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Wo bleibt das Wort der Landeskirche?

Einige Pfarrerinnen und Pfarrer aus dem Kirchenbezirk Leipzig haben heute (26. Oktober 2015) mit einer gemeinsamen Erklärung eine deutliche Positionierung der sächsischen Landeskirche und des Landesbischofs zu den rechtsradikalen Übergriffen auf Flüchtlingsunterkünfte und zu dem Treiben von Pegida eingeklagt.

Montag für Montag findet auf den Pegida-Versammlungen in Dresden unsägliche Hetze statt. Rechtsradikale Parolen gehören zum Grundbestand jeder Rede – nicht nur zu der von Akif Pirinçci. Auch Lutz Bachmann und Tatjana Festerling schüren seit einem Jahr Hass gegen Flüchtlinge und die Menschen, die sich um sie kümmern. Doch es bleibt nicht bei Worten: Ein Galgen wird mitgeführt, der für die Bundeskanzlerin und den Vizekanzler reserviert ist, ohne dass eingeschritten wird. In Treuen stellt die Diakonie Auerbach nach Drohungen ein geplantes Projekt zur Unterbringung minderjähriger Flüchtlinge ein. In Chemnitz werden die Fenster des Gemeindehauses der Dietrich-Bonhoeffer-Kirchgemeinde eingeworfen, die ihre Türen für Flüchtlinge geöffnet hat. Die Zahl von Gewaltattacken gegen Flüchtlingsunterkünfte ist erheblich angestiegen. Der Leipziger Oberbürgermeister Burkhard Jung steht nach Morddrohungen unter Polizeischutz.

Doch was sagt eigentlich die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens dazu?

Diese Frage wird uns seit Wochen immer wieder gestellt – von Gemeindegliedern, aber auch von vielen Bürgerinnen und Bürgern, die das Wort der Kirche schätzen. Wir fragen uns das auch – nicht weil wir nicht wüssten, wo jetzt unsere Verantwortung liegt. Aber es ist vor allem für diejenigen, die sich täglich um Flüchtlinge kümmern und gleichzeitig Angriffen ausgesetzt sind, wichtig, sich der Rückendeckung des Bischofs und der Kirchenleitung gewiss zu sein. Leider hat es, obwohl von uns mehrfach eingefordert, noch keine öffentliche Stellungnahme bzw. Presseerklärung der Leitung unserer Landeskirche bzw. unseres Landesbischofs gegeben. Eine solche Erklärung ist überfällig. Durch sie kann unmissverständlich klar gestellt werden, wofür und auf welcher Seite unsere Landeskirche steht.

  • Wir gehen davon aus, dass sich die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens von allen demokratieverachtenden Bewegungen und Äußerungen Einzelner distanziert. Hinter Pegida und Legida steht nichts anderes als ein rechtradikales Netzwerk. Wer sich an den Veranstaltungen beteiligt, muss wissen, dass er mitverantwortlich ist für die auf diesen Veranstaltungen geschürte Gewalt und Angst. Die Meinungsfreiheit findet ihre Grenze an der Achtung der Würde des anderen Menschen. Rassistische Hetze ist keine freie Meinungsäußerung, sondern eine Straftat.
  • Wir gehen davon aus, dass die Landeskirche den Missbrauch des Kreuzes auf Pegida-Demonstrationen verurteilt. Wer das Kreuz mitführt und gleichzeitig gegen Menschen hetzt, die unserer Solidarität bedürfen, betreibt Blasphemie.
  • Wir gehen davon aus, dass sich die Landeskirche nicht der Gewalt beugt, die in vielen Orten Sachsens von rechtsradikalen Gruppen und Parteien ausgeht, sondern sich vielmehr solidarisch hinter Gemeinden, Einrichtungen und Personen stellt, die sich im Bereich der Flüchtlingshilfe engagieren. Gerade in kleineren Orten und Gemeinden wird dieser landeskirchliche Rückhalt besonders gebraucht. Das aktive Eintreten für Flüchtlinge und Asylsuchende ist biblisch geboten und kann ebenso wenig zur Debatte stehen wie das individuelle Recht auf Asyl.
  • Wir gehen davon aus, dass sich die Landeskirche klar zu einem friedlichen Miteinander der verschiedenen Kulturen und Religionen, die sich dem Grundgesetz verpflichtet wissen, bekennt. Sie bejaht und fördert nach Kräften das Gespräch und das gemeinsame Zusammenleben in Verschiedenheit.

In der Hoffnung, dass die Kirchenleitung der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens und ihr Landesbischof Dr. Carsten Rentzing endlich ihr Schweigen brechen, bitten wir nunmehr um eine entsprechenden öffentliche Erklärung, aber auch klare Handlungen und Zeichen, die ein Zurückweichen vor Hetze und Gewalt wie in Treuen verhindern.

Britta Taddiken, Pfarrerin an der Thomaskirche – Martin Hundertmark, Pfarrer an der Thomaskirche – Christian Wolff, Pfarrer i.R. – Andreas Dohrn, Pfarrer an der Peterskirche – Christiane Dohrn, Pfarrerin an der Peterskirche – Bernhard Stief, Pfarrer an der Nikolaikirche – Ralf Günther, Pfarrer an der Michaeliskirche

33 Antworten

  1. Heute hat die Landeskirche gemeinsam mit dem röm.-kath. Bistum Dresden-Meißen ihre Aktion „Licht an für Menschlichkeit“ vorgestellt. Eine, wie zumindest ich finde, gute Aktion: sie ist klar, aber deeskalierend. Sie appelliert, aber entwaffnet auch. Sie stimmt nicht einfach in das Staccato der Newsticker ein, sondern setzt ein echtes Symbol gegen Fremdenfeindlichkeit. Ich tippe darauf, Sie wird den Unterzeichnern obiger Erklärung in Leipzig nicht reichen. Man wird wieder kritisieren und madig machen anstatt zusammenzustehen. Das fände ich schade.

