Nein, nicht einen Hauch von Rechtfertigung darf es für diejenigen Bundestagsabgeordneten der CDU/CSU- und der SPD-Fraktion geben, die im Bundestag am 6. Mai 2025 im ersten Wahlgang gegen Friedrich Merz gestimmt und damit seine Wahl zum Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland zunächst verhindert haben. Allein die Tatsache, dass Friedrich Merz im 2. Wahlgang mit 325 Stimmen „nur“ drei Stimmen weniger erhalten hat, als CDU/CSU und SPD insgesamt aufbringen können (328), zeigt an, dass es sich bei der Stimmabgabe im 1. Wahlgang um ein gefährlich-opportunistisches Spiel mit dem Feuer gehandelt hat. Denn was hat sich zwischen dem 1. und 2. Wahlgang geändert? Nichts! Darum sind auch alle Erklärungs- und Rechtfertigungsversuche, von den Medien rauf- und runtergebetet – für das Stimmverhalten der mindestens 18 Abgeordneten abwegig: es habe Verletzungen gegeben … man müsse alte Rechnungen begleichen … einige seien von den jeweiligen Fraktionsführungen ungerecht behandelt, andere bei der Postenvergabe nicht berücksichtigt worden. Alle Abgeordnete:n konnten und können wissen: Die einzigen, die aus diesem schändlichen Manöver einen Nutzen ziehen können, sind die Demokratieverächter der AfD. Was für eine horrende Verantwortungslosigkeit von mindestens 18 Abgeordnete:n! Diese wird um keinen Deut kleiner durch Hinweise auf die persönlichen und politischen Unzulänglichkeiten eines Friedrich Merz (die ich übrigens sehr teile).
Die mindestens 18 Abgeordnete:n aus den beiden Koalitionsfraktionen haben mit ihrer Stimmabgabe deutlich gemacht, dass sie ihrem Mandat als Bundestagsabgeordnete:r weder politisch noch moralisch gewachsen sind. Natürlich ist ein:e Bundesabgeordnete:r in ihren:seinen Entscheidungen frei und allein an das Gewissen gebunden. Wenn aber ein:e Abgeordete:r einer Fraktion angehört und diese in einem langen Prozess zu einem mehrheitlichen politischen Konsens kommt, dann gebieten es der Anstand und die Regeln der parlamentarischen Demokratie, in der Abstimmung diesem Konsens zu folgen. Wenn das einem:r Abgeordneten nicht möglich ist, dann steht er in der Pflicht, dies zumindest Partei- bzw. Fraktions-öffentlich zu kommunizieren. Diesen Weg hat offensichtlich keiner der 18, die Merz im 1. Wahlgang nicht gewählt haben, beschritten. Im Gegenteil: Offensichtlich hat keine:r vor dem Wahlgang im Bundestag zu erkennen gegeben, dass er:sie mit Nein stimmen wird. Wenn – wie oben erwähnt – diese Personen im 2. Wahlgang dann doch Friedrich Merz zum Bundeskanzler wählen, ohne dass sich irgendetwas an den Bedingungen geändert hat, dann ist es mehr als fahrlässig, einem solchen Verhalten noch irgendeine gute Absicht zu unterstellen oder dafür das Gewissen zu bemühen. Nein, eine solche Haltung ist niederträchtig – denn sie unterscheidet sich in nichts von dem berüchtigten Tritt gegen das Schienenbein, der unter dem Tisch bzw. per geheimer Wahl vollzogen wird. Solch feige Abgeordnete wollen Politik für Bürger:innen machen? die parlamentarische Demokratie repräsentieren? wertegebunden entscheiden? Es kann einem nur angst- und bange werden angesichts solcher Unaufrichtigkeit, ja Verkommenheit im politischen Alltag.
Der Schatten, der am 6. Mai 2025 durch das Ergebnis des 1. Wahlgangs geworfen wurde, liegt weniger auf Friedrich Merz oder Lars Klingbeil. Der Schatten liegt nun über dem Parlament und der repräsentativen Demokratie. Beides ist nicht nur bedroht durch eine rechtsextremistische AfD. Beides ist auch beschädigt worden durch Abgeordnete aus demokratischen Parteien, die jetzt eine Regierung bilden. Was für ein Desaster! Kann dieser Schaden geheilt werden?
