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Nachruf für Rolf Rendtorff (1925-2014)

Am 16. Juli 2014 habe ich im Augustinum Heidelberg einen Vortrag über das Wirken von Rolf Rendtorff als Rektor der Universität Heidelberg und SPD-Politiker in den 70er Jahren gehalten: „Für Radikale zu liberal – für Konservative zu links“ (Der ganze Vortrag steht unter „Veröffentlichungen“ als download zur Verfügung). Die Rhein-Neckar-Zeitung berichtete darüber: http://www.rnz.de/heidelberg/00_20140721060000_110720334-Rolf-Rendtorff-Den-einen-zu-liberal-den-andere.html#ad-image-1

Von Arndt Krödel

Der Name Rolf Rendtorff ist eng mit einer der bewegtesten Zeiten der Heidelberger Universität verknüpft. Im Februar 1970, als die Studentenbewegung brodelte und die Stadt zu den „wilden 70ern“ aufbrach – aktuell dokumentiert in der Ausstellung im Kurpfälzischen Museum -, wurde der Professor für Alttestamentliche Theologie zum Rektor der Ruperto Carola gewählt. Die konservative Professorenschaft war schockiert: ein linksliberaler „Sozi“ an der Spitze der traditionsreichen Alma Mater, deren Studenten gerade gegen elitäre Strukturen und für Mitbestimmung kämpften. Auch Rendtorff musste kämpfen, zwischen den Fronten, wie sich bald zeigen sollte: als Reformer unverstanden und heftigen Angriffen von zwei Seiten ausgesetzt. Am Ende stand ein bitterer Rücktritt.

Seit 2006 lebte Rendtorff im Augustinum auf dem Emmertsgrund. Auch hier erlebte er noch gelegentlich unschöne Kommentare von Mitbewohnern zu seiner Rolle als Rektor der Universität – mehr als 30 Jahre danach. Am 1. April verstarb er im Alter von 88 Jahren. Dass das Augustinum nun zu einer Gedenkveranstaltung für Rolf Rendtorff einlud, ist einer Idee von Stiftsseelsorger Gerhard Vicktor zu verdanken. Im Theatersaal, der mit mehr als 80 Zuhörern beachtlich besetzt war, hielt der Theologe Christian Wolff einen Nachruf, dem er den bezeichnenden Titel „Für Radikale zu liberal – für Konservative zu links“ gab.

Wolff, der 22 Jahre Pfarrer an der Thomaskirche in Leipzig war und nun im Ruhestand ist, hat auch eine Heidelberger Vergangenheit: An der Universität war er als Vertreter des linksliberalen „Hochschulpolitischen Kollektivs“ (Hopoko) seit 1970 studentisches Mitglied im Großen und Kleinen Senat. Die politisch an dem Soziologen Jürgen Habermas orientierte Hochschulgruppe unterstützte weitgehend die Reformvorstellungen von Rektor Rendtorff, der damals der einzige Ordinarius an der Universität war, der sich zur Sozialdemokratie bekannte. „Für uns war die Wahl Rendtorffs die logische Fortsetzung der Brandtschen Reformpolitik“, stellte Wolff fest, der 1976 auch den Wahlkampf des Ex-Rektors als Bundestagskandidat der SPD leiten sollte.

Während die Wahl „wie eine Befreiung“ auf ihn wirkte, setzten andere Kräfte an der Universität zum Kesseltreiben gegen den unbequemen Rektor an, der von der Mehrheit der Ordinarienschaft wie ein „Aussätziger“ und „Nestbeschmutzer“ behandelt wurde. Wolff skizzierte die Einsamkeit Rendtorffs innerhalb der „besonderen Kaste der Ordinarien“, die um ihren Machtverlust fürchteten und bei einer Versammlung im „Zieglerbräu“ eine offene Kampfansage an den Rektor formulierten. Nach seinen Worten war gerade der damalige CDU-Kultusminister Wilhelm Hahn der Gegenspieler Rendtorffs, weil er zunehmend sein eigenes Hochschulgesetz torpedierte. Dabei hatte er früher noch davon gesprochen, dass damit „die Erbhöfe der Ordinarien abgeschafft sind“.

Rendtorff litt sichtbar unter seiner Isolation, wie Wolff anmerkte. Andererseits habe er sich schwer damit getan, für sich und seine politischen Vorstellungen eine Hausmacht zu organisieren: „Er kam mir in dieser Hinsicht manchmal blauäugig vor“, meinte der einstige „Hopoko“-Aktivist. In dem Konflikt um das „Sozialistische Patientenkollektiv“ habe sich Rendtorff in seinem ehrlichen Ringen um eine menschliche Lösung nicht verstanden gefühlt. Im Januar 1972 wurde er zwar für eine zweite Amtszeit wiedergewählt, trat aber im November des gleichen Jahres zurück. Bei den Wahlen zum Großen Senat der Universität im Februar 1972 waren die Reformgruppen geschwächt worden. „Die alten Kadetten haben sich durchgesetzt“, sagte er damals.

Der eindrückliche Nachruf von Christian Wolff wurde durch warmherzige Worte der Stiftsbewohnerin Helga Vopel ergänzt, die einleitend schilderte, wie ihr damals zugetragen worden sei, dass „der“ Rendtorff ins Augustinum eingezogen sei. „Den muss ich aber kennenlernen“, war ihre spontane Reaktion, und über Literatur war bald eine persönliche Verbindung hergestellt. Rendtorff hat immer zu seiner Vergangenheit als Rektor gestanden. In einem Interview im Jahr 2008 bekannte er: „Rückblickend möchte ich sagen, dass ich es heute genauso machen würde“.

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