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Demokratie ist kein Selbstläufer – oder: Brücken über den braunen Sumpf

Demokratie ist kein Selbstläufer. Sie lebt von Beteiligung und vom Respekt vor ihrer Fähigkeit, das friedliche Zusammenleben der Verschiedenen in unserem Gemeinwesen zu ermöglichen. Doch leider mangelt es derzeit an beidem. In den Chefetagen unserer Gesellschaft hat sich in den vergangenen Jahren eine Demokratieverachtung breit gemacht, die lebensgefährlich ist: Die Bankenkrise ist dafür ein Beispiel, aber auch der VW- und der FIFA-Skandal. Menschen setzen sich über das Recht und die Bindung an das Allgemeinwohl hinweg, missachten die Macht- und Gewaltenteilung und haben sich so ihre Parallelgesellschaft geschaffen, in der sie meinen, sich von den Grundregeln und Grundwerten emanzipieren zu können. Das ist die eine Seite. Die andere ist die, dass zu viele Bürgerinnen und Bürger sich aus dem demokratischen Diskurs heraushalten und die Institutionen, die die Demokratie wesentlich mitgestalten, mit Verachtung bestrafen: Parlamente, Parteien, Gewerkschaften, Kirchen, Verbände. Noch funktioniert das Meiste in unserem Land hervorragend. Aber die gleichgültige Selbstverständlichkeit, mit der die Errungenschaften des demokratischen Rechtsstaates in Anspruch genommen werden, ist atemberaubend – und auf lange Sicht zerstörerisch. Dass bei der Kölner Oberbürgermeisterwahl trotz des schrecklichen Attentats eines Rechtsextremisten auf die schließlich gewählte Oberbürgermeisterin Henriette Reker sich nur 40,3 % der Wahlberichtigen an der Wahl beteiligt haben, ist ein Alarmsignal für die offensichtliche Gleichgültigkeit, mit und in der viele Bürgerinnen und Bürger auch in einer zugespitzten Situation leben – nicht nur in Köln. Es gibt aber noch eine dritte Facette: Die Demokratieverachtung und Demokratiegleichgültigkeit gibt denen Auftrieb, die – wie die Rechtsextremisten – als Gegner der offenen, freiheitlichen, demokratischen Gesellschaft auftreten. Dafür hat der Vorsitzende der AfD Thüringen Björn Höcke in der gestrigen Günther-Jauch-Sendung ein unsägliches Beispiel abgeliefert. Da wurde deutlich, wie weit das rechtsradikale Spektrum in unserer Gesellschaft vorgedrungen ist: die AfD mausert sich zum Sammelbecken für alle Rechtsextremisten von NPD bis Pegida. Und was ist deren Botschaft? Sie sehen Deutschland vor dem Untergang und reden diesen massiv herbei. Sie sprechen im Blick auf die Flüchtlinge von einer „Invasion“ und suggerieren, als handele es sich bei ihnen um eine fremde Armee. Sie behaupten, dass alle Flüchtlinge potentielle Kriminelle sind und nur das Ziel verfolgen, das Abendland zu islamisieren. In den Regierungen sitzen ihrer Meinung nach nur noch abgewrackte Politiker/innen, die demnächst weggespült werden vom Volkszorn. Alltagsängste und Sorgen von Bürgerinnen und Bürger, so vorhanden, dienen ihnen nicht, um diese zu beheben. Vielmehr werden diese gezielt geschürt mit willkürlich behaupteten Missständen („blonde deutsche Frauen“ sind potentielle Vergewaltigungsopfer der „Asylanten“) und mit dem Zerrbild der Selbstauflösung Deutschlands: Dann hat der Deutsche kein Land mehr (im Gegensatz zum Flüchtling aus Syrien, Afghanistan oder dem Irak), so das völkische Drohszenario des Björn Höcke. So präsentieren sich die Neunazis als Retter des Abendlandes und Anwalt des „Volkes“. Einmal an der Macht, werden sie dies alles richten. Wodurch? Die Antwort bekam man schon am vergangenen Montag in Dresden geliefert: ein Galgen für Angela Merkel und Sigmar Gabriel und jetzt auch für den Leipziger Oberbürgermeister Burkhard Jung. Es ist deutlich: Höcke und Co können ihre Ziele nur erreichen, wenn sie alle Grundrechte aushebeln und mit brutaler Gewalt, am besten mit Schießbefehl, die Flüchtlinge aus Deutschland heraushalten. Noch sagen sie es nicht offen, aber das ist die Botschaft, die hinter ihren entsetzlichen Parolen und ihren abscheulichen Taten (Chemnitz-Einsiedel oder Treuen im Vogtland (http://www.evlks.de/aktuelles/nachrichten/27786.html) steht. Dabei habe ich durchaus Verständnis dafür, dass in Treuen die Diakonie aus Angst vor den Hasstiraden und Drohungen aus den Reihen der NPD und von Pegida ihre Zusage für die Aufnahme von unbegleiteten jugendlichen Flüchtlingen zurückgezogen hat – so  fatal eine solche Entscheidung auch ist. Auch mich befiel gestern Abend ein unbändiger Zorn und eine große Angst bei der Vorstellung, dass eines Tages solche Demagogen wie Björn Höcke in Städten und Gemeinden das Sagen haben. Davor bewahre uns der liebe Gott und die Geistesgegenwart der Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger. Umso blamabler aber, dass die sächsische Landeskirche zu diesen Vorgängen schweigt. Dabei wäre es jetzt angesagt, dass sich ein Landesbischof und der Präsident des Diakonischen Werkes Sachsens auf den Weg nach Treuen machen mit der Zusage: Wir stellen uns schützend vor euch und euer Vorhaben. Wir sorgen dafür, dass die Flüchtlinge in Treuen wohnen können. Denn wir weichen keinen Zentimeter vor dem Hass der Rechtsextremisten zurück. Doch bis jetzt Fehlanzeige.

