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Moria – die Schande Europas

Das war eine Katastrophe mit einer sich über Jahre dramatisch aufbauenden Ansage: der Brand, der das Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos Anfang dieser Woche zerstört hat. Es ist müßig, sich darüber zu streiten, wie der Brand hat ausbrechen können. Seit Jahren leben in dem für 3.000 Migranten errichteten Lager bis zu 13.000 Menschen – unter Bedingungen, die mehr als menschenunwürdig und auch eine Zumutung für die einheimische Bevölkerung sind. Seit langer Zeit wird von Hilfsorganisationen auf das himmelschreiende Unrecht und die katastrophalen Verhältnisse in Moria hingewiesen. Doch weder die Regierung Griechenlands noch die Staaten der Europäischen Union haben darauf reagiert. Im Gegenteil: Ganz offensichtlich wurden die verheerenden Zustände bewusst herbeigeführt, um weitere Flüchtlinge davon abzuhalten, von der Türkei aus auf die Insel Lesbos zu gelangen. Denn es wäre überhaupt kein Problem gewesen, für die Geflüchteten auf Lesbos Camps zu errichten, die den Mindeststandards der Menschenwürde genügen. Vorschläge dazu gab es genug. Das ist nicht nur ein politischer Skandal unvorstellbaren Ausmaßes, geduldet von allen Mitgliedern europäische Regierungen, einschließlich der Bundesregierung. Es ist eine Bankrotterklärung der sog. europäischen Wertegemeinschaft. Von diesen Werten sind in den Flammen von Moria nichts als graue Asche und gespenstische Trümmer übrig geblieben – und Menschen, die nun ohne jede Perspektive auf den Straßen von Lesbos weiter dahinvegetieren müssen, während Regierungsmitglieder europäischer Länder in nicht überbietbarem, kalten Zynismus wie der Österreichische Außenminister Alexander Schallenberger (ÖVP) gönnerhaft „Hilfe vor Ort“ anbieten bei „Bedarf an Zelten und Decken“ und – wie der österreichische Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) – die Migranten für die jetzige Lage verantwortlich machen: Gewaltbereite Migranten haben „die Katastrophe bewusst ausgelöst und damit Menschenleben gefährdet“ (https://www.vol.at/zib2-schallenberg-strikt-gegen-aufnahme-von-moria-migranten-in-oesterreich/6734639).

Moria ist zu einem Fanal eines Europa geworden, dass seine in Jahrhunderten gewachsene Werte verraten hat – nicht zuletzt die Werte des christlichen Glaubens wie Nächstenliebe und Ehrfurcht vor dem Leben, auf die sich Parteien wie ÖVP, CDU, CSU berufen. Alle Glaubwürdigkeit ist dahin. Wie kann das überhaupt geheilt werden? Mit der Aufnahme von nun auf der Straße lebenden Geflüchteten in Deutschland und anderen europäischen Ländern ist es nicht getan – vor allem dann nicht, wenn dies als „humanitäre“ Antwort auf die Brandkatastrophe verkauft wird. Denn nicht der Brand ist die Ursache für die das schreckliche Geschehen – es ist die menschenverachtende, alle Werte mit Füßen tretende Flüchtlingspolitik der EU der vergangenen Jahre, für die Moria zum schändlichen Symbol geworden ist. Diese Politik muss sich radikal ändern – und zwar in doppelter Weise: menschenwürdige Aufnahme von Migranten bei uns und in Flüchtlingscamps und vor allem eine aktive Befriedungspolitik in den Ländern und Regionen, aus denen Menschen flüchten. Es mag ein kleines Hoffnungszeichen sein, dass es wenigstens einen Minister in der deutschen Bundesregierung gibt, der schon seit Jahren diese Änderung einfordert und auf die unhaltbaren Zustände von Moria hingewiesen hat: Entwicklungshilfeminister Gerd Müller (CSU) (https://www.nwzonline.de/interview/minister-mueller-uebers-lager-moria-dramatische-ereignisse-muessen-ein-weckruf-sein_a_50,9,3710933606.html). Doch das genügt nicht – wie der gerade zu Ende gegangene, peinlich selbstgerechte Aufritt von Innenminister Horst Seehofer (CSU) vor der Presse überdeutlich offenbart hat. Ohne ein Eingeständnis der EU und der Bundesregierung, politisch und moralisch versagt zu haben, wird es zu keiner wirklichen Umkehr kommen. Beides muss jetzt von uns politisch eingeklagt werden.

Nachtrag: Komme mir bitte niemand mit dem Hinweis auf Max Webers Unterscheidung von Verantwortungs- und Gesinnungsethik, mit der letztlich jede politische Schweinerei gerechtfertigt werden kann. Nein, hier geht es um „Verantwortung vor Gott und den Menschen“ (Präambel des Grundgesetz), d.h. Verantwortung kann nicht von Moral getrennt werden. Was aber die EU in Moria zugelassen hat, lässt sich weder vor Gott noch vor irgendeinem Menschen verantworten! Moria ist ein politisches und moralisches Desaster. Da hätte ich mir ein deutlicheres Zeichen von den Kirchen gewünscht als die gestrige Erklärung der evangelischen Bischöf/innen.

 

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