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„Aufbruch zur Demokratie“ oder: den 9. Oktober feiern – aber wie?

Ein Gutes hat der Austritt von Uwe Schwabe aus der „Initiativgruppe Tag der Friedlichen Revolution – Leipzig 9. Oktober 1989“ (http://www.lvz.de/Leipzig/Lokales/Leipziger-Buergerrechtler-Lichtfest-wird-immer-schlechter-und-belangloser): Es muss jetzt offen darüber debattiert werden, wie der 9. Oktober in Zukunft ausgerichtet werden soll. Das ist überfällig und kann nicht auf die bisherigen Akteure beschränkt bleiben. Denn bald 30 Jahre nach der Friedlichen Revolution wird der Anteil derer, die diesen Tag aus biografischen und Wohngründen nicht miterlebt haben, immer größer – und gleichzeitig wird die Anzahl der Zeitzeug/innen geringer. Die Bedeutung des Tages darf darunter aber nicht leiden. Denn es ist wichtig, dass die Friedliche Revolution, die Überwindung des diktatorischen SED-Staates,  im kollektiven Bewusstsein der Stadtgesellschaft verankert bleibt und immer wieder wird.

Offensichtlich stehen sich derzeit zwei Gruppen gegenüber:

  • auf der einen Seite diejenigen, die einen wesentlichen Beitrag zum Ende des Systems von Diktatur und Bevormundung geleistet haben. Zu dieser Gruppe gehört auch Uwe Schwabe. Die Gruppe ist aber alles andere als homogen. Immer wieder wird um den jeweiligen Anteil am Erfolg des 9. Oktobers 1989 gestritten – aber auch darüber, welche politischen Einstellungen sich bei den Bürgerrechtler/innen in den vergangenen drei Jahrzehnten entwickelt haben und für welche politischen Ziele sie heute streiten.
  • Auf der anderen Seite steht die „Leipzig Tourismus und Marketing GmbH“, kurz: LTM. Sie verfügt über kein politisches Programm. Sie wird ein solches auch nicht für den Tag der Friedlichen Revolution entwickeln können und wollen. Allerdings muss sich LTM darüber im Klaren sein, dass der 9. Oktober 1989, dass die Friedliche Revolution ein hochpolitisches Ereignis war, und dass darum das Gedenken eine politische Ausrichtung haben muss. Dass darüber hinaus historische Ereignisse popularisiert, auch mit Symbolen versehen und im besten Sinn vermarktet werden müssen, steht für mich dazu nicht im Widerspruch.

Ein kritisches Aufarbeiten des Gedenkens der vergangenen Jahre im Blick auf das Jahr 2019 ist angemessen. Dabei steht für mich außer Frage, dass die Idee des Lichtfestes gut, ertragreich und ausbaufähig ist. Sie darf aber nicht weiter entpolitisiert werden. Genauso wie 1989 Kerzen und Gebete eine politische Revolution zur Folge hatten, genauso sollten die Symbole und die Popularisierung des heutigen Gedenkens dem Aufbruch zur und der Festigung der Demokratie dienen. In den ersten Jahren nach 1989 stand der 9. Oktober unter dem Motto „Aufbruch zur Demokratie“. Ende der 90er Jahre wurde das aufgegeben. Jetzt findet sich das Motto nur noch auf der Homepage der Initiativgruppe, nicht aber in der öffentlichen Kommunikation des 9. Oktober wieder. Das ist ein Manko. Denn der 9. Oktober ist vor allem ein Festtag der Demokratie mit europäischer Perspektive, des friedlichen Kampfes um die demokratischen Grundrechte wie freie und geheime Wahlen, Meinungs- und Glaubensfreiheit, Vielfalt der Lebensentwürfe, Gewaltlosigkeit. Dass um diese Werte heute weiter gestritten werden muss, damit sie nicht im Nebel des Selbstverständlichen verkümmern, sollte vor allem am 9. Oktober sichtbar werden. Es kann nicht nur um die Ereignisse um den und am 9. Oktober 1989 gehen. Unsere gegenwärtige gesellschaftliche Situation in einem geeinten Europa muss genauso bedacht und debattiert werden. Die „Stiftung Friedliche Revolution“ zeigt durch ihre Arbeit, wie das gestaltet werden kann.

