Sie hat ein Buch geschrieben – Antje Hermenau, bis 2014 Landtags- und Bundestagsabgeordnete für Bündnis 90/Die Grünen, jetzt Geschäftsführerin der Freien Wähler in Sachsen. In den nächsten Tagen erscheint ihre Streitschrift „Ansichten aus der Mitte Europas. Wie Sachsen die Welt sehen“. Ob frau/man das Buch kaufen muss? Es bleibt jedem anheimgestellt. Allerdings lässt mich das Interview zum Buch, das am 06.03.2019 in der LVZ erschienen ist, daran zweifeln, ob 10 Euro gut angelegt sind (http://www.lvz.de/Region/Mitteldeutschland/Wer-offene-Grenzen-will-schafft-den-Sozialstaat-ab). Denn das Buch ist wahrscheinlich in genau dem Duktus geschrieben, wie das Interview von Hermenau geführt wird. Der geht ungefähr so:
- Wir Sachsen wissen, was für uns gut ist. Da lassen wir uns von niemandem reinreden – schon gar nicht von den „Beutesachsen mit westdeutscher Sozialisation“. Zack – eigentlich darf ich gar nicht weiterschreiben …
- Hermneau stellt zum gesellschaftlichen Zusammenleben fest: „Wir stehen als Gesellschaft an einem Scheideweg.“ Da wartet man natürlich auf einen Hinweis, welchen Weg wir denn wählen sollen. Hermenau verweist auf „Handwerksmeister, Menschen, die Unternehmen führen, Ärzte, Anwälte“ (damit ist ja Gesellschaft umfassend beschrieben!). Die haben Fragen und wenig Zeit – und die Politik antwortet ihnen nicht.
- Natürlich ist Hermenau nicht ausländerfeindlich. Sie war mit einem Amerikaner verheiratet und hat sich um Geflüchtete gekümmert. Aber „Loofen musses!“ ist ihr Credo. Dazu gehört für Hermenau, dass die Sachsen „zu einem Menschenschlag, einer Region, einem Dialekt, einer Religion, einer Kultur gehören“. Da fragt sich natürlich derjenige, der nicht in Sachsen geboren wurde, aber seit Jahrzehnten hier lebt: Gehört er nun zu diesem „Menschenschlag“ oder doch nicht? Darf er Sachsen seine Heimat nennen, oder ist das schon übergriffig? Und: Was ist eigentlich die Religion der Sachsen?
- Dann sind da noch die „offenen Grenzen“, die „den Sozialstaat zerbröseln lassen“. Von welchen Grenzen Hermenau spricht, ist nicht klar: „Denn mit offenen Grenzen ist ein Sozialstaat wie der deutsche, der weltweit mit am teuersten ist, nicht zu halten.“ Dass der Sozialstaat auch etwas mit Europa, also mit offenen Grenzen, zu tun hat, kommt bei Hermenau genauso wenig in Betracht wie die Tatsache, dass der Sozialstaat vor allem durch soziale Ungleichheit gefährdet ist.
- Die Migration ist für Hermenau tatsächlich „die Mutter aller Probleme“ (Horst Seehofer): Der Sozialstaat verkraftet Geflüchtete ebenso wenig wie eine Grundrente. Schließlich versteigt sich Hermenau zu der Aufrechnung: „100 Milliarden Euro Integrationskosten (gehen) mit drauf. Mit dem Geld hätten wir heute leistungsstarkes Internet bis zu jeder Milchkanne durch finanziert gehabt.“ Ja, auch daran sind die Geflüchteten schuld.