33 Antworten
Vielleicht können Sie so freundlich sein, lieber Herr Wolff, diesen Donald S. auch für mich freizuschalten, den unser selbsternannter Anstandslöwe, pardon: Anstandskäfer, immer erwähnt. Recht hat dieser allemal in Sachen Bas: Erstens zahlen Beamte längst in die Sozialkassen ein, denn diese werden ja nicht unerheblich aus Steuermitteln subventioniert; zweitens weiß jeder, dass unser Gesundheitssystem nur über die Privatversicherten überhaupt überlebensfähig ist; und drittens wäre eine Übernahme der Beamten in die Rentenkasse zwar ein kurzfristiger Zuwachs, aber langfristig für die Kassen und den Staat kaum finanzierbar: Es würde sehr viel mehr Empfänger geben, der Staat müsste die Beamtenbesoldung signifikant erhöhen, und noch mehr Familienmitglieder wären plötzlich kostenfrei. Also Käfer: Lernen Sie von Donald S.!
Und was unseren Flade angeht (er ist schon ein bisschen Papagei, weil er doch nur andere nachmacht), er begreift nicht, was „Zusammenarbeit“ bedeutet, nämlich inhaltliche Übereinstimmung in Sachfragen. Wenn die Vereinbarung gemeinsamer Verfahren schon Zusammenarbeit wäre, dann würden SPD und Linke in den Kommunen wie auch die Union unentwegt mit der AfD kooperieren. Aber begriffliche Klarheit kennzeichnet nicht Jeden.
Es wundert nicht, dass die beiden Kommentare nicht auf das Thema eingehen: Die AfD-Verbotsfrage. Aber es wundert vielleicht, dass Sie, Herr Wolff, das nicht anmerken.
Andreas Schwerdtfeger
„Als sie aber ihre Frage an ihn mehrfach wiederholten, richtete er sich auf und sagte zu ihnen: »Wer unter euch ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein auf sie!«“ (Jesus in Johannes Kapitel 8, Vers 7).
Nur mal so aus der Wolff-Blase an den Umsichschlagenden AS.
Und nur eine kurze Frage an den Merz-Heiligsprecher AS:
Merz und seine CDU/CSU erklärten einst im Wahlkampf die Unvereinbarkeit mit den LINKEN (was übrigens auch für die AfD gelten sollte!!).
Nur eben auch da ein eklatanter Wortbruch, denn ohne die LINKE und die GRÜNEN hätte Merz im zweiten Wahlgang nicht zum Bundeskanzler gewählt werden können.
Haben wir es hier mit Sprechblasen zu tun??
Da kann man doch nur konstatieren: Meine (Merz) Worte von gestern sind Schnee von morgen… Na dann eine gute Zeit für unser Land, wo das gelten sollte, was man wahlkämpferisch einst versprach!
Da hat in den letzten beiden Beiträgen die Wolff-Bande aber wieder richtig zugeschlagen – oder sollte ich vielleicht „die Wolff-Blase“ schreiben? Die ganze unpolitische Merz-Hetze, die man hier liest, zeigt so richtig die enorme politische Reife der Schreibenden, mehr noch aber ihre ganze Christlichkeit – und man ist versucht, auf die Bibel zu verweisen:
„Alles, was ihr von anderen erwartet, das tut auch ihnen an“; in unserem Falle gilt der Umkehrschluss;
„Denn so, wie ihr über andere urteilt, werdet auch ihr einst beurteilt, und das Maß, mit dem ihr bei anderen messt, wird auch an euch angelegt werden.“
„Du Heuchler! Zieh zuerst den Balken aus deinem Auge!“
Alles bei Matthäus nachzulesen.
Wir haben jetzt glücklicherweise wieder einen Kanzler. Er kommt vielleicht in Schwierigkeiten, weil er möglicherweise ein ähnliches Problem hat wie Scholz, nämlich dass die Opposition innerhalb der eigenen Regierung ist (Bärbel Bas fängt schon mit unsinnigen Vorschlägen an). Aber das politische Vakuum in Deutschland beginnt sich zu füllen. Europa ist zufrieden, die deutsche Wirtschaft gibt erste Anzeichen zurückkommenden Vertrauens, in wenigen Tagen hat man an den Grenzen mehr Illegale abgefangen, als Faeser sich je vorstellen konnte, ganz kleine erste Hoffnungsschimmer begleiten den Ukraine-Krieg und man kann nur hoffen, dass auch in Bezug auf Israel die Maßstäbe wieder zur richtigen Normalität deutscher Politik zurückkehren (um nur einige Beispiele zu nennen).