Dennoch stehen wir aber vor einem doppelten Problem:

  1. Ist der Stadtmarketinggesellschaft LTM bewusst, dass es sich beim 9. Oktober um einen politischen Feiertag handelt? Hier soll nicht irgendein „wertfreies“ Event vermarktet werden. Vielmehr gilt es, mit dem Lichtfest am 9. Oktober einen wesentlichen Beitrag für die demokratische Entwicklung der Stadtgesellschaft zu leisten.
  2. Ist den Akteuren von 1989 bewusst, dass der „Aufbruch zur Demokratie“ heute genauso notwendig ist wie vor bald 30 Jahren? Wir feiern am 9. Oktober nicht nur das Gelingen der Friedlichen Revolution und bedenken die Gefahren von Diktaturen. Wir haben heute die Demokratie zu beleben und sie zu verteidigen gegen diejenigen, die Europa gegen angebliche nationale Interessen auszuspielen versuchen, Menschen ausgrenzen und „das Volk“ mit purem asozialen Egoismus verwechseln. In den vergangenen Jahren habe ich meine Zweifel bekommen, ob das bei denen, die für sich das ’89er Erbe reklamieren, noch so auf dem Schirm ist. Denn gerade in Sachen Pegida/Legida und dem katastrophalen Zustand der politischen und Demokratie-Bildung war außer ein paar wohlfeilen Äußerungen vom Straßenrand wenig zu hören von denen, die sich Bürgerrechtler oder Bürgerbewegung nennen. Stattdessen geht gerade in der „Runden Ecke“ eine Art Mumifizierung der Bürgerrechtsbewegung vor sich. Das zeigen die unsägliche Auseinandersetzung mit dem Schulmuseum, aber auch die Äußerungen aus der „Runden Ecke“ zur guten Idee, auf dem Gelände des alten Matthäi-Kirchhofs, auf dem jetzt noch das ehemalige Stasi-Gebäude steht, ein Demokratie-Zentrum zu errichten.

Was jetzt also nottut: Dass inhaltlich unter dem Motto „Aufbruch zur Demokratie“ ein Konzept für den 9. Oktober weiterentwickelt wird, das aller Beliebigkeit widersteht und einen Beitrag leistet zum streitigen demokratischen Diskurs und zur Erinnerungskultur. Dabei werden das Friedensgebet in der Nikolaikirche sowie die „Rede zur Demokratie“ konstitutive Elemente sein. Die Konzeptentwicklung kann aber nicht einer Marketinggesellschaft wie LTM überlassen bleiben. Sie kann da sehr hilfreich wirken (und war es durchaus), wenn es um die praktische Umsetzung eines zuvor inhaltlich entwickelten Gedenkens geht. Es muss aber vor allem dem Rechnung getragen werden, dass sich die Stadtgesellschaft sehr verändert hat und dass es heute Gott sei Dank viele Initiativen und Gruppen gibt, die sich um eine freiheitliche, demokratische, weltoffene Entwicklung unserer Stadt kümmern – ohne nachweisen zu können, dass sie am 9. Oktober 1989 dabei waren. Sie sollten unbedingt mit einbezogen werden. Nostalgie ist ebenso kurzsichtig wie ein inhaltsleeres Marketing. Was wir also brauchen: einen 9. Oktober, von dem hell leuchtende Signale für eine demokratische, multireligiöse und multikulturelle, den Menschen zugewandte Stadtgesellschaft ausgehen.