Was in dem Interview deutlich wird: Hermenau bedient alle Stereotypen, die einen AfD- oder Pegida-Sympathisanten in seinen Vorurteilen bestätigen – verpackt in flotte Sprüche, garniert mit sächs’schen Kalauern: Politiker sind ziemlich unfähig; Geflüchtete verbrauchen das Geld, das uns Deutschen zusteht; sie lassen sich nicht integrieren und: „Wir sind doch keine Nazis“. Kein Wunder, dass sich gerade Letzteres wie ein roter Faden durch das Interview zieht. Ob es daran liegt, dass die ja intelligente Antje Hermenau im Unterbewussten sehr wohl spürt, welche Funktion ihre Äußerungen haben? Jedenfalls ist auffällig, dass Hermenau kein Wort zu den Gefahren des Rechtsnationalismus, zu den Übergriffen auf Geflüchtete, zu den Erfolgen der Integrationsarbeit in Sachsen verliert. Dafür müssen dann „Handwerker“ herhalten, die Hermenau gesteckt haben, wie arbeitsfaul und integrationsunwillig Geflüchtete sind. Hinter dem, was sie angeblich Hermenau berichtet haben „nach einem Tag hat der erste Rücken, spätestens in der nächsten Woche dann der Zweite, und den Dritten können sie vielleicht ausbilden“, verbergen sich die gleichen Plattheiten, mit denen schon vor 40 Jahren über erwerbslose Deutsche hergezogen wurde. Aber selbstverständlich: Antje Hermenau ist nicht ausländerfeindlich und nicht rechts. Solche Leute nennt sie „Brüllaffen“ – und damit ist dann das Problem des Rechtsextremismus abgehandelt. Dafür wird die Messlatte hochgelegt: „wer auf Dauer hier leben will, muss sich hier anpassen und arbeiten – dann ist er willkommen“, ohne auch nur mit einem Wort zu erwähnen, dass inzwischen die Beschäftigungsquote bei Geflüchteten bei 30 Prozent liegt – Tendenz steigend, und dass Integration keine Einbahnstraße ist.
Bleibt zum Schluss noch die Merkwürdigkeit, dass unsere Gesellschaft nach Hermenau nur aus Facharbeitern, Selbstständigen, Handwerkern, Unternehmern, Ärzten und Anwälten besteht. Dass auch Schüler/innen, Studierende, Angestellte, Arbeitnehmer, Rentner, Nicht-Berufstätige, Migranten zu unserer Gesellschaft gehören, kommt bei ihr nicht vor. Offensichtlich schwebt Hermenau ein Sachsen vor, das sich vor Einwanderung jeder Art schützen will und ganz auf die genannten Berufsgruppen setzt, vorausgesetzt sie verfügen über sächsischen Stallgeruch. Mit ihrem Buch öffnet Hermenau kein Fenster und schon gar nicht lässt sie frische Luft rein, wie sie im Interview selbstbewusst behauptet. Vielmehr bleiben all ihre Gedanken im Mief eines verquast-selbstgenügsamen sächsischen Lokalpatriotismus hängen, um den Hermenau einen dicken Gartenzaun zieht. Irgendwie wird man das Gefühl nicht los, dass innerhalb dieses Geheges die Bachmanns, Maiers, Urbans und Hermenaus ganz gut miteinander auskommen. Gott sei Dank sind aber inzwischen immer mehr Bürgerinnen und Bürger Sachsens davon überzeugt: So geht sächsisch nicht.
Nachtrag: Inzwischen hat die Leipziger Volkszeitung (LVZ) drei Auszüge aus dem Hermenau-Buch abgedruckt. Leider habe ich keinen Grund, irgendetwas zu korrigieren – außer dass ich nun sicher bin, das Buch nicht zu kaufen. Es lohnt sich einfach nicht, für dieses hochnäsig-flapsige Geschreibe 10 Euro auszugeben. Wer in Sachsen leben Menschen kennen lernen und verstehen will, soll hierher kommen und mit den Menschen sprechen. Bleibt die Frage: Wer hat das Buch eigentlich subventioniert, dass es für 10 Euro auf den Markt kommt? Denn Hermenau wird nicht – wie durchaus üblich – ohne Honorar bleiben und einen Teil der Auflage selbst kaufen.
