Bedrückender geht es eigentlich nicht mehr: Da kam es am Tag der Deutschen Einheit, am 03. Oktober 2016, zu von der Polizei und dem Ordnungsamt Dresden zugelassenen, womöglich geförderten Pöbelszenen von Pegida und AfD-Anhänger/innen in der Dresdner Innenstadt. Diese war an diesem Tag angeblich für alle Kundgebungen und Demonstrationen gesperrt – nicht aber für Lutz Bachmann, der offensichtlich über eine Standleitung, zumindest über beste Beziehungen zur Polizei verfügt. Er und einige Hundert Menschen durften ihre Hassparolen den Gottesdienstbesucher/innen auf dem Weg zur Frauenkirche entgegenbrüllen – darunter die entlarvende Parole „Merkel nach Sibirien, Putin nach Berlin“. Tags darauf erklären Innenminister Markus Ulbig (CDU) und der Dresdner Ordnungsbürgermeister Detlef Sittel (CDU) unisono: Das gehöre zur Demokratie bzw. man müsse ja beunruhigt sein, wenn es keinen Protest mehr gebe. Da wird der Hass noch geadelt. Und: die Polizei hat alles richtig gemacht.
Doch damit nicht genug: Zwei Tage später bietet Innenminister Ulbig den Pegida-Anhängern Gespräche an und der CDU-Abgeordnete im Europaparlament Hermann Winkler redet einer Koalition mit der AfD das Wort. Da scheint einer den Brückenschlag zu wagen zwischen dem AfD-Jargon der Bundestagsabgeordneten Bettina Kudla (CDU), die vor einer „Umvolkung Deutschlands“ warnt, und dem Original für Hetze und Menschenverfeindung AfD – und folgt damit dem Diktum des ehemaligen Ministerpräsidenten Kurt Biedenkopf (CDU): „Sachsen ist immun gegen den Rechtsextremismus“. Ja, Sachsen ist so immun, dass sich seit über 25 Jahren in vielen Ortschaften das braune Gebräu hat ausbreiten können, so dass sie gar nicht mehr auffallen – die Neonazis. Doch tatsächlich wird auch hier deutlich: Die CDU Sachsen hat weder etwas gelernt noch begriffen. Sie konterkariert permanent die eigentlich erfreuliche Erkenntnis von Ministerpräsident Stanislav Tillich (CDU) „Sachsen hat ein Problem mit dem Rechtsextremismus“ und lässt dieses zum Lippenbekenntnis verkommen.
Genau dieser Zwiespalt war am vergangenen Montag in Dresden zu spüren: ein beklemmendes Klima, das durch die Tristesse des Herbstregens sich nass-schwer auf die Seele legte. Da war mit Händen zu greifen, dass Pegida und AfD in Sachsen keine Fremdkörper sind, sondern mit ihrem verbiestert-spießigen Nationalismus und Antipluralismus (nicht nur) zu dieser Stadt gehören. Ja, es scheinen nicht wenige in der Dresdner Stadtgesellschaft einschließlich der Kirchen von einer Sehnsucht beseelt zu, dass Lutz und die Seinen ganz schnell wieder zurückkehren mögen in die geschlossenen Reihen der Residenzstadt. Für die verlorenen besorgten Bürger/innen ist im abgrenzten Vorgarten immer ein Platz –ein Platz, der dem fremden Schutzsuchenden verwehrt werden soll. Offensichtlich ist es für viele in der Quasi-Staats-Partei CDU wichtiger, dass der Liebesentzug der Pegida- und AfD-Anhänger überwunden wird, als dass man Haltung bewahrt, Position bezieht und die Demokratie gegen ihre Feinde verteidigt. Da biedert sich ein Hermann Winkler der AfD an und die Truppe um den selbst ernannten Patriotismus-Beauftragten der CDU, Landtagspräsident Matthias Rößler, ergeht sich zusammen mit der CSU in „Leit-und Rahmenkultur“-Gedanken, die den „Stolz auf unsere Nation“ stärken sollen. Doch letztlich wird damit nur die Ab- und Ausgrenzungsideologie der fremdenfeindlichen, Demokratie verachtenden, antipluralistischen Partei genannt AfD bedient. Da können sich eigentlich nur alle Rechtsextremisten ins Fäustchen lachen, wie sie von denen stark gemacht werden, die immer noch nicht begriffen haben, um welch gefährlich-rassistische Gruppen es sich bei Pegida und AfD handelt und wie diese mit ihrem Gepöbel ein vielfältiges, buntes Zusammenleben in unserem Land zerstören wollen.
Der kommende Sonntag, der 09. Oktober 2016, der Tag der Friedlichen Revolution sollte für uns alle Anlass sein, das wieder in den Mittelpunkt zu rücken, was vor 27 Jahren die Menschen bewegt hat: Aufbruch zur Demokratie und zum gesellschaftlichen Pluralismus. Dieser Pluralismus wird nicht durch die gefährdet, mit denen uns jetzt ein gemeinsamer, durchaus schwieriger Integrationsprozess bevorsteht. Vielmehr droht die Gefahr von denen, die ihre Vorbilder in Putin, Orban und Kaczynski sehen und sich an deren militant autoritärer, antipluralistischer Politik orientieren. Darum hoffe ich, dass wir uns am Sonntag wieder auf das alte Motto für den 09. Oktober verständigen: Aufbruch zur Demokratie und dieses jeden Tag mit Leben erfüllen.
