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Verlorene Mitte? Nein: Haltung ist gefragt!

Derzeit wird so getan, als sei ein Wahlsieg der Rechtsnationalisten von Pegida/AfD bei den anstehenden Wahlen in Ostdeutschland, insbesondere in Sachsen, beschlossene Sache. Die politische Mitte sei verloren, titelt eine Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung und zeigt auf, wie weit rechtsnationalistisches Denken ins bürgerliche Lager eingedrungen ist. Landauf, landab finden Diskurse statt, in denen die AfD die Themen zu bestimmen scheint – im vollen Wissen darum, dass die Rechtsnationalisten nichts, aber auch gar nichts zur Lösung irgendeines gesellschaftspolitischen oder sozialen Problems beitragen können oder werden. Das einzige, worauf sie sich verstehen: Hass und Hetze vor allem im Netz zu verbreiten. Damit stehen wir vor einer zweifachen Aufgabe:

  • Zum einen gilt es klar zu machen, wofür Demokraten eintreten. Im „Aufruf 2019“ (www.aufruf2019.de) haben Leipziger Bürger/innen es kurz zusammengefasst: Für ein weltoffenes Leipzig (also für weltoffene Städte und Gemeinden), für ein demokratisches Sachsen, für ein friedliches Deutschland, für ein geeintes Europa.
  • Zum andern sollten wir nicht zögern, den angstbesessenen Egoismus der Rechtsnationalisten, mit dem Menschengruppen und Völker abgewertet, ausgegrenzt und gegeneinander aufgebracht werden, jeden Tag neu zu entlarven – d.h. das Signal zu senden: Wir durchschauen euch und lassen nichts durchgehen.

Dazu ein paar Hinweise:

  • Die Orbans, Straches, Salvinis, Gaulands überbieten sich in ihrem vulgären Hass gegen alles Fremde und suchen den Schulterschluss. Doch europäische Zusammenarbeit und Nationalismus sind ein Widerspruch in sich. Im Zweifelsfall werden sie genauso aufeinander losgehen und sich gegenseitig bekämpfen, wie sie in ihren jeweiligen Bevölkerungen Verfeindungsstrategien verfolgen.
  • Es ist auffällig, dass die Rechtsnationalisten überproportional in Gerichtsverfahren verstrickt sind (von 252 Landtags- und Bundestagsabgeordneten immerhin 24, https://www.welt.de/politik/deutschland/article176088649/AfD-und-Justiz-Fast-jeder-zehnte-AfD-Abgeordnete-hat-Aerger-mit-dem-Gesetz.html), beträchtliche Insolvenzen und ähnliches hingelegt haben (hier eine kleine Auswahl: Frauke Petry, MdB, MdL – Marcus Pretzell, MdL, MdEP – Andre Poggenburg, MdL – Jens Ahnemüller, MdL – Oliver Kirchner, MdL, Fraktionsvorsitzender – Stefan Keuter MdB – Siegbert Droese, MdB – Gert Pasemann, Landtagskandidat – siehe auch: https://trolesememoiren.wordpress.com/2017/09/29/ist-die-afd-nur-ein-wahlverein-der-ihre-politiker-finanziell-sanieren-soll/), schon jetzt dubiose Spendenskandale erzeugt haben und sich verbissen um gute Listenplätze für die Wahl zum Europaparlament rangeln. Letzteres wollen sie bekanntlich abschaffen, aber vorher wollen sich etliche, finanziell klamme Kandidaten noch schnell sanieren. Eigentlich führen Pegida/AfD ein endloses Schmierentheater auf – und bleiben sich darin selbst und der Nazi-Tradition treu.
  • Zu den wichtigen politischen Themen – Wohnen, Rente, Klimaschutz, Integration – haben die Rechtsnationalisten nichts beizutragen, außer dass sie alles befördern, was auf Zerstörung ausgerichtet ist – Zerstörung des gesellschaftlichen Zusammenhalts und der Vielfalt, der natürlichen Lebensgrundlagen, der Grundwerte unserer Verfassung. Sie haben kein Zukunftsziel. Darum beschwören sie die Epochen der Vergangenheit und ergehen sich ausschließlich in Verschwörungstheorien, um die Wirklichkeit auszublenden.