    Mit freundlichen Grüßen,
    Christian Schubert

    Übrigens: Laut „Freier Presse“ war Diakonie-Direktor Schönfeld sehr wohl in Treuen, anders als im vorherigen Blog behauptet. (http://www.freiepresse.de/LOKALES/VOGTLAND/AUERBACH/Diakonie-Direktor-beim-Friedensgebet-artikel9334305.php)

    1. Schön, dass es zu einer gemeinsamen Aktion der evangelischen und katholischen Kirche gekommen ist. Noch besser wäre es, wenn man eine solche Aktion nicht auf den Sonntagabend gelegt hätte, sondern zeitgleich zu den Pegida-Aktionen, um zu verdeutlichen: Pegida ist eine Bewegung der Dunkelheit! Denn die Lichteraktion hat nur Sinn, wenn durch sie unmissverständlich deutlich wird, auf welcher Seite die Kirchen stehen.

      1. Ich freue mich ehrlich, dass Sie die Aktion auch gut finde. Sonntagabend steht für etwas universelles, denke ich. Über den Montagabend habe ich auch nachgedacht. Wahrscheinlich steht an beiden Abenden die Kerze im Fenster. Das wäre doch gut.

        Mit vielen Grüßen,
        Christian Schubert

  2. Lieber Herr Schwerdtfeger – 1.: mein Schreibfehler, Ihren Namen betreffend, sei mir nachgesehen. 2.: Ja – ich bin immer mal wieder da; ich nehme mir nur die Freiheit, wann ich da sein werde, vor allem dann, werde ich missverstanden oder ist es notwendig, mich zu positionieren. 3.: Gehen Sie davon aus, dass ich – wie einige andere auch – mitten drin STEHE (sitzen wäre anbetrachts der mehrfach beschriebenen Probleme wie Radikalismus in Gedanken, Worten und Werken einfach keine gute Haltung). 4.: Objektive Sichtweisen und eine solche Interpretation der Geschehnisse – gelingt Ihnen das denn? Bemühen wir uns um Objektivität, richtig. 5.: Der Diskurs, den wir hier allesamt zum Kasus Pegida, Legida, Xenophobie, Attentate auf Politiker, brennende Flüchtlingsunterkünfte, eingeworfene Fensterscheiben in Pfarrhäusern und der Haltung Landeskirche, Kirche dazu überhaupt versuchen – ist allemal gut und wichtig und nachdenkenswertund ist wohl weit entfernt von Polemik! Jedoch nicht jede Haltung möchte, werde, kann ich hinnehmen; das gehört zur Auseinandersetzung. Aber ich akzeptiere den Andersdenkenden, bleibt der Disput gewaltfrei. 6.: Nach wie vor, auch mit zeitlicher Distanz, begrüße ich die veröffentlichte Leipziger Erklärung (s.o.) und bekräftige zudem meine Überzeugung, dass jeder in diesem Lande außerhalb der parlamentarischen Demokratie ein politisches Mandat hat und sich einmischen sollte mit seinen Gaben und Möglichkeiten, ja sich einmischen muss, tut es not! Und dass es uns allesamt heftig umtreibt, zeigen hier die vielen, bemerkenswerten Kommentare (von vielen, die den Wolff-Blog lesen, weiß ich von erstaunlich großer Zustimmung und Respekt, ohne dass sie sich auf dieser Seite schriftlich äußern wollen; offenbar rumort es allerorten). Und dieses politische Mandat hätten eben auch alle Vertreter der Amtskirche und ebenso der Bischof. Dies hat nach meiner Wahrnehmung nichts mit einer Politisierung der Kirche zu tun, sondern mit der Einsicht in eine Notwendigkeit, die wohl derzeitig keiner bestreiten kann. Beispiel dürfte die Bekennende Kirche mit ihrer Barmer Theologischen Erklärung (1934) sein; dass dazu damals in einem totalitären Regime wahrlich enormer Mut gehörte, mehr als heutzutage in einer Demokratie, bedarf keiner weiteren Erklärung. Und der Herbst 1989, noch viel früher in den 80igern mit der Ökumenischen Versammlung in Dresden (Pfr. Christof Ziemer und Propst Falcke) oder Schwerter zu Pflugscharen (Schorlemmer; Bretschneider), wäre ohne Teile einer politisch engagierten Kirche gar nicht möglich gewesen (Plauen, Leipzig, Dresden); an die Einmischung durch unaufhaltsame Friedensgebete und mutige, öffentliche Erklärungen verschiedenster Kirchgemeinden zum Nato-Doppelbeschluss soll hier nur am Rande erinnert werden. – Und nun zum Schluss 7.: ich wünsche Ihnen gerade für dieses Jahr ein aufmerksames Reformationsfest. Jo.Flade

  3. Herrn Heyer (MH) ist zu danken für ein ausgewogenes Bild.
    Und – wußte ich es doch – Herr Flade ist wieder da (neulich noch abgemeldet), der nach eigenem Bekunden „ziemlich genau“ liest, wobei die Betonung auf „ziemlich“ liegt, nehme ich an, denn er schreibt ja meinen Namen immer noch falsch.
    Lesen Sie die Statistiken zum Rechtsradikalismus in DEU, Herr Flade, und diese auch im Vergleich zu unseren Nachbarländern, dann kommen Sie schnell – wenn Sie objektiv sind – zu meinem Schluss, dass es sich (noch) um ein Randproblem handelt. Richtig ist allerdings, dass bei weiterer einseitiger Polemik gegen alles, was zwar innerhalb des demokratischen Spektrums aber nicht auf der eigenen Linie liegt (zB Seehofer) das Problem stetig hochgeredet und verschärft wird. Es ist etwas anderes – Herr Wolff hat es ja richtig beschrieben – ob man mittendrin sitzt, wie Sie (nehme ich an) in Sachsen, oder ob man mit etwas distanzierterem Blick leichteren Zugang zur Objektivität hat. Verständnis, Herr Flade, hat auch zu tun mit der Bereitschaft, den anderen Standpunkt als grundsätzlich akzeptabel, wenn auch nicht geteilt, hinzunehmen.
    Ich grüsse Sie,
    Andreas Schwerdtfeger