9 Antworten
Lieber Herr Wolff,
danke für Ihren Hinweis vom 6. März auf das Büchlein von Antje Hermenau „Ansichten aus der Mitte Europas. Wie Sachsen die Welt sehen“. Ihre Ausführungen machten mich neugierig, zumal ich mich bisweulen frage, wer Sachse ist und ob ich mich als einen solchen betrachten dürfte. Außerdem mußte ich das Büchlein lesen, weil mir Antje Hermenau als geistvoller und fundierter bekannt ist, als Ihr Beitrag (wohl ein Schnellschuß) dies suggeriert.
In den letzten Tagen las ich den Text – auch im Hinblick auf die bevorstehende Europawahl – erneut. machte mir Gedanken und gewann folgenden Eindruck: Sehr lesenswert, empfehlenswert, im Vorfeld der Europawahl und darüber hinaus wertvolle Denkanstöße, im Zusammenhang mit Veröffentlichungen von Frank Richter, „Gehört Sachsen noch zu Deutschland?“, und Petra Köpping, “ Integriert doch erst mal uns!“, ein nützlicher Gesprächsbeitrag.
Es ist erfreulich, dass das Büchlein von Antje Hermenau eine gute Resonanz findet und willkommener Gegenstand von Gesprächen ist. Nicht verstanden habe ich, dass Sie es ohne vorherige Lektüre kommentierten, bewerteten und abqualifizierten. „Politikberatung“, erst recht die eines Pfarrers, stelle ich mir etwas anders vor, erwarte eher Ermutigung zu Lektüre, Nachdenken und Gespräch. So bleiben die Ausführungen eher Mutmaßungen, gehen teilweise am Inhalt des Büchleins vorbei, enthalten kaum fundierte Argumente und zielen eher auf die Person der Autorin. Das erinnert an politische Auseinandersetzungen an Universitäten im Westen am Ende der 60er Jahre, bisweilen auch an Äußerungen von Populisten: nicht zuhören, abqualifizieren, Personen in Mißkredit bringen, „unwichtig“, „nicht lesenswert“. (Siehe Ihren Schlußsatz: So erzeugt man Mißtrauen und schürt Gerüchte. Antje Hermenau hatte in der Tat auf Honorar verzichtet, um den Kaufpreis niedrig zu halten. Ihr liegt am politischen Austausch. Das Büchlein ist ein Gesprächsangebot.)
Es ist beeindruckend und anregend, wie Antje Hermenau zum einen Geschichte, Entwicklung und Situation Sachsens in Deutschland und Europa kenntnisreich und durchdacht skizziert, sehr unterhaltsam und gut verstehbar die „Seele“ der Sachsen schildert, zum anderen in welch zunächst munterer Weise, dann aber zunehmend sachlich fundiert sie wesentliche Fragen unserer Zeit aufgreift und in die Zukunft hinein weiterdenkt. Das Büchlein ist geeignet, den Leser anzusprechen und nachdenklich zu machen – ein Gewinn für unseren weiteren Austausch, für Gespräche Interessierter, politische Bildung und auch für Unterricht in der Schule. Es ist hilfreich im Vorfeld der Europawahl, auch anläßlich 70 Jahre Europarat und 70 Jahre Grundgesetz.
Antje Hermenau legt ein klares Bekenntnis zum Grundgesetz ab, zu Demokratie, Rechtsstaat und Sozialstaat, zu den geistlichen Grundlagen unseres Landes und seiner Nachbarn, auch zum noch längst nicht abgeschlossenen Einigungsprozeß in Deutschland. Sie setzt sich ein für mehr Bürgerverantwortung, wenngleich dies noch weiterer Differenzierung bedarf. Das ist zu begrüßen, wertvoll und unterstützungswürdig. Ich sehe keinen Grund, das Büchlein madig zu machen – erst recht nicht ohne vorherige Lektüre.
