
Diese Forderungen muss man ganz sicher nicht teilen; sie mögen z.T. auch als naiv eingeschätzt werden. Ich kann mich aber nicht erinnern, gegen andere Meinungen in der Vergangenheit gehetzt, oder sie lächerlich gemacht zu haben.
Hallo Herr Käfer,
die von Ihnen imaginierte Frage, wie die Manifest-Unterzeichnern dieser jungen Frau aus Kiew wohl klarmachen wollen, „dass ihr Heimatland doch bitteschön um des lieben Friedens willen auf Waffenlieferungen und Gebietsansprüche verzichten solle“, offenbart einiges Unverständnis in der Sache. Dass auch Sie zur Unterstellung greifen, Wagenknecht und Co. wollen jegliche Waffenlieferungen unterbinden, ist, so nehme ich an, mangelnder Präzision geschuldet. Gravierender ist dagegen, dass es nicht um irgend einen abstrakten „lieben Frieden geht“, sondern darum, dem Sterben, dem tägliche Tod von ca. eintausend Soldaten an der Front („Kontaktlinie“) ein Ende zu setzen. Wer entgegen den Einschätzungen militärischer Fachleute darauf spekuliert, mit den nächsten oder, wenn es nicht klappt, vielleicht der übernächsten Panzerlieferungen doch noch einen militärischen Durchbruch zu erzielen und dabei wissentlich weitere Zehntausende Menschenleben opfert, gehört zu den von mir als Verbrecher und Abenteurer genannten Personen. Im Übrigen bin ich (in gewissem Grade) für das Tun meiner Regierung zuständig und nicht für das der russischen. Der jungen Frau würde ich raten, doch mal Landsleuten aus Donezk und Umgebung zu befragen, wie diese die jahrelangen Bombardements durch die ukrainischen Regierungsstreitkräfte durchgestanden haben und wie erwartungsfroh sie einer „Befreiung“ durch ukrainische Nationalisten entgegensehen. Falls es Ihnen an Kenntnissen über die internen Konflikte in der Ukraine mangelt, empfehle ich sehr ein Interview mit dem amerikanischen Ukrainespezialisten Prof. Nicolai Pedro (https://www.infosperber.ch/politik/welt/ukraine-rechtsextreme-verhinderten-autonomie-des-donbas/ ), der z. B. auch sehr gut beschreibt, wie es zur Sabotage des Minsker Abkommens kam.
Auch die sonstigen von Ihnen angeführten Punkte werfen Fragen auf: Sind Sie nun dafür, dass alle Waffenwünsche der ukrainischen Regierung bedingungslos erfüllt werden, oder fordern Sie die Begrenzung eines russischen Rückzugs auf die Linien vom 24. Februar 2022? Dass die ukrainischen Maximalziele andere sind, auch vor Kriegsbeginn schon waren und zur Durchsetzung dieser seit 2014 militärisch aufgerüstet wurde, ist wohl allgemein bekannt.
Wenn Sie „echte“ wirtschaftliche Sanktionen fordern, den europäischen Regierungen also zu großes Zögern bei der ökonomischen Schädigung Russlands unterstellen, dann haben Sie nicht begriffen, dass die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit Russlands immer weniger vom guten bzw. bösen Willen des Westens abhängt, sondern von dessen kaum eliminierbarer Einbindung in die restliche Weltwirtschaft. Außerdem sollten Sie bedenken, dass Russland eines der wenigen Länder der Welt ist, dessen unermessliche Ressourcen grundsätzlich und langfristig gesehen weitgehende Autarkie ermöglichen. Ich möchte auch anmerken, dass es gegenüber ihren materiell schwächer gestellten Landsleuten ziemlich arrogant ist, für Sanktionen ohne Rücksicht auf Verluste in der deutschen Ökonomie zu plädieren.
Sie haben völlig Recht, Herr Lerchner, es fehlt mir an Kenntnissen über die internen Konflikte in der Ukraine. Ich muss mich da auf Aussagen von (aus meiner Sicht) objektiven und seriösen Journalist:innen und Expert:innen verlassen. Die Expertise des von Ihnen geschätzten Prof. Pedro kann ich nicht beurteilen; das Interview mit ihm, das Sie verlinkt haben, habe ich gelesen. Nicht unerheblich war darin der Promotion-Anteil für sein Buch. Seine Aussage zum Ende des Interviews, dass „Russland die Legitimität einer unabhängigen Ukraine anerkennt, jedoch möchte, dass (sie, die Ukraine) … neutral ist“ hat Putin doch wohl selbst mehrfach und öffentlich widerlegt, als er der Ukraine jegliches Existenzrecht als eigenständiger Staat abgesprochen hat.