    1. Lieber Melchior Heyer,
      zunächst vielen Dank für die ausführliche, kritische Stellungnahme zu unserer Erklärung. Sie wünschen sich eine Reaktion. Die will ich in aller Kürze gerne liefern. Sie fragen: „… Oder geht es um mehr“ (als Worte)? Genau, es geht um sehr viel mehr als Versatzstücke in Predigten, denen nichts fehlen würde, wenn es diese nicht gäbe. Es geht um eine erkennbare Haltung in Wort und Tat. Es geht nicht um Verurteilung von Menschen. Wie Gott des Menschen Reden und Tun einschätzt, überlasse ich gerne ihm selbst. Mir reicht die Zusage „Gott liebt diese Welt – trotz allem“. Von dieser Zusage möchte ich auch niemanden ausnehmen. Gerade deswegen aber kann ich sehr wohl unter den Bedingungen dieser Welt von richtig und falsch, gut und böse sprechen und mich auch in eine streitige Auseinandersetzung begeben.
      Was mir allerdings nicht nur bei Ihnen auffällt: Von den Menschen, die jetzt unserer Hilfe und Zuwendung bedürfen, von den Flüchtlingen, ist in Ihren Einlassungen nicht bzw. nur am Rande die Rede. Genau da beginnt die Schieflage. Mir kommt das so vor, als sollte Kirche sich in erster Linie um Priester und Levit kümmern, aber nicht um den unter die Räuber Gefallenen. Die Priorität, die Jesus im Gleichnis vom barmherzigen Samariter setzt, ist aber eine andere. Darum möchte ich Ihnen noch einmal verdeutlichen, worin ich das Versagen der Landeskirche sehe: Ihr mangelt es an dieser Priorität. Im Sommer habe ich schon einmal das Ausbleiben einer klaren Positionierung der Landeskirche kritisiert. Einen Tag nach der Veröffentlichung meines Blogeintrages wurde auf die Homepage evlks.de ein Button gesetzt, der zu den Aktivitäten vieler Gemeinden und des Diakonischen Werkes führt. Ebenso hat sich der damalige Landesbischof dann auch zu den sich häufenden gewalttätigen Übergriffen geäußert. Vorher hatte er sich bedauerlicherweise als Verstärker von Herrn Seehofer betätigt. Eine solche „Politisierung“ der Kirche halte ich für mehr als bedenklich. Doch nun zum ganz Konkreten: Sie werden die Vorgänge in Chemnitz (Dietrich-Bonhoeffer-Gemeinde) und in Treuen kennen. Hier hätten wir ein sehr klares, evangelisches Signal der Landeskirche und des Landesbischofs erwartet. Das hat nichts mit „Tagespolitik“ zu tun. Vielmehr geht es um die Glaubwürdigkeit unserer Kirche. In Treuen hätten sich ein Landesbischof oder ein anderer Vertreter des Landeskirchenamtes oder mehrere Superintendenten für die Öffentlichkeit sichtbar hinstellen und ausrufen müssen: Die Flüchtlinge werden in diesem Ort, in diesem Haus ein Zuhause finden. Wir weichen nicht. Dass das bis heute nicht geschehen ist, halte ich für ein Versagen der Kirche. Und dieses kann durch noch so viele Bibelzitate nicht behoben werden, sondern einzig und allein durch die tatkräftige Umsetzung der biblischen Botschaft.
      Christian Wolff

  4. Der Beitrag der Pfarrer aus den Leipziger Kirchen und ihre Forderung nach der Stellungnahme unserer Kirche ist ein wichtiges Zeichen und dringend notwendig. Wo ist unsere Kirche aus DDR-zeiten geblieben, die sich gesellschaftlich immer eingemischt hat? Sie ist etabliert in dieser Gesellschaft, wird zum Segnen dieser und jener Objekte gebeten und die Probleme dieser Zeit? Wo spielen sie eine Rolle? Auch in Wittenberg, der Stadt des Reformators werden keine Stimmen laut. Und doch war die Kirche in der friedlichen Revolution das Dach für die Menschen, die guten Willens waren und in dieser Gesellschaft etwas ändern wollten. Die Botschaft Jesu, bei den Schwachen dieser Gesellschaft zu stehen und ihnen beizustehen, ist wohl als Auftrag an uns Christen verloren gegangen. Sicher kann jeder einzelne vor Ort etwas tun, aber dass die Kirchenoberhäupter schweigen ist peinlich und beschämend und ich fühle mich in dieser Kirche nicht mehr richtig zu Hause. Eva Löber, Lutherstadt Wittenberg