10 Antworten

  1. Lieber Christian Wolff, in Ihrem Beitrag, angestoßen durch Uwe Schwabe, fehlt mir ein anerkennendes Wort zu dem, was Tobias Holitzer und U. Schwabe in der Initiativgruppe 9. Oktober 89 geleistet haben, und zwar dem Inhalt nach. Mir fiel in den vergangenen Jahren z. B. auf, dass gerade U. Schwabe sich für die Öffnung des Lichtfestes am 9. Oktober hin zu den anderen mittelosteuropäischen Ländern eingesetzt hat. Denn die Revolutionen damals sind im Verbund insbesondere mit Polen, Tschechen, Slowaken und Ungarn zu verstehen. Das Echo auf diese Schwerpunkte beim Lichtfest war sehr positiv. Ich frage mich übrigens auch, ob der Focus auf Demokratie im Blick auf diese Tagesfeier alleinig passt. Verschiedene Leitbegriffe sind auch weiterhin denkbar, z. B. der der Revolution. Warum im Sinne der Stärkung des europäischen Gedankens nicht auch einmal die Revolutionen in Portugal, Spanien und Griechenland bedenken? Warum nicht Persönlichkeiten der Gewaltfreiheit wie Ghandi, King, Havel in den Mittelpunkt stellen? Ich vertraue darauf, dass die zeitnahe Erinnerung Botschaften für die Gegenwart stiftet, die Populisten etwa von der AfD nicht via Tagesmeldung, sondern aus dem reichen Schatz pluraler, an den Menschenrechten orientierter Aktivitäten entgegentreten. Insofern ist auch Ihre Kritik am Museum der Runden Ecke zwar ein Aufwecker, aber doch nicht ganz treffsicher. Denn es ist erstaunlich, wie viele Leute sich mit Originalen der Stasiverfolgung dort beschäftigen und dabei politisch aufgeklärt werden. Im Grunde ringen zwei Aufarbeitungswege miteinander. Zum einen, die Auffassung, dass in der Aufklärung über die Diktatur genügend Impulse für eine demokratische Auffassung gegeben werden. Und zum anderen der Weg, dass mit der Aufarbeitung zugleich konkrete Impulse für ein Handeln zugunsten etwa von Verfolgten heute einhergehen sollte. Ich vertrete die zweite Auffassung, habe aber Respekt vor der anderen und sehe auch die Erfolge, z. B. in der Gedenkstättenarbeit. Beide Auffassungen werden auch vermischt vertreten, da wird es im Einzelnen interessant. Vor diesem Hindergrund verstehe ich auch Ihre Nachdenklichkeit bezüglich der Frage, was es nun mit den 89ern auf sich hat, was die Rede von Bürgerbewegung und Bürgerrechtlerinnen soll. Mich durchzuckt es manchmal, wenn von den Ehemaligen die Rede ist. Wahrscheinlich kann ich hier 0 Neues sagen. Inhaltlich decken die 89er in der Regel die Positionen von SPD, CDU und Bündnis 90/ Die Grünen ab. Und selbst wenn sie Parteimitglieder sind wollen sie die jeweiligen Positionen nicht resolut, bis ins letzte vertreten. Manchmal mag das dann ein weniger sein, manchmal auch ein mehr. Dieses sich nicht Einordnen-Wollen bedeutet gelegentlich, dass ein ungewöhnliches kreatives Potential aufgegriffen, aufgerufen wird. Z. B. Martin Böttger aus Zwickau, so ein 89er und Vorsitzender des Martin-Luther-King-Zentrums in Werdau. Montag um Montag ging er zu Pegida-Hochzeiten mit jeweils wechselnden Plakaten in Zwickau auf die Straße, allein. Allein heißt, eine Anmeldung zu einer Versammlung war nicht notwendig. Nun ist er stadtbekannt dort und setzte zugleich für viele ein Zeichen, ganz viele Gespräche wurden auf seine Initiative gestartet. Die Anfeindungen von Populisten oder Rechtsextremen hat er ertragen. Seine Erfolge sind ähnlich in Ihrer Wirkung wie wir das aus Leipzig kennen. Es bleibt also unscharf, was mit den 89ern ist und das ist ganz gut so, aber nicht immer. Es ist wohl auch diese Unschärfe, die die Stadt Leipzig veranlasst die Leipziger 89er nicht auf das Podium des Lichtfestes zu holen. Die LTM (Stadtmarketing) handelt alles andere als unpolitisch in der Durchführung des Lichtfestes und hat insgesamt und im Konkreten auch immer wieder Tolles auf die Beine gestellt. Ich vermute, dass dies nicht von Dauer sein wird, denn je länger das Geschehen des 9. 10. 89 zurückliegt um so interessanter wird es werden, die Montagsdemonstranten, die dann auch weiter aktiv geblieben sind, ins Bild zu setzen. Dann endlich kann Nikolaus Legutke seine kraftvollen Gedanken und auch sein sehr emotionales Bild, als er an jenem Tag aus der Thomaskirche trat, darstellen. Vielleicht mögen Sie einmal den einen oder anderen in der Stadt darauf hinweisen, welche Frauen und Männer neben Nationaltrainern etc. vor 20.000 Leuten auf dem Augustusplatz reden sollten. Ich nehme mir das dank Ihres spitzen Beitrages vor. Und natürlich dies auch: um den Beitrag der jungen Leute und ihre Verantwortung für das Lichtfest der Zukunft zu fassen, wäre eine öffentliche Veranstaltung genau dazu angebracht. Da braucht es dann mal gar kein Podium, denn alle haben was zu sagen.
    Herzliche Grüße
    Stephan Bickhardt