Es wird allerdings auch jetzt dabei bleiben, dass ein AfD-Verbotsantrag – sinnvoll oder nicht – eher eine Sache der (linken) Ideologie bleibt als effektive Politik. Ein solcher Antrag braucht im juristischen Prozess sehr lange, bis ein Ergebnis vorliegt. Er würde also diese Partei bis zur nächsten Wahl nicht wirklich behindern, sie aber in ihrer Propaganda zum Märtyrer machen. Und wir sehen ja hier im Blog, wie sehr sich Einige in sprachlicher Aggressivität üben, wenn‘s um ihre Gegner geht, und wie sehr sie sprachliche Aggressivität verurteilen, wenn‘s um sie selbst geht – das Märtyrerempfinden ist sehr deutsch und würde also die AfD im Wählervolk begünstigen! Und außerdem kann ein Verbot, wenn es denn je kommt, zwar Strukturen zerschlagen und Finanzierung unterbinden, aber das Gedanken“gut“ lässt sich halt nur inhaltlich bekämpfen, wozu die Verbotsbefürworter offensichtlich weder Mut noch (Sach-)Argumente haben, wie sich ja auch hier im Blog zeigt.
Und die ganze Aufregung über die notwendigen zwei Wahlgänge und die Spekulationen über böse Abweichler? Nun, die Abgeordneten sind frei in ihren Entscheidungen, sie sind auch nur Menschen wie die Pharisäer hier im Blog und sie haben Emotionen, die ja auch hier mehr durchscheinen als Vernunft.
Also lassen wir Merz mal machen – schlechter werden kann es nicht! Und er wird auch Fehler machen, die dann hier zur nachträglichen Besserwisserei hervorragenden Anlass bieten werden.
Andreas Schwerdtfeger
Da steht Bundeskanzler Merz offensichtlich schon kurz vor der Heiligsprechung zumindest durch seinen Dauerfan Schwerdtfeger …
Das scheint Ihr Problem zu sein, lieber Herr Wolff: Heiligsprechung ist eine Beliebigkeit, wie sie ja die evangelische Kirche in Deutschland kennzeichnet. Deshalb auch IHR Anhängen an Brandt, Rau und Heinemann. Ich immerhin prophezeie meinem „Heiligen“ auch Fehler.
Andreas Schwerdtfeger
Begnadete Propheten prophezeien, was später tatsächlich eintritt.
Donald S. ist ein solch Begnadeter!
Nach seiner Prophezeiung, Kanzler Merz werde Fehler machen, beglückt er uns demnächst vermutlich mit einer Aussage wie: „Nachts ist die Sonne nicht zu sehen“…
PS: Das ist keine Merz-Hetze!
Es bleibt das große Geheimnis des Donald S., wo er „Merz-Hetze“ wahrgenommen hat. Bezieht sich seine brillante Bibel-Exegese womöglich nur auf sein „sachliches Argument“, dass die Vorschläge von Bärbel Bas unsinnig seien??
Die Abgeordneten des Bundestages und der Landtage sind absolut frei in ihrer Entscheidung und nicht an Weisungen, weder von innen noch von außen, gebunden. Es gibt keinen Fraktionszwang.
Friedrich M;erz hat kurze Zeit vor der Wahl die Katze aus dem Sack gelassen, indem er drei Entscheidungen im alten Bundestag mit Hilfe der AfD durchpeitschen wollte – was ihm in einem Fall auch gelungen ist. Es würde Ihnen, Herr Wolff, besser zu Gesicht stehen, diese reale Kumpanei des jetzigen Bundeskanzlers mit den Verfassungsfeinden von der AfD zu beklagen, statt sich in Mutmaßungen zu verirren.