  5. Aber Herr Schwertfeger: wenn Sie immer noch und immer wieder geradezu fundamentalistisch konstatieren (Zitat, s.o.): „Nach wie vor stimmt nämlich auch, dass der Rechtsradikalismus in Deutschland insgesamt glücklicherweise keine Basis hat, sondern ein – wenn auch sehr ärgerliches – kriminelles Randproblem ist und dass es durch ewiges Geschrei dagegen eher hochgespielt wird und diese Leute sich aufgewertet fühlen.“ Dann, entweder verdrängen Sie (aus welchen Gründen auch immer) oder Ihnen ist die bittere Realität völlig abhanden gekommen. Das Toben lediglich als „ärgerlich“ zu reflektieren, ja – das ist geradezu fahrlässig. Inzwischen sind sich Gott sei Dank einige kluge und wissende Leute längst einig, dass es wahrlich kein kriminelles „Randproblem“ mehr ist. Tut mir leid – ich verstehe Sie nicht mehr. Und auch diese Banalisierung nicht. Lesen Sie doch einmal LTI von Victor Klemperer – Sprache verrät Geisteshaltung. Hören Sie z.B. doch nur einfach mal genau auf Herrn Höckes (AfD) Sprache vor den Stufen des Erfurter Domes und beobachten Sie F. Petry (AfD_Chefin) (Körpersprache ist ebenfalls nicht unwesentlicher teil psychologischer Beobachtung); weitere Kommentierungen erübrigen sich. Übrigens: die Erklärung der Leipziger Pfarrerinnen und Pfarrer orientiert sich an Luther: protestieren, von billiger Ereiferung vermag ich nichts erkennen – dafür sind die Unterzeichner viel zu intelligent und denken nach, bevor sie in die Öffentlichkeit gehen. Und Protest, um Schlafende möglichst bald aufzuwecken, dazu ist es jetzt höchste Zeit. Ich sitze hier und konnte nicht anders, als Ihnen zu widersprechen. Guten Abend.

  6. Andere Zeiten, andere Sitten …

    Es gab Zeiten in der Geschichte der Christenheit, in denen ein Priester/Pfarrer aufgrund begangener Taten bzw. geäußerter Ansichten als nicht gültig ordiniert und alle(!) seine Amtshandlungen als null und nichtig behandelt worden wäre(n).

    Dies ist gewissermaßen ein Blick in den Abgrund der Vergangenheit.

    Ein gänzlich anderer Blick in einen Abgrund der Gegenwart ist es dagegen, wenn sich heutzutage geradezu gerühmt wird, man habe „die Kirchenleitung vor sich hergetrieben“. Im konkreten Falle sollen wir uns wohl vorzustellen haben, ein Mann wie Landesbischof Dr. Dr. Johannes Hempel u.a. hätte sich damals als Hirte von anderen treiben lassen …

    Und dies zu einer Zeit als in Leipzig das Pfarrerskollegium von St. Thomas geschlossen die Mär vertrat, die Türen der Thomaskirche müßten außerhalb der üblichen Gottesdienstzeiten (und kirchenmusikalischen Veranstaltungen) geschlossen bleiben, weil besagte Kirche schließlich – im Unterschied beispielsweise zur Nikolaikirche – an der Protokollstrecke der DDR-Regierung liege und somit eine ganz besondere Verantwortung zu tragen habe …

  7. Herrn von Heydebreck kann man nur zustimmen, wenn er im ursprünglichen Appell eine erfreuliche Zurückhaltung im Stil feststellt. Sie scheint nicht von Herrn Wolff zu stammen, wie man seinem Beitrag vom 28. Oktiober entnehmen kann, wo er wieder seine Feindbilder entwickelt und hetzt. Die bayerische Landesregierung unter Seehofer hat mehr konstruktive Vorschläge zur Rückkehr zu geordneten Verhältnissen – Registrierung, Verteilung, Versorgung – gemacht als jeder andere – und erstaunlich ist, dass es immer erst mantrahafte Verurteilungen und Verwünschungen gegen Seehofer gab und hinterher die konsensuale Annahme und Umsetzung seiner Vorschläge, einschl SPD, Polizeikräften, Kirchen, Rotem Kreuz etc. Wenn man einmal von Frau Göring-Eckart absieht, die immer alles für falsch hält, aber noch keinen einzigen konkreten Beitrag zur Problemlösung gebracht hat, scheint der Seehofer-Kurs also der richtige zu sein.
    Und Recht haben Sie, lieber Herr Wolff, dass das Problem durch die Medien hochgespielt wird und in Wirklichleit noch niemand (außer den großartigen freiwilligen Helfern) selbst konkret betroffen ist und sich deshalb auch nicht aufregen sollte. Was sie da kritisieren – zu Recht – ist aber genau das Phänomen, das sie gegenüber dem Rechtsradikalismus à la Pegida fördern. Nach wie vor stimmt nämlich auch, dass der Rechtsradikalismus in Deutschland insgesamt glücklicherweise keine Basis hat, sondern ein – wenn auch sehr ärgerliches – kriminelles Randproblem ist und dass es durch ewiges Geschrei dagegen eher hochgespielt wird und diese Leute sich aufgewertet fühlen.
    Und schliesslich: Es ist das typische Kennzeichen eines Eiferers, dass er nicht zur Kenntnis nimmt, was alles gesagt und getan wurde, wenn es nicht genau seinen Vorstellungen entspricht: Die Landeskirche in Sachsen hat doch, glaubt man den konkreten Hinweisen in einigen Stellungnahmen zu Ihrem Beitrag, sich klar positioniert. Was wollen Sie also? Ihre wörtlichen Formulierungen? Eine tägliche Wiederholung solcher Stellungnahmen (und damit Abnutzung, ihrer Wirkung, wie Sie sie betreiben), die in Wirklichkeit nur zur Radikalisierung führt?
    Übertreibungen wirken in alle Richtungen! Ich grüße Sie,
    Andreas Schwerdtfeger

  8. Es ist richtig und wichtig, dass sich unsere Landeskirche positioniert, und das tut sie an verschiedenen Stellen doch auch:

    Die Landessynode hat vor einem Jahr den Haushaltsansatz für Projekte zur Willkommenskultur und Flüchtlingshilfe verzehnfacht und alle Glieder der Landeskirche ermuntert im Sinne einer solchen Kultur zu handeln:
    http://www.evlks.de/landeskirche/landessynode/25161.html
    Viele basisnahe Projekte haben diese Förderung aufgegriffen und leisten in diesem Sinne ihre Arbeit, subsidiär und nicht von oben verordnet.