Sie raten der jungen Frau aus Kiew, „doch mal Landsleute aus Donezk und Umgebung zu befragen, wie diese die jahrelangen Bombardements durch die ukrainischen Regierungsstreitkräfte durchgestanden haben und wie erwartungsfroh sie einer „Befreiung“ durch ukrainische Nationalisten entgegensehen“… Ich habe leider keine persönlichen Kontakte nach Donezk und Umgebung, habe allerdings mehrfach aus den von mir bevorzugt konsultierten o.g. Quellen gehört, dass solche Aussagen sich nicht mit deren Erfahrungen vor Ort decken und aus ihrer Sicht nur das Putin’sche Narrativ wiedergeben.
Sie argumentieren weiter „wer darauf spekuliert, mit … den Panzerlieferungen … einen militärischen Durchbruch zu erzielen, gehört zu den von mir als Verbrecher … genannten Personen“. Das trifft doch dann ganz objektiv auch auf die russische Seite zu! Als ich Putin aber neulich einen Verbrecher nannte, war das für Sie niveaulos.
Und nein, ich bin nicht für BEDINGUNGSLOSE Waffenlieferungen (D darf nicht Kriegspartei werden); WAS gebraucht wird, sollte aber grundsätzlich der Angegriffene entscheiden. Auch habe ich nie ein anderes Kriegsziel als den Status quo ante 24.2. vertreten, was übrigens die Ukraine in einem frühen Stadium des Krieges auch angeboten hatte. Darüber hinausgehende territoriale Kriegsziele, die die Ukraine möglicherweise mittlerweile verfolgt, halte ich für grundsätzlich legitim (Ukraine hatte seine Atomwaffen gegen Sicherheitsgarantien abgegeben), sie sollten aber in weitergehenden Verhandlungen nach Abschluss eines Friedensvertrages geregelt werden.
Wenn Sie feststellen, dass ich die Wirkungsweise von wirtschaftlichen Sanktionen nicht begriffen habe, ist das Ihre legitime Meinung. Ich habe sehr früh in diesem Krieg „echte“ Sanktionen gefordert, weil ich diese als das bessere Mittel der Wahl für eine starke Volkswirtschaft wie die unsere im Vergleich zu Waffenlieferungen hielt. Auf Ihre Ansichten zur wirtschaftlichen Überlebensfähigkeit Russlands, seine Einbettung in die Weltwirtschaft und seine Autarkie möchte ich hier nicht weiter eingehen.
Dass Sie mich als ziemlich arrogant ansehen, weil ich „privilegiert“ sei und so leicht Sanktionen ohne Rücksicht auf Verluste in der deutschen Ökonomie fordern könne, muss ich akzeptieren. Teilen muss ich diese Sicht nicht, da ich die ökonomischen Auswirkungen dieses brutalen und völkerrechtswidrigen Krieges auf „meine materiell schwächer gestellten Landsleute“ als weitaus gravierender ansehe.
Das, lieber Herr Wolff, ist ein Opus Magnus, das die ganze Verzweiflung über die augenblickliche Lage zeigt, die wir teilen und die nicht besser wird, wenn man am 23. Feb. frühmorgens im DLF den Kurzkommentar über „autonome Waffen“ hören mußte. Es wird allerdings auch nichts besser, wenn man dem substanzlosen Schwärmer Heinemann anhängt, anstatt der ungemein klaren und realistischen Ansicht Gaucks zu folgen. Die Gegenüberstellung zeigt: Heinemann hat in der Sicherheit des Schutzes amerikanischer Waffen vom Frieden nett und wirkungslos geschwafelt; Gauck hat dagegen erkannt, wo der Frieden unserer Zeit in unserer Region des westlichen Europa herkam:
– Aus wehrhafter Diplomatie (Doppelbeschluß, Helsinki, Rüstungskontrolle) auf der Basis von starker militärischer Abschreckung und
– aus der Kraft von politischen Führern, die auf die Konzepte von Recht und Freiheit gestützt die Richtigkeit des freilich etwas älteren Diktums als nur von Clausewitz, daß der Friede durch die Vorbereitung des Krieges gesichert wird, anerkennen. Es ist nun mal so, daß Kräftevakuen SEHR anziehend sind (und vielleicht hätte Putin es sich ja überlegt, wenn er damasls schon gewußt hätte, was er heute weiß: Daß nämlich die Ukraine nicht ganz ein solches Vakuum war).