Zumal es in den vergangenen Wochen eine ganz andere Verheerung gegeben hat, nämlich Grundgesetzänderungen, die in Bezug auf Infrastruktur ein enormes, aber immer noch limitiertes Wachstum der Verschuldung, bei der Rüstung jedoch ein ungebremstes Wachstum der öffentlichen Ausgaben ermöglichen. Änderungen, die man mit keiner politischen Arbeit mehr wegkriegt. Nur je ein Abgeordneter der SPD und der Union hat sich diesem Wahnsinn entgegengestellt, der die Gesamtverschuldung des Bundes von 1,733 Billionen Euro (am 31.12.2025) auf wahrscheinlich über 2,7 Millionen Euro anschwellen lässt. Als Angehöruger der Boomer-Generation kann ich mich nur schämen, dass den nachfolgenden Generationen eine solche Eingrenzung ihrer haushalterischen Gestaltungsfreiheit eingebrockt worden ist. Noch dazu, wo mit keinem Wort im Wahlkampf auf derlei Pläne der Verschuldung hingewiesen wurde und diese dann mit Hilfe des gerade abgewählten Bundestages durchjgepeitscht worden sind.
Wir alle werden in der Zukunft Verteilungskämpfe erleben, die am Ende der AfD in die Hände spielen.
Ich habe keinen Nachholbedarf in der Kritik an Friedrich Merz und der CDU/CSU.
Stimmt. Ich muss mich korrigieren.
Bitte ergänzen Sie noch die an der GG-abgesicherten „Explosion“ der Verschuldung des Bundes.
Lieber Herr Christian Wolff,
das absolute Urteil, es gebe nicht einen Hauch von Rechtfertigung für eine Verweigerung der Kanzlerwahl im ersten Wahlgang durch Mitglieder der Regierungskoalition, kommt mir unangemessen vor. Es scheint mir das gerade auch gegenüber den Parteiführungen freie Mandat der Bundestagsmitglieder zu missachten, wie dies derzeit auch in vielen anderen Pressekommentaren exerziert wird.
Das Keckern der Hyänen bei der AfD und von Leuten wie Wolfgang Kubicki – letzterer längst jenseits der Abbruchkante – gehört dazu, wenn der Aufbruch im ersten Sandloch stecken bleibt. Die Presse überhöht aber – wohl aus Lust an der Sensation – den gescheiterten ersten Kanzlerwahlgang des Friedrich Merz zur staatspolitisch schicksalhaften Vertrauensprobe. Dabei haben anderthalb Dutzend Abgeordnete einfach die beste Gelegenheit genutzt, ihren Partei- und Fraktionsspitzen zu zeigen, dass sie keine Abstimmungsautomaten sind. Das konnten sie ohne das Endergebnis zu gefährden, anonym und damit ohne öffentlichen Rechtfertigungsdruck, nur ihrem Gewissen verantwortlich tun.
Es ist kaum zu erwarten, dass sich diese 18 Leute mit gewiss ganz verschiedenen Gründen offen zu einer internen Opposition formieren und damit gemeinsame Regierungsarbeit destabilisieren könnten. Was sie aber vielleicht erfolgreich eingefordert haben, ist den Respekt vor dem freien Mandat.
Friedrich Merz wird danach auch international nicht als „Basta-Kanzler“ seinen trumpeligen Phantasien nachgehen können. Gesprächspartner haben nun gesehen, dass er der Bestätigung durch das Parlament bedarf. Das sollte seine Verhandlungsposition stärken, so wie Lars Klingbeil durch die Sorge um die Bestätigung des Koalitionsvertrages durch die Parteibasis, wenn auch nicht als Vorsitzender, so doch gerade im Sinne der Grundsätze der SPD motiviert war; Und das mussten seine Verhandlungspartner einkalkulieren. Deshalb ist der Ansatz „Union pur“ an so vielen Stellen gescheitert.
Es möge der neue Kanzler mit seinen Kompagnons Gesprächsbereitschaft und Demut daraus lernen. Demokratische Verfahren werden dadurch gestärkt. So war der Ablauf bei der Kanzlerwahl 2025 nicht katastrophal, sondern ein starkes Zeichen gegen all die Propagandisten eines staatspolitisch „alternativlosen“ Verantwortungsdiktats.
Sie, lieber Herr Christian Wolff, bringen im Übrigen Neugier und oft auch Verständnis für abweichende Positionen auf. M.E. kann der heimliche Protest gegen den Zwang zur Wahl eines habituell trumpeligen Kanzlerkandidaten konsensuales Vorgehen befördern, zumal er hier noch auf Ergebniskosmetik beschränkt war. Die Maske des Friedrich Merz hat so für ein paar Stunden ihre Clowsnase aufgesetzt bekommen, die er längst verdient hat.
Beste Grüße
R.M.