    Der neue Landesbischof hat in verschiedenen hier bereits zitierten Predigten biblisch Position bezogen, und auch die Kirchenleitung hat kürzlich eine Kanzelabkündigung mit Fürbitten vorgelegt:
    http://www.evlks.de/doc/Kanzelabkuendigung_und_Fuerbitten_fuer_den_13_September_2015.pdf

    Dies sollte zur Vollständigkeit des Bildes fairerweise dazugehören, die Notwendigkeit weiterer Thematisierung unbenommen.

    1. Lieber Herr Krause, dass es in vielen Gemeinden Gott sei Dank viele gute Initiativen für Flüchtlinge gibt und dass viele Gemeindeglieder sich als ehrenamtliche Helfer/innen in Asylunterkünften betätigen, ist unstrittig, erfreulich und verdient Würdigung. Was wir anmahnen, ist eine offensive Auseinandersetzung mit dem seit über zwei Jahrzehnten gewachsenen Rechtsextremismus, eine klare Positionierung gegen die Hass-Politik von Pegida und Legida und eine eindeutige Unterstützung all derer, die von Rechtsradikalen und Wutbürger/innen bedrängt werden, damit jedes Zurückweichen verhindert wird. Da ist bis jetzt Schweigen angesagt – und das ist unerträglich. Christian Wolff

      1. Eine Auseinandersetzung mit Extremismus von Rechts in Richtung Mitte hat unsere Kirche dankenswerterweise schon vor einiger Zeit begonnen. Eine hilfreiche Handreichung hat die Kirchenleitung 2008 herausgegeben, sie ist hier zu finden:
        http://www.evlks.de/doc/Handreichung_gegen_Rechtsextremismus2.pdf

        Hinweisen möchte ich auch auf den Pastoralbrief von Landesbischof i.R. Jochen Bohl vom Jahresanfang 2015 zur selben Thematik:
        http://www.evlks.de/landeskirche/landesbischof/26029.html

        Hier sind also durchaus Positionierungen vorhanden. Ein unerträgliches Schweigen kann ich zumindest darin nicht erkennen. Das geäußerte Bedürfnis nach Unterstützung ist ernstzunehmen, es scheint wohl eher kommunikativer Natur zu sein: Wahrnehmen was ist.

        Eine Vorgehensweise nach dem Motto „Wer nicht mit uns ist, ist gegen uns“ ist rhethorisch sicherlich geeignet, um Aufmerksamkeit und Handlungsdruck zu erzeugen

        1. Wer nicht mit mir ist, der ist gegen mich – so lautet das Bibelzitat aus Mt 12,30 korrekt.
          Und nur darauf bezog sich der obige Absatz, das möchte ich gern klarstellen.

  9. Danke Christian Wolff und den (Erst?)Unterzeichnern!
    Dem immer noch moderaten Text kann ich nur zustimmen. Schweigen ist keine Lösung. Angst vor Verlautbarungen wäre kein guter Ratgeber. Haltet die Worte scharf – so ähnlich hat das damals Tucholsky empfohlen. Und der Rabbi aus Nazareth war in seinen Auseinanderetzungen erstaunlich konkret, direkt-kommunikativ, radikal-solidarisch, dialogbereit „bis zum geht nicht mehr“.
    Mit Hoffnung auf Signale aus Dresden – Gottfried Schleinitz

  10. Die gemeinsame Erklärung spricht aus, was mich schon seit vielen Wochen bewegt und ich kann sie nur ausdrücklich unterstützen. Ein klare Stellungnahme unserer Landeskirche und „unseres“ Landesbischofs wäre ein richtiges und lang erwartetes Signal. Worte im Gottesdienst sind da ein guter Anfang, aber nicht genug, besonders wenn man das Pegida-Problem in Dresden quasi vor der Haustüre hat. Ich wünsche mir ein klares Signal, das auch seinen Weg in die Medien findet und in den Gemeinden wahrgenommen wird.

  11. Ich kann mich dem Text der Leipziger Pfarrer nur anschließen und für die Initiative danken. Auch wenn vieles schon einmal gesagt ist, jetzt ist ein aktuelles und klares Wort unserer Landeskirche gegen offene und latente Fremdenfeindlichkeit in der Gesellschaft gefordert.Es sollte nicht nur einer deutlichen Angrenzung gegen rechts dienen, sondern auch der Ermutigung für die vielen Menschen, die nun, teils beruflich teils ehrenamtlich mit viel persönlichem Einsatz dafür sorgen, dass die Flüchtlinge sich hier willkommen fühlen und, so gut es eben geht, mit dem Notwendigsten versorgt werden. Jürgen Ziemer

  12. Erfreulich ist die Mäßigung im Ton Ihres Aufrufes gegenüber Ihren letzten Artikeln – vielleicht auch Ihren Mitunterzeichnern zu verdanken? Wie Sie sehen, bekommen Sie jetzt auch gleich viel mehr Zustimmung.
    Sollten Sie sich weiter mit Pegida befassen – und damit sicher ungewollt diesem Dresdner Spezialgewächs auch im übrigen Bundesgebiet Publizität verschaffen, so müssten Sie sich aber künftig doch nicht nur mit der abstoßenden Form von „unsäglicher Hetze“ und rechtsradikalen Parolen befassen, die bei den Pegida-Märschen offenbar laut werden, sondern auch mit den Hintergründen, warum sonst brave Bürger plötzlich so in Panik geraten, dass sie da mit marschieren.
    Damit ich bei Ihnen nicht in den Geruch komme, ein Nazi oder Rechtsradikaler zu sein, hänge ich hier einen Artikel aus der heutigen WELT an, der von einem jüdischen Reporter stammt, dem Sie den Vorwurf rechtsradikaler Parolen sicher nicht machen werden, der aber zum Verständnis der gegenwärtigen Flüchtlingssituation beiträgt.