Nach dem Büchlein bewegt mich die Frage. Bin ich Sachse? Verstehe ich die Sachsen (wer das auch immer sein mag, denn ich habe sehr unterschiedliche kennengelernt). Ich lebe erst 29 Jahre hier, identifiziere mich mit dem Land und seinen Menschen, arbeite vielfältig im und für das Land, bisweilen behindert von Sachsen ohne Weitblick, mein Vater stammt aus dem Leipziger Raum, zahlreiche Verwandte und langjährige Freunde von Großeltern und Vater leben hier. Mir lag nicht an „Nachbau West“ (wie Antje Hermenau leider immer wieder formuliert und damit diejenigen trifft, die sich engagiert um ein konstruktuves Miteinander bemühen), dachte und denke eher sächsisch. Offene Arme – bisweilen, Skepsis – oft, offenes Gespräch – zu wenig, Zuhören, Fragen, konstruktiver Austausch – zu wenig. Da wäre mehr möglich, von Seiten der Sachsen mehr nötig. Aber Westdeutsche haben das auch oft nicht leicht gemacht, Manche verfolgten sehr eigene Interessen.
Das Büchlein von Antje Hermenau (auch die von Frank Richter und Petra Köpping) kann helfen. Man sollte es zum Austausch nutzen.
Dank an die Evangelische Verlagsanstalt, die einmal mehr Mut besaß und das Büchlein herausgab (wie vor Jahren das Buch von Thomas Mazimpaka, „Ein Tutsi in Deutschland“, das 25 Jahre nach dem Genozid in Ruanda eine Neuauflage verdiente und seit März in englischer Sprache und erweitert vorliegt). Es ist lesenswert, anregend und eine gute Grundlage für weitergehende Gespräche – auch und gerade im Hinblick auf die Landtagswahl am 1. September.
Mit freundlichem Gruß!
Michael Feist
Lieber Herr Feist, schön, dass Sie Hermenaus Buch so positiv beurteilen. Ich kann es leider nicht – und möchte es eigentlich auch nicht auf eine Ebene stellen mit den beiden anderen, von Ihnen genannten Veröffentlichungen: Frank Richter und Petra Köpping. Denn da tut man den beiden Unrecht. Was mich allerdings überrascht, dass Sie offensichtlich überhaupt keine Bedenken haben im Blick auf das Staatsverständnis von Hermenau: Sachsen als GmbH, geleitet von einem Geschäftsführer. Was das mit Demokratie zu tun haben soll bleibt mir schleierhaft. Ebenso dürfte Ihnen ja nicht verborgen geblieben sein, wo Hermenau mit ihrem Buch auftritt: z.B. bei der neurechten Buchhändlerin Susanne Dagen, die mit einer Reihe aufwartet „70 Jahre DDR“ und einer Buchlesung, veranstaltet vom Antaios-Verlag. Dieser gehört Götz Kubitschek, einer der Chefideologen der Rechtsnationalisten. Das alles sind Dinge, die mich doch mehr als nachdenklich stimmen. Ebenso sollten die Ereignisse in Österreich nun auch dem letzten die Augen geöffnet haben, welche Folgen ein Schmusekurs mit Rechtsnationalisten hat. Denn Strache ist kein Einzelfall, sondern Teil eines Systems. Aber wahrscheinlich wird das Antje Hermenau auch wieder nur abtun: alles Brüllaffen. Also, mich bewegt an dem Buch von Antje Hermenau eigentlich nur eine Frage: Was ist in einen seriösen Verlag wie die EVA gefahren, ein solches Pamphlet zu verlegen? Ich bedauere das sehr, weil es andere Publikationen des Verlages abwertet. Beste Grüße Christian Wolff
Um den eingegangenen Kommentaren bzw. deren Einsendern zum Blog von Chr. Wolff ggf. eine weitere Möglichkeit der komplexen Betrachtung vor allem zur Bewertung dessen, was da A. Hermenau derzeitig meint, von sich geben zu müssen, verweise ich auf folgende Internetseite:
https://elbhangkurier.de/2019/02/videoaufzeichnung-vom-lingnerpodium-wenn-ein-riss-durch-die-gesellschaft-geht.