Darum zum einen Erschrecken darüber, wie kaltschnäuzig, arrogant, rechtsextremistisch ein Neunazi wie Björn Höcke (AfD) auftreten kann. Er hat ja längst die Maske des gut bürgerlichen, in der Demokratie verankerten ehemaligen Studienrates fallen lassen und betätigt sich wöchentlich als übler Hetzer und geistiger Brandstifter für die tatsächlichen Gewalttaten gegen Flüchtlinge. Auf der anderen Seite: Spätestens jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, dass wir uns eindeutig und unmissverständlich für die Demokratisierung der Demokratie einsetzen und damit allen rechtsextremistischen Umtrieben, insbesondere der AfD, entgegentreten müssen. Konkret bedeutet dies: Auf allen Ebenen müssen wir mit einer neuen Wertschätzung der Demokratie begegnen und vor allem denen, die sich selbst ausklammern aus dem demokratischen Prozess, Brücken der Beteiligung bauen – vor allem Brücken über den braunen Sumpf. Es geht bei der Aufnahme der Flüchtlinge in unserem Land nicht darum, ob wir eine oder 1,5 Millionen Menschen auf der Flucht aufnehmen können. Es geht um die Frage, ob wir es den Rechtsextremisten überlassen, unsere Demokratie zu zerstören. Darum ist es Gebot der Stunde, keinen Zentimeter vor denen zurückzuweichen, die unser Land wie eine Insel von Mauer und Stacheldraht umgeben abschotten wollen und dabei Menschenrechte und Grundwerte mit Füßen treten.

9 Antworten

  1. Ach wie rührend doch dieser Anonymos schreibt – aber zur Demokratie gehört vor allem das offene Visier und der Mut, seine Meinung auch mit seinem Namen zu verbinden!

  2. Manchmal hab ich das Gefühl, dass Empathie und Solidarität in dieser Gesellschaft immer mehr zur Mangelware wird. Niemand sieht mehr ein, dass die Privilegien die er hat, nicht selbstverständlich sind und dass auch andere Ansprüche haben, hinter die man die eigenen manchmal anstellen muss. Die eigenen Nöte sind für jeden die wichtigsten, wer zur Rücksicht auf die Schwächeren mahnt, ist ganz schnell ein linksgrünrotversiffter Gutmensch, jeder ist sich selbst der Nächste.