By Dieter Grahl 6. Dezember 2017 - 17:13
Ich bin Sachse, leider muss ich sagen wir haben ein Problem. Seit der Wende gibt es keine Auseinandersetzung mit dem russischen Geheimdienst. K 1 und Bautzen 2 Bedienstete werden nahtlos übernommen. Sexualisierung im Rahmen von Grünkram wird vertuscht.Putin ist ja in Dresden Heimspieler. Wenn AFD und Pegida Putinfreundlich ist wen mag es verwundern. Es mag noch dazukommen das Sachsen vom Westen wie eine Kolonie behandelt wird.Das versprechen im Stabü Unterricht dass der Kommunis perfekt sein wird setzt die Massstäbe der Demokratie zu hoch. Und dann hatten wir zweimal eine Diktatur. Diese Gemengenlage würde ich wemnn ich im russischen Geheimdienst wäre ausnutzen um Europa von Dresden her zu schwächen. Wenn Mutti Merkel am Galgen als Kunst von der sächsischen Justiz gesehen wir und pöpelein vor dem Gottesdienstbesuch demokratisch gewählter von der Polizei begünstigt wird zeigt dieses eine Geisteshaltung. Hier scheinen Profis der gezielten zersetzung unserer Demokratie am Werk zu sein. Eine Offenlegung und austrocknung des als Sachsensumpf bezeichneten Gau der Demokratie muss Thematisiert werden. Es gibt arbeit für echte Aufklärer.
By Andreas Schwerdtfeger 15. Oktober 2016 - 18:38
Wie so oft – um nicht zu sagen: wie immer – kritisieren Sie, lieber Herr Wolff durchaus zu Recht die „Pöbeleien“ derer, die Sie (mit mir gemeinsam ) nicht mögen und pöbeln dabei aber leider selbst auf Teufel komm‘ raus. Wenn Sie auch nur annähernd objektiv wären, würden Sie ihren eigenen Beitrag in die Mülltonne werfen wegen völliger Inhaltslosigkeit, böswilliger Unterstellungen, rüder und aggressiver Sprache und der eigenen Gefährlich- und Niveaulosigkeit, die Sie zu Recht der „Gegenseite“ vorwerfen. Überzeugen können Sie damit leider nur etwas limitierte und kleinkarierte Claqueure wie einen Dresdner Bürger, der „mit vielen auf gleichem Niveau“ zu reden versteht, ihres aber – es sei zu Ihrer Ehrenrettung gesagt – weder in der Nutzung der deutschen Sprache noch inhaltlich erreicht.
Wie wirksam könnte Ihre Kritik sein – und wie berechtigt wäre sie häufig -, wenn Sie sachlich und sprachlich moderat bliebe und so Ihre Anhänger überzeugen und Ihren Gegnern ein Beispiel sein könnte. Dieser Beitrag aber ist nicht „demokratischer Diskurs“, er ist nicht Ausdruck von Verschiedenheit und Pluralismus, er ist auch nicht von der Toleranz und Nächstenliebe geprägt, die sowohl politischer Anstand als auch christliche Religion fordern – er ist das perfekte und identische Gegenstück zu denen, die Sie kritisieren, besser: angreifen und ausgrenzen.
Immerhin: Ich freue mich sehr, daß die Liste Ihrer Feinde diesmal Herrn Seehofer ausläßt – ein enormer Fortschritt, falls Absicht dahinter steckt, zu dem ich herzlich gratuliere.