Im übervoll besetzten Lingner-Schloss zu Dresden am 25.02.19 konnte man u.a. dort im Podium A. Hermenau live erleben; auch ich war anwesend.am 25.02.19 (zu tiefsten DDR-Zeiten gab es hier den „Klub der Intelligenz“ und zum Weltkulturerbe-Streit / s.a. Waldschlösschenbrücke / arbeitete dann das Büro pro Weltkulturerbe !).
Einst im Dt. Bundestag für Bündnis 90/Die Grünen über Jahre parlamentarisch aktiv, steht die Politikberaterin jetzt zunehmend, und dies bereits länger, einer neuen Bewegung nicht nur als Geschäftsführerin, sondern als ambitionierte Wahlkämpferin konkret den sog. „Freien Wählern“ zur Seite. Das Wahlkampfteam trifft sich im inzwischen nicht unbekannten „BuchHaus Loschwitz“, wo u.a. auch Ellen Kositza als verlängerter Arm des Antaios-Verlages von Götz Kubitschek (auch Institut der Neuen rechten und Identitäre Bewegung) jene kampfansagende Literatur liest und kommentiert, die dem „Gesinnungskorridor“ der derzeit bestehenden Demokratie und allen Gegnern von Pegida und AfD den verbalen Kampf ansagt. Und zu diesen „Freien Wählern“, die sich anschicken zur kommenden Kommunalwahl in Dresden den Stadtrat zu verändern, gehört u.a. auch Herr Jahn, Begründer von Pegida, aufschlussreich übrigens zu erleben in einem nicht ganz umstrittenen Film „Montags in Dresden“ (Sabine Michel).
Diese noch nicht inthronisierten „Freien Wähler“ legten alle Energie darauf, der Dresdner Seenotrettungsinitiative „Life-Line Mission“ die Gemeinnützigkeit abzuerkennen.
Diese Initiative wird im April den Lew-Kopelew-Friedenspreis erhalten – mehr ist dazu nicht zu sagen!
Zurück zu A. Hermenau:
Sie beherrscht die Klaviatur der nur scheinbar lockeren Polemik, gewürzt mit ziemlich bunten, teils undurchsichtigen Erklärungen zur Welt- und Landespolitik und es ist erstaunlich, wie rasch derartige Kapriolen partiell bei einem Publikumsteil verfangen.
Man sehe sich einfach den Mitschnitt des Lingner-Podiums an und ziehe seine Schlüsse selbst.
Nicht nur ich, aber eben auch ich verließ den Abend mit Fassungslosigkeit und Kopfschütteln, gang abgesehen von den erfahrenen Elogen einer Frau Dagen, der A. Hermenau sekundierte versus dem Historiker HP Lühr und dem Kunstwissenschaftler Dr. P. Kaiser – aber das ist ein ganz anderes Blatt.
Mir ist nicht ganz klar, ob man solchen, eben gerade solchen Neu-Politikern das Feld überlassen sollte, gleich gar nicht solche Bühnen. Wie A. Schwerdtfeger oft reklamiert: die Realpolitik wird aufzeigen, wessen Geistes Kind solche sind, die sich mit höchst bedenklichen Ideologien ins Politgeschäft stürzen wollen, um „endlich mal aufzuräumen.“ Götz Kubitschek fordert den Riss durch die Gesellschaft und Pegida brüllt Merkel muss weg. Der Psychologe sagt dazu kanalisierte Aggression; ob man damit nötige Veränderungen bewirkt, gilt längst als abwegig und gefährlich. Wann endlich wird das begriffen ?? .Jo.Flade
Danke Herr Wolff,
Ihre Einordnung fordert regelrecht zum Erwerb des Buches auf. Frau Hermenau sowieso. Sie ist klug, umtriebig, redet mutig erfrischend Klartext, schert sich nicht um ideologische Spracheinzäunungen. Und sie moderiert über die tiefen Gräben hinweg. Ein großes Verdienst heutzutage.