    Eine solche Gesellschaft ist auf Dauer nicht überlebensfähig. Will man die Demokratie usw erhalten, sollte man anfangen sich in Nächstenliebe, Empathie und Solidarität zu üben.

  3. Ja, wie oft haben Sie schon versprochen, meine Einlassungen nicht mehr zu kommentieren – und schwupps sind Sie wieder da! So wird es dann wohl auch in der Zukunft sein. Diesmal zeigen Sie auch noch eine mimosenhafte Empfindlichkeit, die erstaunt (denn mein Beitrag an Sie war ja wirklich ein Friedensangebot): Schauen sie mal zurück in frühere Beiträge. Da finden Sie den guten Herrn Wolff, der mir sinngemäß schreibt, er hielte nichts von Stilfragen und Knigge. Den von Ihnen geforderten – und von Ihnen dann kaum geführten – „stilvollen“ und „gepflegten“ Diskurs führen wir hier also nicht. Vielmehr geht es um den Austausch von Argumenten – und da bleiben Sie ja recht dünn, weil sie Ihre „durchaus vorhandene Meinung“ geheim halten und nicht mit jedermann teilen wollen. Ich würde mich gerne mit Ihnen sachlich auseinandersetzen – und wir würden dann vermutlich sogar auch ein paar Übereinstimmungen feststellen, wie sie zwischen Herrn Wolff und mir durchaus vorhanden sind.
    Ich dagegen bringe Argumente und füge meinen drei Thesen vom 20.10. noch eine weitere hinzu:
    – es kommt darauf an, um den Frieden im Lande unter den Demokraten aufrecht zu erhalten, die Gesetzeslage, so wie sie ist, zu akzeptieren und anzuwenden – unabhängig davon, daß es legitim ist, eine Änderung der Gesetzeslage zu fordern und zu propagieren. Denn wenn jeder nur die Gesetze akzeptiert, die ihm passen, und andere für Interpretationsmasse hält, dann führt das ins Chaos. Das heisst also, daß ein rechtlich abgeschlossenes Abschiebeverfahren auch zur Abschiebung führen muß (selbst die Thüringische Landesregierung kommt ja langsam rum!) und das heisst auch, daß in unserem Rechtsstaat Kirchenasyl rechtswidrig ist. Das heisst, dass (leider) Pegida dasselbe Demonstrationsrecht hat wie die Demokraten dieses Landes; das heisst, das bis zur Verurteilung Unschuldsvermutungen gelten, etc. Demokratie ist nicht immer bequem – gerade deshalb braucht sie lange, um zu obsiegen, aber am Ende tut sie das eben.
    Sie sprechen im Zusammenhang mit der letzten Pegidademonstration von „verschleppen“. Wer verschleppt denn? Was wird denn verzögert? Es hat die notwendigen verbalen Reaktionen aller Verantwortlichen gegeben – der Rechtsstaat braucht länger, um den Vorfall angemessen zu würdigen. Oder wollen Sie Standgerichte gegen Pegida (und natürlich nicht gegen jeden anderen)?
    Andreas Schwerdtfeger

  4. Werter Herr Schwertfeger – zum grundsätzlichen Verständnis (und ich bitte Sie nachdrücklich, Wortmeldungen, auch die gelegentlichen von mir, tatsächlich ernst zu nehmen!): meine Fragen stelle ich nicht weniger ernsthaft, und vor allem sind sie nicht rhetorisch (lassen Sie doch zukünftig diese banalen Unterstellungen, schon um des sachlichen Diskurses wegen). Und was das „baldmöglichst“ betrifft: was da erneut am Montag in Dresden ablief, darf in den folgenden Reaktionen, vom wem auch immer, nicht mehr verschleppt werden. Ein ganzes Jahr Pegida – da dürfte mein annoncieren auf baldmöglichst wohl ziemlich verständlich sein. Übrigens: Ihre Einlassungen (s.o.) werde ich nicht weiter kommentieren; interessant sind sie allemal – und ich lese ziemlich genau. Adieu – Jo.Flade