Mit freundlichen Grüßen,
Andreas Schwerdtfeger
By jo.flade 8. Oktober 2016 - 11:24
Ich erlaube mir am Vortag des 9. Oktober als aufmerksamer Dresdner, der einer bemerkenswerten und differenzierten und wahrhaftig-klaren Predigt von Pfarrer i.(Un-)Ruhe Chr. Wolff (Leipzig) zum von keiner Seite, auch nicht den Printmedien trotz Pressemitteilung seitens der ev.-Luth. Kirche vom 27.09.16 „beworbenen“ Friedensgebet in der Dresdner Kreuzkirche am 3. Oktober lauschte, initiiert von der seit 6 Jahren engagierten „AG 8.Oktober-Dresdner Aufbruch/Steine des Anstoßes“, Herrn v. Heydebreck nur zu fragen, was er wohl dazu meint, wünscht ein Polizeibeamter der Pegidatruppe guten Erfolg ? Und dass die Politprominenz an unglaublich unzivilisierten Verbalattacken vorbeiziehen musste nach dem Festgottesdienst (Frauenkirche) trotz allerhöchster Sicherheitsstufe und es nicht fassen konnte, was ihnen da in Sicht- und Hörweite entgegen gebrüllt wurde an Unsäglichkeiten und sie sich arg entsetzte, ja geradezu schockiert war, was da ungebremst auf sie eindrosch – ja unglaublich so etwas: es zeigt überdeutlich, dass die gewählten Volksvertreter ziemlich sichtlich noch immer nicht begreifen wollen oder können (?), was da an der sich gefährlich polarisierenden Basis wider sie alltägliche Realität zu sein scheint. Mit medienwirksamer Entrüstung und parteipolitischer Realitätsferne ist der mehr und mehr wankenden Demokratie nicht mehr zu begegnen; hier gilt es Tacheles zu reden und dass Abschottung und Glashausmentalität die eklatanten Probleme nicht löst. Nicht nur in Dresden, Sachsen ist der Teufel los, aber hier vor allem, weil seit Jahren lediglich geschwätzt und abgewiegelt wird. Lammert hat wohl recht, resümiert er in der Semperoper zum Festakt, eine Mehrheit zulässt leider zu, dass sich eine Minderheit zu Wort brüllt! Wir alle sind Beteiligte und machen uns zunehmend schuldig. Vielleicht werden nach dem sogenannten Bürgerfest mit unzähligen Betonsteinen zum Schutz des angereisten Überbaues zum 3. Oktober in Dresden endlich einige munter; ich gebe zu, nach dem Erscheinungsbild von AfD und Pegida etc.pp. hält sich da auch meine Hoffnung in Grenzen. Immerhin „feiert“ Pegida am 17.Okt. 2016 hier in der sächsischen Landeshauptstadt zweijähriges Jubiläum – nach wunderbar. Wehret den Anfängen – die Anfänge liegen weit zurück! Jo.Flade
By Dr.H.G.von Heydebreck 8. Oktober 2016 - 20:58
Da haben Sie Recht Herr Flade, das war ein Fauxpas, den die Vorgesetzten des Polizeibeamten auch durch einen Verweis entsprechend getadelt haben, denn natürlich darf die Polizei bei Demonstrationen nicht Partei ergreifen, auch wenn die Bemerkung vielleicht ironisch gemeint sein sollte. Ich fürchte allerdings, der betreffende Polizist gehört auch schon zu denjenigen Staatsbürgern, die Sorge haben vor der Bildung des von mir erwähnten Linksblocks „aller demokratischen Parteien“, zwar nicht ähnlich aber vergleichbar den Blockparteien in der DDR. Auch wenn er, wie ich zu seinen Gunsten annehme, die von Ihnen mit Recht kritisierten späteren Schmähungen und unzivilisierten Verbalattacken wohl kaum gutgeheißen hat, so waren sie ihm als bloße Wortäußerungen vermutlich lieber als die tätlichen Angriffe und Steinwürfe vermummter Autonomer bei früheren ähnlichen Anlässen. Auch mit Ihrem Hinweis auf Bundestagspräsident Lammert haben Sie Recht: Er ging durchaus sachlich auf die Demonstranten ein und fand dabei die richtigen kritischen Worte.
By Dr.H.G.von Heydebreck 7. Oktober 2016 - 13:55
Lieber Herr Wolff, auch ich war in den ersten Oktobertagen mal wieder in Sachsen, und zwar in Zwickau, und hatte Gelegenheit, mit Einheimischen, unter anderem der stellvertretenden Oberbürgermeisterin (CDU) über die Themen Flüchtlinge, Pegida und AfD in Stadt und Land zu sprechen. Dabei gewann ich den Eindruck, dass jedenfalls die Zwickauer auf gutem Wege sind, ihre Probleme mit den Rechtspopulisten zu lösen.
Wichtig schein mir vor allem die Aussage, die Diskussion nicht abreißen zu lassen. Wenn sich alle anderen Parteien (einschließlich der SED-Nachfolger) zusammen tun und – wie jetzt offenbar in MVP – versuchen, die AfD als Opposition von allen Ämtern, wie z. B. dem Vizepräsidium des Landtags, auszuschließen, so ist das Wasser auf die Mühlen der AfD. Es entsteht so nämlich der Eindruck, unter Merkel sei die CDU so weit nach links gerutscht (was Sie ja in früheren Beiträgen auch schon – damals als Problem für die SPD – festgestellt hatten), dass sie (ein zwar immer schwächerer) Bestandteil eines rot-rot-grün-schwarzen Linksblocks sei und die AfD die einzige Opposition.
Auch Ihr Diskussionsbeitrag wird, wenn er publik wird, leider in die gleiche Richtung wirken, denn Sie werfen wieder Pegida, AfD, Putin, Orban und Kaczynski undifferenziert in einen Korb. Da scheint mir doch die Gesprächsbereitschaft des sächsischen Innenministers Ulbig viel vernünftiger – ebenso, übrigens, wie man sich wünscht, dass die Gesprächsbereitschaft von Merkel und Steinmeyer mit Putin und Lawrow erhalten bleibt!
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