Auf Ihrem blog, Herr Wolff, fiel mir öfters schon der ideelle Gartenzaun auf, der ein schmales Grundstück in linker Schräglage umgrenzt: arrogant polemisch selbstgefällig, an ausgleichendem Diskurs wenig interessiert. Bestätigungssuche in immer den gleichen Zuschreibungsmustern, was andere Meinungen angeht. Manches wirkt nur noch wie Satire.
So kommen wir gesellschaftlich nicht weiter.
Frau Hermenau beweist nachdrücklich, dass es anders geht. Das gibt Hoffnung.
Der „Dame“ Hermenau kann ich nur empfehlen Ihre Geographie- Kenntnisse zu erweitern. Sachsen liegt nur deshalb in der „Mitte Europas“, weil der „östereichische Abenteurer“ Deutschland in den Untergang geführt hat und nach 1945 Europa in 2 Blöcke gespalten wurde. Vorher sprach man/frau von Mitteldeutschland, und dies war entsprechend größer.
Ich hatte das „Glück“ das meine Eltern mit mir 1955 „emigriert“ sind, und sich mein Weltbild daurch, beinahe automatisch erweitert hat. Trotzdem hatte ich mir genügend Empathie für Land und Leute bewahrt, um zu erkennen das die „DDR Bewohner“ den Preis für den verlorenen Weltkrieg bezahlen „durften“.Das hinderte viele von Ihnen aber nicht daran, ein „verqueres“ Bild von der Bundesrepublik zu entwickeln und zu pflegen. Das dort „die gebratenen Tauben“ vom Himmel fiehlen war noch das harmloseste. Wenn ich bei Besuchen das eine oder andere „geraderücken“ wollte,bekam ich zu hören: Ihr wollt uns nur trösten. Ost und West hatten sich mit der Teilung „eingerichtet“ und konnten/wollten sich nicht Vorstellen das sich das zu Ihren Lebzeiten ändern könnte. Meine „Haltung“ zur Teilung war nicht viel anders, allerdings mit der „Einsicht: Deutschland wird eines fernen Tages wiedervereinigt werden, notfalls gegen den Willen der beiden Teile, wenn die Großmächte dies wollten. MIt der Ergänzung, das ich nicht erwarte dies zu erleben. Aber es kam Anders. Was sich daraus dauerhaft entwickeln wird ist nicht in Gänze absehbar. Die vermeintlichen „Sieger“ der Wende müssen noch den Beweiß „liefern“ das es ein gedeihliches Ergebnis zeitigt.
Lokalpatriotismus oder Lokalnationalismus?
Ein Phänomen breitet sich über Landesgrenzen zunehmend aus, was gesellschaftspsychologisch wohl sehr bekannt, aber in der öffentlichen Meinung wohlweislich falsch interpretiert und diskutiert wird. Joachim Maaz warnte bereits seit den 90ern mit seinen Büchern davor. Würde man sich mit den verlorenen Werten wie Solidarität, Respekt und Identität mehr auseinandersetzen könnte man dem gegensteuern, doch „gemeinnützige“ Think Tanks achten sehr genau auf den „gesellschaftlich richtigen“ öffentlichen Sprachgebrauch, sowie die damit verbundene Denkweise und die Diskreditierung der Kritiker.
Viele Grüße aus Bayern.
(Mia san mia)
Man darf solche Bücher nicht überbewerten – ihre Halbwertzeit ist unter 10 Minuten, sie dienen mehr der kurzfristigen Selbstdarstellung der sie Schreibenden als einem wirklichen Beitrag zur politischen Diskussion; wer liest heute schon noch die Produkte eines Norbert Blüm, Oskar Lafontaine, etc. Und wer wird morgen noch das Hermenau-Buch lesen? Liest man aber das Interview von Frau Hermenau, dann stellt man fest, so man einigermaßen objektiv ist, daß ihre Aussagen sehr vernünftig auch dann sind, wenn man anderer Meinung ist.