  5. Lieber Herr Flade,
    jetzt sind wir ja beide (fast) schon im sachlichen Diskurs – wie schön – und ich begrüsse das. Sie fragen mich (sicherlich nur rhetorisch), was zu tun sei und verzeihen Sie, wenn ich diese Gelegenheit dennoch zu einer Antwort nutze. Zuvor aber: Sie setzen Ihrer Frage das Wort „baldmöglichst“ nach und da liegt mE schon ein Mißverständnis in unserer Gesellschaft.
    Denn die augenblickliche Lage nicht nur unserer Republik sondern des gesamten Westens scheint mir einige sozusagen abstrakte Schwierigkeiten zu offenbaren, deren Erkenntnis, wäre man sich darüber einig, schon einen Lösungsansatz, aber eben keinen schnellen, aufzeigen könnte:
    1. Der Westen – auf allen Ebenen: UNO (bzw dessen westliche Elemente), NATO, EU und alle Regierungen – haben in den letzten Jahren auf eine Art und Weise die politische Initiative verloren, wie ich es nicht für möglich gehalten hätte. Ukraine, Syrien, Flüchtlinge, Weltwirtschaft, Bankenwesen – wo man hinschaut, haben uns die anderen schlicht überrollt – im Falle der Flüchtlinge im wahrsten Sinn des Wortes. Woran liegt es? Wir haben uns in eine Menschenrechts- und Ökologiewolke zurückgezogen und alle, die da nicht einziehen wollten oder die wir nicht einziehen liessen, haben eben ohne uns weitergemacht. Nun stellen sie auch noch fest, dass es ohne uns ganz gut geht (Putin, Iran, Saudi Arabien und besonders mein Freund Erdogan) bzw sie holen sich, was wir ihnen nicht geben wollten (Flüchtinge). Erkenntnis also: Die Zurückgewinnung der politischen Initiative muß über der reinen Lehre stehen.
    2. Die öffentliche Mediengesellschaft hat keine Geduld. Entstandene politische, aber auch soziale, wirtschaftliche oder sonstige Probleme müssen in einer solchen Gesellschaft binnen kürzester Frist gelöst werden oder die Stimmung schlägt – häufig irrational – um, was leider auch von vielen Medien gefördert anstatt bekämpft wird. Die Öffentlichkeit müsste erkennen, daß die Gründe für einen großen Teil der die Welt bewegenden Schwierigkeiten so tiefgehend und so im Mentalen liegend sind, daß Lösungen zu Generationenfragen werden und daß also Übergangsregelungen gefunden werden müssen, die zwangsläufig sehr fehlerhafte Kompromisse enthalten. Erkenntnis also: Eine Zieldefinition über Jahrzehnte ist entscheidend, sie muß im Konsens zwischen sehr weit auseinanderliegenden Welten erreicht werden und die Wege zum Ziel müssen flexibel und unter Akzeptanz auch von “Umwegen”, vielleicht sogar bisweilen “Irrwegen” und jedenfalls von grosser und manchmal auch schmerzlicher Toleranz gefunden werden.
    3. Womit das dritte Problemfeld beschrieben wäre: Die zunehmende Polarisierung. Nicht nur zwischen den wirklichen “Gegensätzen” – zB fundamentale Menschenrechtsinterpretation gegen fundamentalen religiösen Anspruch – sondern auch innerhalb eigentlich gleichgesinnter Gesellschaften und deren “demokratischem”, also dem gemäßigten Meinungsspektrum zuneigendem Anteil wird es immer schwieriger, die eigene Meinung mit der Anerkennung der Meinung des Gegenübers auch verbal zu verbinden. Man sieht dies in den Wahlkämpfen, Parlamentsreden, Zeitungsinterviews, auf allen “politischen” blogs (auch auf diesem), etc. Erkenntnis Nummer 3 also wohl: Wenn wir uns nicht alle in unserer Polemik und Überzeugungsverve ein bißchen zurücknehmen, dann fördern wir den Radikalismus à la Pegida und zerstören selbst das System, dessen Schutz wir vermeintlich betreiben. Dies gilt für Einzelpersonen wie für Parteien- oder NGO-Vertreter und Medien in gleichem Maße.
    Sie werden mir sagen, daß all dies unsere jetzige Lage nicht bessere und jedenfalls stimmt das. Gerade deshalb ärgert mich eben die immer so haßerfüllte „Politikerschelte“, die sich bei uns eingebürgert hat. Niemand von uns hat eine schnelle Lösung – und schon gar nicht die Käßmanns dieser Welt, die überall moralisch laut verkünden, man müsse doch „was“ tun und sich dann vom Acker machen. Natürlich brauchen wir „Sofortlösungen“ – aber wir sollten Vorschläge und Vorschlagende nicht immer sofort in die faschistische oder sonstige Ecken schieben, nur weil sie unter dem Druck der Aktualität logischerweise sehr un-perfekt sind, sondern wir sollten Fehler und Kompromißzwänge akzeptieren. Und zu diesen Kompromißzwängen gehört auch – leider – die Akzeptanz gewisser politischer Realitäten, auch wenn sie uns nicht passen.
    Ich grüße Sie,
    Andreas Schwerdtfeger