Es ist Ihnen, Herr Plätzsch zu danken, daß Sie die USA in Schutz nehmen vor den ewig gleichen und ebenso unsäglichen wie falschen Vergleichen Wolffs. Wer die jetzige Unterstützung des Volkes der Ukraine gegen eine auswärtige Aggression für richtig hält, der kann eigentlich nicht guten Gewissens (sehr wohl aber aus ideologischer Verbohrtheit) die Unterstützung von Völkern wie dem irakischem, dem syrischen, auch dem libyschen (in dem, was fälschlich der „arabische Frühling“ genannt wurde), gegen die dortige Diktatoren nicht ablehnen, denn der Unterschied zwischen Unterdrückung und Gewalt von außen oder von innen ist für den Unterdrückten wahrscheinlich von untergeordnetem Interesse.
Das Wolff’sche Problem ist ja nicht sein Friedenswille, den wir ihm nicht abstreiten und alle teilen; auch nicht seine Verzweiflung, daß der Krieg, die Waffen, die Bösartigkeit und menschliche Aggressivität nicht aus der Welt zu schaffen sind, sondern sogar mit immer schlimmeren technischen Entwicklungen eher tendentiell zunehmen (siehe oben). Das Problem ist vielmehr, daß er nicht erkennen will, daß der Friede sich nicht allein mit schönen, aber inhaltlich nicht ausgefüllten Worten herbeireden läßt – Friedenspolitik oder -ordnung, Stärkung der UNO oder eben Heinemannsche gutmenschliche Nullsätze –, sondern daß man dafür aktiv und mit Mitteln eintreten muß, die notfalls auch den Friedensgegner robust überzeugen und abschrecken.
Es hat mich erschreckt, wie sehr vor ein paar Tagen die Reden von Putin und Biden spiegelbildlich waren, wie sehr sie sich ausschließlich auf militärische Fragen (Waffenlieferungen, Munitionsbeschaffung, territoriale Entwicklungen im Kriegsgebiet, etc) konzentrierten und damit eine kenntnislose Öffentlichkeit bedienten. Es hat mich erschüttert, daß in München – bei sicherlich aller Sinnhaftigkeit von informellen Gesprächen hinter den Kulissen – das Schaulaufen der politisch Großen sich auf die gleichen militärischen Fragen begrenzte, wo man POLITISCHE Ansätze erwarten mußte. Einzig Macron zeigte ein bißchen „Politik“, alle anderen – Fehlanzeige! Wenn unseren Politikern nichts anderes einfällt, als die Arbeit der Generalität zu machen, dann gute Nacht. Und der Chinese Wang – nach Xi DER außenpolitische Guru Chinas verbreitete, wie auch jetzt in seinem „Friedenspapier“, nichts Neues und nur chinesische platte Doppeldeutigkeiten.
Ein Wort noch zu den „autonomen Waffen“, die der DLF erwähnte – eine schreckliche Entwicklung. Aber auch hier eben muß Realität her und nicht nur klagende Friedensvokabeln: Die moderne Wissenschaft führt in vielen Gebieten – Medizin, Chemie, Energie, etc, und eben auch bei Waffen – zu Möglichkeiten, die erschrecken und die an die Grenzen der Ethik und des Gewissens gehen. Sie sind deshalb jedoch nicht aufzuhalten, denn solche Forschung und Entwicklung liegt zu sehr in der Natur des Menschen, der immer neue Grenzen suchen wird. Neulich schon erwähnte ich die Probleme des internationalen Kriegsvölkerrechts, das neu geregelt werden müßte und doch kaum mehr zu regeln ist. Auf dem Felde dieser Waffen ist es ähnlich: Man kann sie nicht verhindern. Man muß daher versuchen, sie durch verifizierbare Rüstungskontrolle zu verhindern – aber das geht nur weltweit UND nur mit den Diktatoren dieser Welt, nicht gegen sie. Deshalb nochmal: Putin-Beschimpfung (als pars pro toto) ist dumm und kontraproduktiv. Und: Solange man das Problem nicht durch belastbare Verträge weltweit in den Griff bekommt, hilft dagegen eben nur Abschreckung, die eben nicht Hochrüstung oder Militarismus, sondern notwendige und gebotene staatliche Sicherheitsvorsorge ist.
„Hinter dem Frieden gibt es keine Existenz mehr!“ Dieser unpolitische und gutmenschliche Satz (Gutmenschen sind Leute, die das Gute wollen und in ihrer Naivität das Böse bewirken) trifft nur zu auf die deutschen Soldaten, Polizisten, Mitarbeiter von NGOs, die in Einsätzen waren und dort ihr Leben gelassen habe oder verwundet und traumatisiert zurückkamen. Sie werden von den meisten hierzulande doch am liebsten der damnatio memoriae überlassen in einem Deutschland, das die letzten drei Jahrzehnte als Schmarotzer am internationalen Tisch des Friedens gesessen und sich auf moralische Belehrungen beschränkt hat. Das ist zugleich der berechtigte Vorwurf an die jetzigen Zeitenwendler und das Lob an sie eben für diese Wende – wenn sie sie jetzt nicht wieder zerreden.