Sie, lieber Herr Wolff, sind nicht anderer Meinung, wie auch Ihre Reaktion auf den Beitrag von Frau Weidhas zeigt; Sie sind stattdessen wieder in Ihrer Ideologie gefangen, die jede andere Meinung wie folgt beschreibt: Sie (Hermenau) „…bedient alle Stereotypen“ und formuliert lauter „Plattheiten“. Basta – das ist die demokratische Diskussion. Das erspart einem dann die sachliche Auseinandersetzung mit ihren (Hermenaus) Argumenten und schafft den Raum für eigene Propaganda, eigene Stereotypen und eigene Plattheiten. Aber Meinungen – auch Ihre – sind eben Meinungen, nicht Plattheiten und das muß erstmal anerkennen, wer ernsthaft diskutieren will.
+ Es würde sich schon lohnen, über die Frage „offener Grenzen“ sachlich zu diskutieren, wozu Sie ja leider nicht fähig sind. Jeder, der was von der Sache versteht quer durch unser demokratisches politisches Spektrum, erkennt an, daß offene BINNENgrenzen der EU eine Kontrolle von Menschen und Waren an ihren AUSSENgrenzen zwingend zur Vorbedingung haben. Sie verwischen diese Realität und benutzen das Schlagwort „offene Grenzen“ zur allgemeinen Diffamierung von denjenigen, die sich zur Definiton des Wortes „Grenze“, also „Trennlinie“, „Trennung“ bekennen. Und Sie verwischen (oder negieren) einfach den Unterschied zwischen Binnen- und Außengrenze – und schwupps ist ein Problem weg, das nicht in Ihre Ideologie passt.
+ Die Tatsache, daß Frau Hermenau bestimmte soziale Gruppen zur Untermauerung ihrer Argumente hervorhebt als „Gesellschaftsbild, in dem – nicht zufällig – viele Gruppen gar nicht im Blick sind“ zu beschreiben, ist sehr typisch für Sie und zeigt Ihre schlimme Einseitigkeit. Daß ein solcher absurder Vorwurf Unsinn ist, zeigt ja Ihre eigene Vorgehensweise: Sie schließen ja auch ganze Gruppen aus, nämlich die, die der in der Demokratie legitimen Meinung sind, daß ihre Heimat erkennbar bleiben soll; die, die zu Recht fordern, daß ausländische Menschen bei uns zunächst mal verpflichtet sind, UNSERE Regeln und Sprache zu akzeptieren und nicht so sehr die ihre zu importieren und hier zu leben. Und dann „argumentieren“ Sie in Schlangenlinien um das Problem herum, daß ja für Sie „Heimat“ ein Pfui-Begriff ist, Sie aber doch nach 27 Jahren gerne in den sächsischen Heimatdebatten mitreden wollen. Immerhin geben Sie zu, daß „Identität“ wichtig sei, denn Sie freuen sich darüber, daß – ja was eigentlich? – Identität stiftet, die Sie aber lieber nicht definieren. Man wagt auch nicht sich vorzustellen, wie Sie das könnten – aber ich bin gespannt! Frau Weidhas jedenfalls hat Recht: Bürgerengagement fängt zuhause an!