Dem nachfolgendem, mahnendem Text und schließe ich mich an; Jo.Flade
Heute vor achtzig Jahren endete der Zweite Weltkrieg in Europa.
Mit dem Sieg über den Nationalsozialismus begann ein neues Kapitel: das Versprechen auf Frieden, Demokratie und Menschenrechte. Das europäische Friedensversprechen gerät zunehmend unter Druck – umso mehr sind wir gefordert, Europa als Garant für Frieden und Zusammenhalt entschlossen zu schützen.
Der Nationalsozialismus brachte unvorstellbares Leid über die Welt. Seine Ideologie – geprägt von Antisemitismus, Rassismus, Hass auf Andersdenkende und der Verachtung von Demokratie – gipfelte im Menschheitsverbrechen der Shoah. Die Befreiung Europas war nur möglich durch den Einsatz der alliierten Armeen und das Opfer von Millionen von Soldaten. Ihrer gedenken wir heute ebenso wie den Opfern der Shoah, der Millionen Zivilist*innen, die in diesem Krieg ihr Leben lassen mussten.
Der Frieden in Europa war nur möglich durch eine Hinwendung zu Demokratie und Menschenrechten, zu internationaler Zusammenarbeit und Diplomatie – und durch die europäische Einigung. Sie hat nicht nur langjährige Feinde wie Deutschland und Frankreich zusammengebracht, sie hat nach dem Fall des Eisernen Vorhangs auch die Teilung Europas überwinden können.
Aber Gedenken allein reicht nicht.
Frieden, Freiheit und Demokratie wurden erkämpft – und sie müssen jeden Tag neu verteidigt werden.
Rechtsextreme Kräfte wie die AfD, die inzwischen offiziell als gesichert rechtsextrem eingestuft ist, greifen die Grundlagen unserer Demokratie an. Gleichzeitig führt Russland in der Ukraine einen brutalen Krieg gegen die Werte, die Europa zusammenhalten.
Es braucht jede*n von uns: für eine widerstandsfähige Demokratie und eine mutige, solidarische Gesellschaft.
Team Campaigning
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Ok, man kann es so interpretieren: die 18 BT-Abgeordneten, die Herrn Merz im ersten Wahlgang ihre Stimme verweigerten, haben „ein gefährlich-opportunistisches Spiel mit dem Feuer“ betrieben, ein „schändliches Manöver“ und eine „horrende Verantwortungslosigkeit“ gezeigt.
Ich selbst an ihrer Stelle hätte mit meinem Gewissen allerdings auch nicht vereinbaren können, Friedrich Merz schon im ersten Wahlgang zum Kanzler zu wählen, hätte das in der Fraktion aber VOR der Wahl auch offen kommuniziert! Meine Argumente wären viele verstörende Aussagen und glatte Lügen von Herrn Merz in den zurückliegenden Monaten gewesen; sollten diesen nun vernünftige Taten folgen, wäre ich danach gerne bereit, seine Kanzlerschaft anzuerkennen und zu unterstützen.
Erste aussenpolitische Akzente hat er in Paris und Warschau gesetzt; man darf gespannt sein, wie er auf die Schaufensterpuppen (3.000 zusätzliche Bundesbeamte an die Grenze, Zurückweisung auch von Asyl-Suchenden) von Söders Berliner Aussenposten reagiert, angesichts der klaren Ansagen aus Polen und Österreich.
Die Union sollte schnell ihren Unvereinbarkeitsbeschluss speziell hinsichtlich der Linken überdenken; Frau Reichinnek wegen eines zugespitzt formulierten Interviews als „Linksradikale“ zu bezeichnen (H. Fritzsch, 7.5., 19:14 Uhr), schiesst mE ebenso übers Ziel hinaus, wie Herrn Merz rechtsradikale Tendenzen zu unterstellen wegen der kleinen Paschas, oder der Zahnarzttermine.
Bundeskanzler Merz und sein Kabinett haben eine faire Chance verdient; viel Einarbeitungszeit werden sie aber wohl nicht bekommen.
Ihre Ängste, Herr Rainer Sporer, sind wahrlich nicht unbegründet, leider! Tun wir engagiert und unaufhaltsam ALLES das uns Mögliche, dass sich diese Geschichte mit katastrophalem Ausgang (heute ist der 8. Mai und die Rede von Richard v. Weizsäcker war und ist mahnend in jeder Hinsicht!) nicht wiederholt und streiten, kämpfen wir für Zivilgesellschaft, Würde des Menschen, Wahrhaftigkeit und inneren wie äußeren FRIEDEN. Und da haben wir allesamt viel, sehr viel zu tun!