Ich beglückwünsche Baerbock zu ihrem Erfolg in der UNO-Vollversammlung – aber dieser Erfolg zeigt zugleich: Das entscheidende Gremium – der Sicherheitsrat – ist blockiert; die Vollversammlung hat die Moral, aber leider nicht die Macht!
Andreas Schwerdtfeger
Lieber Pfarrer Wolff!
Vielen Dank für Ihre umfassenden Reflexionen und Debattenimpulse, die ich in weiten Teilen nachvollziehen kann – nicht jedoch an einer wichtigen Stelle: Insinuieren Sie doch bitte nicht mit Ihrem „Gerede“, dass Bundespräsident i.R. Gauck sich in schlechter Gesellschaft von Friedensvergessenden befände, wenn er stattdessen von Deutschland als einem Land spricht, „ das über einen langen Zeitraum wohlstands- und friedensverwöhnt war“.
Sein klares „Frieden schaffen auch mit Waffen“-Plädoyer ggü. Autokraten mag aus Ihrem Blickwinkel ja eine spürbare Zumutung sein, aber verdrehen Sie dem Bundespräsidenten doch deshalb nicht auf eine Art und Weise das Wort im Munde, die Ihrer Argumentationskunst m.E. Ganz und gar nicht würdig ist.
Ich selbst. bin Gauck sehr dankbar für seine nüchternen und vor allem auch unbequemen ZEIT-Interviewaussagen über ein tatsächlich in langer Zeit immer friedensverwöhnter gewordenes Deutschland.
Mit dem, was Gauck sagt, wirkt er als notwendiger Mahner im eigenen Land und ehrt zugleich aber auch ganz im Sinne von Wilhelm Buschs „Bewaffneter Friede“ das wehrhafte Friedensheldentum der Ukraine. Ich erhielt dieses Gedicht vor Kurzem von einem Freund mit aktueller Bezugnahme auf den Überfall Russlands.
Ganz unverhofft, an einem Hügel,
Sind sich begegnet Fuchs und Igel.
»Halt«, rief der Fuchs, »du Bösewicht!
Kennst du des Königs Ordre nicht?
Ist nicht der Friede längst verkündigt,
Und weißt du nicht, daß jeder sündigt,
Der immer noch gerüstet geht? -
Im Namen Seiner Majestät,
Geh her und übergib dein Fell!
Der Igel sprach: »Nur nicht so schnell!
Laß dir erst deine Zähne brechen,
Dann wollen wir uns weitersprechen.«
Und alsogleich macht er sich rund,
Schließt seinen dichten Stachelbund
Und trotzt getrost der ganzen Welt,
Bewaffnet, doch als Friedensheld.
Vielen Dank, lieber Herr Brüggenwirth, für Ihre kritischen Anmerkungen. Nur damit keine Missverständnisse aufkommen: Wenn Gauck seine Bemerkung von den „Friedensverwöhnten“ auf die bezieht, die in den vergangenen 30 Jahren in der politischen Verantwortung standen, kann ich dieser sogar eine Berechtigung abgewinnen. Aber der Duktus des Interviews gibt das nicht her. Er meint damit ja vor allem diejenigen, die derzeit der neuen Aufrüstungspolitik und den Waffenlieferungen in die Ukraine sehr kritisch gegenüberstehen. Das ist mir aber zu billig.
Lieber Pfarrer Wolff!
Schade dass Sie sich nicht einfach zu einem „Sorry, falsche Wortwahl“ durchringen konnten, nachdem Sie dem Bundespräsidenten „Gerede“ an die Backe geklebt haben, nur weil er sich ernstlich über ein „friedensverwöhntes“ Deutschland eingelassen hat.
Sorry seem to be the hardest word….
Was Gauck mit „friedensverwöhnt“ ausdrücken wollte, kommt gut u.a. in seinem bei ntv ausgestrahlten Interview zum Ausdruck – ab 10:45 min des sehenswerten Interviews (vgl. https://www.n-tv.de/mediathek/videos/politik/Joachim-Gauk-ueber-Putin-Sympathien-in-Ostdeutschland-und-Russland-Sanktionen-article23934847.html?authId=1*q7juez*_a*YW1wLXI1bUQ4OS1MSWJoZmxSZkppNEg1Z0E.):
„Putin musste erst diesen brutalen Überfall starten, bis wir nun endlich begriffen haben (…) Wo uns Feindschaft entgegengebracht wird, muss man auf eine andere Weise reagieren. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses Roth hat es mal so ausgedrückt: Wir haben früher immer gesagt – Sicherheit in Europa gibt es nur mit Russland. Nein, jetzt müssen wir Sicherheit in Europa gegen Russland definieren. Das gefällt uns nicht, aber der Herr Putin hat das so organisiert, dass wir uns heute so aufstellen müssen.“
Zuvor im Interview fällt zudem Richtung Deutscher Politik und Gesellschaft der wesentliche Satz zum Agieren Putins in den Jahren seit 2014 ff: „Man wollte nicht Feindschaft wahrnehmen, wo schon Feindschaft existierte.“.