    1. Vielen Dank, Stephan Bickhardt, genau um diese Abwägungen und Diskussionen geht es. Vor allem finde ich die Idee gut, zu europäischen Revolutionen und zu Persönlichkeiten, die den gewaltlosen Widerstand entwickelt haben, Verbindungen zu ziehen. Stoff genug, um den 9. Oktober zu vergegenwärtigen und politisch zu profilieren. Christian Wolff

  2. „Wiederholung macht eine fatale Grundannahme nicht richtiger“ – schrieben Sie mir neulich, lieber Herr Wolff, und nun sehen Sie, wie richtig das war. Denn Ihre ewigen Wiederholungen einer sehr engen Ansicht eines „Selbstverliebten“, der schnell und ohne Prüfung „loskeift“ und keinerlei andere Meinung zuläßt, wie Ihre nun schon gar in Deutschunterricht zurückfallenden Beiträge zeigen, nützen eben dem „streitigen demokratischen Diskurs“ nicht wirklich. Es fehlen – wie immer – Ihre Antworten in der Sache!
    Ich grüße Sie,
    Andreas Schwerdtfeger

  3. Herr Wolff, wie kommen Sie auf die Idee, dass „dass der ‚Aufbruch zur Demokratie‘ heute genauso notwendig ist wie vor bald 30 Jahren“? Glauben Sie wirklich, wir würden aktuell in einer kommunsitischen Diktatur leben, gegen die wir uns wie 1989 mit einem „Aufbruch zur Demokratie“ zur Wehr setzen müssten? Auch wenn sie es mumifiziert finden, vielleicht kommen Sie doch mal in die „Runde Ecke“ und schauen sich in der Ausstellung an, wie die Staatssicherheit über mehr als 40 Jahre im Auftrag der marxistisch-leninistischen Partei SED die eigene Bevölkerung überwacht und unterdrückt hat. Sicher würden Ihnen dabei eine ganze Reihe sehr grundsätzlicher Unterschiede zwischen der damaligen Diktatur und dem heutigen demokratischen Rechtsstaat auffallen. In der Friedlichen Revolution von 1989 lehnten sich Menschen gewaltfrei und empathisch gegen eine waffenstarrende menschenverachtende kommunistische Diktatur auf und schufen auch in Ostdeutschland die Grundlagen für den demokratischen Rechtsstaat um dessen Pflege es heute geht.

    Und so geht es am 9. Oktober in Leipzig um leuchtende Signale für den Wert von Freiheit in Verantwortung, den demokratischen Rechtsstaat und die Bürgerrechte. Denn dafür wurde am 9. Oktober 1989 gestritten. Ihre Forderungen nach einer „multikulturellen und multireligiösen Stadtgesellschaft“ stand – so wichtig diese heute auch sein mag – 1989/90 nicht auf der Tagesordnung. Dafür müssten Sie andere historische Anknüpfungspunkte suchen.

