Endlich – endlich haben heute in Leipzig Tausende Studierende aus Sachsen gezeigt, dass sie den bildungspolitischen Kahlschlag der Landesregierung nicht länger widerspruchslos hinnehmen. Die Kürzungen im universitären Bildungsbereich sind nicht nur eine große politische und finanzielle Dummheit, weil durch sie Zukunft zerstört wird. Sie zeigen auch, was für ein Verständnis die sächsische Landesregierung von Bildung hat. Im Zweifelsfall gerät sie zur Manövriermasse des Finanzministers. Man kann nur hoffen, dass die Studierenden mit ihren Protesten morgen nicht aufhören, sondern diese von der Straße wieder in die Universitäten, aber auch in die Parteien tragen. Denn die Kürzungen der Universitätshaushalte und die Art und Weise, wie die Universitätsleitungen durch die Landesregierung gegängelt werden, bedürfen einer grundlegenden Kritik. Wieder einmal wird deutlich, dass in Sachsen Universitäten alles andere sind als ein Raum der Freiheit. Da werden in diesen Tagen die (Pro-)Rektor/innen und Kanzler/innen von der Wissenschaftsministerin in Gutsherrenart gemaßregelt, die es wagen, den Kürzungsansinnen zu widersprechen, die Interessen der Studierenden zu vertreten und für den Erhalt einer Fächervielfalt einzutreten. Da werden die Universitäten von einem Hochschulrat mit geleitet, der mehrheitlich aus vom Ministerium ernannten Honoratioren besteht. Da fehlt jede demokratische Legitimation, aber das Gremium übt weitreichende Funktionen aus. Da werden Professor/innen als Landesbeamte mit Drohgebärden zur Loyalität mit der Landesregierung verpflichtet – so, als ob Loyalität gleichzusetzen ist mit Kritiklosigkeit und Unterwürfigkeit. Und das soll etwas mit der Demokratie zu tun haben, zu der vor 25 Jahren Menschen nicht nur in Leipzig aufgebrochen sind? Es ist ein jämmerliches Zeugnis, dass nach wie vor in den Universitäten feudalistische Strukturen herrschen und die Universitäten sich zu quasi demokratiefreien Zonen entwickelt haben. Hoffentlich begehren die Studierenden auch dagegen auf. Denn diese Art von Herrschaft ist eine Ursache dafür, dass die Landesregierung die Kürzungen einfach verordnen kann. Hoffentlich wird durch die Proteste deutlich, dass die Autonomie der Universitäten und die Freiheit von Forschung und Lehre nur möglich sind, wenn die autoritäre Durchstellungsmentalität im Wissenschafts- und Finanzministerium beendet wird und demokratisch legitimierte Entscheidungen Raum greifen. Es kann nicht sein, dass unter solchen Bedingungen an den Universitäten junge Menschen ausgebildet werden, die später die Demokratie gestalten, entwickeln und verteidigen sollen. Es kann nicht sein, dass Universitäten durch die Landesregierung weiter entmündigt werden. Es darf aber auch nicht sein, dass sich Universitäten, ihre Rektor/innen und Professor/innen so behandeln lassen. Zu jedem Missstand gehören bekanntlich zwei! Darum ist im Interesse aller jetzt ein studentischer Aufbruch vonnöten – ein Aufbruch, der den kritischen und herrschaftsfreien Diskurs fördert und die gesellschaftspolitische Verantwortung der Universitäten in den Mittelpunkt rückt.