Dies alles und noch viel mehr ist zu betrachten, wenn Gauck den Begriff „friedensverwöhnt“ verwendet, ohne dass er auch nur mit einer Silbe irgendjemanden verächtlich machen will, der sich für Frieden einsetzt.
Andere Menschen auch wie Sie mögen es anders sehen als Gauck. Das soll so sein in einer Demokratie. Aber das Lernerfordernis Deutschlands, sich in Anbetracht einer fundamental neuen Aggressionsgefahr gegenüber einem demokratischen Europa anders aufzustellen als zuvor in Zeiten des Friedens, als „Gerede“ des früheren Bundespräsidenten abzutun, ist billig und das passt wie ich finde gar nicht zu Ihnen.
Mit freundlichem Gruß
Ihr Jost Brüggenwirth
Lieber Herr Brüggenwirth, es geht ja nicht um den Begriff „Gerede“, sondern um die Aussage Gaucks. Die wird in meinen Augen nicht besser, wenn ich sie „neutral“ als Aussage bezeichne. Nun habe ich mir das von Ihnen empfohlene Interview angehört. Da kann ich Gauck in seiner Analyse der Putin-Politik nur zustimmen. Gauck gehört sicher zu denen, die die nationalistische bsichten Putins sehr frühzeitig erkannt haben. Das würde ich niemals bestreiten, sehe es vielmehr sehr selbstkritisch. Was er dann allerdings sagt zu denen, die die jetzige Ukraine-Politik des Westens kritisieren, ist in meinen Augen zu kurzschlüssig. Da gibt es für ihn nur drei Kategorien: die Ohnmachtsgewöhnten Ostdeutschen, die Links- und Rechtsaußen. Sollen das die „Friedensverwöhnten“ sein? Was ist mit denen – zu denen zähle ich mich, die nach wie vor von einem pazifistischen Ansatz bei der Lösung internationaler Konflikte ausgehen – und dies nicht erst seit gestern? Wieso werden diese moralisch in die Bequemlichkeitsecke gestellt? Darum möchte ich auch dem Diktum von Michael Roth deutlich widersprechen: Es kann eine europäische Friedensordnung nur mit Russland geben! Genau das will Russland aber nicht und führt u.a. deswegen Krieg gegen die Ukraine. Aber das kann doch nicht bedeuten, dass die europäische Politik dieses Narrativ Russlands übernimmt!
Eine letzte Bemerkung zum „demokratischen Europa“. Das wird derzeit nicht nur durch das Putin-Russland bedroht. Leider gibt es genug Entwicklungen in Europa, die mich bangen lassen um die Demokratie in Europa: Orban in Ungarn, die PIS-Partei in Polen, Meloni in Italien, Le Pen in Frankreich, die AfD und ihr rechtsnationalistisches Umfeld in Deutschland.
Vielen Dank und beste Grüße, Ihr Christian Wolff
Lieber Herr Wolff,
bevor ich auf Ihre Gedanken zum Ukraine-Krieg eingehe, möchte ich erst einmal sagen, wie froh ich darüber bin, dass die bisher weit mehr als 600.000 Unterzeichner des Wagenknecht-Schwarzer-Manifests sich nicht von der massiven Hetze, dem maßlosen Hass und der unsagbaren Infamie haben beeindrucken lassen, die dem Dokument in den letzten beiden Wochen in unseren Medien entgegengeschlagen sind. Das Gegenpapier, angeführt vom CDU-Politiker Kiesewetter und dem berühmt-berüchtigten Professor Krause vom Institut für Sicherheitspolitik in Kiel, erfährt beruhigender Weise deutlich weniger Aufmerksamkeit. Das wird wohl auch an der mangelnden Glaubwürdigkeit der in diesem Papier vertretenen Thesen liegen.