    „Wir schaffen das“: Die späte Rache der DDR an Angela Merkel
    Von Henryk M. Broder
    {Foto ließ sich leider nicht kopieren!]

    Foto: Archiv

    Ist das nicht die junge Angela Merkel? Nein, könnte sie aber sein. Ein SED-Plakat zum X. Parteitag 1981

    Aus Anlass des X. Parteitages der SED im November 1981 gab die Leitung der Partei zehn Plakate in Auftrag, mit denen die Rolle der SED beim Aufbau des Sozialismus im ersten deutschen Arbeiter- und Bauernstaat angemessen gewürdigt werden sollte. Auf einem der Plakate greifen zwei Hände kräftig ineinander. Darüber steht: „Unser Dank gilt Dir, Partei“, auf einem anderen hält eine Schülerin dem Zuschauer ein Schulheft entgegen, in das sie geschrieben hat: „Ich gebe das Beste, Vati und Mutti auch.“
    Auf drei weiteren, gleich gestalteten Plakaten sind ein Soldat, ein Bergmann und eine Bäuerin zu sehen, die „Alles zum Wohle des Volkes“ geben. Der Soldat sagt: „Das schützen wir!“, der Bergmann „Das packen wir!“ und die Bäuerin „Das schaffen wir!“ Die Frau trägt eine graublaue Latzhose, ist kräftig gebaut, hat eine Bubikopffrisur – und sieht der Kanzlerin zum Verwechseln ähnlich. Ja, so könnte Angela Merkel vor 34 Jahren ausgesehen haben.

    Wir wissen nicht, um wen es sich bei der Frau auf dem Foto handelt, die grade im Begriffe ist, aus der Fahrerkabine eines Traktors zu steigen. Vermutlich ist sie keine echte Bäuerin, so wie der Soldat kein echter Soldat und der Bergmann kein echter Bergmann sein dürften. Dennoch ist das Plakat auf eine Art authentisch, die den Betrachter erschauern lässt. Der Satz „Das schaffen wir!“ ist die fast wörtliche Vorwegnahme eines Satzes, den Angela Merkel Anfang September gesagt – „Wir schaffen das!“ – und damit eine Krise losgetreten hat, welche die Bundesrepublik lähmt und zugleich umtreibt.

    Merkel regiert im Stile eines Feudalfürsten

    Millionen von Menschen fragen sich jeden Tag aufs Neue: Was will die Kanzlerin, was hat sie vor, wie sieht ihr Plan aus, den sie gegenüber Anne Will angekündigt hat? Erstaunt nehmen wir zur Kenntnis, dass es in einem Staat mit 16 Landesregierungen, 16 Landesparlamenten, 16 Ministerpräsidenten, mit einem Bundestag, einem Bundesrat, einem Bundespräsidenten und Tausenden von Staatsdienern allein darauf ankommt, was die Kanzlerin will.

    Sie bestimmt nicht nur die Richtlinien der Politik, sie kann auch mit einem Wort oder einem Federstrich Grenzen öffnen und schließen, Gesetze außer Kraft setzen und alle Zweifel an der Weisheit ihrer Entscheidungen autoritär vom Tisch wischen: „Wir schaffen das!“ Angela Merkel regiert im Stile eines Feudalfürsten, wozu auch die Drohung gehört, sie werde dem Land, dem sie dienen wollte, adieu sagen, falls das Volk ihr die Gefolgschaft verweigert. Dermaßen ausfällig zu werden, das hat sich noch kein Kanzler der Bundesrepublik gewagt.

    Das Plakat zum X. Parteitag der SED erinnert uns daran, dass die Kanzlerin in der DDR sozialisiert wurde, in einem System, das vom ersten bis zum letzten Tag seines Bestehens ein gestörtes Verhältnis zur Wirklichkeit hatte. Die DDR wollte die siebt- oder achtgrößte Industrienation der Welt sein. In kein Land kamen mehr Touristen als in die Ost-Berliner Republik, was damit zu tun hatte, dass jeder Transitreisende auf dem Weg nach oder von West-Berlin ein Visum beantragen musste.

    Es gab in der DDR keine Armut, keine Arbeitslosigkeit, keine Fremdenfeindlichkeit und keine Kriminalität. Dafür aber „Paradestrecken“ wie die Stalinallee, die von der Überlegenheit der Lebensbedingungen im real existierenden Sozialismus zeugten. Sogar die Wetterberichte wurden gefälscht, wenn es in der Natur zu heiß oder zu kalt wurde, um den Energieverbrauch der Haushalte zu drosseln. Wo ein Wille war, da war auch ein Weg.

    Die Bundesrepublik auf dem gleichen Weg wie die DDR

    „Das schaffen wir!“ galt den Arbeitsnormen, den Fünfjahresplänen und der Versorgung der Bevölkerung mit so kostbaren Konsumgütern wie Bananen, Bohnenkaffee und echter Schokolade. „Wir schaffen das!“ bezieht sich heute auf die Energiewende, den Verzicht auf fossile Energien, die Rettung der Regenwälder, die Produktion bzw. den Absatz von Elektroautos und die Absorption von Millionen von Flüchtlingen aus Afrika, Arabien und Asien, die uns helfen sollen, ein buntes, offenes und tolerantes Land zu werden oder zu bleiben.