Der Schatten der 1930er Jahre erhebt sich über die Republik. Die kurze Halbwertszeit von Regierungen und Koalitionen der Mitte, die Verdoppelung der Mandate der Rechten. Wiederholt sich die Geschichte?
„Denn was hat sich zwischen dem 1. und 2. Wahlgang geändert? Nichts!“
Ich widerspreche. Der zweite Wahlgang am selben Sitzungstag wurde nur möglich, weil die Abgeordneten aus CDU, CSU und SPD sich dafür aktiv um die Zustimmung von Heidi Reichinnek, der offen linksradikalen Franktionsvorsitzenden der Linken, bemüht haben. Reichinnek in der noz vom 05.05.2025:
„In den heutigen Zeiten muss man radikal sein, der Sozialstaat wird immer weiter ausgehöhlt, der Reichtum von wenigen explodiert, die Demokratie ist auch dadurch ernsthaft bedroht. Wer das verhindern will, der darf den Kapitalismus nicht stützen, er muss ihn stürzen. Er muss sich dagegenstemmen und die Systemfrage stellen, ganz klar.“
Quelle: https://www.noz.de/deutschland-welt/politik/artikel/linken-star-reichinnek-ich-will-den-kapitalismus-stuerzen-48676584
Damit Merz gestern im zweiten Wahlgang zum Bundeskanzler gewählt werden konnte, suchten die Abgeordneten aus CDU, CSU und SPD zuvor die Zustimmung jener Fraktionsvorsitzenden, die unmißverständlich und weithin hörbar zwei Tage zuvor die Systemfrage stellte. Ist das Stellen der Systemfrage auch verfassungsfeindlich, wenn es aus dem linken politischen Spektrum kommt? Wird der Verfassungsschutz jetzt endlich tätig? Ich kann die Empörung derer, die sich selbst als politische Mitte begreifen und zur Wahl unseres Bundeskanzlers, der einen Amtseid auf das Grundgesetz ablegt und unser System schützen soll, die Unterstützung einer zum Sturz des Systems aufrufenden Fraktionsvorsitzenden suchen, bislang nicht hören. DAS hat sich zwischen dem 1. und 2. Wahlgang geändert!
Bei Äußerung des von Ihnen zitierten Satzes hatte Frau Reichinnek sicher auch Migräne wie sie entschuldigend bei Markus Lanz vorbrachte als sie Zahlen zur Wohnungspolitik nicht parat hatte.
Nein, lieber Thomas, für diejenigen Abgeordneten der CDU/Csu und der SPD, die im 1. Wahlgang Merz die Stimme verweigerten, hat sich zum 2. Wahlgang nichts verändert. Das, was Du anführst, ist ein Problem der CDU/CSU, die jede Zusammenarbeit mit der LINKEN ablehnt, nun aber die Zustimmung der LINKEN in Anspruch genommen hat, um den 2. Wahlgang noch am 06. Mai 2025 durchführen zu können.
„nun aber die Zustimmung der LINKEN in Anspruch genommen hat“
____________________________________________________________________________
Für diese Partei haben Sie, Herr Wolff, hier am 29. 1. 25 Wahlwerbung betrieben, nicht aber für CDU/CSU oder FDP:
„Wer dieser gefährlichen Normalisierung des Rechtsnationalismus widerstehen möchte, der kann bei der Bundestagswahl nur noch SPD, Grüne oder Linke wählen…“
https://wolff-christian.de/verwerflich-2/
Ja, und da habe ich auch nichts zurückzunehmen. Ob ein solcher Satz aber als „Wahlwerbung“ verstanden werden kann, da habe ich meine Zweifel.
Lieber Christian, Zusammenarbeit unter demokratisch gewählten Parlamentariern prinzipiell – also nicht sachorientiert – zu verweigern, widerspricht meinem Verständnis des Wesens der Demokratie. Zusammenarbeit mit einer linksradikalen Fraktionsvorsitzenden, die zum Systemsturz aufgerufen hat, widerspricht ebenfalls meinem Verständnis des Wesens der Demokratie. Dies ist gestern passiert, und die CDU/CSU und die SPD haben es gleichermaßen zu verantworten.