Die von Ihnen genannten Aspekte sind mir weitgehend einleuchtend. An entscheidender Stelle, nämlich der, wo es um konkretes Handeln jetzt geht (Punkt 5), bleibt es jedoch unklar und widersprüchlich. Zu den einzelnen Punkten: Wozu ständig der rituelle Gebrauch der Schwurformel „vom völkerrechtswidrigen brutalen Angriffskrieg Putins bei feststehender Alleinschuld der russischen Seite“ (Punkt 1) (Antje Vollmer [1])? Der Verweis auf die verheerenden Folgen vom Westen in den letzten Jahrzehnten angezettelter Kriege (P 2/3) ist angebracht, nicht im Sinne eines ‚Whataboutismus‘, sondern weil diese mit ein Grund dafür sind, dass Russland eben nicht in der Welt isoliert ist und dass insbesondere die Länder des globalen Südens nicht Partei gegen Russland ergreifen wollen (ich konnte solches in den letzten Wochen wieder in Brasilien mitbekommen) und es deshalb mit dem ökonomischen Ruinieren Russlands wohl nichts wird. Die These, dass mit dem Ukraine-Krieg eine seit 1989/90 fehlende europäische Friedenspolitik, die einen Namen auch verdient, besonders bewusst wird, kann man nur unterstreichen (P 3). Die schwerkranke Antje Vollmer hat das heute in der Berliner Zeitung quasi als ihr politisches Vermächtnis klar und deutlich formuliert [1]. Nationalismus und Autoritarismus mögen ein Nährboden für Angriffskriege sein (P 4). Wie Sie selbst belegen, sind solche aber kein Alleinstellungsmerkmal der genannten Phänomene. Ein Bezug darauf in dem Wagenknecht-Schwarzer-Manifest zu erwarten, halte ich deshalb für wirklichkeitsfremd.
Mit der Forderung, dass die Beendigung kriegerischer Gewalthandlungen erste Priorität haben soll, dass dabei aber nicht die staatliche Souveränität und Integrität der Ukraine aufs Spiel gesetzt werden darf, lassen Sie den Leser jedoch ratlos zurück. Nach allem was man ständig hört und liest, ich wiederhole mich hier, sind ein militärischer Sieg sowohl seitens der Ukraine als auch Russlands unwahrscheinlich (heute z. B. der ehemalige amerikanische Sicherheitsberater Stephen Hadley). Eine Beendigung des Krieges nach der Formel „Land für Frieden“ scheint unausweichlich. Warum ist es so schwer, sich dazu zu bekennen und entsprechende politische Forderungen abzuleiten (Druck auf die ukrainische Regierung, von ihren Maximalforderungen abzugehen)? Wenn die Einschätzung stimmt, ist es ein Verbrechen und Abenteurertum seitens der politischen Akteure, den Krieg weiter anzuheizen. Herr Gauck reiht sich leider hier mit ein.
Ich habe das Wagenknecht-Schwarzer-Manifest unterschrieben, weil ich die darin enthaltene Kernforderung, die Eskalation (!) der Waffenlieferung zu stoppen, als einen vernünftigen Weg ansehe, weitere Hunderttausende Tote zu verhindern. Dabei denke ich nicht nur an die ukrainischen Soldaten und Zivilisten, sondern auch an meine russischen Freunde, auch wenn diese in den Augen mancher Leute lediglich „Orks“ sind. Dass auch andere Überlegungen die Beendigung der Kampfhandlungen unter den genannten Bedingungen ratsam erscheinen lassen, hat die intensive Debatte um die jüngste Studie der regierungsnahen amerikanischen RAND Corporation gezeigt ([2], [3]). In der Studie wird dargelegt, dass eine Weiterführung des Ukraine-Krieges in Widerspruch zu den geostrategischen Interessen der USA geraten könnte (notwendige Ressourcen-Bündelung für den Konflikt mit China). Das sollte bei manch naivem Zeitgenossen Fragen aufkommen lassen.
[1] https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/ein-jahr-ukraine-krieg-kritik-an-gruenen-antje-vollmers-vermaechtnis-einer-pazifistin-was-ich-noch-zu-sagen-haette-li.320443
[2] https://petraerler.substack.com/p/rand-notizen-der-ukraine-krieg-wird
[3] https://www.directupload.net/file/d/6835/zvvgmf2c_pdf.htm (Übersetzung mittels DeepL)
Vielen Dank, lieber Herr Lerchner, für die sehr bedenkenswerten, kritischen Anmerkungen. Vor allem danke ich für den Link zu dem ausgezeichneten Aufsatz von Antje Vollmer – wirklich ein Vermächtnis!
Zitat Dr. Vollmer: „Alle kundigen Zeitzeugen wissen genau, dass der Widerstand und der Heldenmut von Joachim Gauck, Marianne Birthler, Katrin Göring-Eckardt durchaus maßvoll war und den Grad überlebenstüchtiger Anpassung nicht wesentlich überschritt. “
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Wäre es sinnvoller gewesen, dass die Genannten zu den 300.000 politischen Gefanjgenen in der DDR (https://www.deutschlandfunkkultur.de/ddr-zwangsarbeit-entschaedigung-100.html) hinzugekommen wären?
