Betrugsmanöver
Man muss dem Student_innenrat der Universität Leipzig dankbar sein. Denn durch seine triumphierende Pressemitteilung vom 21.03.2014 unter der entlarvenden Überschrift „Kanzel aus der ehemaligen Paulinerkirche bekommt neuen Platz“ ist herausgekommen, was die Universitätsleitung mit der historischen Kanzel der 1968 gesprengten Universitätskirche St. Pauli vorhat: Sie soll, wenn sie restauriert worden ist, nicht in der neuen Universitätskirche sondern im Musikinstrumentenmuseum aufgestellt werden. Diese Information hätte die Universitätsleitung der Öffentlichkeit gerne lange vorenthalten – wie sie in der Vergangenheit alles, was mit der neuen Universitätskirche zu tun hat, meist im Verborgenen und unter Ausschluss der Öffentlichkeit vollzogen hat. Doch nun ist es heraus: Die Kanzel soll zunächst für fünf Jahre im Musikinstrumentenmuseum aufgestellt werden – angeblich um in diesem Zeitraum die klimatischen Verhältnisse in der neuen Universitätskirche zu prüfen. Zunächst soll aber die Kanzel restauriert werden. Und mit welchen Mitteln? Natürlich mit den Spenden des Paulinervereins und der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens. Verlogener geht es nicht! Die Universitätsleitung weiß ganz genau: Paulinerverein und Landeskirche haben ihre Finanzierungszusage für die Restaurierung der Kanzel natürlich daran gebunden, dass diese unmittelbar in der neuen Universitätskirche St. Pauli aufgestellt wird – und zwar zur Einweihung der neuen Universitätskirche im Dezember 2014. Also kann man beiden Institutionen nur raten, keinen Cent für diese unwürdigen Winkelzüge der Universität Leipzig bereitzustellen. Man mag es kaum glauben: aber die Leitung der Universität Leipzig vermag auch noch die wildesten Unterstellungen in den Schatten zu stellen durch ein plumpes Betrugsmanöver. Denn die Aufstellung der historischen Kanzel in der neuen Universitätskirche St. Pauli ist 2008 in einer Vereinbarung, unterschrieben vom damaligen Rektor Franz Häuser, Landesbischof Jochen Bohl, dem damaligen Universitätsprediger Martin Petzoldt und der damaligen Bundesanwältin Monika Harms, verbindlich zugesagt worden. Bleibt die Frage, was diese Machenschaften für die Rückführung des Paulineraltars bedeuten. Und es bleibt die Anmerkung an den Student_innenrat: Es gibt keine „ehemalige Paulinerkirche“, sondern es gibt die neue Universitätskirche St. Pauli an der Stelle, an der die 1968 in einem verbrecherischen Zerstörungsakt in die Luft gesprengte Universitätskirche St. Pauli stand. Diese Universitätskirche aber hat nie aufgehört zu existieren.
5 Antworten
Genau so ist es: eine bestechende Logik. Die allerdings ist nicht mein Verdienst, sondern ergibt sich aus der Sache. Es besteht nämlich ein kaum anfechtbarer Rechtsanspruch darauf, dass auf dem Grundstück der in einem Unrechtsakt 1968 gesprengten Universitätskirche eine neue Universitätskirche entstehen muss. Etwas anderes wäre es, wenn diese Kirche entweiht und im freien Einvernehmen beseitigt oder einer anderen Nutzung zugeführt worden wäre. Insofern hinken alle Vergleiche. Aber Danke, dass Sie durch ihre Einsprüche die Sachlage für den Leser nur noch klarer machen.
Absolut bestechende Logik! ‚Wo etwas geweihtes nicht entweiht wurde entsteht automatisch etwas geweihtes‘ Phänomenal! Angenommen das Land hätte das Areal aus Kapazitätsgründen nicht mehr für einen Universitätsbau benötigt und hätte es an private oder öffentliche Hand gegeben: dann stünde dort jetzt je nach Bebauung ein geweihtes Einkaufzentrum, eine christliche Tankstelle oder ein evangelisches Naturkundemuseum.
Abgesehen von diesem klassischen Fehlschluss lebt es sich in einer zukunftsbezogenen Gegenwart bisher um einiges angenehmer als in der Geschichte.
Die neue Universitätskirche St. Pauli steht an der Stelle der 1968 gesprengten Universitätskirche. Diese wurde nie entweiht. Also ist auch rechtlich das jetzt neue Gebäude eine Kirche, die für eine Dreifachnutzung offen steht: gottesdienstlich, musikalisch, akademisch. So wird es auch kommen. Dabei spielt die Glaswand nur eine untergeordnete Rolle, weil sie ganz sicher eines Tages wieder ausgebaut wird und dadurch der Gesamtraum dreifach genutzt werden kann. Es ist davon auszugehen, dass die Universitätsgottesdienste sicher von mehr als 250 Menschen besucht werden – genauso wie davon auszugehen ist, dann die Universitätsmusik den gesamten Raum benötigt. Dass sich im Dach der neuen Universitätskirche Institutsräume befinden, steht dem Kirchencharakter des Gebäudes nicht im Wege. Im Ergebnis: Es wird alles so kommen, wie es der Geschichte der Universität Leipzig und der Stadt Leipzig entspricht. Denn man kann nur eine sehr begrenzte Zeit gegen die Geschichte leben.
Christian Wolff
Wie stellt sich die Universität die
Ein -Weihung der UNIVERSITÄTSKIRCHE
St. Pauli OHNE ALTAR vor???
Liegt es an der Finanzierung oder der Welt-
Anschauung? Von 1933 -1961 hat selbst in Diktaturen der Altar nicht gestört!!
Ich vermute, dass sich die Universität eine Einweihung einer Universitätskirche gar nicht vorstellen muss. Geplant ist doch m.E. die feierliche Eröffnung des Paulinums. Jene wird mutmaßlicherweise in der Aula der Universität stattfinden. Ob zu diesem Zeitpunkt im Andachtsraum des Paulinums ein Altar steht, spielt für die Eröffnung nur eine untergeordnete Rolle. Wichtiger für die Eröffnungsfeier ist wahrscheinlich die Anzahl der Siztplätze. Dies widerrum hängt ja von einer sinnvollen Platzierung der historischen Kanzel, außerhalb der Aula ab.
Bleibt noch die Anmerkung an Herrn Wolff: Der StuRa hat als fachlich verantwortliche Institution aller studentischen Angelegenheiten, im Gegensatz zu nicht verantwortlichen Leipziger BürgerInnen, natürlich völlig Recht. Im Entstehen ist das Paulinum, welches einen kleinen Andachtsraum im vorderen Teil und eine große Aula im hinteren Teil des Gebäudes, sowie weitere Funktionsräume von Fakultäten in den oberen Geschossen beherbergt. Eine Kirche zu errichten, vermochte das SBI nicht.