  6. Werter Herr Schwertfeger – nun ja; gern gebe ich zu, dass ich nach wie vor die Kommentare nach den immer wieder höchst bemerkenswerten Öffentlichkeits-Wortmeldungen von Chr. Wolff lese, spiegeln diese doch in gewisser Weise Denkvorgänge und Geisteshaltungen wider, die unser aller Alltag ausmachen.
    Zur Wortmeldung des Herrn Dr. Heydebreck ist lediglich anzumerken, dass mit dieser realitätsfernen Reflektion kulturvoller Dialog schwerlich funktioniert!
    Und zu Ihnen: Sie merken u.a. an (Zitat): Es sollte nicht vergessen werden: Bei Wahlbeteiligungen von über 80% hätten Parteien wie AfD keinen Einfluss – sehr richtig. Es ist genau dies das Dilemma. Es entsteht nur rasch die drängende Frage: warum gibt es diese geradezu radikale Wahlablehnung, selbst nach dem rechtsextremistischen Attentat auf die Gott sei Dank genesende, neu gewählte OB zu Köln? Da muss manches faul im Staate „Dänemark“ sein. Was meinen Sie, was da zu tun wäre – baldmöglichst ? Allein die schnellen Statesment diverser Politiker mancherlei Colours nach der gestrigen Pegida-Katastrophe zu Dresden sind durchaus verständlich, offenbaren jedoch auch eine Art Ohnmacht, von der anhaltenden Verschwiegenheit der Kirchen ganz zu schweigen. Und für heute ein letztes: ich erkenne unschwer eine gewisse Sympathiekundgebung Ihrerseits Pf. Wollf Blogs gegenüber; die Verbalhygiene scheint bei Ihnen zunehmend gepflegter zu sein – das möchte ich gern anerkennen (mit partiell aggressiver, rhetorischer Akrobatik ist ja kein vernünftiger Dialog möglich – dies ist ja genau das, was in Dresden seit Jahren und nun spürbar brutaler nicht funktioniert). Ihr Jo.Flade

  7. Lieber Herr Wolff,
    nun haben Sie mal einen Beitrag geschrieben, dem ich mit fröhlichem Herzen zustimme, denn „Brücken bauen“ ist ein gutes Motto. Vielleicht können ja auch ausnahmsweise Sie mir einmal zustimmen, wenn ich Ihre Argumente durch das eine ergänze, dass „Brücken bauen“ dann um so erfolgreicher sein wird, wenn
    – wir in der Sprache einigermaßen gemäßigt bleiben und auf diese Weise eben nicht in die Widerlichkeiten unserer rechten und linken Gegner verfallen (hier hat wohl Herr von Heydebreck Recht),
    – wir die notwendige und auch vohandene Solidarität in dieser Frage der demokratischen Parteien unseres Landes (also grob gesprochen der im Bundestag vertretenen und der FDP) betonen und sie nicht durch persönliche Parteipräferenzen und Polemik gegeneinander aufs Spiel setzen,
    – wir überhaupt den prinzipiell vorhandenen guten Willen der demokratischen Hauptakteure (auch im politischen Feld) auch dann annehmen, wenn sie mal nicht so schnell oder nicht ganz auf unserer Linie agieren,
    – wenn wir gemeinsam immer wieder betonen (wie Sie es hier tun), dass die Gefahren für unsere Demokratie eben nicht nur von den Radikalen beider Seiten ausgehen sondern auch von denen, die sich durch Desinteresse oder Überheblichkeit nicht an ihr beteiligen. Es sollte nicht vergessen werden: Bei Wahlbeteiligungen von über 80% hätten Parteien wie AfD keinen Einfluss,
    – wenn wir schliesslich auch anerkennen, dass praktische und praktikable Lösungen (die zudem noch Rücksicht nehmen müssen auf eine weitgespreizte Öffentlichkeit) nie das eigene Ideal erreichen werden. Kompromisse zwischen der Vision und dem real Möglichen sind also Tugend, nicht Verrat!
    Mit herzlichem Gruß,
    Andreas Schwerdtfeger