Frau Dr. Vollmer antichambrierte lieber bei SED-Chef Honecker:
So schrieb sie beispielsweise am 18. September 1986 an den »sehr geehrten Staatsratsvorsitzenden«: »Einer kleinen Tradition entsprechend möchte ich Ihnen wieder einen Artikel zu Ihrer Information und in der Hoffnung auf Ihr Interesse zuschicken. Es behandelt wieder das leidige und schwierige Bündnisthema mit einer nicht bündnisbereiten SPD. Der Artikel ist in Teilen der Linken ziemlich viel diskutiert worden …«
http://www.infopartisan.net/archive/trend/trend98/diesdas/t370698.html
Noch eine Anmerkung zu Ihrer Aussage, dass es „wirklichkeitsfremd“ sei, im dem Schwazer/Wagenknecht-Manifest dazu eine Aussage zum nationalistischen Autokratismus erwarten zu wollen. Nein, ich halte es eher für typisch. Der nationalistische Autokratismus ist ja auch im sog. Westen ein Riesenproblem (Ungarn, Türkei, Italien). Und niemand kann sagen, wie es in ein paar Jahren bei uns, in Frankreich oder auch in der Ukraine aussieht. Darum müssen wir gerade jetzt den Autokratismus bzw. den Wert der Demokratie zum Thema machen.
„Das Gegenpapier, angeführt vom CDU-Politiker Kiesewetter und dem berühmt-berüchtigten Professor Krause vom Institut für Sicherheitspolitik in Kiel, erfährt beruhigender Weise deutlich weniger Aufmerksamkeit. “
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Ein Grund mehr, es zu unterzeichnen: https://ogy.de/ex6z
In dem Streitgespräch zwischen den ev. Bischöfinnen Käßmann und Bahr in der heutigen ZEIT ging es zuvörderst um Waffenlieferungen in die Ukraine. Ich sehe kein „Armutszeugnis“ (Ch. Wolff) darin, dass es darin keine weiterführenden Erörterungen über die weltweite Ökumene gegeben hat. Hier der Link zu meinem Upload: https://www.directupload.net/file/d/6835/g8wwtncg_pdf.htm
Ich war kürzlich zu einer Tagung der kath. Thomas-Morus-Akademie in Bergisch Gladbach zum Thema „Theorien der Gerechtigkeit in der Philosophiegeschichte“. Dort referierte ein Privatdozent (Dr. theol. Dr. phil.) der Uni Mainz mit zwei seiner Doktoranden
zwei Tage lang auf höchstem Niveau. Bei nicht einmal einer Seite in einer auflagenstarken Wochenzeitung kann man nicht erwarten, dass alle Aspekte eines eng gefassten Themas beleuchtet werden.
Ich merke, der werte Klaus läuft bei seinem Lieblingsthema wieder über. Seinen Lieblingspolitiker lobt er ja weiter unten.
So schrecklich dieser unglaublich intensive Krieg auch ist, er wird mit einem Mut geführt, wie in die so geliebten Amis oder Briten nicht führen könnten! Technikkriege gegen unterentwickelte Staaten, ohne eigenes Risiko, zeigen keine Todesverachtung und Heldenmut!
Mutige Kämpfe bedingen eigenes Risiko.Natürlich wäre eine Welt ohne Kriege schöner, aber wird es nur eingeschränkt geben!
Wer glaubt, dass die USA ihr eigenes Land für die Europäer opfern würden, der scheint an Naivität im Endstadium zu leiden!
Ich erlebe ein Jahr der Beschimpfungen, Forderungen, schlechten Benehmens!
