In den 22 Jahren meiner Tätigkeit als Pfarrer an der Thomaskirche habe ich wöchentlich Taufunterricht für Erwachsene erteilt. Dabei ist ein „Kleiner Katechismus“ in fünf Abschnitten entstanden – fünf Themenbereiche, die sich aus der jüdisch-christlichen Glaubenstradition ergeben und die sich in Gesprächen mit Menschen, die sich dem christlichen Glauben neu zuwenden, als kommunikationsfähig erwiesen haben:
- Der Glaube an den einen Gott – er relativiert alle weltlichen, politischen, ökonomischen Hierarchien, Machtstrukturen und Ideologien, beraubt sie ihrer beherrschenden Funktion und schenkt dem Menschen so Freiheit.
- Mit der Geburt wird jeder Mensch von Gott ins Leben gerufen und mit der Taufe zum Leben berufen. Durch diese Glaubensgewissheit erfährt jeder Mensch passiv und aktiv und unabhängig von seiner Herkunft und Beschaffenheit, seinem Glauben und seiner Leistungsfähigkeit seine Achtung und Würde.
- Alles Leben ist endlich. Entscheidend ist nicht die zeitliche Länge des Lebens. Entscheidend ist, dass wir die Zeit, die Gott uns schenkt, sinnvoll und verantwortlich gestalten – in der Hoffnung, dass uns die Fülle des Lebens nach dem Tod bevorsteht. Wir haben keinen Anspruch auf Leben wohl aber allen Grund zur Dankbarkeit für das Leben.
- Durch das Leben, Leiden und die Auferstehung Jesu erfahren wir, was Gott uns zukommen lässt und uns ermöglicht: Gerechtigkeit und Frieden, Gnade und Barmherzigkeit, die Ehrfurcht vor dem Leben.
- Obwohl wir Menschen trotz aller guten Vorsätze immer wieder an uns selbst scheitern und wissentlich das Falsche tun, begegnet uns Gott als der, der das Böse in Gutes umdenkt und uns durch die Zusage der Vergebung für das so erneuerte Leben wieder in den Dienst nimmt. In diesem Sinn ist Vergebung die Befreiung des Menschen aus der selbst verschuldeten Unmündigkeit.
Eine Antwort
Lieber Herr Wolff, während ich mich bisher in Ihrem Blog eigentlich nur geäußert habe, wenn ich mit Ihren – oft sehr zugespitzten – Äußerungen nicht ganz einverstanden war, so will ich Ihnen heute zu diesen 5 Abschnitten Ihres „Kleinen Katechismus“ ohne weiteren Kommentar nur voll und ganz zustimmen!
Zustimmen und gratulieren möchte ich auch zu Ihrem Interview im Leipziger Info-TV zur aktuellen Flüchtlingsfrage, das ich mir heute angehört habe. Besonders Ihr Hinweis auf die großen Chancen, die sich auch für uns und unsere Wirtschaft aus dem massenhaften Zuzug von Flüchtlingen ergeben, hat mir sehr gefallen, ebenso wir Ihr Hinweis auf die vielfach vereinsamten, isolierten Menschen – ganz überwiegend Männer ohne Familien- oder Lebens-Perspektive – , die bei den Pegida- und Legida-Umzügen mitgehen. Wenn ich da überhaupt etwas zu kritisieren habe, dann nur die Tatsache, dass Sie diese im Grunde bemitleidenswerten Menschen allzu vereinfacht als Nazis oder Faschisten in die rechtsextreme Ecke stellen. Aus Ihrem Interview habe ich aber nun verstanden, dass Sie versuchen wollen, diesen Menschen persönlich und durch die Kirche mit liebevoller Aufklärung, aber – wie bei der Kindererziehung – ohne Zugeständnisse bei unseren ethischen christlichen Maßstäben zu helfen. Ich hoffe, dass Sie künftig auch bei den mehr praktischen Fragen, z. B. wie man bei den Flüchtlingen wirkungsvoll die Spreu vom Weizen trennt, ein so abgewogenes Urteil wie im Interview beibehalten und nicht wieder demokratisch gewählte konservative Politiker wie Seehofer und Orban gemeinsam als Nazis oder Faschisten bezeichnen!
In diesem Sinne herzliche Grüße Ihr Hans v. Heydebreck