    Derweil steht der öffentliche Nahverkehr „vor dem Kollaps“, weil kein Geld da ist, um die Strecken und die Fahrzeuge entsprechend zu warten. Es ist eben einfacher, Utopien zu planen, als ein paar marode Brücken im Ruhrgebiet zu erneuern.

    Es sieht danach aus, als wäre die Bundesrepublik nun auf dem gleichen Weg, auf dem die DDR in den Abgrund der Geschichte geschliddert ist. Die Politik der Kanzlerin ist die späte Rache der DDR an der BRD. Das mag ihr nicht bewusst sein, aber gerade das Unbewusste zeichnet sich durch besondere Nachhaltigkeit und Zuverlässigkeit aus.

    Das Rätselraten über Merkels Motive wird weitergehen

    Man kann das Verhältnis zwischen der ehemaligen DDR und der Bundesrepublik mit einer Familie vergleichen, in der die Kinder erst erwachsen werden müssen, um den Eltern all das heimzahlen zu können, was diese ihnen in der Kindheit angetan haben. 25 Jahre nach der „Wiedervereinigung“ sind die Ostdeutschen an diesem Punkt angekommen. Je länger das Ende der DDR zurückliegt, umso besser können sie sich an die Kränkungen erinnern, die sie nach dem 9. November erleiden mussten.

    Als Tausende von westdeutschen Glücksrittern in die DDR eingefallen sind, um den Ostdeutschen Versicherungspolicen, Ratenkaufverträge und Zeitschriftenabos aufzuschwatzen oder Immobilien zum Schnäppchenpreis abzugreifen. Für die DDR-Deutschen änderte sich schlagartig alles, die BRD-Deutschen machten weiter, so als wäre irgendwo in der Mongolei ein Gartenzaun umgefallen.

    Und nun droht ihnen das gleiche Ungemach wie einst den Brüdern und Schwestern im Osten. Die DDR ist durch Auswanderung implodiert, die BRD droht unter der Last der Einwanderung zu kollabieren. Damals wie heute war oder ist die Öffnung der Grenzen die Ursache der Kalamität. Das deutsche Schicksal scheint unter Wiederholungszwang zu leiden. Es sei denn, man sieht in der Duplizität der Ereignisse einen Akt der ausgleichenden Gerechtigkeit, herbeigeführt durch eine Kanzlerin aus dem Osten.

    So wird das Rätselraten über die Motive der Kanzlerin erst einmal weitergehen. Auch wenn sie inzwischen so wirkt, als würde sie selber daran zweifeln, ob „wir“ es schaffen.

    Jetzt würden wir noch gerne wissen, was aus der jungen Bäuerin geworden ist, die 1981 zu Ehren der SED „Das schaffen wir!“ verkündet hat.

    Zerbricht die Union an der Flüchtlingskrise?

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    1. Auch von einem Henryk M. Broder sollte man erwarten können, dass es in der Frage der Aufnahme von Flüchtlingen nicht um Angela Merkel oder das Auseinanderbrechen der CDU oder die stolpernde Nachfolgeregelung eines Egomanen wie Horst Seehofer geht, sondern um Menschen, die Schutz, Beistand, Freiheit, Sicherheit suchen. Insofern ist der Sarkasmus eines Broder – wie so oft – peinlich und völlig daneben. Wir erleben ein völlig absurde Debatte: Von ein paar wirklich gestressten Gemeinden und Regionen wie Passau einmal abgesehen – kein Bürger, keine Bürgerin erlebt derzeit eine irgendwie geartete Lebenseinschränkung. Jeder kann so viel einkaufen, soviel er will, reisen, wohin er will, und niemand hat einen Cent weniger in der Tasche, weil Flüchtlinge zu uns kommen. In den meisten Städten und Gemeinden Deutschlands wüssten die Bürgerinnen und Bürger gar nicht, dass sich Flüchtlinge in ihrer Ortschaft aufhalten, wenn nicht täglich darüber berichtet würde. Wir erleben in einer noch immer relativ normalen Wirklichkeit eine virtuelle Aufgeregtheit und Angst, die dabei ist, sich völlig zu verselbstständigen. Und so ganz nebenbei: Das Gegenteil von „Wir schaffen das“ ist nicht „wir schaffen das nicht“, sondern „Wir wollen das nicht“. Darüber lohnt sich der Streit. Christian Wolff

  13. Auch der letzte Kommentar, der von Prof. Dr. Axel Denecke, macht Mut. Ja – nehmen Sie sich das LKA (ein schönes Kürzel!) von der Kanzel vor, mit deutlichen Worten. Systeme schrecklichster Art konnten nur durch Duldung, Schweigen, Wegsehen existieren. Es macht sich zunehmend deutlich Unmut allerorten breit hinsichtlich auch des Wegsehens der Sächsischen Ev.-Luth. Kirche, davon ausgenommen einige Pfarrerinnen und Pfarrer, die Gott sei Dank ihren aufrechten Gang nicht aufgegeben haben; das macht mir Mut (s.a. Erklärung oben). Wohin nur ist der aufmerksame Geist des Herbstes 1989 entschwunden? Aber da waren es ja auch nur einige praktizierende Theologen, die „ein frei Geständnis in dieser unserer Zeit“ abgaben (Ziemer, Bretschneider, Wollenberger, Führer, Falcke etc.). Es ist wahrlich höchste Zeit: wenn Kirche jetzt nicht endlich von ihrem politischen Mandat (lt. Grundgesetz hat jeder Bürger diesen Landes ein politisches Mandat!) gebrauch macht, verliert sie noch viel mehr als nur die Kontenance! Jo.Flade

  14. Ich kann den Brief der „Leipziger Pfarrer“ nur unterstützen und werde am 9. November, wenn ich in St. Thomas zur Reichsprogromnacht predige, wenn nötig (eine parallele Legida-Demonstration scheint geplant zu sein) selbst noch einmal deutliche Worte (auch an die schweigende Landeskirche) zu finden versuchen. Das Problem ist nicht nur das Auftreten der „Radikalen“, sondern auch das Schweigen der „Normalbürger“ (auch in der Kirchenleitung), die einfach „auf die andere Straßenseite rüber gehen“, wenn es brennt.