Doch noch wichtiger, als die Rechtsnationalisten zu stellen, ist, die Grundwerte der Verfassung, die Demokratie offensiv zu vertreten und sich am politischen Diskurs zu beteiligen. Dabei haben wir zu beachten: Wie ich rede, was ich sage, welche Überzeugungen ich vertrete, welche Haltung ich einnehme – all das prägt andere Menschen. Der Präsident von Eintracht Frankfurt, Peter Fischer, kann hier als beispielhaft gelten. Er beschwor im vergangenen Jahr die Mitglieder seines Vereins, dass AfD und Mitgliedschaft bei Eintracht Frankfurt unvereinbar sind – und wurde mit über 90 % auf der Versammlung in seinem Amt bestätigt. Wenig später rief er die Mitglieder auf, in Sachen AfD wachsam zu sein: „Prüft euch! Wenn ihr die Werte der Eintracht lebt, könnt ihr nicht das Gegenteil wählen.“ Typisch, dass dieser beispielhafte Vorgang in der medialen Öffentlichkeit kaum präsent ist. Dennoch zeigt Fischer, dass nur eines in der Auseinandersetzung mit den Rechtsnationalisten zielführend ist: entschiedene Klarheit und jeden Tag unsere Freunde, Berufskolleginnen, Nachbarn von dem überzeugen, was Rechtsnationalisten bekämpfen. Die andere Strategie, Forderungen der Rechtsnationalisten zu übernehmen, ist gefährlich und falsch. Ich nenne drei Beispiele:

  • Europäische Einigung. Wir sollten daran erinnern, dass sich nach der Präambel des Grundgesetzes Deutschland als „gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden in der Welt zu dienen“ versteht. Weder hätte es die deutsche Einheit ohne den europäischen Einigungsprozess gegeben, noch kann Europa einfach zur Disposition gestellt werden. Das vereinte Europa ist Verfassungsziel. Wer heute das Europaparlament abschaffen will und den „Dexit“ betreibt – wie Pegida/AfD – der handelt verfassungswidrig und spielt mit dem Feuer. Denn Nationalismus war und ist die Brutstätte von Kriegen.
  • Integration der Geflüchteten. Der Publizist Georg Diez bemerkte, dass die offenen Grenzen kein Staatsversagen waren, sondern „vielmehr ein Staatsgelingen, es war Demokratie ohne Anleitung, es war ein Bürgertriumph, weil die Menschen von selbst das Richtige taten, ohne zu warten, was gewünscht oder gefordert war.“ (Georg Diez, Das andere Land). Das ist die Tonlage, derer wir uns befleißigen sollten – wohl wissend, dass wir mit der Integrationsaufgabe vor einer riesigen Herausforderung stehen. Integration ist aber keine Einbahnstraße, denn sie ermöglicht unterschiedliche Identitäten. Integration kann gelingen – und sie gelingt Gott sei Dank jeden Tag – und das seit Jahrzehnten.
  • Repräsentative Demokratie und Föderalismus. Wir sollten keinen Moment zögern, darin einen hohen Wert zu sehen. All denen, die heute ihre Partikularinteressen zum Volkswillen deklarieren, sei zugerufen: Nicht das Volk ist die Staatsgewalt, sondern diese geht vom Volk durch Wahlen und Abstimmungen aus (Art. 20 GG). Der Parlamentarismus im Verein mit föderalen Strukturen schafft einen geregelten Ausgleich zwischen Kontinuität und Wechsel, verhindert die Etablierung von Machtgruppen, achtet die Minderheitsrechte und gewährleistet gesellschaftliche Vielfalt.

Gott sei Dank haben wir mit dem Grundgesetz ein Fundament, auf das wir uns in allen gesellschaftspolitischen Prozessen und Diskursen positiv beziehen und darauf aufbauen können. Darum sollten wir es am 23. Mai 2019 kräftig feiern, uns jeden Tag neu aneignen und darin Haltung beweisen.

Aufruf 2019 - Veranstaltung am 23.05.2019

Zum Ganzen verweise ich gerne auf den Vortrag, den ich am 29. April 2019 zur Eröffnung der Tage für Demokratie und Toleranz in Zwickau gehalten habe:
Mut, Wahrheit, Freiheit - Mit Halt und Haltung für Demokratie, die Grundwerte der Verfassung und gesellschaftliche Vielfalt eintreten

 

 

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