Mir ist nicht bekannt, dass auch nur ein Mitglied der Linke-Fraktion für Friedrich Merz gestimmt hat. Dass die Linke-Fraktion einer punktuellen Geschäftsordnungsänderung zugestimmt hat, ist für mich auch keine „Zusammenarbeit“, sondern allerhöchstens die Ermöglichung eines Abstimmungsverfahrens, um in diesem gegen denjenigen zu stimmen, der um dieses Verfahren gebeten hat.
Also, eine gemeinsam vereinbarte Abstimmung über eine Geschäftsordnungsfrage stellt für mich keine „Zusammenarbeit“ dar. Mit dieser Abstimmung wurde die Voraussetzung dafür geschaffen, dass in einer bedeutende Personalentscheidung am gleichen Tag noch einmal abgestimmt werden konnte, und dass die Partei Die Linke in dieser Abstimmung gegen denjenigen stimmen konnte, der sie um Zustimmung zum Geschäftsordnungsantrag gebeten hatte. Das soll „Zusammenarbeit“ sein?
Diese Kritik an Heidi Reichinnek, weil sie verfassungsfeindlich zum „Sturz des Systems“ aufrufen könnte, bringt Wesentliches durcheinander und ist unberechtigt. Reichinnek beschrieb im Interview zunächst AfD-Wähler als Menschen, die sich aus sozialer und wirtschaftlicher Sorge gegen das System wendeten. „System“ war im nationalsozialistischen Vokabular die verächtliche Bezeichnung für die Weimarer Republik, und auch die AfD steht in ihren rechtsextremen Teilen bekanntlich nicht auf dem Boden des Grundgesetzes. Dass aber die Linke oder Reichinnek gegen das System in diesem Sinne vorgingen, ist eine Unterstellung. Das Gegenteil ist richtig. Nach Artikel 20 Absatz 1 Grundgesetz (mit „Ewigkeitsgarantie“) ist die Bundesrepublik ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. Reichinnek beklagt die Aushöhlung des Sozialstaats. In diesen Zusammenhang stellt sie ihre „Systemfrage“. Sie verteidigt die freiheitlich-demokratische Grundordnung. „Stürzen“ will sie bloß den Kapitalismus. Ähnlich wie Marion Gräfin Dönhoff: „Niemand kann bestreiten, dass das Marktsystem in seiner Effizienz von keinem anderen Wirtschaftssystem übertroffen wird; aber wenn der Markt kritiklos idealisiert wird, wenn ihm keine ethischen Grenzen gesetzt werden, . . ., dann entartet das Ganze zum catch-as-catch-can. Man kann sich leicht vorstellen, dass dann schließlich der Ruf nach dem starken Mann laut wird, der Ordnung und Gerechtigkeit schaffen soll.“ (Dönhoff: Zivilisiert den Kapitalismus – Grenzen der Freiheit, DVA, 1997)
Da kommen bei mir altbekannte Volkskammergefühle auf. Man hätte damals auf eine Abstimmung verzichten können, einfach die Mitglieder der verschiedenen Fraktionen abzählen, was damals allerdings auch nicht nötig gewesen wäre. Ich kann jeden verstehen, der einen so charakterlosen Politiker wie Merz nicht wählt. Mich enttäuscht vielmehr, dass es im zweiten Wahlgang dann so viele „Sinneswandler“ gab. Was für ein trauriges Schauspiel.
