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Mindestlohn erfordert Mindestrente

Der Mindestlohn – gleich zweifach ist er wieder im Gespräch. Zum einen hat das Bundesarbeitsgericht in einem Grundsatzurteil festgelegt, dass der Mindestlohn auch für Bereitschaftsdienste gilt. Damit wurde ein weiteres Schlupfloch, sich des Mindestlohnes zu entziehen, geschlossen. Zum andern soll der Mindestlohn zum 1. Januar 2017 von 8,50 € auf 8,84 € erhöht werden. Das hat die paritätisch besetzte Kommission von Arbeitsgebern und Arbeitnehmern festgelegt. Beide Entscheidungen zeigen an: Der Mindestlohn ist gesellschaftlich anerkannt. Alle Schreckensszenarien, die insbesondere von den Handwerkskammern und anderen Wirtschaftsverbänden an die Wand gemalt wurden, sind nicht eingetreten. Im Gegenteil: Die Beschäftigungsquote hat seit Einführung des Mindestlohns zugenommen. Das bedeutet aber nicht, dass der Mindestlohn ein ausreichendes Einkommen im Niedriglohnsektor garantiert. Wer den Mindestlohn erhält, kann ab 2017 ein Monatseinkommen von 1.530,– € brutto erzielen. Damit liegt der Mindestlohn immer noch so niedrig, dass Arbeitnehmer/innen weiter auf staatliche Zusatzleistungen angewiesen sind. Im Klartext: Arbeitnehmer/innen, die den Mindestlohn erhalten – und das sind immerhin vier Millionen Menschen in Deutschland – können davon ihren Lebensalltag nicht allein bestreiten, obwohl sich durch den Mindestlohn ihre Einkommenssituation verbessert. Das zeigt, dass es sich beim Mindestlohn nicht etwa um eine der Arbeitsleistung angemessene Entlohnung handelt. Vielmehr ist damit eine Untergrenze gesetzt, die verhindern soll, dass Menschen schamlos ausgebeutet werden und die öffentliche Hand das Einkommen von Arbeitnehmer/innen in erheblichem Umfang subventionieren muss. Bezogen auf die jetzt beschlossene Erhöhung des Mindestlohns bedeutet dies: Diese ändert an der prekären Situation im Niedriglohnsektor nicht viel. Dennoch ist sie ein wichtiges Signal ebenso wie das o.g. Urteil: Der Mindestlohn ist politisch und ökonomisch nicht nur sinnvoll, sondern er steht nicht mehr zur Disposition. Allerdings signalisieren vier Millionen Arbeitnehmer/innen im Niedriglohnsektor, dass es in unserer Gesellschaft eine massive Gerechtigkeitslücke gibt. Denn eigentlich ist es ein unhaltbarer Zustand, dass Arbeitnehmer/innennicht von ihrem Lohn leben können. Während das durchschnittliche Bruttogehalt bei Arbeitnehmer/innen pro Jahr bei ca. 35.000,– € liegt, kann mit dem Mindestlohn ein Betrag von18.300,– €. Von daher gesehen sind Forderungen, den Mindestlohn auf 10 oder 12 € anzuheben, durchaus angemessen.

 

Grund zur Zufriedenheit mit der Höhe des Mindestlohns ist also nicht angebracht. Wohl aber besteht aller Grund, kritisch weiterzufragen: Wie sieht die Rente derer aus, die jetzt im Niedriglohnsektor beschäftigt sind? Kann ein Arbeitnehmer, der Mindestlohn erhält, von seiner Rente leben? Diese Frage muss verneint werden. Aber auch Arbeitnehmer/innen, die aufgrund ihrer körperlichen geistigen Beanspruchung und aufgrund von Schichtarbeit nicht in der Lage sind, bis zum 67. Lebensjahr zu malochen, drohen in der Sackgasse der Altersarmut zu landen. Darum muss dem Mindestlohn die Mindestrente folgen – oder wie die „Arbeiterwohlfahrt (AWO)“ es bezeichnet: eine „armutsfreie Rente“. Die Vorschläge dazu liegen seit Jahren auf dem Tisch. Die SPD hatte schon 2013 eine steuerfinanzierte Mindestrente von 850 Euro für diejenigen gefordert, die 30 Jahre lang Beiträge in die gesetzliche Rentenkasse eingezahlt haben. Ebenso soll die Solidarrente den Personen zustehen, deren Rentenanspruch aufgrund längerer Arbeitslosigkeit oder einem Niedriglohnjob unterhalb des Sozialhilfeniveaus liegt. Es wird also höchste Zeit, dass über die Rentensicherung für Arbeitnehmer/innen mit geringem Einkommen debattiert wird. Das umfasst sehr viel mehr, als eine Kritik an der „Rente mit 67“. Es muss dem Rechnung getragen werden, dass viele Berufstätige durchaus über das 65. Lebensjahr hinaus erwerbstätig sein wollen, aber dass es Beschäftigte gibt, die aufgrund ihrer Arbeitsbelastung nicht bis zum 60. Lebensjahr arbeiten können. Dort sind Möglichkeiten zu schaffen, die einen sozialabgesicherten, flexiblen Übergang in die Altersrente ermöglichen. Denn Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen nur geringe Rentenansprüche erzielen, sollen weiter voll am gesellschaftlichen Leben teilhaben können. Das setzt aber eine Mindestrente voraus. Die 2017 anstehende Bundestagswahl ist ein guter Anlass, dafür und für den weiteren Ausbau des Mindestlohnes zu werben und Mehrheiten zu gewinnen – abseits derer, die soziale Missstände nur deswegen anprangern, um Menschen für eine fremdenfeindliche und nationalistische Politik ködern zu können.

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