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Nun also doch: Neuanfang für das Freiheitsdenkmal

Nun kommt es also doch zu einem neuen Wettbewerb für das Freiheitsdenkmal in Leipzig. Alle Verantwortlichen sind gut beraten, diesen durch das Urteil des Oberlandesgerichtes Dresden eröffneten Weg eines Neuanfangs entschlossen zu gehen. Doch nicht nur der Gestaltungswettbewerb bedarf einer neuen Ausschreibung – auch die Platzwahl für das Freiheitsdenkmal sollte noch einmal überdacht werden. Denn der Leuschnerplatz ist für das Freiheitsdenkmal ungeeignet. Zum einen hat es sich als gravierender Fehler herausgestellt, mit dem Freiheitsdenkmal eine städtebauliche Brache zu füllen. Zum andern verfügt die Leipziger Innenstadt über ausreichend originale Erinnerungsstätten für die Friedliche Revolution wie die Nikolaikirche, die Säule auf dem Nikolaikirchhof, die Runde Ecke und der Augustusplatz mit der neuen Universitätskirche St. Pauli. Deren Neubau kann zum sichtbaren Zeichen dafür werden, wozu Unrechtssysteme fähig (ideologisch-gewalttätige Borniertheit) und freiheitliche Gesellschaften in der Lage sind (Religionsfreiheit, deren sichtbare Manifestierung auch einem Wissenschaftsbetrieb gut ansteht).

Darum möchte ich den Vorschlag wiederholen, das Freiheitsdenkmal auf dem Gelände des Völkerschlachtdenkmals zu errichten – und so ein Pendent zu bilden zu einem Koloss, der sich auf Dauer nicht in ein „Friedensdenkmal“ umdeuten lässt, sondern immer martialischer Ausdruck von Militarismus und Nationalismus und darum erstrebenswerter Zielpunkt für entsprechend gesinnte Gruppierungen bleiben wird. Dem kann aber mit dem Freiheitsdenkmal nicht nur widersprochen werden. In Zukunft würde der Besuch des Völkerschlachtdenkmals immer verbunden sein mit der Erinnerung an die Friedliche Revolution, mit dem Auftrag, dass wir in der Tradition der Friedlichen Revolution stehen und leben wollen und darum Abschied nehmen von der grausamen Mär, als sei nur mit militärischer Gewalt und mit Diktatur und Bevormundung Erneuerung, Frieden zu schaffen. Der Ruf „Keine Gewalt“ und die Bitte „Dona nobis pacem“ (Gib uns Frieden) gilt es dem als Schutzpatron der Soldaten und des Heiligen römischen Reiches deutscher Nation missbrauchten Erzengel Michael auf der Stirnseite des Völkerschlachtdenkmals entgegenzusetzen. So könnte das Freiheitsdenkmal für die nächsten Generationen zu einem Treffpunkt zur Feier der Freiheit, eine Verankerung des Geschehens von 1989 in der Tradition von 1949 (Verabschiedung des Grundgesetzes), 1919 (Ausrufung der deutschen Republik) und 1848(bürgerliche Revolution) werden. Ein solches Denkmal im Gegenüber zum Kriegs-Koloss Völkerschlachtdenkmal könnte den Geist symbolisieren, den es für die nächsten Generationen lebendig zu erhalten gilt. Eine solche Konzeption erübrigt auch eine Debatte darüber, ob Leipzig überhaupt ein solches Denkmal braucht. Ja, wir benötigen für die nächsten Generationen eine starke Erinnerung an den Aufbruch zur Demokratie – denn dieser war und ist kein Selbstläufer, sondern bedarf der lebendigen Auseinandersetzung nicht nur mit dem Geschehen von 1989/90, sondern auch mit den unseligen Traditionen unserer Geschichte.

Christian Wolff

Pfarrer i.R.

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