  15. Es war ein bissiges Wort im Herbst 1989: „Wir haben die Kirchenleitung vor uns hergetrieben“ – mit Langzeitwirkung hoffentlich !

  16. Lieber Pfarrer Wolff!
    Vielen Dank für Ihre jüngste Wortmeldung gemeinsam mit weiteren Pfarrern des Kirchenbezirks Leipzig. Die „Kraft der Wiederholung“ ist manchmal in der Tat nicht zu unterschätzen. Andererseits sollte dem Landesbischof auch nicht aufgenötigt werden, in welcher Häufigkeit er seine klar artikulierten Überzeugungen wiederholt und bekräftigt.
    Bis sich der Landesbischof wieder zu Wort meldet, möge all denjenigen, die sich gerade jetzt den erneuten christlichen Zuspruch des Bischofs wünschen, die Einführungspredigt vom 29.8.2015 zu Markus 7, 31-37 gegenwärtig bleiben, in der er u.a. erklärte „Über die Frage, wie wir uns Flüchtlingen gegenüber zu verhalten haben, die an unsere Türen klopfen und Schutz und Hilfe suchen, kann es keine Debatte geben. Ich wünschte, mehr Menschen wären erfüllt vom Mitlied und der Barmherzigkeit, mit der Jesus auf die Not des Einzelnen blickt. Notleidenden Menschen mit Ablehnung und Hass zu begegnen, entspricht niemals dem Geiste Christi (…)“. Wir sollten diesen Worten durchaus auch eine Halbwertzeit zubilligen, die einer regelmäßigen, kurzfristigen Erneuerung nicht zwingend bedarf.

  17. Auch ich danke herzlich für die Aufforderung zu einer klaren Positionierung und schließe mich diesem Wunsch an. Ich bin überzeugt, dass ein klares Wort der Kirchenleitung – auf der Linie der Antrittspredigt des Landesbischofs – sich als hilfreich erweisen wird.

  18. Danke für Euer Engagement und die Forderung nach Wort und Tat! Mir geht es genauso: Ein offenes Wort des Landesbischofs/der Landeskirche fehlt – auch wenn der Bischof in der Frauenkirche klare Worte gesagt hat.

  19. Ich möchte Ihnen meinen Respekt und meine herzlichste Unterstützung für diese deutlichen Worte aussprechen und auch dafür danken, dass Sie sich trauen, das offensichtlich vorhandene Defizit Ihrer Kirche zu benennen und auch dazu in der Öffentlichkeit Stllung zu nehmen. Bravo!
    Michael Clobes

    1. In Freiburg sind wir glücklicherweise weit entfernt von solchen elenden Stimmungen und Taten gegen Flüchtlinge, obwohl auch wir hier eine völlig überfülle ERstsaufnahme- einrichtung haben.Wir hören nur immer wieder, was sich so alles im Land – und vermehrt in den neuen Bundesländern ereignet.Und es ist bestürzend, was Du lieber Christian, aus Chemnitz und aus Treuen berichtest. Es bestürzt, dass sich tagtäglich offene Gewalt gegen Flüchtlinge die Bahn bricht.Es bestürzt auch, dass die Landeskirche ihre Pfarrerinnen und Pfarrer im Stich lässt. Eine Erklärung von ihrer Seite ist nämlich längst überfällig. Ebenso, dass Flüchtlinge in vielen Heimen des Landes um ihr Leben fürchten müssen, das ist nicht hinnehmbar.
      Aber auf der persönlichen Ebene, weiss ich nicht, wie das alles weiter gehen soll, wie es unser Land verändert. Warum ist es nicht möglich Ordnung in das Aufnahmeverfahren zu bringen? Warum werden wir von den anderen Ländern Europas so im Stich gelassen? Wenn es so weiter geht, wird es in unserem Land einen Riss geben, das alles ist Wasser auf die Mühlen auf Pegida, AfD und Konsorten. Es ist keine Schwarzmalerei, dass sich unser Land zum Schlechten verändern wird. Daskönnen wir in keinem Fall wollen.Und so viel ich hier in Freiburg mit Gernot Erler(SPD) und dem Freiburger Sozialbrügermeister Neideck(SPD) sympathisiere,sie sind aufrechte , verantwortungsvolle Politiker,jedoch vom Geschwurble der SPD auf Bundesebene ist nicht viel zu erwarten. Wo steht sie eigentlich und was will sie in dieser Frage? Wie will sie dem Grundgesetz gerecht werden, aber auch die BürgerInnen vor Überforderung schützen. Wir verstehen uns recht, Integration leisten nicht diejenigen, die wir tagtäglich in den unseligen Talk- Shows hören. Integration leisten die ganz normalen und einfachen Menschen in Schulen , in Behörden im täglichen Leben usw. Wer sich ins ein gemütliches Häuschen zurückziehen kann, der muss auf dem Wohnungsmarkt nicht konkurrieren.Daher wir muten den ganz normalen Menschen schon eine Menge zu. Daher hat Politik ihnen gegenüber ein Verantwortung. Und ich denke: momentan ist alles Chaos und die Politik – ich sage das ganz allgemein- wird den Bürgern nicht gerecht.

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