Ein autokratischer Oligarchen—Nationalismus überfällt den anderen,
Waffen, Geld, Flüchtlinge und die offizielle Ukraine fordert weiter
Werden UkrainerInnen später auch etwas für andere Europäer tun? Nein, sie verteidigen ihr Land, nicht unsere Werte
Ich bin des Themas überdrüssig
Wir müssen uns ehrlich eingestehen das uns die Kriege Putins mit seinen Nachbarn in der Vergangenheit wenig interessiert haben. Sie waren ja soweit weg! Das russische Öl lief – die Handelsbeziehungen dadurch wie geschmiert l
So war es doch auch noch bei der Annexion der Krim; die damals beschlossenen Sanktionen halbherzig und wenig bewirkend! Seit dem 24.02.22 stellt sich aber die Nähe zum Kriegsschauplatz für das westliche Europa, die unmittelbaren Nachbarn Russlands und Deutschland ganz anders da. Putin macht aus seinen Kriegszielen kein Hehl! Die Europäischen Staaten sind dadurch und durch das Stochern der USA auch in diesen Konflikt zu einer Meinung gefordert und mussten handeln. Es darf nicht sein das ein diktatorisch regiertes Land seinen souveränen Nachbarn mit Krieg und Lügen überzieht! Der ukrainische Präsident ist im Gegensatz zu Putin ein demokratisch gewählter und erfüllt gegenüber seinen Volk die ihm jetzt zustehende Aufgabe. Legt die ukrainische Armee ihre Waffen nieder ist dies das Ende der Ukraine. Das müsste doch eigentlich auch einer Wagenknecht und deren Anhängern einleuchten. Der Aggressor ist eindeutig Russland! Daher Solidarität mit den Menschen des überfallenen Staates!! Hätten die zivilisierten Länder 1939 beim Überfall auf Polen so gehandelt, der Menschheit wäre viel erspart geblieben. Nach dem Trauma des 2. Weltkrieges und der Beendigung des kalten Krieges hofften wir alle dem Frieden in der Welt ein wenig näher gekommen zu sein. Tatsächlich agieren Großmächte, deren Geheimdienste und Großkonzerne auf einer ganz anderen Ebene. Das sich nun die Großmacht USA mit seinen unzähligen Aggressionen der letzten Jahrzehnte im Verbund der Nato als großer Friedensverfechter aufspielt zeigt deutlich dass vor Europa und der Weltgemeinschaft große Aufgaben stehen. Zum einen muss Europa noch mehr zusammen wachsen, auch militärisch und ohne die USA! Es geht nicht an, dass der größte Kriegstreiber seit dem 2.Weltkrieg sich als Friedensapostel aufführt.
Ich träume daher 1. von den Vereinigten Staaten von Europa mit Russland nach Putin
2. einer starken UNO, die in der Lage versetzt wird gefasste
Beschlüsse umzusetzen.
Unserer Jugend der „letzten Generation“ sei in dem Zusammenhang getrommelt und gepfiffen: es kommt vor allen drauf an gegen Kriegstreiber und deren Hochrüstung zu kämpfen. Die weltweite Aufrüstung ist doch der größte Klimakiller. Dadurch werden den Völkern die Mittel für ein glückliches Miteinander entzogen und der Profit einer Minder- heit gesteigert. In den Drang nach ungebremster Profitmaximierung liegen die Wurzel allen Elends und aller Ungerechtigkeit! Die Anzahl der Atombomben der USA und Russland haben doch nichts mit berechtigten Sicherheitsinteressen dieser Staaten sondern mit dem Profitstreben des militärisch industriellen Komplexes der USA zu tun.
Ich kann jedes Wort Joachim Gaucks in seinen Interview in der heutigen ZEIT unterschreiben, insbesondere seinen Hinweis auf Helmut Schmidts NATO-Doppelbeschluss. Das berühmte Clausewitz-Zitat „Wenn du Frieden willst, rüste zum Krieg!“ ist leider nicht überholt. Der erbärmliche Zustand der Bundeswehr beweist nur die Richtigkeit von Gaucks Aussage eines „friedensverwöhnten“ Deutschlands.
Zitat Wolff: „Der Ukraine-Krieg ist auch die Quittung für 30 Jahre Abwesenheit von europäischer Friedenspolitik!“
Falscher kann eine Aussage nicht sein; Gauck wies darauf hin, dass wir es bei dem KGB-Mann Putin nicht mit einem konzilianten Gorbatschow zu tun haben.
Ich habe das Gauck-Interview hochgeladen: https://www.directupload.net/file/d/6835/q2ovyala_pdf.htm
Ihr Hinweis auf die schändlichen Taten der USA ist im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg überflüssig.
Nein, lieber Plätzsch, dieser Hinweis ist notwendig. Ich fürchte, das wird sich noch erweisen. Wenn wir nicht Abschied nehmen von rein militärischer Interventionspolitik – die Beispiele muss ich hier nicht wiederholen -, dann ist der nächste Krieg vorprogrammiert. Allerdings beinhaltet das eine Stärkung der UNO. Da ist in den letzten Jahren nichts mehr geschehen.
Vor allem die Konstruktion des UN-Sicherheitsrats mit dem Vetorecht der Großmächte lähmt die Handlungsfähigkeit der UNO. Da nicht zu erwarten ist, dass sich daran in absehbarer Zeit etwas ändert, bleibt nur die Stärkung der UN-Vollversammlung.
„Wenn Putin die Waffen niederlegt, ist der Krieg zu Ende. Wenn die Ukraine die Waffen niederlegt, ist die Ukraine zu Ende“. Spruch von Miriam Lau, ZEIT, in der Sendung „Maischberger“, am 22.02.2023
Dem kann ich nur zustimmen. Aber damit sind die Probleme nicht gelöst.