    Man kann die Friedliche Revolution von 1989/90 nicht für alles nutzen, was aus heutiger aktuell-politischer Sicht wichtig scheint. Gerade wegen dieser Versuche einer ständigen ahistorischen Instrumentalisierung der Friedlichen Revolution (egal mit welchen Intensionen und aus welchem politischen Lager) müssen wir als erstes erforschen, beschreiben und darstellen, was 1989/90 passiert ist, um davon ausgehend zu sehen, welche Botschaften wir für die Gestaltung unserer aktuellen heutigen Gesellschaft daraus vermitteln können. Und das alles hat nichts aber auch gar nichts mit einer „Mumifizierung der Bürgerbewegung“ zu tun. In den aktuellen politischen und gesellschaftlichen Auseinandersetzungen in Leipzig wäre schon viel gewonnen, wenn alle Akteure akzeptieren würden, dass die 1989 auch auf dem Leipziger Ring errungene Meinungsfreiheit und das Demonstrationsrecht, aber auch das Recht auf Freie Wahlen für alle gilt. Und auch den 1989er Ruf „Keine Gewalt“ haben viele, die heute vorgeben für Demokratie zu kämpfen, bei der Durchsetzung ihrer politischen Ziele völlig aus dem Auge verloren.

    Es heißt übrigens in der Hauptsatzung der Stadt Leipzig in § 2a ganz klar und deutlich: „Der 9. Oktober wird zum städtischen, nicht arbeitsfreien Gedenktag zur Erinnerung an die Friedliche Revolution 1989 bestimmt.“

    Es gibt also wirklich viel zu tun, um den 9. Oktober wieder zu einem Fest der Freiheit, der Bürgerrechte und des demokratischen Rechtsstaates zu machen, das deutlich macht, welch hohen Wert diese Errungenschaften von 1989 bis heute und für unsere Zukunft haben. Alle aktuellen Bezüge müssen immer im 9. Oktober 1989, dem Symboldatum der Friedlichen Revolution, verankert und von dort hergeleitet sein. Einfach nur allgemein den Begriff Demokratie darüberzustülpen reicht nicht.

    Warum Sie die „Runde Ecke“ als einen Ort diffamieren, der sich den aktuellen Fragen nicht stellen würde, ist mir unverständlich, waren Sie doch selbst während des Kirchentages in unserer Gesprächsreihe „Aktuell und Kontrovers – Debatten in der ‚Runden Ecke'“ auf dem Podium zur Frage „Freier Meinungsaustausch – auch mit dem politischen Gegner?“. Und wie Uwe Schwabe schon schrieb, haben sich Leipziger Bürgerrechtler im Januar 2016 sehr deutlich zu Legida sowie den links- und rechtsradikalen Ausschreitungen in unserer Stadt zu Wort gemeldet und dabei auch deutlich kritisch Stellung bezogen – um auch gleich auf Ihre süffisante Nachfrage an Uwe Schwabe zum Unterschied zwischen „zu“ und „gegen“ zu reagieren.

    Und für die Idee auf dem Areal der früheren Leipziger Stasi-Zentrale ein „Forum für Freiheit und Bürgerrechte“ zu entwickeln, haben das Archiv Bürgerbewegung und die Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ das zugrundeliegende Konzeptpapier entscheidend mitentwickelt. Informieren Sie sich ruhig in dem Originalpapier: https://ratsinfo.leipzig.de/bi/___tmp/tmp/45081036337265462/337265462/01283742/42-Anlagen/03/Positionspapier_Geschichtscampus_2017_03_14.pdf. Weitergehende „Äußerungen aus der ‚Runden Ecke'“ zu diesem Thema betrafen ausschließlich die Fragen des Abrisses des ehemaligen Stasi-Neubaus bzw. die Möglichkeiten einer kompletten oder teilweisen Einbeziehung in das geplante „Forum für Freiheit und Bürgerechte“.