+ Sie verweisen in jedem Ihrer Beiträge auf Europa, zitieren das GG, bekennen sich dazu, streiten dafür. Das ist ja sehr schön. Was Sie nicht zu begreifen scheinen ist, daß ein wie auch immer geeintes Europa – das ich jedenfalls will – vor allem auch Verzicht bedeutet. Dies drückt sich, von kaum jemandem bemerkt, in der Offensichtlichkeit des Souveränitätstransfers aus. Aber wenn Europa wirklich einiger werden sollte, dann müssen wohl alle in sehr konkreter Form von ihren eigenen Maximalvorstellungen abrücken. Beispiele (nicht vollständig): Unsere Nachbarn in Europa haben zT andere Vorstellungen von Menschenrechten, Immigration, Ökologie und Klimaschutz, Demokratieinterpretation, Eurostabilität, Sozialstandards, Verteidigung und Rüstungsexport, etc. – Vorstellungen, die Sie möglicherweise zu Recht kritisieren, die aber Ihretwegen nicht änderbar sein werden und wo also Kompromisse erforderlich sind für ein geeintes Europa. Wenn Sie wirklich Europa wollen, dann müßten Sie definieren können, wo Sie um der Einheit willen, zu Kompromissen fähig und bereit sind. Und da darf man wohl annehmen – Sie werden es uns ja nicht verraten, weil Sie immer ausweichen –, daß Ihre Ideologie Kompromisse jeder Art ausschließt.
Wer ständig „Nationalismus“ auf das strengste verurteilt, gleichzeitig aber bei seinen verschiedenen Dogmata keinerlei Abstriche zu machen bereit ist, der betreibt ein heuchlerisches Spiel unter der Maske des Moralisten. Also, lieber Herr Wolff,
– anerkennen, daß Außengrenzen zu schützen sind (das wollen die meisten EU-Länder, die solche Grenzen haben)?
– anerkennen, daß bezahlbarer Strom und erschwingliche Mobilität Grundrechte sind (das wollen die meisten Menschen in der EU)?
– anerkennen, daß nur ein starkes Bündnis in der Lage ist, seine politischen und rechtlichen Vorstellungen in der Welt zu propagieren (das sehen die meisten EU-Staaten auf politischer Ebene ein)? Und wenn das so ist: Anerkennen, daß gemeinsame Verteidigung auch gemeinsamen Rüstungsexport bedeutet (da wollen die meisten EU-Staaten was anderes als Deutschland)?
– anerkennen, daß in den meisten EU-Staaten ein gewisser Stolz auf die eigene Nation, Geschichte, Tradition, Kultur, auch Heimat vorhanden ist und eine politisch-soziale Rolle spielt?
– anerkennen, daß die meisten Menschen Respekt vor Leistungsträgern haben, die Steuern zahlen und die Dinge mit ihrer Phanstasie und ihrer Leistung und Initiative voranbringen und die man deshalb nicht dauernd polemisch und um des billigen Wahlerfolgs willen hinter die armen Sozialempfänger einreihen darf (deren Würde es dann auch noch verbieten soll, daß man ihre Bedürftigkeit nachprüft)?
Ich freue mich auf Ihre Kompromißangebote in Sachen Europa, fürchte aber eher, daß moralische Rigorosität nur ein deutsches Europa zulassen wird, ginge es nach Ihnen – deutsch in dem Sinne, daß wir die besten sind in Sachen Moral, Rechtsstaatlichkeit, Klima und Immigration. Aber ich bin lernbereit und -willig.
Ich hoffe, daß Ihre heutige Diskussion zum Thema „Religion und Politik“ fruchtbar war und wünsche ein frohes Wochenende.
Andreas Schwerdtfeger
Sehr geehrter Herr Schwerdtfeger,
man darf solche Kommentare wie den Ihrigen nicht überbewerten – ihre Halbwertszeit ist unter 10 Minuten. Trotzdem vielen Dank, dass Sie sich solche Mühe gemacht haben die moralischen Stammtischattitüden von Frau Hermenau zu verteidigen und uns die einzig wahrhaftige Moral zu erklären.
„die ja intelligente Antje Hermenau“
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Da passt wohl eher:
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„Vielmehr bleiben all ihre Gedanken im Mief eines verquast-selbstgenügsamen sächsischen Lokalpatriotismus hängen, um den Hermenau einen dicken Gartenzaun zieht.“