Lieber Christian, auch wenn ich mich nach dem Furor deines Kommentars dies kaum auszusprechen traue, möchte ich doch ehrlich sein: Auch ich wünsche mir eine stabile und verantwortungsbewusste Regierung, welche die Probleme unserer Zeit kraftvoll anpackt. Ich hoffe sehr, dass CDU und SPD das noch hinkriegen. Und ich wünsche Friedrich Merz aufrichtig, dass er von der Öffentlichkeit und von den Medien fairer behandelt wird, als Olaf Scholz das jemals erleben durfte, der eine schwierige Koalition in schweren Zeiten mit Ruhe und Würde geführt hat. Deshalb hat mich das Ergebnis des 1. Wahlgangs auch geschockt. Aber da ist auch ein anderes Gefühl in mir und ich traue mich, es hier offen auszusprechen: Als ganz persönliche Klatsche hat sich Friedrich Merz dieses Ergebnis redlich verdient. Mit Überheblichkeit und Arroganz hat er die Arbeit der Ampel begleitet. Er hat mit zu verantworten, dass die Ampel nie die finanziellen Mittel hatte, die er sich selber sofort nach den Wahlen unter Bruch seines Wortes verschafft hat. Um die SPD zu demütigen und ihr zu schaden, hat er nicht einmal davor zurückgeschreckt, unmittelbar vor der Wahl im Bundestag mit der AfD gemeinsame Sache zu machen. Dass diese unverantwortliche Verhalten nun auf ihn selber zurückgefallen ist, halte ich unter menschlichen Gesichtspunkten zumindest für verständlich. Es ist nun mal so: Wer dauernd Sturm sät, wird auch selber Sturm ernten. Das Desaster des gestrigen Tages hat einen Namen und einen Verantwortlichen: Friedrich Merz. Ich wünsche mir sehr, dass er aus den Vorgängen lernt und zu einer Haltung findet, die Olaf Scholz benannt und während seiner Kanzlerschaft verkörpert hat: Respekt.
Lieber Rolf, natürlich habe ich tief in mir auch das Gefühl gespürt: Diese Klatsche hat sich Merz redlich verdient! Nur: Das rechtfertigt nicht unverantwortliches Handeln. Im Grunde genommen ist es ja so: Diejenigen, die Merz ihre Stimme verweigert haben, haben damit die gleiche Verantwortungslosigkeit offenbar gemacht, die ich auch Merz vorwerfe.
Diesmal war’s aber nicht die F.D.P. .
Kein Wunder, da ist aus bekannten Gründen eben etws zusammengeklebt worden, was nicht zusammen gehört .
Abgesehen von der Stimmung in der Bevölkerung (die die auf Umfragen schielende Politik unter Druck setzen wird), gibt es in der Koalition genügend Sollbruchstellen – eine erfolgreiche, vorwärtsgerichtete Entwicklung des Landes ist nur schwer vorstellbar.
Als SPD-Mitglied, das wie 84% der Abstimmenden für den Koalitionsvertrag gestimmt hat, traf mich gestern gelinde gesagt der Schlag. Wozu ein Mitgliedervotum, wozu Diskussionen und Überzeugungsarbeit, wenn die persönliche Befindlichkeit einzelner Abgegordneter dann doch wichtiger zu sein scheinen? Wie um alles in der Welt kann die hämische Freude darüber, dem Kanzler „eins mitgegeben zu haben“ mehr wert sein als dem Wahlvolk Verlässlichkeit und Stabilität zu signalisieren? „Ins Handeln kommen“, „Endlich mit guter Politik überzeugen“ … das sollen wohl immer erstmal die anderen. Ich hoffe zumindest, es ging bei der Mehrzahl der 18 ein kurzer Schauer des Erschreckens über den Rücken gepaart mit der Erkenntnis, hier doch mehr aufs Spiel gesetzt zu haben, als überschaut wurde. Dass dieser Blick fürs Ganze bei so vielen MdBs zu fehlen scheint, macht mich fast schon ratlos…
Lieber Christian, bei aller Vorsicht in der Beurteilung folgende Anmerkung:
Es gab wohl 8 Genossinnen und Genossen, die intern ihre Zweifel zur Kenntnis gegeben haben.
Was mich vielmehr umtreibt ist die Leichtigkeit, mit der Merz bereit ist, eine 2/3 Mehrheit mit Grünen und Linken zu organisieren ohne die Brandmauer nach links zu berühren! Diese Verlogenheit ich hinsichtlich des Manövers mit der AfD, wird uns noch schwer zu schaffen machen!
Das Narrativ der AfD in Sachen Migration weiterhin ganz nach vorn zu stellen, dürfte bereits der 1. Stolperstein werden
Ich hatte von dem 6. Mai einen anderen historischen Eindruck. Mir hat imponiert, wie die CDU noch am gleichen Tag den 2. Durchgang der Kanzlerwahl erfolgreich durchgezogen hat. Auch glaube ich die Reden des Friedrich Merz jetzt besser zu verstehen. Dass sogar die SPD und die Linke mitgeholfen haben, war gestern das besondere Ereignis des Tages.
Man wird sehen, ob der Schaden geheilt wird! Sicher nur durch dem Volk gut vermittelte Politik. Ich staune immer wieder, daß es auf dieser Ebene menschelt-vorrangig.