    Also Herr Wolf, bitte künftig nicht einfach nur in der Ihnen eigenen Art loskeifen, sondern sich erst informieren und abwägen und dann auch differenzierte Beiträge veröffentlichen.

    1. Ein paar Anmerkungen:
      – Versuch einer Antwort auf die erste Frage: Die Demokratieakzeptanz ist mehr als unterentwickelt. Gerade Sachsen steht vor einem Scherbenhaufen mangelnder politischer und Demokratiebildung. Entsprechende Umfrageergebnisse sprechen Bände und zeigen auf, wie notwendig ein umfassender demokratischer Aufbau ist. Wer einen solchen Hinweis damit abtun will, die Situation von 1989 und 2018 sei unvergleichbar (was ja völlig unstrittig ist), der argumentiert „ahistorisch“. Denn der Vergleichspunkt sind ja nicht die gesellschaftlichen Bedingungen, sondern der Aufbruch zur Demokratie, also die Menschen, die sich von Diktatur und Bevormundung befreit und demokratische Beteiligungsrechte eingeklagt haben.
      – Es geht nicht darum, die Friedliche Revolution „für alles zu nutzen“ oder zu instrumentalisieren. Es geht darum, ein entscheidendes historisches Ereignis und die Rahmenbedingungen, die zu diesem führten, in die Gegenwart zu tragen und zu fragen, welche vor allem politischen Konsequenzen das heute hat.
      – Merkwürdig: Wer den demokratischen Aufbruch im Zusammenhang mit der Friedlichen Revolution heute thematisieren will, der „stülpt allgemein den Begriff Demokratie drüber“? Solche Äußerungen sind es, die mich mehr als nachdenklich stimmen.
      – Was heißt eigentlich „ständige ahistorische Instrumentalisierung“? Verstehe ich das richtig, dass die Friedliche Revolution nichts mit dem heute so wichtigen multikulturellen und multireligiösen Zusammenleben zu tun haben soll? Ich dachte bis jetzt, am 9. Oktober 1989 ging es entscheidend auch um Pluralität, Vielfalt der Denk- und Glaubensweisen, Um Abschied vom zur „Staatsreligion“ ausgerufenen Kommunismus und schließlich um ein Plädoyer „Für ein freies Land mit offenen Grenzen“.
      – Ja, ich habe etliche Erlebnisse in und vor der Runden Ecke, die mich mehr als nachdenklich gestimmt haben. Dazu gehört auch die Diskussionsveranstaltung, die ich mit der Frage verlassen habe: Ist das das Ergebnis der Friedlichen Revolution, dass wir die Rechtsradikalen von Pegida und AfD als Erben der Friedlichen Revolution adeln sollen?
      Nicht nur die Debatte um die Gestaltung des 9. Oktober ist überfällig, auch die um die politischen Konsequenzen der Friedlichen Revolution heute. Christian Wolff

  4. Lieber Herr Wolff, wenn jemand sich laut und massiv zu Pegida und den Links- und Rechtsradikalen Ausschreitunen zu Wort gemeldet hat, dann waren es die Leipziger Bürgerrechtler. Aber das ist wahrscheinlich in Ihrer grenzenlosen Selbstverliebtheit an Ihnen vorbei gegangen. Mit besten Grüßen Uwe Schwabe

  5. Ich bin einer, der am 9.Oktober erst in der Thomaskirche und dann mit vielen vielen anderen auf dem Augustusplatz und dann auf dem Ring die Forderung nach Demokratie in die Stadt in unser Land getragen haben. Und leider müssen wir diese unsere damalige Forderung wiederum lautstark artikulieren. Durch Angst- und Panikmache versuchen die Vertreter der AfD, der Pegida, der Legida die Gesellschaft zu spalten, die Demokratie zu schwächen. Wenn der 9. Oktober begangen werden soll, dann unter den Stichworten Demokratie, Solidarität und Brüderlichkleit – gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit – für Frieden und Gerechtigkeit. Ansonsten wird es eines der zahllosen unsinnigen Events, die uns täglich angeboten werden. Deshalb danke ich Dir, Christian, für Deine eindeutigen Aussagen.

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