  8. Wie wollen Sie denn Brücken über den braunen Sumpf schlagen, um z. B. die fast 60 % Nichtwähler in Köln und anderswo zu erreichen, wenn Sie erneut in den gleichen radikalen Jargon wie Ihre Gegner verfallen? Wenn Sie Hasstiraden mit Hasstiraden und Beschimpfungen mit Beschimpfungen beantworten, dann stellen Sie sich doch in die gleiche extreme Ecke – ob sie nun rechts- oder linksextrem ist – wie Ihre Gegner. Dass unsere Kirchenleitung sich da heraus hält und statt dessen zum friedlichen Umgang miteinander aufruft, finde ich dagegen völlig richtig. Ich bin jedenfalls nicht bereit, in diesem Stil mit Ihnen zu diskutieren, sondern gehöre künftig auch zu den 3.980 Lesern Ihres Blogs, die ihn nur anklicken und mitleidig mit dem Kopf schütteln!

    1. Lieber Herr von Heydebreck, Sie müssen meine Blogeinträge nicht lesen. Sie müssen auch nicht mit mir diskutieren. Allerdings müssen Sie sich damit auseinandersetzen, dass die Hetze und Hasstiraden bei Pegida und nun zunehmend bei der AfD nicht folgenlos bleiben. Das Attentat auf die neu gewählte Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker ist nicht im luftleeren Raum entstanden, sondern ist eine Folge der rechtsradikalen Umtriebe. Was sich in Treuen oder Chemnitz-Einsiedel abspielt, wird von Pegida und der NPD massiv geschürt. Das können Sie nicht abschütteln mit einer billigen Rechts-Links-Parität. Nein – hier hat sich der Neonazismus mitten in der Gesellschaft festgesetzt. Dazu kann und dürfen weder ein Bildungsbürger schweigen noch eine Kirchenleitung. Im Gegensatz zu vielen anderen gehöre ich zu denen, die sich schon vor einem Jahr ziemlich sicher waren, dass Pegida nicht eine Versammlung der „Besorgten und Verunsicherten“ ist, sondern ein strategisch angelegtes Szenario des organisierten Rechtsextremismus. Das katastrophale Ergebnis sehen wir nun Tag für Tag – insbesondere in Sachsen. Mit freundlichen Grüßen Christian Wolff
      Noch ein Zusatz: Die skandalöse Rede von Akif Pirincci auf der Pegida-Kundgebung am gestrigen Montag (http://www.spiegel.de/politik/deutschland/akif-pirincci-rede-bei-pegida-in-dresden-abgebrochen-a-1058589.html) enhielt – bis auf den KZ-Vergleich – komprimiert alle unerträglichen Hass- und Hetze-Versatzstücke, die seit Wochen von Lutz Bachmann und Tatjana Festerling in die Menge geschleudert werden. Diese gröhlt dann wie auf Knopfdruck mit skandiertem „Abschieben“, „Widerstand“, „Volksverräter“. Es gehört schon eine gehörige Portion beschönigende Verleugnung der Wirklichkeit dazu, dieses mit der Kritik am gefährlichen Treiben von Pegida gleichzusetzen.

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